Insolvenzordnung
- Insolvenzfähigkeit
- Verbraucher- und Regelinsolvenzverfahren
- Insolvenzantrag
- Verfahrenskosten
- Antragsrücknahme und Erledigungserklärung
- Zuständigkeit
- Insolvenzgründe
- Insolvenzeröffnung
- Gläubigerstellung
- Mitwirkung der Gläubiger
- Abwicklung von schwebenden Geschäften und Aufrechnung
- Aufrechnung
- Ende des Insolvenzverfahrens
- Restschuldbefreiung
- Der Insolvenzplan
- Eigenverwaltung/vorinsolvenzliches Schutzschirmverfahren
Die Insolvenzordnung (InsO) regelt den Ablauf eines Insolvenzverfahrens. Sie bietet neben der auf gemeinschaftliche Befriedigung aller Gläubiger gerichteten Verwertung des Schuldnervermögens durch Zerschlagung des Unternehmens auch die Möglichkeiten der Übertragung und des Erhaltes durch Sanierung. Durch das "Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen" (ESUG; BGBl. I 2011, S. 2582) werden die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Sanierung not-leidender Unternehmen verbessert.
Eine Sonderregelung für ehemals Selbstständige sowie für natürliche Personen ist das Verbraucherinsolvenzverfahren (§§ 304 ff. InsO). Die Insolvenzordnung bietet natürlichen Personen die Möglichkeit der Restschuldbefreiung und mittellosen Schuldnern die Stundung der Verfahrenskosten.
Insolvenzfähigkeit
Ein Insolvenzverfahren kann gemäß § 11 InsO über das Vermögen von juristischen Personen (AG, GmbH, KGaA), Personengesellschaften (OHG, KG, GbR, GmbH & Co. KG) und natürlichen Personen eröffnet werden.
Verbraucher- und Regelinsolvenzverfahren
Die Insolvenzordnung differenziert zwischen Verbraucher- und Regelinsolvenzverfahren. Zwischen beiden Verfahrensarten besteht keine Wahlmöglichkeit. Alle zum Zeitpunkt der Antragstellung Selbstständigen, unabhängig vom Umfang ihrer Tätigkeit, unterfallen dem Regelinsolvenzverfahren. Ehemals Selbstständigen sowie natürlichen Personen ist das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet, sofern ihre Vermögensverhältnisse überschaubar sind und keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen. Die Überschaubarkeit ist gegeben, wenn der Schuldner zum Zeitpunkt der Eröffnung weniger als 20 Gläubiger, also maximal 19 Gläubiger hat. Zu Forderungen aus Arbeitsverhältnissen zählen insbesondere die Forderungen der Sozialversicherungsträger (z. B. Krankenkassenbeiträge für Angestellte, Knappschaftsbeiträge, Lohnforderungen von Angestellten) und Finanzämter (Lohnsteuer) sowie Berufsgenossenschaften.
Insolvenzantrag
Antragsberechtigt sind Schuldner und Gläubiger. Das Insolvenzverfahren wird nur auf Antrag eröffnet. Die Anforderungen an einen Antrag des Schuldners sind deutlich erhöht worden. So hat der Schuldner seinem Insolvenzantrag ein Verzeichnis der Gläubiger und ihrer Forderungen beizufügen. Weitere Anforderungen ergeben sich aus § 13 Abs. 1 InsO. Der Gläubigerantrag, der keine Änderungen erfahren hat, bedarf weiterhin eines rechtlichen Interesses. Außerdem muss der Gläubiger glaubhaft machen, dass seine Forderung gegenüber dem Schuldner besteht. Hierfür können grundsätzlich alle Beweismittel, auch eine eidesstattliche Versicherung als allerdings schwächstes Mittel, herangezogen werden. Ist die Forderung des Gläubigers die einzige, die den Insolvenzgrund herbeiführen würde, und wird sie vom Schuldner bestritten, genügt eine bloße Glaubhaftmachung nicht. In diesem Fall ist für den Beleg der Forderung ein rechtskräftiger Vollstreckungstitel erforderlich. Ein Vollstreckungstitel ist eine Urkunde, in der ein Anspruch des Gläubigers gegen den Schuldner festgestellt worden ist (z. B. Leistungsurteile, Kostenfestsetzungsbeschlüsse, Vollstreckungsbescheide). Rechtskräftig ist ein Urteil, wenn kein Rechtsmittel (Berufung oder Revision) mehr möglich ist oder die Parteien auf Rechtsmittel verzichtet haben. Ein rechtliches Interesse ist vor allem dann zu verneinen, wenn der Gläubiger mit dem Antrag insolvenzfremde Zwecke verfolgt, etwa den Schuldner als Wettbewerber loszuwerden oder um rückständige Forderungen schneller und vor anderen Gläubigern realisieren zu können. Ebenfalls unzulässig ist ein rein vorsorglich gestellter Insolvenzantrag. § 5 InsO räumt die Möglichkeit ein, das gesamte Verfahren oder Teile davon schriftlich durchzuführen.
Verfahrenskosten
Das Insolvenzgericht eröffnet das Insolvenzverfahren nur dann, wenn das Vermögen des Schuldners voraussichtlich ausreichen wird, um die Verfahrenskosten (Gerichtskosten, Auslagen, Kosten des Insolvenzverwalters) zu decken. Ist der Schuldner eine natürliche Person, mittellos und beabsichtigt Restschuldbefreiung zu erlangen, können ihm die Verfahrenskosten gestundet werden. Ansonsten wird der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen.
Stellt der Gläubiger den Insolvenzantrag, ist er Schuldner der Gebühr für das Verfahren über den Eröffnungsantrag. Wird der Antrag abgewiesen oder zurückgenommen schuldet er auch die im Verfahren entstandenen Auslagen.
Antragsrücknahme und Erledigungserklärung
Erfüllt die Schuldnerin oder der Schuldner im Verlauf des Eröffnungsverfahrens die dem Gläubigerantrag zugrunde gelegte Forderung, so entfällt das rechtliche Interesse an der Antragsberechtigung (§ 14 InsO). Der Eröffnungsantrag kann dann entweder zurückgenommen oder - unter genauer Angabe von Grund und Zeitpunkt der Erledigung - in der Hauptsache für erledigt erklärt werden. Im ersten Fall hat immer die antragsstellende Partei die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 269 Abs. 3 ZPO, § 4 InsO), im zweiten Fall entscheidet das Gericht über die Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes (§ 91 a ZPO, § 4 InsO). Bei der Entscheidung nach billigem Ermessen trägt in der Regel derjenige die Kosten, der im Hauptsacheverfahren unterlegen wäre.
