BEHG: Bundeskabinett verabschiedet BEHG Carbon Leakage Verordnung (BECV)

Die seit langem erwartete BECV ist am 31. März 2021 vom Bundeskabinett verabschiedet worden.
Dem Beschluss vorausgegangen waren in den vergangenen Wochen intensive Diskussionen innerhalb der Bundesregierung. Vor Inkrafttreten der Verordnung sind noch die Zustimmung des Bundestages und eine beihilferechtliche Genehmigung der Europäischen Kommission erforderlich.
Gegenüber dem vom Bundesumweltministerium im Februar vorgelegten Referentenentwurf sind an vielen Stellschrauben Änderungen vorgenommen worden, die in die vom DIHK in seiner Stellungnahme vom 25. Februar 2021 empfohlene Richtung gehen. Es bleibt aber bei der aus der kostenlosen Zuteilung des europäischen Emissionshandels (EU-ETS) übernommenen und durch weitere Anforderungen ergänzten Struktur. Im Ergebnis ist die Entlastung relativ gering und die Auswahl beihilfeberechtigter Sektoren eng gefasst. Zugleich sind die Anforderungen an die Unternehmen und der mit der Antragstellung verbundene Aufwand hoch.
Zu den wesentlichen Änderungen gegenüber dem BECV-Referentenentwurf vom Februar 2021:
  • Die Schwellenwerte für den Einstieg in die qualitative Prüfung wurden von 0,15 bzw. 1,5 auf 0,1 (Carbon Leakage Indikator) bzw. 1,0 kg CO2 pro Euro Bruttowertschöpfung abgesenkt. Der DIHK hatte für 0,05 bzw. 0,5 geworben. Damit erhalten mehr Sektoren die Möglichkeit, ihre Wettbewerbssituation darzulegen und schlussendlich auf die Liste der Carbon Leakage gefährdeten Sektoren aufgenommen zu werden. Zugleich wird der innereuropäische Handel bei Berechnung der Handelsintensität von Sektoren vollständig und nicht nur anteilig berücksichtigt.
  • Die Anrechnung der aus den Erlösen des BEHG finanzierten EEG-Umlagesenkung (1,37 ct/kWh in 2021) ist vollständig gestrichen.
  • Bei Nutzung hocheffizienter Erdgas-KWK kann auch der EU-Wärmebenchmark zur Anwendung kommen. Das hat den Vorteil, dass die Entlastung (anders als beim Brennstoffbenchmark mit dem Faktor 0,76) deutlich weniger gekürzt wird.
  • Die Kompensationsgrade (65 bis 95 %) wurden zwar nicht gestrichen, aber die Zuteilung angepasst. Die meisten Sektoren werden damit einem etwas höheren Kompensationsgrad zugeordnet. Es gibt einen Mechanismus, um Teil-/Untersektoren von Carbon Leakage gefährdeten Sektoren auf Antrag einem höheren Kompensationsgrad zuordnen zu lassen. Voraussetzung ist aber, dass diese Teilsektoren über die NACE-Code-Systematik abgrenzbar sind.
  • In den ersten beiden Jahren gibt es gar keine unternehmensbezogene Prüfung der Energieintensität. Ab 2023 wird es einen Fallback-Kompensationsgrad von 60 % geben. Wenn ein Unternehmen den Kompensationsgrad nach Sektorenliste wahrnehmen will, muss es nachweisen, dass es die geforderte sektorbezogene Mindestemissionsintensität erreicht.
  • Die Erleichterungen für kleinere Unternehmen gelten nun bis zu einem Jahresenergieverbrauch von 10 GWh anstelle von 5 GWh.
  • Klimaschutz-Investitionen als Gegenleistung: keine Streichung, aber Bewertungsmaßstäbe für Rentabilität von Investitionen wurden angepasst.
  • Es wurden eine Reihe von Fristen nach hinten verschoben, z. B. bei Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen, Nachweis über die Einführung von Managementsystemen etc..
Zu den Inhalten der „BEHG Carbon Leakage Verordnung“ (BECV):
Die BECV regelt die Entlastung von Unternehmen, die durch die Anfang 2021 eingeführte CO2-Bepreisung nach dem Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) in besonderer Weise in ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt sind. Die Entlastung stellt eine Beihilfe dar.
