Yvonne Weber

#25 Bin ich ein Unternehmertyp?

In der Beratung begegnet uns immer wieder die Frage: Bin ich ein Unternehmertyp? Nachfolger sein, kann ich das eigentlich? In dieser Folge mit Yvonne Weber, Inhaberin des Systemischen Instituts in Kassel spreche ich über genau dieses Thema. Wie kann man sich diesem Thema annähern und herausarbeiten, ob der Schritt in die Unternehmensnachfolge das Richtige für einen ist? Nehmen Sie sich was zum Schreiben und lassen Sie sich von Yvonne Weber aktiv durch das Boxen-Möglichkeiten-Modell (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 146 KB) führen.
Hallo und herzlich willkommen zum IHK-Podcast Nachfolge ist Vertrauenssache. Mein Name ist Miriam Postlep und gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen von der IHK Kassel-Marburg berate ich zum Thema der Unternehmensnachfolge.
Liebe Yvonne, erst mal herzlich willkommen zum Podcast "Nachfolge ist Vertrauenssache".

Vielen Dank für die Einladung. Ich freue mich hier zu sein.
Ich würde dich ganz kurz noch vorstellen, Yvonne, weil ich finde, du hast einen spannenden Lebenslauf. Wir haben schon mal zusammen eine Radio-Folge (Das habe ich noch nie vorher versucht, also bin ich völlig sicher, dass ich es schaffe - Yvonne Weber) aufgenommen, in der wir auch darüber sprechen, wie du eigentlich Unternehmerin geworden bist. Du bist, sagst du von dir selbst, gegen jede Wahrscheinlichkeit, Unternehmerin geworden. Du bist kleine Schwester, du bist außerdem Beamtenkind, kommst nicht aus einem Unternehmerhaushalt, hast Pädagogik studiert, hast in der Jugendhilfe gearbeitet, an der Universität im Gleichstellungsbüro gearbeitet und du bist jetzt in der Personalabteilung, bei Micromata beschäftigt, in Teilzeit und bist in der restlichen Zeit hier beim Systemischen Institut Unternehmerin. Und deshalb finde ich, gibt es eigentlich niemand Besseren als dich, um diese Frage zu erläutern, woher weiß man eigentlich, dass Unternehmerin sein das Richtige für einen ist? Wie hast du dich denn eigentlich dazu entschieden, Unternehmerin zu sein. Was hat dir denn geholfen, diese Entscheidung gegen jede Wahrscheinlichkeit zu treffen?

Genau. Also ich habe die Entscheidung erst mal gar nicht bewusst getroffen, sondern ich wurde zu der Entscheidung eingeladen. Ich wäre, glaube ich, von mir aus erst mal nicht auf die Idee gekommen, Unternehmerin zu werden und diejenige, die das Institut vorher hatte, hatte mich gefragt, ob ich das Institut in Nachfolge übernehmen möchte. Dann hatte ich viele schlaflose Nächte und habe viel hin und her abgewogen und mich mit Menschen unterhalten und auch Coaching dazu genommen und in der Tat überlegt, kann ich das oder kann ich es nicht. Und dann war irgendwann für mich der Zeitpunkt erreicht, dass ich dachte, ach, Yvonne, du hast schon so viele Hürden gemeistert und Unwägbarkeiten irgendwie überwunden und wieso jetzt nicht auch das. Und ich wusste, dass ich das für das systemische Denken und Handeln brenne. Ich glaube, das war in der Tat so meine Zugkraft, dass ich wollte, dass das Institut in jedem Fall weiter besteht. Und dann habe ich einfach gedacht, jetzt sage ich ja und gucke, was daraus wird, und das leitet mich auch immer noch sehr stark aber man hat natürlich auch immer Zeiten, wo man denkt, oh, war das die richtige Entscheidung, wo natürlich irgendwie auch ein bisschen Zweifel kommen, und die werden aber dann immer davon direkt wieder weggeschoben durch das, was einfach auch hier wirklich das Institut trägt, also der Kontakt mit den Menschen, zu sehen, wie die sich weiterentwickeln in den Weiterbildungsgängen, und das ist einfach total schön. Also ich glaube, was mich wirklich gehalten oder getragen hat, war dieses Urvertrauen, es wird schon irgendwie werden, und es wird auch immer eine Veränderung geben, und ich habe ein Netzwerk um mich herum, was mich sonst auch leitet oder so ein bisschen korrigiert. Also da habe ich mich drauf verlassen, und
manchmal braucht es auch den Sprung ins kalte Wasser, um zu wissen, ist es zu kalt oder schwimm ich mich darin warm,
und das waren aber letztendlich so die Sachen, die mich dann wirklich dazu bewogen haben. Aber wie gesagt, es war keine bewusste Entscheidung von mir aus, sondern es war erstmal die Einladung und danach erst die Entscheidung.

