Öffentliche Bestellung von Sachverständigen

Das Antrags- und Überprüfungsverfahren

Wenn Sie den Wunsch haben, sich als Sachverständige/r öffentlich bestellen und vereidigen zu lassen, wenden Sie sich bitte an die für den Sitz Ihres Büros zuständige Industrie- und Handelskammer. Die öffentliche Bestellung und Vereidigung als Sachverständige/r ist keine Zulassung zu einem Beruf, sondern die Zuerkennung einer besonderen Qualifikation.
Die für Sie zuständige IHK überprüft zunächst einmal, ob für das von Ihnen gewünschte Sachgebiet ein so genanntes abstraktes Bedürfnis und ein wirtschaftlicher Bezug besteht, denn Ihre Sachverständigenleistung sollte in nicht nur unerheblichem Umfang bei streitigen und/oder gerichtlichen Auseinandersetzungen nachgefragt werden. Hierfür sprechen u. a. eine beständige Nachfrage und das Vorliegen bereits erstellter Bestellungsvoraussetzungen. Denn der Arbeitskreis Sachverständigenwesen des DIHK hat mit Unterstützung zuständiger Experten und Fachgremien eine Vielzahl stark nachgefragter Sachverständigenleistungen in Sachgebiete strukturiert und für diese Sachgebiete ausführliche Bestellungsvoraussetzungen erarbeitet und verabschiedet. Hierin sind alle relevanten Informationen und für Sachverständigenbewerber verbindliche Vorgaben enthalten. Zudem ist das Sachgebiet genau definiert; eine mögliche Untergliederung in einzelne Teil- und Fachbereiche sowie Parallelen zu anderen Sachgebieten werden erläutert.
Sollten für Ihr gewünschtes Sachgebiet noch keine Bestellungsvoraussetzungen erarbeitet sein oder noch kein Fachgremium bestehen, kann Ihre Bestellungskammer nach positiver Einschätzung der Bestellungsfähigkeit und der Nachfrage ein ad-hoc-Fachgremium zusammenstellen oder einen besonders vertrauenswürdigen Experten hinzuziehen, um Ihre besondere Sachkunde feststellen zu lassen.
Eine Liste der bereits existierenden Bestellungsvoraussetzungen finden Sie unter dem Reiter „Publikationen“ auf der Homepage des Instituts für Sachverständigenwesen e. V. „IfS“ in Köln.
Ihre IHK wird sich in einem persönlichen Gespräch zunächst ein umfassendes Bild sowohl von Ihrer persönlichen als auch von Ihrer fachlichen Eignung machen. Wesentliche persönliche Eigenschaften eines öffentlich bestellten Sachverständigen sind Zuverlässigkeit, Charakterstärke, Unparteilichkeit und Sachlichkeit. Schon geringste Bedenken hinsichtlich der persönlichen Eignung reichen aus, die öffentliche Bestellung zu versagen. Der Schutz der Öffentlichkeit und die Vertrauenswürdigkeit gegenüber öffentlich bestellten Sachverständigen haben hier Vorrang vor den privaten Interessen des Bewerbers. Auf Wunsch werden wir ihnen die vollständigen Antragsunterlagen während des Erstgesprächs aushändigen.
Nach Eingang Ihrer vollständigen Antragsunterlagen mit den zwingend erforderlichen Gutachtenproben können wir Sie auf Weisung zur fachlichen Überprüfung beim zuständigen Fachgremium anmelden. In der Regel werden wir jedoch vorab mit Hilfe unseres internen Sachverständigengremiums einschätzen, ob die Überprüfung Aussicht auf Erfolg hat oder ob noch Wissenslücken ersichtlich und/oder Nachbesserungen am Gutachtenstil erforderlich sind. Dies geschieht in Ihrem eigenen Interesse, denn die Überprüfungen vor den Fachgremien sind sehr anspruchsvoll und mitunter kostenintensiv. Die ordnungsgemäße Ausübung Ihres Berufs ist noch kein ausreichender Nachweis besonderer Sachkunde. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung sind hier überdurchschnittliche Kenntnisse, Fähigkeiten und praktische Erfahrungen auf dem angestrebten Sachgebiet erforderlich.
Da ein öffentlich bestellter Sachverständiger nicht nur überdurchschnittliche Fachkenntnisse auf seinem Sachgebiet haben soll, sondern dieses Wissen auch für einen Laien verständlich und nachvollziehbar zu Papier bringen muss, zudem von ihm ein sicheres Auftreten vor Gericht erwartet wird, empfehlen wir den Besuch von Seminaren, die auf das kompakte Aufgabenspektrum eines Gerichtsgutachters eingehen. In jedem Fall wird das überprüfende Fachgremium auch auf rechtlich relevante Sachverhalte eingehen und einen einwandfreien Gutachtenstil erwarten.
Neben anderen Institutionen bietet das Institut für Sachverständigenwesen in Köln „IfS“ in seinem jeweils aktuellen Seminarprogramm eine Vielzahl von Einführungsseminaren, Grundseminaren und Vertiefungsseminaren für die Sachverständigentätigkeit an, die gerade für „Neueinsteiger“ auf diesem Gebiet sehr hilfreich sind. Das jeweils gültige Seminarprogramm des „IfS“ können Sie von uns erhalten oder direkt auf der Homepage des Instituts für Sachverständigenwesen, www.ifsforum.de, einsehen. Da uns aktuelle Informationen von anderen Einrichtungen nicht zugehen, empfehlen wir, im Internet nach einschlägigen Vorbereitungs- und Fachseminaren für Sachverständige zu suchen.
Die IHK-Fachgremien beurteilen anhand der vorgelegten Arbeitsproben (Gutachten, Fachaufsätze…) sowie in einer schriftlichen Prüfung und/oder einem mündlichen Fachgespräch, ob die öffentliche Bestellung und Vereidigung als Sachverständiger empfohlen werden kann oder nicht. Das negative Abschneiden eines Prüfungsteils bedeutet automatisch die Beendigung des weiteren Überprüfungsverfahren.
Sobald Sie vor dem Fachgremium den Nachweis Ihrer besonderen Sachkunde erbringen konnten, die Überprüfung Ihrer persönlichen Eignung erfolgreich verlief und der Präsident der für Sie zuständigen Industrie- und Handelskammer keine Einwände gegen Ihre öffentliche Bestellung und Vereidigung hat, steht dieser nichts mehr im Wege.
Weitere ausführliche Informationen über die öffentliche Bestellung und Vereidigung als Sachverständige/r enthält auch unsere Informationsschrift. Dort finden Sie auch einen Auszug aus § 36 Gewerbeordnung (GewO), die Gebühren im Sachverständigenwesen sowie die Sachverständigenordnung (SVO) der IHK Karlsruhe.
Gerne schicken wir Ihnen entsprechende Informationen zu und beantworten Ihre Fragen. Die kompletten Antragsunterlagen erhalten Sie während eines persönlichen Gesprächs oder auf Anfrage.

