BGH bejaht grundsätzlich Werktitelschutz von Smartphone-Apps

Apps für mobile Endgeräte wie Smartphones können grundsätzlich Werktitelschutz genießen. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden, der Bezeichnung "wetter.de" aber mangels hinreichender originärer Unterscheidungskraft den Werktitelschutz versagt (Urteil vom 28.01.2015, Az.: I ZR 202/14 – wetter.de).

Streit um für Wetter-Apps verwendete Bezeichnungen

Die Klägerin betreibt unter dem Domainnamen "wetter.de" eine Internetseite, auf der sie ortsspezifisch aufbereitete Wetterdaten und weitere Informationen über das Thema Wetter zum Abruf bereithält. Seit 2009 bietet sie entsprechende Informationen auch über eine Applikation (nachfolgend "App") für Mobilgeräte (Smartphones und Tablet-Computer) unter der Bezeichnung "wetter.de" an. Die Beklagte ist Inhaberin der Domainnamen "wetter.at" und "wetter-deutschland.com", unten denen sie im Internet ebenfalls Wetterdaten zur Verfügung stellt. Seit Ende 2011 betreibt sie zudem eine App mit entsprechenden Inhalten unter den Bezeichnungen "wetter DE", "wetter-de" und "wetter-DE".

Verletzung der Titelschutzrechte am Domainnamen geltend gemacht

Die Klägerin beanstandet die Benutzung der Bezeichnungen der Beklagten für deren Wetter-App als eine Verletzung ihrer Titelschutzrechte an dem Domainnamen "wetter.de" und der entsprechenden Bezeichnung der von ihr betriebenen App. Sie hat die Beklagte auf Unterlassung, Auskunft und Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch genommen sowie die Feststellung der Schadenersatzpflicht der Beklagten begehrt. Die Klage war in allen Instanzen erfolglos.
BGH: Bezeichnung "wetter.de" fehlt hinreichende originäre Unterscheidungskraft
Der BGH hat angenommen, dass Domainnamen von Internetangeboten sowie Apps für Mobilgeräte zwar titelschutzfähige Werke im Sinn von § 5 Abs. 3 MarkenG sein können. Der Bezeichnung "wetter.de" komme aber keine für einen Werktitelschutz nach § 5 Abs. 1 und 3 MarkenG hinreichende originäre Unterscheidungskraft zu. Unterscheidungskraft fehle einem Werktitel, wenn sich dieser nach Wortwahl, Gestaltung und vom Verkehr zugemessener Bedeutung in einer werkbezogenen Inhaltsbeschreibung erschöpft. So liege es im Streitfall. Das Berufungsgericht habe rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Bezeichnung "wetter.de" für eine Internetseite und für Apps, auf denen Wetterinformationen zu Deutschland angeboten werden, glatt beschreibend ist.

Internetseiten und Smartphone-Apps

Anforderungen an Grad der Unterscheidungskraft nicht abgesenkt

Allerdings seien in bestimmten Fällen nur geringe Anforderungen an den erforderlichen Grad der Unterscheidungskraft zu stellen. Dies setze voraus, dass der Verkehr seit langem daran gewöhnt ist, dass Werke mit beschreibenden Bezeichnungen gekennzeichnet werden und dass er deshalb auch auf feine Unterschiede in den Bezeichnungen achten wird. Ein derart abgesenkter Maßstab sei von der Rechtsprechung insbesondere für den Bereich der Zeitungen und Zeitschriften anerkannt, die seit jeher mit mehr oder weniger farblosen und nur inhaltlich oder räumlich konkretisierten Gattungsbezeichnungen gekennzeichnet werden. Diese Grundsätze seien jedoch nicht auf den Bereich der Bezeichnung von Internetseiten und Smartphone-Apps übertragbar.

Auch Verkehrsgeltung begründet keinen Werktitelschutz für "wetter.de"

Die Bezeichnung "wetter.de" genieße auch keinen Werktitelschutz unter dem Gesichtspunkt der Verkehrsgeltung, so der BGH weiter. Zwar könne eine fehlende originäre Unterscheidungskraft auch bei Werktiteln durch Verkehrsgeltung überwunden werden. Die Klägerin habe aber nicht belegt, dass sich die Bezeichnung innerhalb der angesprochenen Verkehrskreise als Werktitel durchgesetzt hat. Angesichts des glatt beschreibenden Charakters der Bezeichnung "wetter.de" könne die untere Grenze für die Annahme einer Verkehrsdurchsetzung nicht unterhalb von 50% angesetzt werden. Dass mehr als die Hälfte der angesprochenen Verkehrskreise in der Bezeichnung "wetter.de" einen Hinweis auf eine bestimmte Internetseite mit Wetterinformationen sehen, habe sich aus dem von der Klägerin vorgelegten Verkehrsgutachten nicht ergeben.
Quelle: Redaktion beck-aktuell, Verlag C.H.BECK, 28. Januar 2016