Aber auch da muss man sich ja dann ganz stark mit auseinandersetzen und schauen, ob man diesen Weg dann auch gehen möchte. Jetzt steigen wir inhaltlich ein. Du hast nämlich was vorbereitet, das Boxenmodell, wie es heißt. Da bin ich jetzt sehr gespannt und du wirst jetzt die Zuhörerinnen und Zuhörer da durchführen, auch mit Leitfragen und zeigen, wie man sich diesem Thema annähern kann. Vielleicht nochmal kurz auch an die Zuhörerinnen und Zuhörer der Hinweis, dass wir das auch aufbereiten werden, dass es nochmal Fragen gibt, die man sich sonst im Nachgang auch herunterladen kann. Aber wer Lust hat, kann sich jetzt vielleicht schon mal einen Zettel und Stift nehmen, zurücklehnen und jetzt einfach Yvonne zuhören.
Genau. Ja, vielen Dank für die Anmoderation. Miriam und ich, wir hatten uns für dieses Mal ein bisschen etwas anderes überlegt für den Podcast, nämlich, wie schon angedeutet, dass ich eine Intervention vorstelle, die ich selbst auch oft im Coaching, auch gerade mit Karriere-Themen oder Unternehmensthemen genutzt und sich als hilfreich erwiesen hat, und dann haben wir beide den Plan geschmiedet, das jetzt zusammen einfach mal durchzuführen. Und es ist jetzt einmal die Möglichkeit im Sinne des Podcasts, diese unterschiedlichen Fragen durchzugehen oder einfach aufmerksam zuzuhören, aber im Nachhinein, wie gesagt, kann es dann auf jeden Fall auch noch nachgelesen werden. Das Modell heißt Box-Möglichkeiten-Modell, und ist in der Tat entwickelt worden von einer Frau, die hier bei uns am Institut auch mal gelehrt hat und auch an vielen anderen Instituten gelehrt hat. Insofern ist es auch nicht im Buch zu finden und ich kann keine Literaturquelle angeben. Und wir verwenden im Coaching dieses Modell als Interventionsmodell, um letztendlich erstmal eine Veränderung im Denken zu bewirken, weil wir die Annahme haben als Coaches, dass das Denken ganz viel mit einem macht und wenn sie Strukturen im Denken verändern, verändert sich dann auch das eigene Verhalten. Und Entscheidungen können anders getroffen werden, Handlungen werden anders aufgeführt oder ausgeführt. Und deswegen geht es in dem Coaching-Gespräch erstmal darum, Verhaltensänderungen im Denken oder erstmal eine Denkveränderung zu erzeugen, die dann letztendlich zu einer Verhaltensveränderung führt. Das Modell heißt Box-Möglichkeiten-Modell und ist eigentlich ein streistufiges Modell. Es geht nämlich darum, sich erstmal bewusst zu machen, was ist für mich eine Box und dann im nächsten Schritt den Raum des Nichtwissens zu durchgehen und dann im Raum der Möglichkeiten zu landen, was sehr gut ist, wirklich in der Übertragbarkeit auf Unternehmerin sein, und weil man einfach diese drei Phasen immer durchläuft. Ich kenne das auch aus meiner eigenen Geschichte.