Zuständigkeit
Ein Insolvenzverfahren wird durch Antrag beim zuständigen Gericht eingeleitet. Das ist regelmäßig dasjenige Amtsgericht eines Landgerichtsbezirks, in dessen Bezirk das Landgericht seinen Sitz hat (z. B. Baden-Baden, Karlsruhe). Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach dem allgemeinen Gerichtsstand des Schuldners. Liegt der Mittelpunkt der selbstständigen Tätigkeit in einem anderen Ort, ist ausschließlich das Insolvenzgericht zuständig, in dessen Bezirk dieser Ort liegt.
Insolvenzgründe
Das Insolvenzverfahren kann auf Antrag des Schuldners oder eines Gläubigers eröffnet werden, wenn einer der folgenden Gründe vorliegt:
Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO)
Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, seine derzeit fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Davon ist in der Regel auszugehen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat. Nur vorübergehende Zahlungsstockungen sind dagegen kein Insolvenzgrund. Sie liegen vor, wenn zwar am Tag der Fälligkeit der Forderung keine Mittel zur Bezahlung zur Verfügung stehen, dieser Zustand aber entweder direkt durch die Beschaffung etwa eines Bankkredits oder die Stundung der Forderung geändert werden kann oder für die allernächste Zeit (maximal vier Wochen) ein Zahlungseingang zu erwarten ist, aus dem die Forderung beglichen werden kann.
Drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO)
Drohende Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn der Schuldner voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungsverpflichtungen zum späteren Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. Zur Antragstellung ist nur der Schuldner berechtigt. Damit soll missbräuchlichen Anträgen von Gläubigern vorgebeugt werden.
Überschuldung (§ 19 InsO)
Bei juristischen Personen ist auch die Überschuldung Eröffnungsgrund. Überschuldung ist gegeben, wenn das Vermögen des Schuldners nicht mehr ausreicht, die Verbindlichkeiten zu decken. Bei der Bewertung des Schuldnervermögens ist jedoch die Fortführung des Unternehmens zugrunde zu legen, wenn diese nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich ist. Nach dem 01.01.2011 eine bilanzielle Überschuldung nicht zur Insolvenz, wenn eine positive Fortführungsprognose besteht. Der neue Überschuldungsbegriff gilt damit bis zum 31.12.2013.
Im Einzelnen kann die Feststellung der Überschuldung sehr problematisch sein.
Wird eine GmbH oder eine AG zahlungsunfähig, so haben die Geschäftsführer der GmbH bzw. der Vorstand der AG ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen (§ 15 a Absatz 1 InsO).
Wird eine GmbH oder eine AG zahlungsunfähig, so haben die Geschäftsführer der GmbH bzw. der Vorstand der AG ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen (§ 15 a Absatz 1 InsO).
Insolvenzeröffnung
Nach Antragstellung prüft das Gericht zunächst die Eröffnungsvoraussetzungen. Dazu kann es einen Gutachter hinzuziehen, der das Vorliegen der Insolvenzeröffnungsgründe prüft und ob eine die Kosten des Verfahrens deckende Vermögensmasse vorhanden ist. Der Sachverständige wird oftmals zugleich zum vorläufigen Insolvenzverwalter ernannt. Die Feststellung des Eröffnungsgrundes und der Deckung der Verfahrenskosten kann eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen. Das Insolvenzgericht kann daher alle Maßnahmen treffen, die erforderlich erscheinen, um eine nachteilige Veränderung der Vermögenslage des Schuldners zu vermeiden. Das sind außer der Einsetzung eines vorläufigen Insolvenzverwalters folgende vorläufige Maßnahmen:
- Die Untersagung von Zwangsvollstreckungen in das Schuldnervermögen,
- die Anordnung einer vorläufigen Postsperre.
Bei einer Postsperre ordnet das Insolvenzgericht an, dass bestimmte oder alle Postsendungen für den Schuldner dem (vorläufigen) Verwalter zuzuleiten sind. - Die Anordnung eines allgemeinen Verfügungsverbots des Schuldners über sein Vermögen.
Hierbei verliert der Schuldner das Recht, über sein der Insolvenzmasse zugehöriges Vermögen zu verfügen, das heißt es zu übertragen oder zu belasten. - Die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses.
Die Mitwirkungsrechte der Gläubiger im Insolvenzverfahren werden durch die Schaffung des neuen Insolvenzgremiums, des vorläufigen Gläubigerausschusses, erweitert (§ 22 a InsO).
Die Anordnung von Maßnahmen muss öffentlich bekannt gemacht werden.
Der vorläufige Insolvenzverwalter hat nicht nur das Vermögen des Schuldners zu sichern und zu erhalten, sondern das Schuldnerunternehmen auch bis zur Entscheidung über die Verfahrenseröffnung fortzuführen, soweit nicht das Insolvenzgericht einer Stilllegung zustimmt. Wird kein allgemeines Verfügungsverbot erlassen, so kommt dem vorläufigen Insolvenzverwalter nach Maßgabe gerichtlicher Bestimmung nur die Aufsicht über den weiterhin verfügungsbefugten Schuldner zu.
Der vorläufige Insolvenzverwalter hat nicht nur das Vermögen des Schuldners zu sichern und zu erhalten, sondern das Schuldnerunternehmen auch bis zur Entscheidung über die Verfahrenseröffnung fortzuführen, soweit nicht das Insolvenzgericht einer Stilllegung zustimmt. Wird kein allgemeines Verfügungsverbot erlassen, so kommt dem vorläufigen Insolvenzverwalter nach Maßgabe gerichtlicher Bestimmung nur die Aufsicht über den weiterhin verfügungsbefugten Schuldner zu.
Eröffnung des Verfahrens
Liegen die Voraussetzungen vor, beschließt das Gericht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Der Beschluss wird öffentlich bekannt gemacht und den dem Gericht bekannten Gläubigern zugestellt.