Der öffentlich bestellte Sachverständige

Gerichte, Behörden, Unternehmen sowie Endverbraucher kommen in unserem hochtechnisierten Alltag kaum mehr ohne die Inanspruchnahme von Sachverständigen aus. Sei es bei Verkehrsunfällen, Bauschäden, Mietstreitigkeiten, fehlerhafter Handwerksarbeit, bei Vermögensauseinandersetzungen, Ehescheidungen oder einfach, wenn eine gekaufte Sache Mängel aufweist. Oft hilft nur ein Sachverständigengutachten weiter.
Der Gesetzgeber hat den Industrie- und Handelskammern in § 36 Gewerbeordnung die hoheitliche Aufgabe der öffentlichen Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen übertragen.
Nur wer durch eine öffentlich-rechtliche Institution auf gesetzlicher Grundlage bestellt und vereidigt wurde, genießt für die Zeit seiner öffentlichen Bestellung einen gesetzlich geregelten Bezeichnungsschutz. Der öffentlich bestellte Sachverständige muss einen Eid dahingehend ablegen, dass er seine Gutachten und sonstigen Aufgaben unparteiisch, weisungsfrei, unabhängig, gewissenhaft und persönlich erstattet. Er wird nur dann öffentlich bestellt, wenn er zuvor die besondere Sachkunde nachgewiesen hat und keine Bedenken gegen seine persönliche Integrität bestehen. Er ist zur Verschwiegenheit verpflichtet. Darüber hinaus unterliegt der öffentlich bestellte Sachverständige während der Zeit seiner öffentlichen Bestellung einem umfangreichen Pflichtenkatalog mit entsprechender Kontrolle durch die Bestellungskörperschaft. Diese kann dem Sachverständigen seine Bestellung entziehen, wenn er seine Sachverständigenpflichten verletzt. Seit 2002 werden Sachverständige nur noch für die Zeitdauer von 5 Jahren öffentlich bestellt. Mit Ablauf dieser Frist wird die zuständige Kammer nur dann einer Verlängerung der Bestellung zustimmen, wenn der Sachverständige seine Aufgabe stets untadelig wahrgenommen hat und regelmäßig an Weiterbildungen teilgenommen hat.
In Gerichtsverfahren werden öffentlich bestellte Sachverständige bevorzugt zur Gutachtenerstattung herangezogen. Andere Sachverständige werden nur dann im Gerichtsverfahren mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt, wenn besondere Umstände dies erfordern.
An folgenden Merkmalen können Sie erkennen, ob ein zu beauftragender Sachverständiger öffentlich bestellt und vereidigt ist
  • Nur der öffentlich bestellte Sachverständige darf die Bezeichnung "von der IHK … öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger" führen. Diese befindet sich in der Regel auch in seinem Briefkopf.
  • Nur er darf einen Rundstempel führen
  • Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige haben einen offiziellen Ausweis, den sie auf Verlangen vorzeigen müssen und in dem Personalien, Bestellungsbehörde und Sachgebiet angegeben sind.

