6 min
Lesezeit
#2 Kaufpreisermittlung und Eigenkapital
In unserer heutigen Folge ist der Finanzberater Ingo Gottwald zu Gast und spricht mit mir über das Thema Kaufpreisermittlung und Eigenkapital. Ingo Gottwald hat ursprünglich eine Banklehre gemacht, war viele Jahre als Firmenkundenberater unterwegs und ist nun seit über 15 Jahren in Kassel und im Landkreis unterwegs als selbstständiger Berater für kleine und mittlere Unternehmen. Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen mit dieser Podcast-Folge.
Hallo und herzlich willkommen zum IHK-Podcast Nachfolge ist Vertrauenssache. Mein Name ist Miriam Postlep und gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen von der IHK Kassel-Marburg berate ich zum Thema der Unternehmensnachfolge.
Guten Morgen Herr Gottwald!
Guten Morgen Frau Postlep!
Ein möglicher Weg, ein Unternehmen zum Kauf zu suchen, ist der Besuch von Online-Unternehmensbörsen. Dort werden die Unternehmen in der Regel anonym und in einem kurzen Steckbrief vorgestellt, dabei fällt einem schnell auf, dass nicht alle Unternehmen einen Verkaufspreis angeben, stattdessen werden Größen wie die Mitarbeiterzahl oder der Jahresumsatz angegeben. Lässt sich daraus einen Kaufpreis ableiten?
Ja, das ist so ein bisschen Fachsprache am Ende des Tages, aber man kann tatsächlich einen Kaufpreis ableiten, weil es ja Betriebsvergleiche und Branchenkennzahlen gibt und man kann über die Zahl der Mitarbeiter und das Durchschnittseinkommen in einer Branche ungefähr ermitteln, wie viel Personalkosten entstehen bei einem Unternehmen und wenn man das dann in Relation zur Personalkostenquote setzt, kommt man auf Umsatzwerte, man kennt Ertragskennzahlen, und kann über diese Dinge dann natürlich auch so ein bisschen dahin kommen, welche Gewinne von dem Unternehmen erzielt werden, und dann gibt es sogenannte Finanzmultiplikatoren, mit deren Hilfe sie dann mal in einer ganz einfachen Rechnung – Gewinn mal Faktor X oder Y – eine erste Indikation haben, wie hoch denn der Kaufpreis für so ein Unternehmen sein könnte.
Und wenn man sich jetzt auf einen fairen Kaufpreis geeinigt hat, nehmen wir mal an, das wäre 600.000 €, wie viel Eigenkapital und welche Sicherheiten sollte ich denn idealerweise mitbringen, damit der Kauf für mich in Frage kommt?
Also im Normalfall ist es für den Käufer am charmantesten, auch unter der Überschrift, wie hoch ist nachher die Rate, die ich bezahlen muss, wenn ich irgendwas so um die 20 – 25 % Eigenkapital mitbringe.
Es muss nicht so viel sein, aber 15 % sind, sage ich mal aus meiner Sicht, so ein bisschen die Untergrenze, weil das die Benchmarks, die Schwellwerte, sind, wo öffentliche Finanzierungspartner dann auch Eigenkapital unterstützende Förderung geben oder man vielleicht den ein oder anderen Zuschuss noch bekommen kann.
An Sicherheiten muss man ansonsten immer damit rechnen, dass man natürlich die persönliche Bürgschaft stellen muss bei einer Bank. Eine Risikolebensversicherung ist sinnvoll, um, wenn irgendwas mit den handelnden Personen ist, die Familie abgesichert ist, und die restlichen Sicherheiten kommen in der Regel aus dem zu kaufenden Unternehmen. Das heißt, man kann die Wirtschaftsgüter als Sicherheit geben, sicherungsübereignet. Banken lassen sich auch gerne die Forderungsbestände an Kunden abtreten. Schön ist, wenn ein Grundstück dabei ist, dann kann die Bank tatsächlich auf Grund und Boden eine Grundschuld eintragen. Das sind eigentlich so die gängigen Dinge. Aus seinem Privatvermögen, das sollte man klar abgrenzen, bin ich der Meinung, dass man ein Drittel, maximal 50 %, von seinem zur Verfügung stehenden freien Vermögen einsetzen sollte. Weil man ja mal daran denken muss, dass es vielleicht auch noch Plan B gibt. Es läuft vielleicht nicht ganz so rund im ersten Anlauf, wenn ich die Firma übernommen habe und weiterentwickeln will und dann muss ich vielleicht noch mal zur Bank was nachfinanzieren, und es ist wie im normalen Leben, es ist immer gut, wenn alle was dazu beitragen können. Also auch der, der übernommen hat.
