Handreichung zur Mobilisierung von (Gewerbe-)Flächen

Um die Region als zukunftsfähigen und lebenswerten Standort zu erhalten und weiterzuentwickeln, ist eine ausgewogene und an die Ansprüche der Region angepasste Flächenpolitik erforderlich. Hierzu ist unerlässlich, dass Flächenpotentiale identifiziert und Flächen mobilisiert werden. Dabei geht es um Wohnflächen, aber auch um Gewerbeflächen für Unternehmen.
Der im Jahr 2019 bei der Industrie- und Handelskammer Karlsruhe gegründete Arbeitskreis Immobilien und Standortentwicklung beschäftigt sich mit dem Thema Standortwicklung aus immobilienwirtschaftlicher Sicht. Bei den Mitgliedern handelt es sich um Experten aus vielen Bereichen der Immobilienbranche. Der Arbeitskreis hat sich mit der Verfügbarkeit von (Gewerbe-)Flächen befasst, die wesentlichen Problemfelder identifiziert und mögliche Lösungsvorschläge erarbeitet.
Diese Handreichung soll den Kommunen als Leitfaden zur Flächenmobilisierung dienen, damit für die Unternehmen der Region mehr Planungssicherheit für die Zukunft geschaffen werden kann, aber auch mehr Planungsfreiheit, die unverzichtbar ist, um neue Wege zu beschreiten.
Diese Handreichung gliedert sich in die fünf Kapitel:
  1. Verfügbarkeit
  2. Schnelligkeit
  3. Wirtschaftlichkeit
  4. Transparenz und Akzeptanz
  5. Qualität, Dichte und Nutzungsvielfalt.

Verfügbarkeit

Was die Verfügbarkeit von Gewerbe- aber auch Wohnflächen anbelangt, kann das Problem auf einen zentralen Punkt heruntergebrochen werden:
Es ist zu wenig Fläche vorhanden, um die Bedürfnisse der bereits angesiedelten Unternehmen, aber auch ansiedlungswilliger Unternehmen abzudecken.
Da die Ressource Fläche nicht unerschöpflich ist, müssen vorhandene Flächenpotentiale identifiziert und sinnvoll genutzt werden.

Flächentausch und intelligente Nutzung

Problemstellung

Kommunen verfügen zum Teil selbst über Flächen und Gebäudebestand, der nicht (mehr) sinnvoll genutzt werden kann (z.B. ehem. Behördengebäude).
Weiterhin benötigen nicht alle Nutzer Flächen rund um die Uhr.
Lösungsvorschläge
  • Flächen, die für eine industrielle Nutzung nicht mehr geeignet sind, können gewerblich oder zu Wohnzwecken genutzt werden.
  • Es können zum Beispiel Parkflächen geschaffen werden (→Stellplatznachweis), die tagsüber gewerblicher Nutzung, in den Abend- und Nachtstunden den Anwohnern zur Verfügung stehen (Ausnahmegenehmigungen).
  • Kommunen können hier durch Flächenbörsen Personen zusammenbringen, um intelligente Konzepte gemeinsamer Nutzung zu entwickeln oder geeignete Flächen zu tauschen.

Nutzung von Verkehrsflächen und Verkehrsbegleitflächen

Problemstellung

Verkehrsflächen machen 5% der Bodenfläche in Deutschland aus und damit über ein Drittel der gesamten bebauten Fläche (Quelle: Umweltbundesamt).
Lösungsvorschläge
  • Eine kombinierte Nutzung schafft Raum.
  • Straßen, Bahnanlagen und Parkplätze können überbaut werden (z.B. Hamburg, Wien) Straßen und Schienen können denselben Raum nutzen.
  • Auf Freiflächen im Verkehrswegebereich (z.B. „Inseln“ von Kreuzungen) sind Parkplätze, aber auch gewerbliche Bauten, vor allem Lagerflächen, denkbar.

Verborgene Flächen aufspüren

Problemstellung

Manche Flächen fristen einen „Dornröschenschlaf“.

