REACH: Kandidatenliste um einen Stoff erweitert

Im üblichen halbjährlichen Rhythmus hat die Europäische Chemikalienagentur ECHA die Liste der “Kandidatenstoffe” erweitert, diesmal “nur” mit einem weiteren Stoff namens “Bis(α,α-dimethylbenzyl)peroxid (EG Nr.: 201-279-3, CAS Nr.: 80-43-3)”.
Er wird primär als Flammschutzmittel verwendet, aber weist reproduktionstoxische Eigenschaften auf.
Im Januar 2024 waren zuletzt fünf weitere Stoffe bekannt gegeben worden. Es handelte sich um:
  • 2,4,6-Tri-tert-butylphenol (EC-Nr. 211-989-5, CAS-Nr. 732-26-3, reproduktionstoxisch, persistent-bioakkumulierbar-toxisch): 
    Verwendung z. B. zur Herstellung eines anderen Stoffes; Formulierung von Gemischen und in Kraftstoffprodukten
  • 2-(2H-Benzotriazol-2-yl)-4-(1,1,3,3-tetramethylbutyl)phenol, (EC-Nr. 221-573-5, CAS-Nr. 3147-75-9, sehr persistent und sehr bioakkumulierend): 
    Verwendung z. B. in Air-Care-Produkten, Beschichtungsprodukten, Kleb- und Dichtstoffen, Schmiermitteln und Fetten, Poliermitteln und Wachsen sowie Wasch- und Reinigungsmitteln
  • 2-(dimethylamino)-2-[(4-methylphenyl)methyl]-1-[4-(morpholin-4-yl)phenyl]butan-1-on (Handelsnamen: Omnirad 379, Iragacure 379; EC-Nr. 438-340-0, CAS-Nr. 119344-86-4, reproduktionstoxisch):
    Verwendung z. B. in Tinten und Tonern und in Beschichtungsprodukten
  • Bumetrizol (EC-Nr. 223-445-4, CAS-Nr. 3896-11-5, sehr persistent und sehr bioakkumulierend): 
    Verwendung z. B. in Beschichtungsprodukten, Klebstoffen und Dichtungsmitteln sowie Wasch- und Reinigungsmitteln
  • Oligomerisations- and Alkylreaktionsprodukte von 2-Phenylpropan and Phenol (EC-Nr. 700-960-7, sehr persistent und sehr bioakkumulierend):
    Verwendung z. B. als Kleb- und Dichtstoffe, Beschichtungsprodukte, Füllstoffe, Spachtelmassen, Putze, Modelliermasse, Tinten und Toner sowie Polymere.
Zuvor war die Kandidatenliste Mitte 2023 um folgende zwei Stoffe ergänzt worden:
  • Diphenyl(2,4,6-trimethylbenzoyl)phosphinoxid (EC Nr.:278-355-8, CAS-Nr.:75980-60-8, reproduktionstoxisch):
    Verwendung z. B. als Photoinitiator in Tinten, Tonern und Polymeren und
  • Bis(4-chlorphenyl)sulphon (EC Nr.: 201-247-9, CAS Nr.: 80-07-9, sehr persistent und sehr bioakkumulierend):
    Verwendung z. B. zur Herstellung von temperaturbeständigen Polymeren wie PES oder Polysulfon
Die hier auf der ECHA-Homepage zu findende Kandidatenliste umfasst nun insgesamt 241 SVHC-Einträge (substances of very high concern). Die besagten Stoffe „kandidieren“ für eine Aufnahme in Anhang XIV der REACH-Verordnung, was langfristig eine Zulassungspflicht bedeuten könnte. Kurzfristig entsteht mit der Bekanntgabe die Pflicht zur Weitergabe von Informationen längs der Lieferkette an gewerbliche Kunden, sofern mehr als 0,1 % eines Kandidatenstoffs im gelieferten Erzeugnis enthalten ist.
Quelle: IHK Südlicher Oberrhein (angepasst)

Zum Hintergrund der SCIP-Datenbank:
Erzeugnisse nach Art. 33 REACH-Verordnung: Meldepflichten in der SCIP-Datenbank
Unternehmen, die den Informationspflichten nach Artikel 33 Abs. 1 REACH-Verordnung unterliegen, haben zum 5.1.2021 ihre Erzeugnisdaten – d. h. die Daten nach Artikel 33 Abs. 1 REACH-Verordnung – in der sog. SCIP-Datenbank der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) zu melden. Die SCIP-Datenbank ist hier abrufbar: https://echa.europa.eu/scip .
 