Von daher ist das einfach ein sehr gutes Modell dafür und im Coaching-Gespräch möchte ich letztendlich in den Raum von Möglichkeiten führen und damit die Haltung von dir gegenüber dir selbst und gegenüber deiner aktuellen beruflichen oder auch privaten Situation verändern, weil wir davon ausgehen, dass Verhaltensveränderung nur über die Veränderung der inneren Haltung nachhaltig vollzogen werden kann, und dafür nutze ich dann eben das Box-Möglichkeiten-Modell. Als erstes kommen wir jetzt erstmal zu der Box. Wir nennen die auch das Gewohnheitsdenken. Das kennt wahrscheinlich auch jeder schon, also die Bezeichnung Box ist eigentlich erstmal eine Metapher für den Raum der Begrenzung. Grundsätzlich ist der Begriff neutral und nicht per se als negativ oder nicht erstrebenswert oder so was zu benennen, sondern die Box ist eigentlich aktiviert oder das damit verbundene Boxdenken, wenn über Lebensmechanismen, Verhalten und Entscheidungen steuern. Also wir haben alle eine bestimmte Biografie hinter uns, wir haben bestimmte Situationen erlebt, die letztendlich bei uns im Kopf ganz stark verankert sind und uns mögliche Entscheidungen gut treffen lassen, andere Entscheidungen nicht gut treffen lassen, eben aufgrund dieses Erlebnisses, was ursprünglich mal zu einem Verhalten oder zu einer Entscheidung geführt hat. Und das sagt letztendlich auch die Box. Und die Mechanismen des Box-Denkens treten besonders hervor, wenn der bestehende Lebensraum erhalten oder geschützt werden soll. Also wenn wir in irgendeiner Form in der Bedrohung sind oder in der Angst sind oder auch jetzt, wenn ich auf Unternehmerinnen schaue, denken, was kommt da möglicherweise alles mit an Unsicherheit, an finanzieller Unsicherheit, an Unvorhersehbarkeit, an Unplanbarkeit. Dann docken wir meistens mit unserem Denken da an, wo wir schon mal ein ähnliches Verhalten oder eine ähnliche Angst gespürt haben, die aber letztendlich möglicherweise als Kind war und nicht mehr heute, wo uns eigentlich ganz andere Ressourcen zur Verfügung stehen.
Darf ich noch was zum Box-Modell fragen? Könnte man es vielleicht stärker visualisieren? Könnte man auch sagen, die Box ist mein Arbeitsplatz? Die meisten aus der Beratung, und so war das bei dir ja auch, befinden sich in einem Angestellten-Verhältnis. Das heißt, die Frage ist, gehe ich raus aus meiner “Box”, dem Arbeitsplatz, vielleicht auch mit dem Glaubenssatz, “du hast doch einen Super-Job”, und “ein sicherer Arbeitsplatz ist doch wichtig” oder “Unternehmertum ist zu riskant” oder “du hast es doch ganz gut hier”, weil man sich das vorstellt und sagt, okay, die Box ist vielleicht mein Arbeitsplatz, an dem ich mich eigentlich ganz wohl fühle und da jetzt überlegen muss, gehe ich aus dieser Box raus….
Das gesamte Interview mit Yvonne Weber können Sie in unserem Podcast hören.
Wenn Sie mehr über das Thema Unternehmensnachfolge erfahren möchten, dann würde ich mich freuen, wenn Sie den Podcast abonnieren und uns eine Bewertung unterlassen.
Viele weitere Informationen finden Sie in den Show-Notes, und wenn Sie sonst noch konkrete Fragen haben oder Themenwünsche, dann freue ich mich über eine E-Mail an nachfolge@kassel.ihk.de
Bis zum nächsten Mal,  wenn es heißt Nachfolge ist Vertrauenssache.