Lösungsvorschläge

Diese Flächen gilt es zu finden und die Eigentümer gezielt anzusprechen. Das sind zum Beispiel:
  • Flächen in Insolvenzmassen
  • Flächen in Erbmassen mit ungeklärter Nachfolge
  • Flächen im Eigentum des Bundes, des Landes oder staatseigener Betriebe (Bahn, Telekom, Bundeswehr, Bundesbehörden und Ämter), die nicht oder nicht mehr intensiv genutzt werden. Hier Tausch möglich?
  • Flächen aus kirchlichem Eigentum (die ev. Landeskirche veräußert zum Beispiel im großen Stil Immobilien mit tendenziell schwieriger Alternativnutzung)

Kontaminationsflächen

Problemstellung

Ehemalige Industrieflächen, Gewerbeflächen oder auch Bahnflächen stellen ein großes Potenzial zur Umnutzung in Wohn- oder Gewerbenutzung dar. Oftmals sind diese Flächen durch ihre historische Nutzung kontaminiert (Schwermetalle, Öle).
Die Beseitigungskosten der Kontamination sind oftmals im Vorfeld nur sehr schwer abschätzbar. Hierzu bedarf es einer genauen gutachterlichen Analyse, welche Art und Umfang der Kontamination vorliegt und durch welches Sanierungsverfahren diese beseitigt werden kann.
Die mit der Sanierung anfallenden Kosten sind zwischenzeitlich sehr stark gestiegen und stellt somit für einen evtl. Investor eine sehr große Kostenunsicherheit dar.
Lösungsvorschläge
  • Umfang der Sanierung reduzieren (z.B. Versiegelung).
  • Wiedereinbau von dekontaminiertem Material.
  • Wiederverwendung von Material in Außenanlagen (z.B. Lärmschutzwall).
  • Fördermittel für Dekontamination auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene erfragen.

Intensivere Nutzung / höhere Geschossflächenzahl (GFZ)

Problemstellung

Vorhandenes Potential wird nicht immer sinnvoll oder ausreichend genutzt.
Lösungsvorschläge
  • Zur Schaffung von weiterem Wohnraum und Gewerbeflächen könnte eine erhöhte Ausnutzung und Dichte der Bebauung sinnvoll sein.
  • Ältere Bebauungspläne mit niedriger GFZ Ausnutzung könnten angepasst werden, um eine weitere Bebauung von Bestandsflächen oder größere Neubauten zu ermöglich.
  • Eine stärke Höhenentwicklung durch Aufstockung von bestehenden Gebäuden oder Zulässigkeit von höheren Neubauten führt zu einer größeren Ausnutzung der Grundstücksflächen.
  • Die Bebauung von Hinterhöfen in alten Siedlungsstrukturen bildet ein zusätzliches Potenzial.
  • Durch einen Verzicht zur Führung des Stellplatznachweises kann eine verdichtete Bebauung der Grundstücksfläche erfolgen, da keine Freiflächen zur Gestaltung von PKW-Parkplätzen benötigt werden.

Leerstände aktivieren

Problemstellung

Grundstückseigentümer setzen sich oft nicht damit auseinander, wie ihr Grundstück genutzt werden könnte oder erkennen das Potential ihrer Flächen nicht. Dabei können Kommunen unterstützen.

Lösungsvorschläge

  • Ein aktives Leerstandsmanagement verhindert die Entstehung von Baulücken oder Abrissgebäuden.
  • Die Ansprache von Eigentümern führt oftmals dazu, dass über eine mögliche Nutzung der Fläche nachgedacht wird. So kann die Kommune informieren, wie das Grundstück rechtlich und wirtschaftlich genutzt werden kann.
  • Bauverpflichtungen bei Neubaugebieten oder städtischen Grundstücksflächen führen zu einer zügigen Bebauung von Flächen und verhindern die Entstehung von Baulücken.

Gemeinsame Nutzung von Flächen

Problemstellung

Die Nutzung von Flächen für nur eine Nutzungsart bleibt oft hinter dem Potential dieser Flächen zurück: Gewerbegebiete mit überwiegender Büronutzung werden in den Abendstunden und an Wochenenden nicht genutzt. Wohngebiete werden innerhalb der üblichen Arbeitszeit nicht zum Wohnen genutzt.