Inhalt des Eröffnungsbeschlusses
Der Beschluss enthält neben dem Eröffnungstermin und der Bezeichnung des Schuldners die Benennung des Insolvenzverwalters sowie einen Hinweis, ob der Schuldner einen Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt hat. Zudem sind die Gründe, aus denen das Gericht von einem einstimmigen Vorschlag des vorläufigen Gläubigerausschusses zur Person des Verwalters abgewichen ist, zu nennen. Gleichzeitig werden die Gläubiger aufgefordert, innerhalb einer bestimmten Frist beim Insolvenzverwalter ihre Forderungen anzumelden und eventuell an Sachen oder Rechten des Schuldners bestehende Sicherungsrechte anzuzeigen. Gleichzeitig werden die Schuldner des insolventen Unternehmens aufgefordert, nur noch an den Insolvenzverwalter zu leisten. Schließlich werden ein Berichtstermin und ein Prüfungstermin für die Gläubigerversammlung festgelegt. § 56 InsO stellt klar, dass der Insolvenzverwalter aus dem Kreis aller zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen bereiten Personen auszuwählen ist. Das neue Vorschlagsrecht in § 56 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 InsO gibt dem Schuldner und den Gläubigern die grundsätzliche Möglichkeit, auf die Auswahl des Insolvenzverwalters Einfluss zu nehmen. Für das Insolvenzgericht ist dieser Vorschlag nicht bindend. In dem neuen § 56 a InsO ist die Gläubigerbeteiligung bei der Verwalterbestellung geregelt. Auf der Internetplattform www.insolvenzbekanntmachungen.de stellen alle Bundesländer ihre Bekanntmachungen ins Internet.
Forderungsanmeldung
Im Eröffnungsbeschluss werden alle Gläubiger aufgerufen, ihre Forderungen beim Insolvenzverwalter zur Insolvenztabelle anzumelden. Dies muss schriftlich mit einem vom Insolvenzgericht herausgegebenen Formblatt erfolgen. Die Forderung muss nach Art und Umfang benannt werden. Nicht geldliche Forderungen sind mit ihrem Gegenwert anzugeben. Zinsen können nur bis zum Tag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geltend gemacht werden. Der Anmeldung ist außerdem ein Beleg beizufügen, dass die Forderung tatsächlich besteht. Wird die Forderung nicht vom Gläubiger selbst angemeldet, ist eine Vollmacht beizufügen.
Auch der Gläubiger, der das Insolvenzverfahren selbst beantragt hat, muss seine Forderung in diesem Verfahren anmelden, damit sie berücksichtigt wird.
Gläubigerstellung
Die Insolvenzordnung unterscheidet verschiedene Gruppen von Gläubigern. Jeder Gläubigergruppe werden unterschiedliche Rechte hinsichtlich der Mitwirkung und der Befriedigung ihrer Forderungen zuerkannt. In der Rangfolge ihrer Ansprüche wird unterschieden in aussonderungsberechtigte Gläubiger, absonderungsberechtigte Gläubiger, Insolvenzgläubiger und nachrangige Insolvenzgläubiger.
Aussonderungsberechtigte Gläubiger und einfacher Eigentumsvorbehalt
Ein aussonderungsberechtigter Gläubiger kann unter Berufung auf ein ihm zustehendes, sich aus gesetzlichen Vorschriften außerhalb der Insolvenzordnung ergebendes Recht geltend machen, dass ein Gegenstand nicht zur Insolvenzmasse gehört und diesen herausverlangen. Aussonderungsberechtigte Gläubiger sind also keine Insolvenzgläubiger.
Für Lieferanten ist wichtig, dass der einfache Eigentumsvorbehalt ein Aussonderungsrecht begründet. Befindet sich die unter Eigentumsvorbehalt gekaufte Sache allerdings im Besitz des Insolvenzverwalters, muss er sie grundsätzlich nicht direkt an den Verkäufer herausgeben. Dem Insolvenzverwalter steht ein Wahlrecht zu, ob er den Kaufvertrag erfüllen oder die Erfüllung ablehnen will (siehe unten Nr. 10). Die Ausübung dieses Wahlrechts kann er bis zum Berichtstermin herausschieben und die Entscheidung der Gläubigerversammlung über Sanierung oder Liquidation des Schuldnerunternehmens abwarten. Der Gläubiger muss also unter Umständen die Sache noch bis zum Berichtstermin bei der Insolvenzmasse belassen.
Eine Ausnahme gilt nur, wenn in der Zeit bis zum Berichtstermin eine erhebliche Wertminderung der Sache zu erwarten ist (z. B. verderbliche Ware, Saisonware) und der Gläubiger den Verwalter auf diesen Umstand hingewiesen hat. Sinn der Regelung ist es, die Fortführungschancen des Schuldnerunternehmens zu verbessern und eine vorzeitige Zerschlagung des Unternehmens zu verhindern.
Absonderungsberechtigte Gläubiger, sonstige Formen des Eigentumsvorbehalts, Sicherungseigentum etc.
Das Gesetz unterscheidet zwischen Absonderungsrechten an unbeweglichen Gegenständen (z. B. Grundstücken) sowie an beweglichen Sachen und Rechten (§§ 49 bis 51 InsO). Ergänzend enthalten die §§ 165 ff. InsO Regelungen für die Verwertung von Absonderungsgegenständen durch den Insolvenzverwalter. Zur Gruppe der absonderungsberechtigten Gläubiger gehören Lieferanten, die einen verlängerten Eigentumsvorbehalt mit Verarbeitungs-, Verbindungs-, Vermischungs- oder Vorausabtretungsklausel vereinbart haben. Außerdem gehören dazu Gläubiger, die über ein Pfandrecht an einer im Schuldnervermögen befindlichen Sache verfügen oder die sich zur Absicherung ihrer Forderungen Gegenstände haben sicherungsübereignen oder Forderungen sicherungsabtreten haben lassen. Absonderungsberechtigt ist ferner derjenige, dem ein Recht auf Befriedigung aus einem Gegenstand zusteht, der der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen unterliegt.
Allerdings ist allein der Insolvenzverwalter berechtigt, das Sicherungsgut zu verwerten, wenn er es in Besitz hat, und die an den Gläubiger zur Sicherung abgetretenen Forderungen (z. B. aus verlängertem Eigentumsvorbehalt) einzuziehen. Der Gläubiger ist dann aus dem Erlös zu befriedigen. Vor der Verwertung durch Veräußerung muss der Insolvenzverwalter dem Gläubiger die Art und Weise der Veräußerung mitteilen und ihm die Gelegenheit geben, innerhalb einer Woche auf eine günstigere Verwertungsmöglichkeit hinzuweisen. Benennt der Gläubiger eine günstigere Verwertungsmöglichkeit, so muss der Verwalter sie wahrnehmen oder den Gläubiger so stellen, als ob er sie wahrgenommen hätte. Der Gläubiger kann den Gegenstand auch selbst übernehmen.
