Aus- und Fortbildung: bis 60 mehr Einkommen als Studium

Der kumulierte Verdienst einer Person mit Ausbildung und anschließender Weiterbildung liegt am Ende des Erwerbslebens fast gleichauf mit dem von jemandem mit Hochschulabschluss, nämlich bei etwa 1,4 Millionen Euro. Jedoch haben erstere bis zum 60. Lebensjahr, und somit während des größten Teils ihres Berufslebens, finanziell gegenüber den Akademikern die Nase vorn. Personen mit Berufsausbildung verdienen zwar rund 0,4 Millionen Euro weniger als Personen mit Studium, verfügen aber bis zu einem Alter von 35 Jahren über mehr Geld. Das sind die Ergebnisse einer Studie des Baden-Württembergische Industrie- und Handelskammertag (BWIHK), die die Verdienstmöglichkeiten einer Berufsausbildung und eines Studiums vergleicht.
Mit neuen Untersuchungsansätzen zeigt die Studie erstmals, in welcher Altersphase welche Personengruppen mehr verdienen. BWIHK-Präsident Wolfgang Grenke:
„Das ist ein wichtiger Aspekt, auch bei der Bildungsentscheidung nach der Schule. Geld braucht man ja nicht erst am Ende seines Arbeitslebens, sondern schon früher. Beispielsweise wenn man eine Familie gründen oder ein Eigenheim erwerben möchte. Der Meister, der schon früher Geld verdient hat, konnte sich noch ein Häuschen in Stuttgart leisten, bevor die Preise angestiegen sind. Derjenige, der studiert hat, wartet ewig, bis er genügend Startkapital zusammen hat.“
Die Studie, die das Institut für Angewandte Wissenschaft (IAW) in Tübingen durchgeführt hat, betrachtet anders als bisherige Untersuchungen zu diesem Thema, nicht nur den höchsten Bildungsabschluss einer Person, sondern die gesamte Bildungsbiografie und die Entwicklung des individuellen Lebenseinkommens. Insgesamt wurden dafür die Bildungswege von mehr als 12.000 Personen untersucht.
Laut Marjoke Breuning, BWIHK-Vizepräsidentin und Präsidentin der für Ausbildung federführenden IHK Region Stuttgart, ist aber noch eine weitere Perspektive interessant für junge Leute, die sich zwischen Ausbildung und Studium entscheiden müssen:
„Die Jugendlichen müssen sich zu einem Zeitpunkt festlegen, zu dem sie noch gar nicht wissen, ob sie ein Studium beenden werden. Somit besteht das Risiko, die hohen Lebenseinkommen, die ein Studium mit sich bringt, eventuell gar nicht zu erzielen.“
Die Studie zeigt auch die Entwicklung des Einkommens, wenn nach einem abgebrochenen Studium nochmal Zeit in eine Ausbildung investiert wird. Diese Personen verdienen am Ende fast genauso viel wie diejenigen, die nach dem Studienabbruch direkt in einen Job wechseln.
„Für diese Personen wäre es besser gewesen, gleich eine Ausbildung zu machen. Denn eine Bildungsentscheidung ist im Grunde auch immer eine Art Investitionsentscheidung“, so Breuning weiter.
Personen, die nach abgeschlossener Ausbildung noch ein Studium absolvieren, verdienen ziemlich genauso viel wie jemand, der gleich nach der Schule ein Studium absolviert. Ein großer Vorteil ist jedoch, dass erstere in jungen Jahren bereits Geld verdienen und bis etwa 50 Jahre ein höheres kumuliertes Einkommen haben. Die Entscheidung für mehr Bildung, Ausbildung oder Studium, lohnt sich über die letzten Jahrzehnte gesehen im Vergleich zu keiner abgeschlossenen Ausbildung immer mehr. Zwar konnten in der Industrie in der Vergangenheit auch Ungelernte relativ gut verdienen. Dort hat sich ein Studium erst deutlich später gelohnt, nämlich ab etwa 55 Jahren gegenüber 46 Jahren im Dienstleistungsbereich. Es zeigt sich aber, dass dies bei den jüngsten untersuchten Geburtenjahrgängen, nämlich von 1975 bis 1986, anders aussieht. Dort lohnt es sich in jedem Fall, eine Berufsausbildung anzustreben.
Wie sollen sich Jugendliche im Hinblick auf Karriere- und Verdienstmöglichkeiten denn nun am besten entscheiden? Laut Grenke sei ein Studium für diejenigen, die gern wissenschaftlich arbeiten und eher theoretische Aufgabenstellungen schätzen, sicherlich eine gute Entscheidung. Weil diese Personen das Studium beenden würden und somit am Ende des Arbeitslebens das größte Einkommen vorweisen könnten.
„Viele beginnen aber ein Studium und wären wahrscheinlich mit einer Ausbildung glücklicher. Zudem sind sie damit ja nicht auf Ewigkeiten festgelegt, sondern haben ja noch die Möglichkeit zu studieren oder eine Weiterbildung anzuschließen.“
Studienaussteigern empfehlen die IHKs, eine Ausbildung anzuschließen, eventuell sogar mit einer Weiterbildung. Somit stehen sie einkommenstechnisch in jedem Fall besser da, als wenn sie nach Studienabbruch direkt in einen Job wechseln. IHK-Ausbildungsexperten unterstützen kostenlos bei der Suche nach dem richtigen Ausbildungsberuf und einem geeigneten Ausbildungsbetrieb. Sie sprechen mit den Ausbildungsplatzsuchenden über beruflichen Vorstellungen, erstellen ein Qualifikationsprofil und vermitteln den Kontakt zum potenziellen Ausbildungsbetrieb.
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