Lösungsvorschläge

  • Durch die Errichtung von Mixed-Use-Immobilien mit unterschiedlichen Nutzungsarten innerhalb eines Gebäudes kann eine vielschichtige und attraktivere Nutzung von Grundstücksflächen erfolgen.
  • Die Kombination von Wohnungsnutzung und gewerblicher Nutzung bietet die Möglichkeit einer verdichteten Bebauung und führt zu einer Belebung der Areale, auch außerhalb der Hauptnutzungszeiträume.
  • Die Wegebeziehungen zwischen Arbeit, Wohnen und Einkaufen könnten deutlich reduziert werden.
  • Die Belegung der Erdgeschosszone, insbesondere durch Handelsnutzung und Gastronomie, führt zu einer Urbanität innerhalb der Areale.
  • Grünflächen sowie PKW-Stellplätze könnten gemeinschaftlich genutzt werden, wodurch eine effiziente und ressourcensparende Nutzung der Grundstücksflächen erfolgt.
Beispiel: Omniturm in Frankfurt: In diesem Projekt wurden Büro- und Wohnnutzung innerhalb eines vertikalen Mixed-Use-Projekt umgesetzt. Auch die Kombination aus Handelsnutzung und Kindertagesstätte ist eine Möglichkeit, die zur Attraktivität eines Standorts beitragen kann (Lidl Discountermarkt mit Kindertagesstätte in Bietigheim-Bissingen).

Rechtliche Möglichkeiten

Problemstellung

Die rechtlichen Rahmenbedingungen werden oft als hinderlich und schwerfällig empfunden.

Lösungsvorschläge

  • Konzeptionelle Nutzung des Vorkaufsrechts der Gemeinde, um Flächen neu zu strukturieren und einer anderen Nutzung zuzuführen.
  • Weniger vorhabenbezogene Bebauungspläne sondern Überplanung ganzer Gebiete (intensivere Nutzungsmöglichkeiten für das gesamte Gebiet steigern den Grundstückswert aller und schafft Akzeptanz für Pilotprojekte).

Schnelligkeit

Die Komplexität von Bebauungsplänen, doppelte Verfahrensschritte, langwierige und uneinheitliche Verfahren, fehlendes Personal oder mangelnde Digitalisierung haben starken Einfluss auf die Dauer von Bauprojekten und stellen Verantwortliche immer wieder vor Herausforderungen.

Bebauungspläne vereinfachen

Problemstellung

Viele Maßnahmen können nicht oder nur mit hohem zeitlichem Aufwand umgesetzt werden. Ein häufiges Problem sind veraltete Bebauungspläne, die den aktuellen Bedarf nicht abbilden. Sie können nur durch förmliche Verfahren geändert werden, die häufig zwei bis drei Jahre dauern.

Lösungsvorschläge

  • Bebauungspläne müssen so flexibel gestaltet werden, dass sie auch einem geänderten Bedarf gerecht werden können.
  • Um Planungssicherheit zu erreichen, könnten Kommunen eine überregional geltende „Muster-B-Plan-Ordnung“ vereinbaren, so dass alle Beteiligten eine gemeinsame Arbeitsgrundlage haben.

Planungsbeschleunigung

Problemstellung

Von der Aufstellung eines Flächennutzungsplans bis zum tatsächlichen Bau vergehen oft Jahre – manchmal sogar Jahrzehnte. Dabei haben es Kommunen nur sehr eingeschränkt in der Hand, das Verfahren zu beschleunigen, denn es sind landes- und bundesrechtliche Vorgaben, nach denen die baurechtlichen Verfahren ablaufen müssen. Das heißt allerdings nicht, dass Kommunen nichts tun können, um bessere Voraussetzungen für die Flächengewinnung zu schaffen.

Lösungsvorschläge

  • Europäische Nachbarstaaten wie die Niederlande oder Dänemark zeigen, dass es funktionierende Modelle gibt, in denen diese Prozesse und Planungen parallelisiert werden können und somit immense zeitliche Einsparungen erreicht werden.
  • Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren müssen verbessert werden durch eine einfache und transparente Gestaltung des Verfahrens mit klarer Kommunikation. Hierbei sollten die Möglichkeiten der Digitalisierung erschöpfend genutzt werden und Planungsunterlagen- und -status digital zur Verfügung gestellt werden.
  • Vor allem können Planungsstufen zusammengelegt, eindeutige Standards im nationalen Umweltrecht geschaffen und bei größeren Projekten der Verfahrensweg bei den Gerichten verkürzt werden. Hierzu verweisen wir auf das Rechtsgutachten der Rechtsanwaltskanzlei Redeker|Sellner|Dahs im Auftrag des DIHK.
  • Kommunen können auf Landes- und Bundesebene über politische Kanäle für entsprechende Gesetzesvorgaben werben. Gemeinsame Aktionen mehrerer Gemeinden bei Landräten, Regierungspräsidien, über die Landtags- und Bundestagsabgeordneten zeigen erfahrungsgemäß Wirkung.

Digitalisierung

Die Digitalisierung schreitet auf vielen Feldern voran. Auch in der Immobilienbranche wurde der digitale Austausch beschleunigt.