Der Insolvenzverwalter darf aus dem Verwertungserlös für das Sicherungsgut die Kosten der Feststellung und der Verwertung sowie eine eventuelle Umsatzsteuerbelastung vorab entnehmen. Die Feststellungskosten werden mit 4 Prozent und die Verwertungskosten mit 5 Prozent pauschaliert. Allerdings erlaubt das Gesetz zur Kompensation dieser Kosten eine entsprechende Übersicherung bei der Begründung des Sicherungsrechts. Verwertungserlöse, die die Höhe des Gläubigeranspruchs übersteigen, fallen der Insolvenzmasse zu. Im Gegenzug kann der absonderungsberechtigte Gläubiger den Teil seiner Forderung als Insolvenzgläubiger geltend machen, der durch die Verwertung abzüglich der Kosten nicht gedeckt werden kann.
Das Gericht kann nach § 21 Abs. 2 Nr. 5 InsO ein Verbot aussprechen, das Gegenstände, die mit Aus- oder Absonderungsrechten belastet sind, nicht an den Gläubiger zur Verwertung heranzugeben sind. Damit wird ein Wettlauf der Gläubiger verhindert. § 35 Abs. 2 InsO sieht nunmehr die Möglichkeit der Freigabe der gewerblichen Tätigkeit des Schuldners gewidmeten Vermögens vor.
Massegläubiger
Massegläubiger sind all diejenigen Gläubiger, deren Ansprüche erst nach Verfahrenseröffnung begründet und durch das Verfahren selbst veranlasst worden sind. Hierher gehören vor allem:
-
Die Verfahrenskosten, also die Gerichtskosten sowie die Vergütung und die Auslagen des Insolvenzverwalters und der Mitglieder des Gläubigerausschusses;
-
Ansprüche, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden;
-
Ansprüche aus bei Verfahrenseröffnung noch nicht erfüllten Verträgen, die der Insolvenzverwalter erfüllen will oder muss (siehe unten "Abwicklung von schwebenden Geschäften");
-
Sozialplanansprüche der Arbeitnehmer;
-
Unterhaltsansprüche des Schuldners und seiner Familie.
Masseverbindlichkeiten werden, soweit das der Umfang der Insolvenzmasse zulässt, in voller Höhe befriedigt.
Insolvenzgläubiger
Als Insolvenzgläubiger werden alle Gläubiger bezeichnet, die zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben. Der Anspruch braucht zu diesem Zeitpunkt nur begründet, nicht aber fällig zu sein. Die Forderungen der Insolvenzgläubiger werden quotenmäßig aus der verbleibenden Insolvenzmasse bedient. Die Quote ergibt sich aus dem Verhältnis der noch vorhandenen Vermögenswerte zur Summe aller Verbindlichkeiten.
Beispiel: Beläuft sich die zur Verfügung stehende Masse auf 100.000,00 Euro und stehen ihr Verbindlichkeiten in Höhe von 800.000,00 Euro gegenüber, so beträgt die Quote 1/8 = 12,5 Prozent. Beträgt die Forderung eines Insolvenzgläubigers 5.000,00 Euro, erhält er von dieser Summe 12,5 Prozent, also 625,00 Euro.
Nachrangige Insolvenzgläubiger
Nachrangige Insolvenzgläubiger werden nur noch bedient, wenn nach Befriedigung aller anderen Gläubiger noch etwas von der Insolvenzmasse übrig ist. Dies ist jedoch nur selten der Fall. Nachrangige Insolvenzforderungen sind z. B. die seit Verfahrenseröffnung laufenden Zinsen oder die Kosten, die den einzelnen Gläubigern durch ihre Teilnahme am Insolvenzverfahren erwachsen, aber auch Forderungen auf Rückgewähr eines kapitalersetzenden Darlehens eines Gesellschafters.
Mitwirkung der Gläubiger
Gläubigerversammlung
Den Gläubigern werden bei Durchführung eines Insolvenzverfahrens Mitwirkungsrechte eingeräumt. Das Gesetz sieht hierfür vor allem das Instrument der Gläubigerversammlung vor. Die Gläubigerversammlung wird vom Gericht einberufen und vom Insolvenzrichter geleitet. Die Einberufung erfolgt entweder auf Antrag des Insolvenzverwalters, des Gläubigerausschusses (siehe unter 10.2), eines einzelnen Gläubigers oder mehrerer stimmberechtigter Gläubiger. Die erste Gläubigerversammlung ist der sog. Berichtstermin.
Zur Teilnahme sind die absonderungsberechtigten Gläubiger, die Insolvenzgläubiger, die Mitglieder des Gläubigerausschusses, der Insolvenzverwalter und der Schuldner berechtigt. Eine Teilnahmepflicht besteht für einen Gläubiger nicht, allerdings sind in seiner Abwesenheit getroffene Beschlüsse bindend. Die Gläubigerversammlung hat z. B. die Befugnis den Insolvenzverwalter in seiner Amtsführung zu kontrollieren, ihn gegebenenfalls auszuwechseln, sie entscheidet über die Annahme eines Insolvenzplans (siehe unter 15), über die Fortführung oder Liquidation des Schuldnerunternehmens.
Abstimmungsberechtigt sind nur die absonderungsberechtigten Gläubiger und die nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger. Der Stimmanteil eines Gläubigers richtet sich nach der Summe seiner Forderungen im Verhältnis zur Gesamtsumme aller Forderungen der anwesenden abstimmungsberechtigten Gläubiger. Nicht stimmberechtigt sind Gläubiger, deren Forderungen vom Insolvenzverwalter oder einem anderen Gläubiger bestritten werden. Allerdings kann die Gläubigerversammlung ihnen trotzdem ein Stimmrecht einräumen. Wird das Stimmrecht verweigert, hat der betroffene Gläubiger das Recht, bei Gericht Beschwerde einzulegen.
