5 min
Lesezeit
#12 Unternehmensbewertung bei unentgeltlicher Übertragung
In dieser Folge ist Lutz Kleinwächter, Steuerberater und Geschäftsführer der FACT Steuerberatungsgesellschaft, bei uns zu Gast. Er ist Fachberater für Unternehmensnachfolge und hat seinen Schwerpunkt bei der Gestaltung von Erbfolgen. Es gibt zwei Möglichkeiten einer Unternehmensnachfolge, das eine ist der Verkauf des Unternehmens, also eine entgeltliche Übertragung, und der andere Fall, über den wir in dieser Folge sprechen, ist die unentgeltliche Übertragung, also die Verschenkung oder Vererbung des Unternehmens.
Guten Morgen, Frau Postlep!
Vielen Dank, dass Sie mit dabei sind.
Sehr gern.
Es gibt zwei Möglichkeiten einer Unternehmensnachfolge, das eine ist der Verkauf des Unternehmens, also eine entgeltliche Übertragung, und der andere Fall, über den wir heute gerne sprechen möchten, ist die unentgeltliche Übertragung, also die Verschenkung oder Vererbung des Unternehmens. Bei beiden wird die Unternehmensbewertung etwas anders angesetzt und von daher die Frage, Herr Kleinwächter, welche Form der unentgeltlichen Übertragung gibt es?
Ja, die unentgeltliche Übertragung, Sie hatten es ja schon kurz angerissen, erfolgt entweder als Schenkung, das kann auch im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge erfolgen, oder natürlich auch im Rahmen einer Erbschaft, also beim Todesfall. Hier können dann noch Modifizierungen vorgenommen werden, beispielsweise bei einer Übertragung der sogenannte Nießbrauch vorbehalten werden, das bedeutet also, dass der Schenker, die Fruchtziehung, also die Erträge aus dem Unternehmen, sich vorbehält. Das kann bis zu einem gewissen Zeitraum oder bis zum Lebensende erfolgen, oder es ist auch denkbar, dass eine Übertragung gegen Versorgungsleistungen erfolgt. Das fällt noch alles unter den Bereich der unentgeltlichen Übertragung.
Wie oft erleben Sie in der Praxis, dass eine unentgeltliche Übertragung zustande kommt und vielleicht auch, wie oft, dass ein Nießbrauchsvorbehalt oder ein quasi Ertrags-Nießbrauch tatsächlich umgesetzt wird?
Also wir betreuen sehr viel familiengeführte Unternehmen, die zum Teil auch schon über mehrere Generationen halt in Familienbesitz sind, und von daher ist die unentgeltliche Übertragung bei uns eigentlich der absolute Regelfall.
Im Idealfall für die nachfolgende Generation ist es so, dass die übergebende Generation ideal schon fürs Alter versorgt ist, so dass man sich diesen Nießbrauch eigentlich nicht vorbehalten muss, von daher ist es im Normalfall so, dass der Nießbrauchsvorbehalt im Betriebsvermögen eher sehr selten vorkommt.
Es gibt ja unglaublich viele unterschiedliche Bewertungsmethoden. Wir greifen dieses Thema Bewertung auch zum ersten Mal im Rahmen dieses Podcasts auf und man muss dazu sagen, dass die Ergebnisse von Bewertungen manchmal auch sehr weit auseinander liegen. Deshalb würde ich gerne wissen beim Thema der unentgeltlichen Übertragung, welche Besonderheiten es denn da gibt, bei der Unternehmensbewertung gibt es bestimmte Methoden, die da angewendet werden?
Ja, die Unternehmensbewertung im Bereich der unentgeltlichen Übertragung ist sehr komplex. Der Gesetzgeber schreibt hier und das ist das erste Verfahren, mit dem wir vielleicht starten sollten, einen sogenannten Mindestwert vor und der Mindestwert, das ist der sogenannte Substanzwert.
