Berufsbildungsvalidierungs- und -digitalisierungsgesetz

Am 1. August 2024 ist das Berufsausbildungsvalidierungs- und -digitalisierungsgesetz (BVaDiG) in Kraft getreten und bringt umfassende Änderungen und Erweiterungen im bestehenden Berufsbildungsgesetz (BBiG) mit sich. Diese Neuerungen schaffen Möglichkeiten, die berufliche Bildung moderner und digitaler zu gestalten.
Die wichtigsten Änderungen:

Digitaler Ausbildungsvertrag und Empfangsnachweis

Um einen zeitgemäßen, vollständig medienbruchfreien digitalen Prozess zu ermöglichen, ist der in § 11 Absatz 1 BBiG verankerte Ausschluss der elektronischen Form beim Ausbildungsvertrag aufgehoben worden. Zudem wird die Abfassung der wesentlichen Inhalte des Ausbildungsverhältnisses in Textform ermöglicht. Dabei muss sichergestellt sein, dass sich der Vertragstext beim Empfänger abspeichern und ausdrucken (zum Beispiel als PDF) lässt. Dies gilt auch für Vertragsänderungen wie Abkürzungen oder Verlängerung der Ausbildungszeit.
Darüber wird gemäß § 11 Absatz 2 BBiG bei elektronischer Abfassung des Vertragstextes der Empfang an Auszubildende und deren gesetzliche Vertreter und Vertreterinnen zu dokumentieren (Empfangsnachweis) sein. Auszubildende sind verpflichtet, den Empfang des Vertragstextes zu bestätigen. Der Vertragstext und der Empfangsnachweis sind von den Ausbildungsbetrieben für die Dauer von drei Jahren nach Ablauf des Jahres, in dem das Ausbildungsverhältnis beendet wurde, aufzubewahren.
Zusätzlich sind die elektronischen Kontaktdaten (E-Mail-Adresse und/oder Telefonnummer) des Auszubildenden, der gesetzlichen Vertreter sowie des Ausbildenden verpflichtend anzugeben.
Eine Änderung des digitalen Ausbildungsvertrags im Online-Portal wird derzeit vorbereitet.

Anrechnung der Berufsschulzeit auf die Ausbildungszeit

Auszubildende sind für die Teilnahme am Berufsschulunterricht freizustellen. Die Berufsschulunterrichtszeit einschließlich der Pausen ist auf die Ausbildungszeit anzurechnen (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 BBiG). Zur Klarstellung des Paragrafen wird dieser nun um die Anrechnung notwendiger Wegezeiten zwischen Berufsschule und Ausbildungsstätte ergänzt. Nicht angerechnet wird weiterhin die Wegezeit, die Auszubildende vom Wohnort bis zur Berufsschule benötigen.
Weiterhin sind Auszubildende für die Teilnahme an Prüfungen sowie Pausenzeiten innerhalb der Prüfungen freizustellen (§ 15 Abs. 2 Nr. 4 BBiG). Neu ist, dass nun auch hier die notwendigen Wegezeiten zwischen Teilnahmeort und Ausbildungsstätte angerechnet werden.

Mobiles Ausbilden

Zur Steigerung der Attraktivität und zur Anpassung an die modernen Kommunikationsmittel, wurde im § 28 Absatz 2 BBiG ist die Möglichkeit des digitalen mobilen Ausbildens verankert. Das digitale mobile Ausbilden ist an folgende Voraussetzungen geknüpft. Dafür müssen mindestens drei Bedingungen erfüllt werden:
  • Um die Ausbildungsinhalte zu vermitteln, muss Informationstechnik eingesetzt werden.
  • Die Ausbildungsinhalte, die während mobiler Ausbildung erlernet werden sollen, müssen dafür geeignet sein. Auch die Aufenthaltsorte von Azubi und Ausbildenden während der mobilen Ausbildung müssen geeignet sein.
  • Die Qualität der Vermittlung der Inhalte muss gewährleistet sein. Hierfür muss der Ausbilder jederzeit zu den üblichen Ausbildungszeiten für die Auszubildenden erreichbar sein, der Lernprozess gesteuert sowie Lernfortschrittskontrollen durchgeführt werden.
Eine vollständige “mobile Ausbildung“ ist weiterhin ausgeschlossen, da die Ausbildungsinhalte lediglich in einem “angemessenen Umfang“ digital vermittelt werden können. Zudem entscheidet der Ausbildungsbetrieb über das Angebot des digitalen mobilen Ausbildens. Bietet ein Ausbildungsbetrieb die Möglichkeit des digitalen mobilen Ausbildens an, so kann sich dieses an alle oder auch nur an einzelne Ausbildungsberufe oder Auszubildende richten.