Gläubigerausschuss
Die Gläubigerversammlung ist wegen ihrer Größe und wegen der Unterschiedlichkeit der vertretenen Interessen ein relativ unbewegliches Gremium. Deshalb können das Insolvenzgericht (vorläufig schon vor Einberufung der Gläubigerversammlung) und die Gläubigerversammlung einen Gläubigerausschuss einsetzen. In einem Gläubigerausschuss wirken Vertreter der absonderungsberechtigten Gläubiger, der Insolvenzgläubiger mit den höchsten Forderungen und der Kleingläubiger mit. Außerdem sollen die Arbeitnehmer vertreten sein, wenn sie mit nicht unerheblichen Forderungen beteiligt sind. Die Vertreter dieser Gruppen brauchen nicht selbst Gläubiger zu sein, so dass außenstehender Sachverstand eingebracht werden kann.
Die wichtigste Aufgabe dieses Gremiums und jedes einzelnen Mitglieds besteht darin, den Insolvenzverwalter bei seiner Geschäftsführung zu unterstützen und zu überwachen. Es besteht zwar kein Weisungsrecht, die Mitglieder sind aber gehalten, sich über die Tätigkeit des Insolvenzverwalters zu informieren, ihn zu beraten und notfalls das Insolvenzgericht einzuschalten. Besonders wichtige Maßnahmen des Insolvenzverwalters bedürfen der Zustimmung des Gläubigerausschusses. Der Ausschuss entscheidet mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Seine Mitglieder haften bei Pflichtverletzungen gegenüber den absonderungsberechtigten Gläubigern und den Insolvenzgläubigern auf Schadensersatz.
Vorläufiger Gläubigerausschuss
Der vorläufige Gläubigerausschuss ist durch das ESUG gesetzlich verankert worden. Damit sollen die Mitwirkungsrechte der Gläubiger im Insolvenzverfahren erweitert werden. Er hat verfahrensbegleitende Aufgaben wie z. B. Entscheidungen zur Betriebsfortführung, Insolvenzgeldvorfinanzierung oder Überwachung einer übertragenden Sanierung. Über den neuen § 56 a InsO wird dem Gremium Gelegenheit gegeben, sich vor Bestellung des Verwalters zu den an diesen gestelltenAnforderungen sowie zu seiner Person zu äußern.
Das Insolvenzgericht hat einen vorläufigen Gläubigerausschuss einzusetzen, wenn der Schuldner im vorangegangenen Geschäftsjahr mindestens zwei der drei nachstehenden Merkmale erfüllt hat: mindestens 4.840.000 Euro Bilanzsumme, mindestens 9.680.000 Euro Umsatz p. a. bzw. 50 Arbeitnehmer im Jahresdurchschnitt. Auf Antrag des Schuldners, des vorläufigen Insolvenzverwalters oder eines Gläubigers soll das Gericht einen vorläufigen Gläubigerausschuss einsetzen, wenn Personen benannt werden, die als Mitglieder dieses Ausschusses in Betracht kommen und dem Antrag Einverständniserklärungen der benannten Personen beigefügt werden. Ohne die besonderen Befugnisse des § 22 a InsO ist das Gericht jedoch nicht gehindert, über § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 a InsO einen vorläufigen Gläubigerausschuss einzusetzen.
Ein Einsetzungsverbot ergibt sich aus § 22 a Abs. 3 InsO. Danach ist ein vorläufiger Gläubigerausschuss nicht einzusetzen, wenn der Geschäftsbetrieb des Schuldners eingestellt ist, die Einsetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses im Hinblick auf die zu erwartende Insolvenzmasse unverhältnismäßig ist oder die mit der Einsetzung verbundene Verzögerung zu einer nachteiligen Veränderung der Vermögenslage des Schuldners führt.
Abwicklung von schwebenden Geschäften und Aufrechnung
Zum Schutz der Gläubigerinteressen, aber auch, um eine vorzeitige Zerschlagung des Schuldnerunternehmens zu verhindern oder seine Fortführung sicherzustellen, ist es notwendig, dass der Insolvenzverwalter bereits begonnene Geschäfte abwickeln und neue anbahnen und durchführen kann. Für solche Geschäfte gelten folgende Regeln:
Wahlrecht des Insolvenzverwalters
Hat bei einem Geschäft der Schuldner seine Leistung bereits vollständig erbracht, ist der Gläubiger verpflichtet, seine Gegenleistung nach Eröffnung des Verfahrens an den Insolvenzverwalter zu leisten. Unterlässt er dies, kann der Insolvenzverwalter die Leistung mittels Klage erzwingen. Hat der Gläubiger seine Leistung vollständig erbracht, wird er mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit seiner Gegenforderung nur Insolvenzgläubiger.
Bei Verträgen, bei denen beide Parteien ihre Leistungen noch nicht vollständig erbracht haben, hat der Insolvenzverwalter grundsätzlich ein Wahlrecht. Er kann vom Vertragspartner Erfüllung verlangen oder die Erfüllung ablehnen. Entscheidet sich der Verwalter für die Erfüllung des Vertrages, werden die Gegenleistungsansprüche des Vertragspartners zu Masseverbindlichkeiten (und der Gläubiger zum Massegläubiger). Verweigert der Insolvenzverwalter die Erfüllung, was bei für den Schuldner nachteiligen Geschäften regelmäßig der Fall sein wird, erlöschen die gegenseitigen Leistungspflichten, und der Gläubiger kann wegen der Nichterfüllung des Vertrages lediglich als Insolvenzgläubiger Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen.
Eigentumsvorbehalt
Hat der Gläubiger Ware unter einfachem Eigentumsvorbehalt geliefert und stehen noch Zahlungen des Schuldners aus, kann der Insolvenzverwalter Erfüllung verlangen. Er muss dann die noch ausstehenden Raten als Masseschuld bezahlen. Lehnt der Verwalter die Erfüllung ab, hat der Gläubiger ein Aussonderungsrecht. Der Insolvenzverwalter muss die Ware herausgeben.
