Hochwassergefahrenkarten „Nördlicher Oberrhein“ veröffentlicht – Umsetzung der EU-Hochwasserrisikomanagementrichtlinie bis 2015

Das Regierungspräsidium Karlsruhe hat am 23.01.2013 die Hochwassergefahrenkarten für das Gebiet „Nördlicher Oberrhein“ veröffentlicht. Damit treten diese Gefahrenkarten hinsichtlich bestimmter Festlegungen gemäß § 77 ff. Landeswassergesetz mit der Auslegung bei den Gemeinden in Kraft und geben Aufschluss über Überflutungsfläche und Überflutungstiefe in den potenziellen (bislang in den Gefahrenkarten veröffentlichten) Hochwassergebieten.
I. Hintergrund
Die EU-Hochwasserrisikomanagementrichtlinie sieht vor, dass in Baden-Württemberg alle Hochwassergefahrenkarten (HWGK) bis 22.12.2013 von den zuständigen Behörden erstellt worden sein müssen. Die Hochwassergefahrenkarten zeigen in den potenziellen Hochwassergebieten auf, mit welchen Überflutungsflächen und –tiefen bei einem Hochwasser zu rechnen ist.
Auf Basis der Hochwassergefahrenkarten werden von den zuständigen Behörden Hochwasserrisikokarten (HWRK) erstellt. Diese müssen ebenfalls bis 22.12.2013 in ganz Baden-Württemberg erstellt sein. In den Hochwasserrisikokarten wird festgelegt, welches Hochwasserrisiko für bestimmte Schutzgüter (gemäß der EU-Hochwasserrisikomanagementrichtlinie) besteht.
Bei den Schutzgütern handelt es sich um:
  • Wirtschaftliche Tätigkeiten
  • Umwelt
  • Menschliche Gesundheit
  • Kulturgüter
Auf Grundlage der Hochwasserrisikokarten sollen für diese vier Schutzgüter Hochwasserrisikomanagementpläne mit der Verpflichtung zur Umsetzung von bestimmten Maßnahmen erstellt werden. Diese Verpflichtung betrifft bestimmte Unternehmen, Kommunen, Bürger, etc.
II. Hochwassergefahrenkarten für das Gebiet „Nördlicher Oberrhein“ veröffentlicht
Das Regierungspräsidium Karlsruhe hat am 23.1.2013 die Hochwassergefahrenkarten „Nördlicher Oberrhein“ veröffentlicht. Konkret sind das die Hochwassergefahrenkarten von der Rheinstrecke von Iffezheim bis nach Mannheim.
1. Gebiet „Nördlicher Oberrhein“: Gefahrenkarten
Aus unserem Kammerbezirk liegen insofern nun die Hochwassergefahrenkarten für die am Rhein angesiedelten Gemeinden vor, weitere Gefahrenkarten werden noch folgen.
Aus der im Link beigefügten „Interaktiven Gefahrenkarte“ kann aufgrund der rosa Markierung festgestellt werden, für welche Gemeinden und Städte (wie z. B. Karlsruhe, Rastatt, Ubstadt-Weiher) bereits Gefahrenkarten vorliegen und somit mit der Auslegung in den Gemeinden in Bezug auf bestimmte wasserrechtliche Festlegungen in Kraft treten werden. Durch Heranzoomen der jeweiligen Flächen in den Gemeinden können die Überflutungsflächen und –tiefen ausgemacht werden.
Sobald die Gefahrenkarten bei den Gemeinden ausgelegt werden, treten sie hinsichtlich bestimmter wasserrechtlicher Festlegungen (z. B. Überschwemmungsgebiet bei HQ-100-Gebiet im Außenbereich) in Kraft.
2. Auswirkungen auf Unternehmen
Mit der Veröffentlichung der Hochwassergefahrenkarten können sich für die Unternehmen, die von den Karten betroffen sein sollten, rechtliche Konsequenzen ergeben. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Gebiet als HQ100-Gebiet eingestuft wurde, d. h. als Gebiet mit der Gefahr eines 100-jährigen Hochwassers:
Konkrete Auswirkungen können sich ergeben für:
Bauleitplanung/ Baugenehmigungsverfahren
In der Bauleitplanung bzw. im Baugenehmigungsverfahren können sich ggf. Konsequenzen ergeben, da eine Betriebserweiterung – je nachdem, in welche Hochwasserkategorie ein potenzielles Hochwassergebiet fällt - nicht mehr ohne weiteres möglich sein könnte. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Gebiet als HQ100-Gebiet eingestuft wurde, d. h. als Gebiet mit der Gefahr eines 100-jährigen Hochwassers.