Die Ausgestaltung der BECV orientiert sich stark an der kostenlosen Zuteilung für Carbon Leakage gefährdete Unternehmen im Europäischen Emissionshandel (EU ETS). Gegenüber der Zuteilung im EU ETS ist die Entlastung nach der BECV aber restriktiver ausgestaltet und setzt höhere Anforderungen an die antragstellenden Unternehmen. Aus dem EU ETS übernommen wurde die Liste der Carbon Leakage gefährdeten Sektoren (NACE Code, 4-Steller-Ebene) und Teilsektoren (NACE Code, 6-8-Steller-Ebene), die der Industrie zuzuordnen sind. Nur Unternehmen und selbstständige Unternehmensteile, die einem Carbon Leakage gefährdeten Sektor oder Teilsektor zuzuordnen sind, haben die Möglichkeit, eine Beihilfe zu erhalten. Die Sektorenliste kann auf Antrag von Sektoren ergänzt werden, die Kriterien zur Aufnahme sind aber sehr anspruchsvoll. Es muss eine hohe Emissions- und Handelsintensität nachgewiesen werden.
Anders als im Kontext des EU-ETS sind den Sektoren und Teilsektoren gestufte Kompensationsgrade (65 bis 95 %) zugeordnet, die sich an der durchschnittlichen Emissionsintensität des jeweiligen Sektors orientieren. Mit Ausnahme der ersten beiden Jahre müssen die antragstellenden Unternehmen nachweisen, dass sie eine Mindestemissionsintensität erfüllen. Andernfalls erhalten sie einen Kompensationsgrad von nur 60 %. Für den Nachweis ist in den meisten Fällen die Berechnung der Bruttowertschöpfung des Unternehmens und eine Bestätigung durch einen Wirtschaftsprüfer erforderlich. Darüber hinaus ist ein Selbstbehalt von 150 Tonnen CO2 vorgesehen, der nicht entlastungsfähig ist.
Als weiterer Faktor, der zu einer Reduzierung der Entlastungshöhe führt, kommen – wie im Kontext des EU-ETS – Benchmarks zu Einsatz. Für die Entlastung nach der BECV ist dies zumeist der jüngst neu festgelegte EU-Brennstoffbenchmark. Bei Nutzung von Erdgas als Brennstoff führt die Anwendung des Benchmarks dazu, dass die Entlastung um weitere 26 % reduziert wird. Bei Nutzung von Kohle, die ab 2023 der CO2-Bepreisung unterliegt, wird die Entlastung um ca. 60 % reduziert. Bei hocheffizienter KWK und dem Bezug von Wärme von Dritten kommt der EU-Wärmebenchmark zu Anwendung, der bei Nutzung von Erdgas zu einer geringeren Reduzierung führt.
Im Ergebnis kommt es durch die kombinierte Anwendung von Benchmark und Kompensationsgrad zu einer möglichen Entlastung von ca. 45 bis 72 % bei Nutzung von Erdgas und ca. 24 bis 38 % bei Nutzung von Kohle. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass nur Brennstoffverbräuche beihilfefähig sind, die für die Herstellung von Produkten, die zudem einem Carbon Leakage gefährdeten Sektor zuzuordnen sind, eingesetzt worden sind. Wenn ein Unternehmen auch andere Produkte herstellt oder Brennstoffe, z. B. zur Beheizung von Verwaltungsgebäuden einsetzt, müssen diese bei der Berechnung der Entlastung unberücksichtigt bleiben. Unberücksichtigt bleiben auch die Anteile des Brennstoffeinsatzes, die z. B. in einer KWK-Anlage zur Herstellung von Strom genutzt worden sind.
Eine ursprünglich vorgesehene Verrechnung der Entlastung auf den CO2-Preis mit der Entlastung, die sich für das antragstellende Unternehmen daraus ergibt, dass aus einem Teil der Erlöse der CO2-Bepreisung eine allgemein wirksame Senkung der EEG-Umlage finanziert wird, ist inzwischen nicht mehr vorgesehen.
Als Voraussetzung für die Gewährung der Entlastung ist weiterhin vorgesehen, dass die antragstellenden Unternehmen Gegenleistungen erbringen. Zum einen müssen die Unternehmen nachweisen, dass Sie ein Energiemanagementsystem nach ISO 50001 oder ein EMAS-Umweltmanagementsystem betreiben. Für Unternehmen mit weniger als 10 GWh reichen ein Energiemanagement nach ISO 50005 oder die Mitgliedschaft in einem Energieeffizienznetzwerk. Zum anderen werden die Unternehmen ab 2023 zu Investitionen in Energieeffizienz und Klimaschutz verpflichtet, soweit diese als Maßnahmen im Rahmen der Managementsysteme identifiziert worden sind. 2023 und 2024 müssen mindestens 50 % und ab 2025 mindestens 80 % der Entlastungssumme entsprechend investiert werden.
Die Anträge zur Entlastung sind jeweils zum 30. Juni des Folgejahres bei der Deutschen Emissionshandelsstelle (DEHSt) einzureichen. Für das Abrechnungsjahr 2021 also bis zum 30. Juni 2022.
Quelle: DIHK