Beim Substanzwert muss man sich vorstellen, dass eine Einzelbewertung aller Wirtschaftsgüter des Unternehmens erfolgt. Und das nicht zum steuerlichen Buchwert, aber nicht zu dem Wert, wie sie in der Bilanz steht, sondern angelehnt an einen Verkehrswert. Und diese Werte zusammengerechnet abzüglich dann der Verbindlichkeiten, das ergibt den Substanzwert. In der Praxis kommt es sehr oft vor, dass hier nennenswerte Beträge, nennenswerte Unternehmenswerte herauskommen. Gerade bei eigenkapitalstarken Unternehmen, die beispielsweise selbstgenutzte Grundstücke oder ähnliches im Betriebsvermögen haben. Der Substanzwert an sich wird sehr oft kritisiert, weil bei einer Einzel-Veräußerung der Wirtschaftsgüter, die unterstellt wird, zum einen Ertragssteuerbelastung anfallen würde, die fällt bei diesem Verfahren völlig unter den Tisch. Und auch wenn ich die Wirtschaftsgüter einzeln verkaufen würde, müsste ich ja beispielsweise meinem Personal Abfindung zahlen oder ähnliches. Auch solche Rückstellungen finden bei dem Substanzwertverfahren Berücksichtigung. Das bedeutet also, dass der Substanzwert des Öfteren höher sein kann als der gefühlte Unternehmenswert, den der übergebende Unternehmer sich vorstellt. Man sieht das vielleicht auch ganz gut an der Börse. An der Börse haben wir ja nun wirklich einen geregelten Markt, aber es gibt viele Unternehmen, die ein sogenanntes Kurs-Buchwert-Verhältnis von unter 1 haben, also das bedeutet, dass, wenn ich die Anzahl der Aktien mit dem Kurswert multipliziere, Werte herauskommen, die unter dem Eigenkapital sind.
Das bedeutet also, dass viele Käufer das Unternehmen, also die Aktiengesellschaft niedriger bewerten als das Eigenkapital, und das gibt es aber beim Substanzwert-Test beispielsweise nicht. Von daher ist die Kritik, die teilweise im Schrifttum angebracht wird, aus unserer Sicht absolut gerechtfertigt. Darüber hinaus gibt es dann ein Ertragswertverfahren. Der Gesetzgeber gibt hier erstmal die Möglichkeit, dass ein sogenanntes vereinfachtes Ertragswertverfahren durchgeführt wird. Das vereinfachte Ertragswertverfahren schaut sich allein die Vergangenheit an, und zwar die letzten drei Wirtschaftsjahre vor dem Übertragungsstichtag. Hier werden dann im Einzelfall gewisse außerordentliche Ergebnisse eliminiert, wenn vielleicht mal ein Grundstück oder ähnliches verkauft worden ist, was ja nicht regelmäßig stattfindet, dann werden diese Erträge halt herausgerechnet, so dass ich dann ein durchschnittliches Betriebsergebnis habe. Es wird auch noch eine pauschale Steuerlast abgezogen und dieser Gewinn, der dann sich im Durchschnitt der letzten drei Jahre dort ergeben hat, wird mit einem Multiplikator von 13,75 multipliziert.
Der Multiplikator ist also recht hoch, auch dadurch kann beim vereinfachten Ertragswertverfahren halt ein sehr hoher Unternehmenswert zustande kommen. Der Gesetzgeber sieht hier aber ein Wahlrecht für den Unternehmer vor, dass man auch im Rahmen eines Unternehmenswert-Gutachtens einen niedrigeren Wert nachweisen darf, und standardmäßig kommt hier also ein Gutachten nach dem IDW S1-Verfahren zur Anwendung. Man muss aber weiterhin berücksichtigen, selbst mit dem IDW S1-Gutachten, den Unternehmenswert, den ich hieraus berechne, der darf nicht unter den Substanzwert des Unternehmens liegen.
Also gibt der Gesetzgeber zwei Möglichkeiten, entweder ich nehme das vereinfachte Ertragswertverfahren, also den Ertrag der letzten 3 Jahre mal 13,75 oder das IDW S1-Verfahren. Was aber immer zum Tragen kommt, ist der Substanzwert und im Zweifel wird der höhere Betrag angesetzt.
Wenn Sie mehr über das Thema Unternehmensnachfolge erfahren möchten, dann würde ich mich freuen, wenn Sie einen Podcast abonnieren und uns eine Bewertung hinterlassen. Viele weitere Informationen finden Sie in den Shownotes und wenn Sie sonst noch konkrete Fragen haben oder Themenwünsche, dann freue ich mich über eine E-Mail an nachfolge@kassel.ihk.de . Bis zum nächsten Mal, wenn es heißt: Nachfolge ist Vertrauenssache.
Das gesamte Interview mit Lutz Kleinwächter können Sie in unserem Podcast hören.
Kontakt
Miriam Postlep
Projektreferentin Unternehmensnachfolge | Projekt Nexxt Now