Miet- und Pachtverhältnisse
Miet- oder Pachtverhältnisse über Immobilien oder unbewegliche Gegenstände bestehen fort. War der Schuldner Vermieter, muss der Insolvenzverwalter das Mietobjekt dem Mieter überlassen und das Entgelt zur Masse ziehen. Will sich eine Partei vom Vertrag lösen, kann sie das nur nach den allgemeinen Regeln tun. Im umgekehrten Fall kann der Insolvenzverwalter das Mietobjekt nutzen und muss den Mietzins als Masseverbindlichkeit zahlen. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens berechtigt also nicht zur fristlosen Kündigung. Nach der Regelung des § 109 Abs. 1 S. 1 InsO beträgt die Kündigungsfrist für Miet- und Pachträume drei Monate zum Monatsende, sofern nicht eine kürzere Frist maßgeblich ist.
Aufrechnung
Die Möglichkeit, Forderungen aufzurechnen, besteht auch in der Insolvenz. Da dies eine bevorzugte Behandlung solcher Gläubiger darstellt, die ihre Forderungen gegen sie gerichtete Forderungen des Schuldners aufrechnen können, ist diese Möglichkeit an einige Bedingungen geknüpft:
Voraussetzung ist zunächst, dass die Aufrechnung auch außerhalb der Insolvenz möglich wäre. Ob dies der Fall ist, richtet sich nach der Art der Forderung, ihrer Fälligkeit und der Erfüllbarkeit der sich gegenüber stehenden Forderungen. War die Forderung bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig, steht einer Aufrechnung nichts im Wege. Für den Fall, dass die Fälligkeit der Forderung des Gläubigers erst nach der Verfahrenseröffnung eingetreten ist, ist eine Aufrechnung zum Fälligkeitstermin möglich, wenn die Gegenforderung nicht schon vorher fällig geworden ist. Gegenforderungen, die erst nach der Verfahrenseröffnung entstanden sind, können nicht aufgerechnet werden.
Gleiches gilt, wenn der Gläubiger seine Forderung erst nach der Verfahrenseröffnung erworben hat oder die Forderung des Gläubigers nicht aus der Insolvenzmasse zu bedienen ist, er aber seinerseits die Gegenforderung zur Masse leisten muss.
Gleiches gilt, wenn der Gläubiger seine Forderung erst nach der Verfahrenseröffnung erworben hat oder die Forderung des Gläubigers nicht aus der Insolvenzmasse zu bedienen ist, er aber seinerseits die Gegenforderung zur Masse leisten muss.
Ende des Insolvenzverfahrens
Nach Abschluss des Insolvenzverfahrens können grundsätzlich noch alle offenen Forderungen gegen den Schuldner geltend gemacht werden. Wegen des Verfahrens der Restschuldbefreiung siehe unter 14. Die Anmeldung einer Forderung zur Insolvenztabelle steht dem gerichtlichen Mahnverfahren insoweit gleich, als damit eine Vollstreckung hinsichtlich des noch nicht befriedigten Teils erwirkt werden kann. Für nicht angemeldete Forderungen muss allerdings ein vollstreckbarer Titel erwirkt werden. Es ist jedoch zu beachten, dass eine juristische Person (z. B. GmbH) grundsätzlich mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder bei Abweisung mangels Masse aufgelöst wird. Offene Forderungen gegen solche Schuldner können also nach Abschluss des Insolvenzverfahrens mangels Existenz eines Schuldners nicht mehr durchgeführt werden. Nur in Ausnahmefällen können juristische Personen auch nach Abschluss eines Insolvenzverfahrens weiter bestehen und noch Adressaten von Forderungen sein.
Restschuldbefreiung
Das unbeschränkte Nachforderungsrecht der Gläubiger hat häufig zur Folge, dass der Schuldner nicht in der Lage ist, sich wieder eine dauerhaft gesicherte wirtschaftliche Existenz zu schaffen. Der Gesetzgeber hat deshalb für den "redlichen Schuldner" die Möglichkeit der Restschuldbefreiung vorgesehen.
Voraussetzung für eine Erteilung der Restschuldbefreiung ist zunächst, dass der Schuldner selbst Insolvenzantrag stellt und diesen mit dem Antrag auf Restschuldbefreiung verbindet. Außerdem darf kein Versagungsgrund vorliegen. Das sind unter anderem:
-
Die rechtskräftige Verurteilung des Schuldner wegen einer Insolvenzstraftat,
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falsche Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse, um Kredite zu erhalten oder öffentliche Leistungen zu beziehen,
-
Erteilung oder Versagung der Restschuldbefreiung in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Verfahrenseröffnung.
Mit Ende des Insolvenzverfahrens beginnt die sog. Wohlverhaltensperiode. Sie dauert regelmäßig sechs Jahre ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Durch das Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte kann das Restschuldbefreiungsverfahren künftig verkürzt werden. Die Änderungen sind zum 1. Juli 2014 in Kraft getreten. Aufgrund der Neuregelungen kann das Restschuldbefreiungsverfahren auf drei Jahre verkürzt werden, wenn der Schuldner die Verfahrenskosten berichtigt und 35 Prozent seiner Schulden beglichen hat. Werden zumindest die Verfahrenskosten vollständig bezahlt, nicht aber die Forderungen im vorstehenden Umfang beglichen, ist eine Verkürzung auf fünf Jahre möglich. Ansonsten bleibt es bei der Dauer der Restschuldbefreiung von sechs Jahren. Während dieser Zeit ist der Schuldner verpflichtet
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den pfändbaren Teil seines Arbeitseinkommens an einen vom Gericht bestellten Treuhänder abzuführen,
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eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben, oder, wenn er beschäftigungslos ist, sich intensiv um eine solche zu bemühen und jede zumutbare Beschäftigung anzunehmen,
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dem Treuhänder jeden Wohnort- und Arbeitsplatzwechsel mitzuteilen.
Soweit der Schuldner eine selbständige Tätigkeit ausübt, obliegt es ihm, die Insolvenzgläubiger durch Zahlungen an den Treuhänder so zu stellen, wie wenn er ein angemessenes Dienstverhältnis eingegangen wäre. Nach künftig frühestens drei Jahren (spätestens jedoch sechs Jahren) entscheidet das Insolvenzgericht nach Anhörung von Schuldner, Treuhänder und Gläubigern abschließend über die Restschuldbefreiung.
Wird gegen diese Pflichten verstoßen, kann das Gericht bereits während der Dauer der Wohlverhaltensperiode die Restschuldbefreiung untersagen. Der Treuhänder verteilt die pfändbaren Einkommensanteile quotal an die Gläubiger, das heißt entsprechend ihrem Anteil an den Gesamtverbindlichkeiten. Hat also ein Gläubiger eine Forderung von 50.000,00 Euro gegen den Schuldner bei einer Gesamtverschuldung von 100.000,00 Euro, erhält er die Hälfte des pfändbaren Einkommens.