Dabei ist zu unterscheiden zwischen den Auswirkungen im Außenbereich für Überschwemmungsgebiete gemäß § 77 Landeswassergesetz und den Auswirkungen im Innenbereich für hochwassergefährdete Gebiete gemäß § 80 Landeswassergesetz.
Festlegung von Überschwemmungsgebieten
In Baden-Württemberg kann ein Gebiet aus zwei Gründen als Überschwemmungsgebiet eingestuft werden:
(1) Gemäß § 77 Abs. 1 Landeswassergesetz gelten die folgenden Gebiete im Außenbereich – aufgrund bestimmter Feststellungen in der durch die Behörde veröffentlichen Hochwassergefahrenkarte - direkt als Überschwemmungsgebiet, ohne dass es einer weiteren Festsetzung bedarf, wenn es sich dabei handelt um:
  1. Gebiete zwischen oberirdischen Gewässern und Deichen oder Hochufern,
  2. Gebiete, die bei einem hundertjährlichen Hochwasserereignis (HQ100) überschwemmt oder durchflossen werden, und
  3. Gebiete, die auf der Grundlage einer Planfeststellung oder Plangenehmigung für die Hochwasserentlastung oder Rückhaltung beansprucht werden.
Kernbereich des Überschwemmungsgebietes ist der Teil oder sind die Teile des Gebietes, der/ die bei einem zehnjährigen Hochwasser überschwemmt oder durchflossen werden würde/n, § 77 Abs. 2 Landeswassergesetz.
Die Genehmigung von Vorhaben in Überschwemmungsgebieten richtet sich nach § 78 Landeswassergesetz.
ABER:
Mit der Genehmigung eines Flächennutzungsplanes oder der Bekanntmachung eines Bebauungsplanes in diesem Gebiet treten die Rechtswirkungen nach § 77 Abs. 1 und Abs. 2 sowie § 78 Landeswassergesetz außer Kraft, § 78a Abs. 1 Landeswassergesetz.
Dies gilt nicht für per Rechtsverordnung ausgewiesene Überschwemmungsgebiete, § 78a Abs. 2 Landeswassergesetz.
(2) Ein Gebiet ist aufgrund Rechtsverordnung des Landes als Überschwemmungsgebiet einzustufen. Das Land hat hier bereits Festsetzungen getroffen und hat gemäß § 76 Abs. 2 Satz 2 Wasserhaushaltsgesetz noch bis 22.12.2013 die Möglichkeit, weitere Überschwemmungsgebiete per Rechtsverordnung festzulegen.
Festlegung von hochwassergefährdeten Gebieten
Gemäß § 80 Landeswassergesetz sind hochwassergefährdete Gebiete im baurechtlichen Innenbereich Flächen, die
  • bei einem hundertjährigen Hochwasserereignis überschwemmt oder durchflossen werden, und für die es keine oder geringere als gegen hundertjährige Hochwasserereignisse erforderliche Schutzmaßnahmen bestehen oder
  • die bei einem größeren als einem hundertjährigen Hochwasserereignis bei Versagen oder Überströmen der vorhandenen Schutzeinrichtungen überflutet werden; dies gilt jedoch nur bis zur Grenze des Gebietes, das bei einem hundertjährigen Hochwasserereignis überschwemmt oder durchflossen würde.
Die hochwassergefährdeten Gebiete werden fachtechnisch abgegrenzt und werden bei den Wasserbehörden und bei den Gemeinden ausliegenden Karten dargestellt, § 80 Abs. 1 Landeswassergesetz.
Die Gemeinden können in diesen Gebieten durch Rechtsverordnung oder im Einzelfall zum Schutz der Umwelt und zur Abwehr von Gefahren eigene Regelungen treffen, § 80 Abs. 2 Landeswassergesetz.
Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen
In gemäß § 80 Landeswassergesetz bestehenden hochwassergefährdeten Gebieten können sich für Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen je nach Einstufung der Anlage in die jeweilige Gefährdungsstufe bzw. in die jeweilige Wassergefährdungsklasse, bestimmte Verbote und Hochwassersicherungspflichten gemäß der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (VAwS) ergeben.
Für die VAwS-Anlagen in IVU-Betrieben sind zudem bestimmte Maßnahmen vorgesehen, die sich aus dem abrufbaren Hochwasserrisikomanagement-Maßnahmenkonzept des Landes (Link nebenstehend) ergibt.
Beispiele:
  • Maßnahme Nr. R16:
Information der IVU-Betriebe durch Gewerbeaufsicht und Verifizierung der betrieblichen Aktivitäten zur Hochwassergefahrenabwehr
  • Maßnahme Nr. R17: 
Überwachung VAwS bei IVU-Betrieben durch Gewerbeaufsicht
Weitere Auswirkungen
Für bestimmte Akteure (wie z. B. Kommunen, bestimmte Unternehmen, etc.) in Hochwassergebieten,  für die ein bestimmtes Hochwasserrisiko besteht, kann z. B. eine Pflicht zu Erarbeitung von Alarm- und Einsatzplänen bestehen.
Dies ergibt sich z. B. aus dem als Link abrufbaren Hochwasserrisikomanagement-Maßnahmenkonzept des Landes (Link nebenstehend), das für die einzelnen Regionen im jeweiligen zu erstellenden Hochwasserrisikomanagementplan noch umgesetzt werden soll.
Beispiele:
  • Maßnahme Nr. R27 (Betreiber IVU-Anlage)
  • Maßnahme Nr. R29 (Wirtschaftsunternehmen)
III. Hochwasserrisikokarten und Hochwasserrisikomanagementpläne – welche Maßnahmen sind zu erwarten?
Die Hochwasserrisikokarten, die auf Basis der Hochwassergefahrenkarten erstellt werden, und in denen das jeweilige Hochwasserrisiko pro Schutzgut
  • Wirtschaftliche Tätigkeit,
  • Umwelt,
  • Menschliche Gesundheit und
  • Kulturgut
dargestellt werden soll, sollen bis 22.12.2013 fertiggestellt sein.
Auf Basis der Hochwasserrisikokarten sollen Maßnahmen in den Hochwasserrisikomanagementplänen für alle Verpflichteten erarbeitet werden – so auch für Unternehmen. Im Einzelnen können diese Maßnahmen bereits aus dem Maßnahmenkonzept des Landes (Link nebenstehend) herausgelesen werden, die nunmehr im Rahmen eines Managementplanes auf die einzelnen Regionen „heruntergebrochen“ werden sollen:
Für Unternehmen kommen u. a. die folgenden Maßnahmen in Betracht:
  • Maßnahme Nr. R 28
Verpflichtet: Betreiber von IVU-Betriebe
Maßnahme: Überarbeitung von Betriebsanweisungen, etc.
  • Maßnahme Nr. R29
Verpflichtet: Eigentümer/ Nutzer Wirtschaftsunternehmen
Maßnahmen Eigenvorsorge Wirtschaftsunternehmen: Analyse der objektspezifischen Hochwasserrisiken einschließlich notwendiger Ver- und Entsorgungsinfrastruktur hinsichtlich möglicher wirtschaftlicher Schäden
Die Hochwasserrisikomanagementpläne werden, wenn sie fertiggestellt sind, von der zuständigen Behörde öffentlich ausgelegt werden.
Die jeweiligen Kommunen und Städte werden auf Basis der Karten jeweils einen Hochwasserrisikosteckbrief erstellen, in dem konkret dargelegt wird, für welche Schutzgüter mit Hochwasserrisiken – gering/ mittel/ hoch – gerechnet wird.
In den nicht obligatorischen Hochwasserrisikobewertungskarten, die in dem Verantwortungsbereich der jeweiligen Kommunen liegen, können die Kommunen das Hochwasserrisiko der Schutzgüter einer weitergehenden Bewertung unterziehen.
IV. Weitere Informationen
Weitere Informationen zur Umsetzung der EU-Hochwasserrisikomanagementrichtlinie ergeben sich unter nebenstehendem Link www.hochwasser.baden-wuerttemberg.de sowie den zum Download bereitgestellten Leitfaden zum Hochwasserrisikomanagement.