Beschwerden gegen einen öffentlich bestellten Sachverständigen

Besteht Grund zur Beschwerde über die Tätigkeit des Sachverständigen, sollte in jedem Fall die Stelle informiert werden, die den Sachverständigen öffentlich bestellt und vereidigt hat. Bei schwerwiegenden oder wiederholten Pflichtverstößen muss der Sachverständige mit dem Widerruf seiner öffentlichen Bestellung rechnen. Bei Beschwerden über die gerichtliche Tätigkeit eines Sachverständigen muss die Aufsichtsbehörde abwarten, bis das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.

Was kostet ein Sachverständiger?

Beim Privatauftrag im außergerichtlichen Bereich gilt der Grundsatz der freien Honorarvereinbarung. Eine derartige Vereinbarung muss bei Abschluss des Vertrages getroffen werden. Wird - aus welchen Gründen auch immer - bei Vertragsabschluss nicht über den Umfang und die Höhe einer Vergütung gesprochen, so gilt nach § 632 Abs. 2 BGB die übliche Vergütung als vereinbart. Bei Streit über die Üblichkeit entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen. Diese Regeln des BGB gelten nicht, wenn es für die Gutachtentätigkeit eines Sachverständigen im außergerichtlichen Bereich eine staatliche Gebührenordnung gibt (z. B. die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure - HOAI).
Wird der Sachverständige vom Gericht mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt, so findet hinsichtlich der Honorierung ausschließlich das "Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG)" Anwendung. Das Honorar wird nach Feststundensätzen berechnet. Dazu wird eine Tabelle von Sachgebieten normiert, die jeweils einer bestimmten Honorargruppe zugeordnet sind. Zusätzlich werden dem Sachverständigen die notwendigen Auslagen, wie die Kosten für Hilfskräfte, Fotokopien, Fotografien, Reisen und Übernachtungen ersetzt. Die Kosten des Sachverständigen sind Teil der Prozesskosten und von der unterliegenden Partei je nach Prozessausgang ganz oder anteilig zu tragen.

Wie haftet der öffentlich bestellte Sachverständige?

Auch ein öffentlich bestellter Sachverständiger ist nicht unfehlbar, aber er muss für Fehler in seinem Gutachten einstehen. Bei privaten Gutachten muss er ein fehlerhaftes Gutachten nachbessern. Hat er einen Mangel am Gutachten schuldhaft verursacht, haftet er auch für alle Folgeschäden, die aus der Verwendung des Gutachtens entstehen. Die Haftung ist auch vom Inhalt des Gutachtenauftrags abhängig. Daher sollte der Auftrag schriftlich formuliert und genau abgegrenzt werden.
Durch Vereinbarung mit dem Auftraggeber kann der Sachverständige seine Haftung individuell regeln; die Haftung für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit darf jedoch nicht ausgeschlossen werden.
Die Industrie- und Handelskammern empfehlen den Sachverständigen nachdrücklich den Abschluss einer Haftpflichtversicherung für Schäden aus der Sachverständigentätigkeit.
Erstattet ein vom Gericht ernannter Sachverständiger vorsätzlich oder grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten, so ist er zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der einem Verfahrensbeteiligten durch eine gerichtliche Entscheidung entsteht, die auf diesem Gutachten beruht (§ 839 a BGB).

Bundesweites Sachverständigenverzeichnis

Im bundesweiten Sachverständigenverzeichnis finden Sie fast 8000 von den Industrie- und Handelskammern öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für 240 Sachgebiete.

Erklärvideo

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