Um die Motivation des Schuldners während der Wohlverhaltensperiode zu erhöhen, erhält er vom Treuhänder im fünften Jahr einen Bonus von 10 Prozent und im sechsten Jahr 15 Prozent der abgetretenen Beträge zurückgezahlt. Wenn nichts Pfändbares vorhanden ist, erhält er den Bonus nicht.
Während der Wohlverhaltensperiode sind Zwangs- und Vollstreckungsmaßnahmen einzelner Gläubiger unzulässig. Pfändungen werden mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens unwirksam.
Nach erfolgreichem Abschluss der Wohlverhaltensperiode ergeht seitens des Gerichts nach Anhörung von Schuldner, Treuhänder und Gläubigern ein förmlicher Beschluss, dass der Schuldner nunmehr schuldenfrei ist, soweit keine schuldhaften Obliegenheitsverletzungen oder Versagungsgründe vorliegen. Ausgenommen sind allerdings Schulden, die aus vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen, aus Geldstrafen, Geldbußen, Zwangs- und Ordnungsgeldern herrühren und neue Schulden, die während der Wohlverhaltensperiode gemacht wurden.
Der Beschluss wird öffentlich bekannt gemacht.
Während der Wohlverhaltensperiode sind Zwangs- und Vollstreckungsmaßnahmen einzelner Gläubiger unzulässig. Pfändungen werden mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens unwirksam.
Nach erfolgreichem Abschluss der Wohlverhaltensperiode ergeht seitens des Gerichts nach Anhörung von Schuldner, Treuhänder und Gläubigern ein förmlicher Beschluss, dass der Schuldner nunmehr schuldenfrei ist, soweit keine schuldhaften Obliegenheitsverletzungen oder Versagungsgründe vorliegen. Ausgenommen sind allerdings Schulden, die aus vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen, aus Geldstrafen, Geldbußen, Zwangs- und Ordnungsgeldern herrühren und neue Schulden, die während der Wohlverhaltensperiode gemacht wurden.
Der Beschluss wird öffentlich bekannt gemacht.
Der Insolvenzplan
Der Insolvenzplan soll den Beteiligten eines Insolvenzverfahrens die Möglichkeit eröffnen, eine Insolvenz auf der Grundlage der Gläubigerautonomie flexibel und wirtschaftlich effektiv abzuwickeln. Die an der Insolvenz Beteiligten können im Insolvenzplanverfahren von den Vorschriften der Insolvenzordnung abweichen, wenn sie meinen, dass dies zu einer besseren Verwirklichung des Verfahrensziels führen kann. Neben der Sanierung oder der Übertragung des Unternehmens ist das Planverfahren auch für von den gesetzlichen Vorschriften abweichende Formen der Liquidation offen. Durch die Gesetzesreform soll das Insolvenzplanverfahren gestärkt und flexibilisiert werden. Hinzuweisen ist auf folgende Neuerungen: Möglichkeit der Umsetzung eines Insolvenzplans auch bei Masseunzulänglichkeit, § 210 a InsO, die Durchführung eines Debt-to-Equity-Swap (Umwandlung von Gläubigerforderungen in Gesellschaftsanteile) gemäß § 225 a InsO und die sofortige Beschwerde gemäß § 253 InsO.
Insolvenzverwalter und Schuldner sind berechtigt, einen Insolvenzplan zu erstellen und vorzulegen. Den Gläubigern steht kein eigenes Initiativrecht zu. Die Gläubigerversammlung kann aber den Insolvenzverwalter unter Vorgabe bestimmter Planziele beauftragen, einen Insolvenzplan auszuarbeiten und durch diese Vorgaben starken Einfluss auf die Ausgestaltung des Plans zu nehmen. Der Plan muss einen darstellenden Teil enthalten, der über das bisherige Geschehen und die Grundlagen und die Auswirkungen des Plans berichtet und einen gestaltenden Teil, in dem festgelegt wird, wie die Rechtsstellung der Beteiligten durch den Plan geändert werden soll. Dazu gehören z. B. Aussagen, welche Forderungen voll erfüllt werden, welche gestundet und welche erlassen werden sollen.
Bei der Festlegung der Rechte der Beteiligten im Insolvenzplan sind Gruppen zu bilden, soweit Gläubiger mit unterschiedlicher Rechtsstellung betroffen sind. Zwingend zu bilden sind die Gruppe der absonderungsberechtigten Gläubiger, der Insolvenzgläubiger und der nachrangigen Insolvenzgläubiger. Arbeitnehmer sollen eine besondere Gruppe bilden, wenn sie als Gläubiger mit nicht unerheblichen Forderungen beteiligt sind. Für Kleingläubiger können besondere Gruppen gebildet werden. Aus den Hauptgruppen können weitere Gruppen gebildet werden, in denen Gläubiger mit gleichartigen wirtschaftlichen Interessen zusammengefasst werden. Die Gruppen müssen sachgerecht gegeneinander abgegrenzt werden. Eine Ungleichbehandlung der Gläubiger innerhalb der einzelnen Gruppen ist unzulässig, es sei denn, alle Beteiligten stimmen zu.
Der Insolvenzplan muss durch einen Beschluss der Gläubiger legitimiert werden. Dies geschieht in einem Erörterungs- und Abstimmungstermin, den das Insolvenzgericht bestimmt. Die Gläubiger stimmen in den im gestaltenden Teil festgelegten Gruppen ab. Der Plan ist angenommen, wenn in jeder Gruppe eine Kopf- und Summenmehrheit erreicht wird.
Ein Obstruktionsverbot soll verhindern, dass ein wirtschaftlich sinnvoller Plan am Widerstand einzelner Gläubiger scheitert. Kommt die erforderliche Mehrheit in einer Gruppe nicht zustande, gilt deren Zustimmung trotzdem als erteilt, wenn die Gläubiger der betreffenden Gruppe durch den Plan nicht schlechter gestellt werden, als sie ohne den Plan stünden, und wenn diese Gläubiger angemessen an dem wirtschaftlichen Wert beteiligt werden, der den Beteiligten auf der Grundlage des Plans zufließen soll. Außerdem muss wenigstens die Mehrzahl der Gruppen dem Plan zugestimmt haben. Auch der Schuldner muss dem Plan zustimmen. Außerdem muss er abschließend vom Insolvenzgericht bestätigt werden.