Problemstellung

Öffentlich zugängliche Datenbanken sind teilweise veraltet und Informationen widersprüchlich. Die Kommunen könnten bei der Öffentlichkeitsbeteiligung die Digitalisierung noch stärker nutzen.

Lösungsvorschläge

Übergeordnete Projekte wie z.B. Infrastrukturprojekte

Problemstellung

Viele Infrastrukturvorhaben werden bisher analog geplant. Relevante Unterlagen wie Planungsunterlagen, Untersuchungsberichte oder Gutachten sind nicht im Internet verfügbar. Beispielsweise sind Untersuchungen über Flora und Fauna, Gewässer- oder Luftqualität und die daraus gewonnen Daten über Umweltzustände nicht von anderen Vorhabenträgern verwendbar. Durch die mangelnde Transparenz ist überdies für die Öffentlichkeit häufig nicht nachvollziehbar, auf welcher Planungs- oder Realisierungsstufe sich das jeweilige Vorhaben gerade befindet – beispielsweise wann die Öffentlichkeitsbeteiligung erfolgt, ob es schon konkrete Planungen zur Trassenführung gibt und wann mit den Bauarbeiten begonnen wird.
Parallele oder spätere Vorhaben kennen zudem nicht die Ergebnisse bestehender Untersuchungen und Gutachten oder können darauf nicht zugreifen. Nicht selten führt dies zu einer doppelten Arbeit bei der Erhebung von Umwelt- und Naturzuständen.

Lösungsvorschläge

  • Öffentlichkeitsbeteiligungsprozesse könnten digital ermöglicht werden, ergänzend zur Offenlage in den Ämtern.
  • Um Doppelerhebungen der Umweltbedingungen an Standorten zukünftig zu vermeiden, sollten die gewonnen Daten über Flora- und Fauna, Gewässer- oder Luftzustände zukünftig zentral hinterlegt und kartiert werden. So können spätere oder parallele Planungen auf diese Erkenntnisse zurückgreifen.

Ressource Personal

Problemstellung

Mitunter ist zu wenig Personal vorhanden, um Prozesse rasch zu bearbeiten. Dies entspricht in einigen Fällen nicht den Anforderungen an schnelles Planen und Bauen.

Lösungsvorschläge

  • Zusätzliches Personal ist zwar ein Kostenfaktor und in Zeiten angespannter Haushaltslage schwer zu schaffen. Personal im Bereich der Wirtschaftsförderung – und dabei handelt es sich bei Flächenmanagement – ist aber gut investiert, denn die Ansiedlung von Gewerbe und von Einwohnern stärkt die Gemeinden finanziell. Als ersten wichtigen Schritt sollte deshalb der Ausbau von dringend notwendigen Personalkapazitäten mit einer Aus- und Fortbildungsoffensive sowie einer Einstellungsoffensive vorangetrieben werden. Hierbei könnte es wichtig sein, die Attraktivität der Kommunen als Arbeitgeber weiter zu stärken.
  • In den Planungs- und Genehmigungsbehörden ist die Einführung von Planungs- und Genehmigungsteams vorstellbar. Generell hat es sich bewährt, zentrale Ansprechpartner*innen wie zum Beispiel Projektmanager oder Flächenmanager, zu etablieren, um Zuständigkeiten und Kompetenzen zu bündeln. So erhält der Bauherr verbindliche und schnelle Entscheidungen und Aussagen. Hierbei könnte es auch wichtig sein, die Zusammenarbeit und den Wissenstransfer zwischen den Kommunen zu optimieren, beispielsweise durch einen Erfahrungsaustausch. Die Kommunen sollten explizit die Expertise von außen einholen, wenn diese intern nicht zu finden ist. So lassen sich langsame interne Prozesse vermeiden.
  • Gemeinden können kommunale Immobilienwirtschaftsgesellschaften gründen, um flexibler agieren zu können.

Wirtschaftlichkeit

Bei der Entwicklung von neuen Gewerbeflächen wirken sich folgende Faktoren auf die Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen aus:

Schnelligkeit

Problemstellung

Schnelligkeit spielt vor dem Hintergrund der aktuell rasanten Entwicklung der Grundstückspreise und der Baukosten bei der Entwicklungszeit eines Projekts eine maßgebliche Rolle. Allein die Recherche nach potenziellen Flächen und die Prüfung des aktuellen Status benötigt derzeit zusätzliche Ressourcen.