Eine Ergänzung in § 14 BBiG präzisiert die von den Ausbildenden kostenlos zur Verfügung zu stellenden Ausbildungsmittel im Hinblick auf das nun nach § 28 BBiG ermöglichte digitale mobile Ausbilden. Hierfür zusätzlich erforderliche Hard- und Software (zum Beispiel Laptop) ist für die Auszubildenden dem Sinn und Zweck dieser Ausbildungsform entsprechend auch außerhalb der Ausbildungsstätte zur Verfügung zu stellen.
Weitere Informationen:

Teilzeitberufsausbildung

Wird bei einer Teilzeitausbildung künftig eine Verkürzung gemäß den Empfehlungen des Hauptausschusses nach § 8 Absatz 3 BBiG gewährt, so ist die Ausbildungsdauer nunmehr auf die Regelausbildungsdauer zu verkürzen, wenn nach Abzug der Verkürzung (nach § 8 Absatz 3 BBiG) die Regelausbildungsdauer nur um höchstens sechs Monate überschritten wird.
Die Ergänzung in § 8 Absatz 1 Satz 2 BBiG bezieht sich auf die Verkürzung der Ausbildungsdauer
für den besonderen Fall der Teilzeitberufsausbildung nach § 7a BBiG. Zum Schutz der Interessen
und Bedürfnisse der Zielgruppen (beispielsweise Menschen mit Aufholbedarf beim Spracherwerb oder Menschen mit Behinderungen) verlängert sich die Ausbildungsdauer bei einer Teilzeitausbildung entsprechend der Kürzung der Ausbildungszeit automatisch, höchstens jedoch bis zum Eineinhalbfachen der Regeldauer, die in der Ausbildungsordnung festgelegt ist. Gleichzeitig ist für leistungsstarke Auszubildende ein Abschluss in der Regelausbildungsdauer über das Instrument der Verkürzung möglich.

Digitales Ausbildungszeugnis

Ausbildende haben den Auszubildenden bei Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses ein schriftliches Zeugnis auszustellen. Das Zeugnis kann seit dem 1. August 2024 mit Einwilligung der Auszubildenden in elektronischer Form erteilt werden (§ 16 Absatz 1 Satz 2 BBiG).
Haben Ausbildende die Berufsausbildung nicht selbst durchgeführt, so soll auch der Ausbilder oder die Ausbilderin das Zeugnis unterschreiben.

Validierung beruflicher Kompetenzen

Mit der neuen gesetzlichen Regelaufgabe “Feststellung und Bescheinigung der individuellen beruflichen Handlungsfähigkeit am Maßstab eines anerkannten Ausbildungsberufes“ sollen berufliche Kompetenzen, die unabhängig von einer formalen Berufsausbildung mit Abschluss erworben wurden, aber einer solchen vergleichbar sind, festgestellt – also „validiert – und bescheinigt werden können. Diese „Validierung“ soll die Kompetenzen im System der beruflichen Bildung anschlussfähig machen.
Zu dem Verfahren soll zugelassen werden können, wer
  1. seinen Wohnsitz in Deutschland hat oder die notwendige Berufstätigkeit nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 mindestens zur Hälfte im Inland absolviert hat und
  2. in dem Referenzberuf keinen Berufsabschluss hat und für wessen Berufsabschluss keine Gleichwertigkeit nach dem Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz festgestellt worden ist,
  3. nicht in einem Berufsausbildungsverhältnis im Referenzberuf steht sowie
  4. das 25. Lebensjahr vollendet hat.
Die neuen Regelungen zum Feststellungsverfahren sind ab 1. Januar 2025 anzuwenden. Aktuell liegt noch keine „Verfahrensverordnung“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vor. Diese Verordnung soll weitere Details des beruflichen Feststellungsverfahrens regeln. Eine Antragsstellung ist daher frühestens ab Januar 2025 möglich.