Wird die Bestätigung des Plans rechtskräftig, treten dessen Wirkungen für und gegen alle Beteiligten ein, also auch gegenüber Insolvenzgläubigern, die ihre Forderungen nicht angemeldet haben und Beteiligten, die dem Plan widersprochen haben. Gerät allerdings der Schuldner mit der Erfüllung des Plans gegenüber einem Gläubiger erheblich in Rückstand, werden für diesen Gläubiger im Plan vorgesehene Stundungen oder teilweiser Erlass von Forderungen hinfällig. Voraussetzung ist, dass der Schuldner eine fällige Forderung nicht erfüllt, obwohl der Gläubiger schriftlich gemahnt und eine Nachfrist von mindestens zwei Wochen gesetzt hat.
Gläubiger können aus dem Plan in Verbindung mit der Eintragung in die Tabelle wegen nicht vom Schuldner bestrittener und im Prüfungstermin festgestellter Forderungen die Zwangsvollstreckung betreiben.
Wird der bestätigte Plan rechtskräftig, beschließt das Insolvenzgericht die Aufhebung des Insolvenzverfahrens. Der Schuldner erhält das Recht zurück, frei über die Insolvenzmasse zu verfügen. Allerdings kann im Insolvenzplan vorgesehen werden, dass die Erfüllung des Plans durch den Insolvenzverwalter überwacht wird.
Eigenverwaltung/vorinsolvenzliches Schutzschirmverfahren
Ferner wird die Eigenverwaltung durch die Novellierung gestärkt (§§ 270 ff. InsO). Eine wichtige Änderung ist das vorgeschaltete Sanierungsverfahren unter den Voraussetzungen des § 270 b InsO. Die Neuregelung ermöglicht es den Schuldnern, bei denen drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung vorliegt, unter der Sicherheit eines sog. Schutzschirmverfahrens in Eigenverwaltung einen Sanierungsplan zu erarbeiten. Außerdem ist der Schuldnerantrag auf Eigenverwaltung jetzt auch dann möglich, wenn ein Gläubiger den Insolvenzantrag gestellt hat.
Insolvenzreform
Seit der Veröffentlichung des Regierungsentwurfs zur Reform der Insolvenzanfechtung im September 2015 wurden die geplanten Änderungen vielfach diskutiert. Nachdem das Vorhaben im Jahr 2016 ins Stocken geraten war, hat der Bundestag am 16. Februar 2017 die Reform auf den Weg gebracht.
Der verabschiedete Gesetzesentwurf enthält einige wichtige Änderungen für die Wirtschaft, die von der IHK-Organisation eingefordert wurden. Andere angestrebte Veränderungen wurden jedoch nicht umgesetzt. So ist zum Beispiel nach dem verabschiedeten Gesetzentwurf die Vollstreckung privatrechtlicher Titel innerhalb der letzten drei Monate vor dem Insolvenzantrag nicht anfechtungsfest. Vielmehr bleibt § 131 InsO (Insolvenzordnung) in seiner aktuellen Fassung bestehen.
Die wesentlichen Änderungen
Vorsatzanfechtung nach § 133 InsO
Die Gesetzesänderung sieht – wie bereits im Regierungsentwurf – eine Verkürzung der Anfechtungsfrist von Deckungshandlungen von bislang zehn auf vier Jahre vor. Von einer – wie von der IHK geforderten – weitergehenden Verkürzung auf zwei Jahre wurde abgesehen. Auch wenn eine weitere Verkürzung der Anfechtungsfrist wünschenswert gewesen wäre, gibt die Reduzierung auf vier Jahre den Unternehmen mehr Planungssicherheit. Im Fall einer Ratenzahlungsvereinbarung wird künftig (widerleglich) vermutet, dass der Gläubiger von einer drohenden beziehungsweise eingetretenen Zahlungsunfähigkeit keine Kenntnis hatte. § 133 Abs. 2 InsO wird dahingehend geändert, dass bei kongruenten Leistungen eine Kenntnis von der eingetretenen Zahlungsunfähigkeit bestanden haben muss. So sollen, anders als bislang, kongruente Deckungen erst dann anfechtbar sein, wenn der Gläubiger die vorhandene Zahlungsunfähigkeit des Schuldners erkannt hat. Die Kenntnis der bloß drohenden Zahlungsunfähigkeit soll nicht mehr genügen.
Bargeschäftsprivileg nach § 142 InsO
Um die Rechtsunsicherheiten bei der Anfechtbarkeit von Lohnzahlungen zu beseitigen, wurde in der Gesetzesänderung die bereits im Regierungsentwurf vorgeschlagene Regelung übernommen, dass im Rahmen der Gewährung von Arbeitsentgelt ein Bargeschäft vorliegt, wenn der Zeitraum zwischen Arbeitsleistung und Lohnzahlung drei Monate nicht übersteigt. Im Übrigen sollen Bargeschäfte künftig nur noch dann der Vorsatzanfechtung unterliegen, wenn der Schuldner „unlauter“ handelte und der Gläubiger dies erkannt hat.
Es bleibt abzuwarten, wie mit diesem unbestimmten Rechtsbegriff in der Praxis umgegangen wird und wie insbesondere die Gerichte den Begriff im Rahmen der Entscheidung der Insolvenzanfechtungsfälle nach dem neuen Recht konkretisieren.
Verzinsung nach § 143 InsO
Anfechtungsansprüche sollen künftig nur noch nach der Maßgabe der allgemeinen Verzugsregeln beziehungsweise ab Klageerhebung verzinst werden. Dies stellt eine echte Verbesserung dar. Bislang sind Rückforderungen ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu verzinsen. Mit dieser Neuregelung sollen etwaige Fehlanreize zu einer schleppenden Durchsetzung von Anfechtungsansprüchen beseitigt und der Rechtsverkehr besser vor einer übermäßigen Zinsbelastung geschützt werden. Der Bundesrat hat den Gesetzentwurf gebilligt. Aktuell ist davon auszugehen, dass das Gesetz in der vom Bundestag beschlossenen Fassung zur Jahresmitte in Kraft treten wird.
Quelle: IHK zu Köln und IHK Stuttgart
Stand: März 2017
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