Lösungsvorschlag

Die Digitalisierung und damit einhergehende Veröffentlichung von permanent aktualisierten Bauakten, Bebauungsplänen, Grundstücksmarktberichten und Mietpreisspiegeln würden zu einer Beschleunigung beitragen.

Verlässlichkeit

Problemstellung

Sind abgestimmte Details in eine Planung eingeflossen, wirken sich neuerliche Anpassungen im Planungsprozess nicht nur kostensteigernd aus, sondern in jedem Fall auch auf die oben genannte Geschwindigkeit der Entwicklung.

Lösungsvorschläge

  • Die Betroffenen sollten sich in der Zusammenarbeit darauf verlassen können, dass es bei den bereits mit den Kommunen abgestimmten Details bleibt.
  • Forderungen aus den Kommunen (Stadträte, Gemeinderäte) sollten wenn möglich auf die wesentlichen Interessen der Allgemeinheit beschränkt bleiben.

Flexibilität

Problemstellung

Flexibilität bedeutet in erster Linie die Auslegung und Nutzung bereits vorhandener baurechtlicher Mittel. Dadurch können vor allem kosten- und zeitintensive Gutachten, sowie langwierige Bebauungsplanverfahren mit ihren mehrfachen Sitzungsläufen vermieden werden.

Lösungsvorschläge

  • Anpassung der geltenden Stellplatzverordnung, die einen überproportional großen Einfluss auf die Kosten einer Entwicklung nimmt.
  • Die Schaffung von zusätzlichen Deponien sowie die Auflösung von Annahmebeschränkungen einzelner Entsorgungsbetriebe kann Transportkosten erheblich minimieren.

Transparenz und Akzeptanz

Eine frühzeitige, vollständige, umfangreiche und damit transparente Kommunikation in Bauprojekten fördert die Akzeptanz und reduziert das Konfliktpotenzial. Dadurch ergeben sich Kostenvorteile, u.a. aufgrund der Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten und Bauzeitverlängerungen.
Sinnvollerweise sollte Kommunikation in unterschiedlichen Phasen stattfinden:

Planungsphase

Problemstellung

Das Ziel sollte hier sein, im Vorfeld mögliche Einwände ernst zu nehmen, sodass eine zielgerichtete Begründung für das Vorhaben erfolgen kann. Sie müssen bewertet und ggf. notwendige Anpassungen in der Planungsphase vorgenommen werden.

Genehmigungsphase

Problemstellung

In der Genehmigungsphase sollen die Einwände, die in der Planungsphase entstanden sind, mit Argumenten und/ oder Beispielen widerlegt oder berücksichtigt werden. Lösungswege sollen aufgezeigt und Risiken offen und transparent kommuniziert werden.

Bauphase

Problemstellung

In der Bauphase gilt es, proaktiv zu sein und Beschwerden ernst zu nehmen. Das Angebot eines festen Ansprechpartners für Fragen zum Baufortschritt und das Angebot einer Schlichtungsstelle (Mediator) verhindern evtl. Konflikte. Eine proaktive Kommunikation, z.B. bei besonderen Ereignissen oder Störungen, verringert das Konfliktpotenzial.

Lösungsvorschläge

  • Pressemitteilungen
  • Gutachten
  • Visualisierungen
  • Baustellenbegehung
  • Internetseite / Livebilder
  • Runder Tisch / Austauschrunden / Zwischenfazit
  • Beschwerdestelle (z.B. Kulanzregelungen, Entschädigungszahlungen, o.ä.).

Qualität, Dichte und Nutzungsvielfalt

Architektonische und gestalterische Qualität entsteht im Spannungsfeld zwischen Nachhaltigkeit, Vielfalt und Dichte. Es gilt, diese drei Ziele in ein ausgewogenes, harmonisches Verhältnis zu bringen.

Problemstellung

Nachhaltigkeit

Nachhaltige Nutzung von Gebäuden wird durch eine überlegte und bewusste Gestaltung erreicht, zu der auch die Auswahl der Materialien wesentlich beiträgt. Ein ganzheitlicher Planungsansatz, der nicht nur ökonomische Fragen betrachtet, fördert dies. Dazu gehören etwa:
  • Einsatz nachhaltiger Baumaterialien wie Recycling-Beton und Holz, die in ihrer Herstellung ökologisch und regional sind (auch mit Blick auf graue Energie, die oft wenig berücksichtigt wird)
  • Nachhaltiges Energiekonzept z.B. Wärmespeicher, Photovoltaik, Stromspeicher
  • Klimabewusste Gebäudestellung, z.B. durch Reduktion von Transmissionswärmeverlusten
  • Fassaden-/Dachbegrünung
  • Blick auf flexible Nutzungen, z.B. Urban Hybrid, Nachnutzungen

