So funktioniert die EU-Gesetzgebung
Die EU-Kommission agiert als Exekutiv- und Verwaltungsgremium quasi wie eine Regierung. Sie hat das Initiierungsmonopol – nur wenn sie Parlament und Rat eine Initiative vorlegt, kann ein Gesetzgebungsverfahren beginnen.
In der ersten Lesung berät das EU-Parlament als Legislativorgan und stimmt über den Vorschlag ab, dann folgen Beratung und Abstimmung im Rat, in dem die Staats- und Regierungschef*innen aller Mitgliedländer sitzen. Stimmen beide Organe zu, wird das Gesetz beschlossen und kann in Kraft treten. Während des gesamten Prozesses versucht die IHK, Einfluss zu nehmen, vor allem durch Positionierungen und Stellungnahmen, aber auch in Hintergrundgesprächen und im informellen Austausch bei Veranstaltungen, auf Delegationsreisen usw. So sollen die Belange der norddeutschen Wirtschaft eingebracht oder ggf. Alternativen aufgezeigt werden. Um sich frühzeitig einbringen zu können, beobachtet die IHK in Brüssel kontinuierlich das politische Geschehen und pflegt ihr enges Netzwerk mit Abgeordneten vor Ort.
Nur selten hat der EU-Rat Einwände, dann werden dessen Änderungsvorschläge wieder im Parlament beraten und abgestimmt. Im Zweifelsfall wird ein Konsens im Vermittlungsausschuss gesucht. Ein Gesetz würde dann in einer dritten Lesung beschlossen. Während des gesamten Gesetzgebungsprozesses können Vertreter*innen aus Kommission, Parlament und Rat informelle Verhandlungen führen (Triloge). Vorteil: Diese Praxis spart Geld –viele Gesetze werden bereits nach der ersten Lesung beschlossen. Nachteil: Informelle Verhandlungen sind wenig transparent.
Öffentliche Konsultation
Bei der Entwicklung neuer politischer Maßnahmen und Rechtsvorschriften wird gemäß Art. 11 des EU-Vertrages die Meinung von Bürger*innen, Unternehmen und Verbänden eingeholt.
Vorschlag der Kommission
Die Kommission legt dem Europäischen Parlament einen Gesetzgebungsvorschlag vor.
Erste Lesung des Parlaments
Das Parlament berät über den Gesetzgebungsvorschlag der Kommission und stimmt darüber ab.
Erste Lesung des Rates
Stimmt das Parlament zu, folgen Beratung und Abstimmung im Rat. Stimmt er ebenfalls zu, ist der Rechtsakt angenommen – hat er Einwände oder Änderungen, sendet er dem Parlament den Vorschlag zur zweiten Lesung zurück.
Der Gesetzgebungsvorschlag ist angenommen: Die große Mehrheit aller Vorschläge wird zu diesem Zeitpunkt verabschiedet. In Ausnahmefällen geht es weiter – mit einer zweiten Lesung des Parlaments.
Zweite Lesung des Parlaments
Das Parlament prüft den Standpunkt des Rates und stimmt darüber ab. Bei Zustimmung kann das Gesetz in Kraft treten, bei Ablehnung ist es gescheitert. Schlägt das Parlament Änderungen vor, muss der Rat in einer zweiten Lesung darüber beraten.
- Der Gesetzgebungsvorschlag ist angenommen
- Der Gesetzgebungsvorschlag ist nicht angenommen: Eine zweite Lesung des Rates folgt.
Zweite Lesung des Rates
Der Rat prüft den Standpunkt des Parlaments aus zweiter Lesung und billigt entweder alle Änderungen (dann ist das Gesetz angenommen) oder lehnt sie ab – dann würde ein Vermittlungsausschuss eingesetzt.
- Der Gesetzgebungsvorschlag ist angenommen
- Der Gesetzgebungsvorschlag ist nicht angenommen: Der Vermittlungsausschuss kommt ins Spiel.
Vermittlung
Der Vermittlungsausschuss aus Mitgliedern des Parlamentes und Vertreter*innen des Rates arbeitet an einer Einigung.
- Der Gesetzgebungsvorschlag ist nicht angenommen: Das Verfahren ist beendet.
- Der Gesetzgebungsvorschlag ist angenommen.
Dritte Lesung in Parlament und Rat
Parlament und Rat prüfen unabhängig voneinander den gemeinsamen Entwurf und stimmen über ihn ab. Der Wortlaut kann nicht mehr geändert werden.
- Der Gesetzgebungsvorschlag ist angenommen: Verordnungen werden im Amtsblatt veröffentlicht und sind verbindlich. Bei Richtlinien können die Mitgliedstaaten selbst entscheiden, wie sie ihre Gesetze entsprechend ändern. Beschlüsse gelten für spezifische Fälle, an denen bestimmte Behörden oder Einzelpersonen beteiligt sind, und sie sind in vollem Umfang verbindlich.