I. Hintergrund
Artikel 9 Abs. 2 der neuen EU-Abfallrahmenrichtlinie sieht vor, dass Lieferanten (z. B. Importeur, Hersteller, Vertreiber etc.) von Erzeugnissen mit über 0,1 Masseprozent eines besonders besorgniserregenden Stoffes, die den Informationspflichten nach Artikel 33 Abs. 1 REACH-Verordnung unterliegen (s.o. unter REACH, dort unter 4.), ab 5.1.2021 Informationen nach Artikel 33 Abs. 1 REACH-Verordnung in die neue SCIP-Datenbank (database for information on Substances of Concern In articles as such or in complex objects) bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) einzutragen haben. Die SCIP-Datenbank ist hier einsehbar: https://echa.europa.eu/de/scip und https://echa.europa.eu/de/scip-database
Im deutschen Recht wurde diese Pflicht in einen neuen § 16f des Chemkaliengesetzes implementiert. § 16f Chemikaliengesetz ist am 29.10.2020 in Kraft getreten und sieht vor, dass die Daten nach Maßgabe des Artikels 9 Abs. 2 EU-Abfallrahmenrichtlinie ab 5.1.2021 zur Verfügung zu stellen sind.
In § 16f Chemikaliengesetz (ChemG) heisst es:
㤠16f - Informationspflicht der Lieferanten
„(1) Wer als Lieferant im Sinne des Artikels 3 Nummer 33 der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 Erzeugnisse im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 in Verkehr bringt, hat ab dem 5. Januar 2021 die Informationen gemäß Artikel 33 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 der Europäischen Chemikalienagentur nach Artikel 9 Absatz 2 der Richtlinie 2008/98/EG zur Verfügung zu stellen. Satz 1 gilt nicht für Erzeugnisse mit militärischer Zweckbestimmung.
(2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates näher zu bestimmen, auf welche Art und Weise und mit welchen Maßgaben die Verpflichtung nach Absatz 1 unter Berücksichtigung der auf Unionsebene entwickelten Vorgaben für die Datenbank zu erfüllen ist.“

II. SCIP-Datenbank
Eine Übersicht der ECHA dazu, wer wie betroffen sein kann, finden Sie hier: https://echa.europa.eu/de/scip-infographic
Informationen zur SCIP-Datenbank für betroffene Unternehmen sind hier abrufbar: https://echa.europa.eu/de/scip-suppliers-of-articles
Ab 5. Januar 2021 – so § 16f ChemG – sind die Informationen gemäß Artikel 33 Abs. 1 REACH-Verordnung (= alle Erzeugnisse in der EU, die SVHC mit einem Gehalt von über 0,1% enthalten) der Europäischen Chemikalienagentur nach Artikel 9 Abs. 2 der Richtlinie 2008/98/EG (= EU-Abfallrahmenrichtlinie) von den verpflichteten Unternehmen zur Verfügung zu stellen.
Die Daten, die in die SCIP-Datenbank eingegeben wurden, können Verbraucher und Entsorgungsunternehmen einsehen unter: https://echa.europa.eu/de/scip-database

III. Zuständige Behörde in Baden-Württemberg
Zuständige Behörde für in Baden-Württemberg angesiedelte Unternehmen zum Thema REACH ist die baden-württembergische Marktüberwachungsbehörde beim Regierungspräsidium Tübingen, Referat 114 für Chemikaliensicherheit: Chemikaliensicherheit - Regierungspräsidium Tübingen (baden-wuerttemberg.de)

​​​​​​​IV. Weitere Informationen zur SCIP-Datenbank
Hinweis: 
Bitte wenden Sie sich an die für Sie zuständige IHK: 
IHK-Finder - IHK_DE