Vielfalt

Lebenswerte Stadtviertel werden von urbaner Qualität geprägt. Identität kann dort entstehen, wo Raum für abwechslungsreiche Nutzungen geboten wird. Wichtig ist, eine zu einseitige Ausrichtung neuer Gebiete zu vermeiden und für eine Mischung von Wohnen, Gewerbe und sozialen und kulturellen Angeboten zu sorgen. Erreicht werden kann dies durch unterschiedliche Nutzungsformen:
  • Wohnungen und Gewerbe mischen (horizontal und vertikal)
  • Mischung sozialer und kulturelle Angebote
  • Bereitstellung von Quartierszentren mit z.B. Versorgung, Gastronomie
Durch bewusste bauliche und städtebauliche Gestaltungsentscheidungen:
  • Flexible Grundrissumgestaltung im EG für Wohnen, Gemeinschaft, Dienstleistung und Gewerbe
  • Erschließungskonzept / Mobilitätskonzept nach städtebaulichen Kriterien
  • Attraktive Angebote für Umweltverbund (Fuß, Rad, ÖV)
  • Flächen für Gemeinschaftsnutzung, z.B. Community Garden

Dichte

Entscheidend für ein gelingendes Gebiet ist die passende Dichte der Bebauung. Wichtige Parameter für die Gestaltung eines passenden Bebauungsplans im städtischen Planungskontext sind:
  • GRZ: Standard WA 0,4 / MI 0,6 Tendenz zu Mischnutzungen (Urbanes Gebiet)
  • GFZ: anpassen auf 3 bis 5 Vollgeschosse
  • Gebäudehöhen und -abstände nach städtebaulichen Kriterien
  • Nebenanlagen / Nebengebäude nach städtebaulichen Kriterien
  • Anteil Grünflächen in Bezug auf Kleinklima nach städtebaulichen Kriterien
Im ländlichen Raum sollte entsprechend der Gemeindegröße eine deutliche Steigerung des bisherigen durchschnittlichen Dichteniveaus erreicht werden (mindestens +20 %).

Lösungsvorschläge

Der Einsatz eines Gestaltungsbeirats, der mit interdisziplinären Expert*innen besetzt ist, kann die architektonische und gestalterische Qualität von Bauvorhaben in den zentralen Orten garantieren, da seine Vertreter*innen mit unabhängigem Blick die Gestaltung eines Bauvorhabens prüfen. Er gibt Empfehlungen ab, die die Interessen der Öffentlichkeit ebenso berücksichtigen wie die der Bauherrenschaft. Die fachlichen Urteile können zur Basis eines öffentlichen Diskurses werden. Auf diese Weise kann eine konstante bauliche Qualität der Stadtgestaltung erreicht werden.
Ein weiteres wichtiges Instrument zur Sicherung architektonischer Qualität ist die Entwicklung von beispielgebenden Gebäuden (Anker), die Abstimmung mit den Bauwilligen oder der Einsatz von kooperativen Vergabeverfahren:
  • Ankerkonzeption Grundstücke werden nach Projektkonzeption vergeben
  • Ankerprojekte liefern Konzepte für einzelne Hochbauprojekt, Freianlagen und Tiefgaragen
  • Vergaberelevante Bestandteile werden in den Grundstückskaufvertrag aufgenommen
  • Anliegerprojekte folgen den Grundkonzeptionen des Ankerprojekts
  • Ermöglicht Teilnahme von alten und jungen Akteuren (Qualität durch Mehrfachauswahl)
  • Baugruppen
    Gemeinschaftliche Erarbeitung von Planung, Vergabe und Bau
    Die zukünftige Anwohner*innen haben Stimmrecht und bringen unterschiedliche Schwerpunkte in die Planungen mit ein. So wird eine höhere Qualität des Bauvorhabens möglich.
  • Dialogvergabeverfahren / Kooperative Vergabe
    Lösungen und Leistungen werden vor Angebotsabgabe mit den Auftraggebern im Wettbewerbsverfahren diskutiert, das Feedback im Verfahrensverlauf ermöglicht eine Präzisierung der Entwürfe (wettbewerblicher Dialog nach §18 VGV)
Sollten Sie weiterführende Erläuterungen zu einzelnen Themen wünschen, oder sonstige Fragen zur Handreichung haben, steht Ihnen der Arbeitskreis gerne zur Verfügung.