Ja, und vielleicht schläft man auch ein bisschen beruhigter, wenn man weiß, man hat noch was auf der hohen Kante, wenn auch privat was passiert.
Auf jeden Fall! Das ist ein ganz wichtiger Punkt.
Durch Unternehmertum sollte, egal was man macht, nie die Privatsphäre in Mitleidenschaft gezogen werden. Das muss man also von Anfang an klar abgrenzen. Auch mit seiner Familie besprechen, welchen Vermögensanteil man einsetzen möchte, denn man hat ja auch eine eigene, familiäre Lebensplanung und das muss man klar abgrenzen und wenn man das getan hat, dann kann man mit den Mitteln agieren und die sinnvoll einsetzen.
Also in diesem konkreten Beispiel, um das noch mal zusammenzufassen, würde das heißen, dass ich im Idealfall 120.000 Euro Eigenmittel einbringe, heißt also im Idealfall wiederum ungefähr 240.000 € bis zu 360.000 € privat zur Verfügung habe.
Wenn man dann auf diese Quote kommt und man nur ein Drittel oder 50 % von seinem zur Verfügung stehenden Vermögen einsetzen will, ist das letzten Endes der richtige Umkehrschluss. Es muss nicht immer alles in bar da sein. Teilweise kann man ja auch überlegen, ob man zumindest in Teilbereichen das eigene Haus mit einer Grundschuld belastet. Das ist aber natürlich eine Sache, die man wie gesagt mit der Familie klären muss im Hinblick auf Zukunftsplanung, aber da kann man auch separate Bausteine mit der Bank abstimmen. Das man dann sagt, ok, ich habe hier einen Finanzierungsbaustein, der ist übers private Haus abgesichert, der wird als erstes abbezahlt. Solche Strukturen kann man dann natürlich schaffen, damit man sein Privatvermögen so schnell wie möglich rausbekommt.
Es ist nicht unbedingt ungewöhnlich, dass der Unternehmensnachfolger oder die Nachfolgerin sich gerade in einem Alter befinden, in dem sie gerade selbst ein Haus gekauft habe, mitten in der Familienplanung sind oder vielleicht das Haus noch abbezahlen. Welche Möglichkeiten gibt es denn, wenn ich gar kein Eigenkapital habe oder auch sehr wenig Eigenkapital? Muss mein Traum vom Unternehmenskauf dann platzen?
Nein, also der Traum muss nicht platzen. Dafür haben wir eine sehr große Palette an Möglichkeiten, auf die Banken und Käufer zurückgreifen können. Man muss halt das Risiko auf mehrere Schultern verteilen. Das macht man, indem man z. B. die Bürgschaftsbank des Landes Hessen mit einbindet, die kann für Teile des Kredites in der Regel 60 – 80 % Bürgschaft stellen.
Dann gibt es die Beteiligungsmanagementgesellschaft des Landes Hessen. Dort können Sie tatsächlich eigenkapitalähnliche Finanzierungsbausteine bekommen. Die aber bei der Bank dann wiederum wie Eigenkapital wirken. Es gibt verschiedene Modelle für kleinere und für größere Dinge und dann gibt es natürlich noch den Klassiker, das auch der Verkäufer, wenn er wirklich Interesse daran hat, dass der im Moment im Raum stehende Nachfolger wirklich sein Nachfolger ist und er da eine Identifikation aufgebaut hat, dann kann es auch sein, dass Verkäufer einen Teil des Kaufpreises als Darlehen geben, also in Raten abbezahlt oder vielleicht auch gestundet bekommt für fünf Jahre oder ähnliches. Das sind dann so gängige Modelle, die man machen kann.
Wenn Sie mehr über das Thema Unternehmensnachfolge erfahren möchten, dann würden wir uns freuen, wenn Sie diesen Podcast abonnieren. Zum Thema Finanzierung bieten wir übrigens Finanzierungsprechstunden und Seminare an. Wenn Sie sonst konkrete Fragen haben, dann schicken Sie uns gerne eine E-Mail an nachfolge@kassel.ihk.de. Bis zum nächsten Mal, wenn es heißt Nachfolge ist Vertrauenssache.
Das gesamte Interview mit Ingo Gottwald können Sie in unserem Podcast hören.
Kontakt
Miriam Postlep
Projektreferentin Unternehmensnachfolge | Projekt Nexxt Now
Uta Wudonig
Referentin Unternehmensnachfolge
Team Unternehmensförderung
Carsten Heustock
Team Standortpolitik | Unternehmensförderung