Unternehmenswert
Unternehmenswert und Kaufpreis
Seniorunternehmer*In und Nachfolger*In haben sich gefunden - und dennoch scheitern Unternehmensverkäufe nicht selten an unterschiedlichen Vorstellungen zum Unternehmenswert und Kaufpreis. Die Beweggründe beider Seiten sind nachvollziehbar: Die Abgebenden haben viele Jahre Mühe und Arbeit in das Unternehmen gesteckt. Eine eventuelle Neigung zur Wertüberschätzung ist somit verständlich. Nachfolgende denken bei der Kaufpreisverhandlung an den zu leistenden Kapitaldienst für die Kauffinanzierung und zudem noch an anstehende Investitionen für die Weiterentwicklung des Unternehmens.
Selbst wenn ein hoher Unternehmenswert gerechtfertigt ist, treffen sie die Kaufentscheidung danach, ob das Unternehmen nach der Übergabe noch profitabel ist. Mit diesen unterschiedlichen Positionen starten die Beteiligten in die Verhandlung. Auf dem Spiel stehen dabei die Altersversorgung der abgebenden Person, der Erhalt eventueller Arbeitsplätze und eines wettbewerbsfähigen Angebots am Markt sowie die unternehmerische Selbstverwirklichung der übernehmenden Person.
Es spielen also nicht nur betriebliche Faktoren bei der Kaufpreisfindung eine Rolle, sondern auch:
Es spielen also nicht nur betriebliche Faktoren bei der Kaufpreisfindung eine Rolle, sondern auch:
- die persönlichen Situationen der Beteiligten und ihre Emotionen,
- die finanzielle Lage,
- die Risikobereitschaft des Erwerbers,
- Angebot und Nachfrage auf dem Markt der Unternehmensverkäufe.
Ratsam ist es deshalb, mit einer von beiden Parteien getragenen Unternehmensbewertung in die Kaufpreisfindung einzusteigen.
Bewertungsmethoden
Die gängigsten Wertermittlungsansätze sind:
- Ertragswertverfahren,
- Substanzwertverfahren und/oder
- Vergleichswertverfahren.
Wertermittlungsprofis ziehen alle für den Verkaufsgegenstand geeigneten Methoden zur Wertermittlung heran und nähern sich so einem ersten Verhandlungswert an. Kleine Unternehmen entscheiden sich größtenteils für die Anwendung des vereinfachten Ertragswertverfahrens.
Ertragswertverfahren:
Das vergangenheitsorientierte vereinfachte Ertragswertverfahren ist im Bewertungsgesetz (BewG) verankert und kann auch für die Erbschafts- oder Schenkungssteuerermittlung herangezogen werden. Bei diesem Verfahren wird das durchschnittliche zu versteuernde Betriebsergebnis der letzten drei bis fünf Jahre betrachtet - reduziert um einen kalkulatorischen Unternehmerlohn und korrigiert um weitere wertbeeinflussende Faktoren - und multipliziert diesen Durchschnittsertrag mit einem Kapitalisierungsfaktor (13,75 laut ErbStG).
Alternativ ist die Bewertung nach IDW S 1 Standard möglich. Hierbei wird nicht nur auf die Vergangenheit geschaut, sondern auch eine Ertrags-Prognose für die nächsten drei Jahre gestellt.
Alternativ ist die Bewertung nach IDW S 1 Standard möglich. Hierbei wird nicht nur auf die Vergangenheit geschaut, sondern auch eine Ertrags-Prognose für die nächsten drei Jahre gestellt.
Grundsätzliche Basis der Berechnung ist hierbei der Cashflow und ein individuell ermittelter Kapitalisierungszins, um die Finanzkraft des Unternehmens für Investitionen und seine Liquidität mit in die Bewertung einfließen zu lassen.
Substanzwertverfahren:
Einfach ausgedrückt werden alle Vermögensgegenstände eines Unternehmens bewertet und eventuelle Schulden vom Gesamtwert abgezogen - übrig bleibt der Substanzwert. Er gilt als Mindestwert bei der Besteuerung von Unternehmensverkäufen und gibt eine Orientierung, wie viel Sicherheiten das Unternehmen für eine Darlehensbesicherung anzubieten hat. Bei Industriebetrieben mit Grundstücken, Gebäuden, Maschinen- und Fuhrparks ist die Bewertung der Substanz als Teil einer Gesamtbewertung unverzichtbar.
Vergleichswertverfahren:
Es wird geschaut, wie vergleichbare Unternehmen am Markt veräußert wurden. Manche Branchenverbände halten solche Daten bereit und Unternehmensberater*innen mit Schwerpunkt Unternehmensnachfolge haben Zugang zu Datenbanken von realisierten Kaufpreisen. Für größere Unternehmen werden branchenspezifische Multiplikatoren (multiples) veröffentlicht. Ein Multiplikator zeigt an, zum wie Vielfachen des Umsatzes, cash flows oder EBITs Unternehmensverkäufe aktuell erfolgreich umgesetzt werden können. Den Umsatz, cashflow oder EBIT Ihres (zukünftigen) Unternehmens damit multipliziert, gibt Ihnen eine Richtung zu Ihrem Kaufpreis.
Wie tief Sie in die Bewertung einsteigen, hängt ab von:
- dem Bewertungszweck,
- der Unternehmensgröße und -art,
- dem Vorhandensein von auswertbaren Zahlen und
- nicht zuletzt vom Wunsch der Vertragsparteien sowie dem Beieinanderliegen der Preisvorstellungen.
Folgende Tipps sollen Ihnen helfen, sich Ihrer Bewertung anzunähern.
Ihr Weg zu Wert und Preis
Für ein erstes Do-it-yourself bietet sich der vom BMWI geförderte KMU-Rechner des EMF Instituts an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin an. Er ist ertragswertbasiert und auf kleine und mittlere Unternehmen zugeschnitten.
Fragen Sie Ihre/n Steuerberater*In, ob er/sie Erfahrungen mit Unternehmensbewertungen hat und beziehen Sie ihn/sie ein oder bitten Sie um ein kurzes Feedback zu Ihrer Vorstellung.
Manchmal ist eine dritte Meinung von unbeteiligten Experten gefragt. Dafür bietet unsere IHK einen Expertentag Unternehmensnachfolge an, indem Steuerberater*In und Anwalt ein kurzes Feedback zur Kaufpreisvorstellung anhand eines geschulten Blicks in mitgebrachte Zahlen anbieten.
Wenn die Vorstellungen von Verkäufer*In und Käufer*In schwer vereinbar erscheinen können Profis hinzugezogen werden. Gute Wertermittler sind Personen, die es ständig tun. Dazu gehören:
- Steuerberater mit entsprechender Erfahrung,
- Wirtschaftsprüfer,
- öffentlich bestellte Sachverständige,
- Unternehmensberater M&A
- und Unternehmensmakler.
Auch Wirtschafts-Senioren begleiten Nachfolgeprozesse und haben Personen an Bord, die sich mit Bewertung und Kaufpreisfindung auskennen.
Anschließend bereiten Sie sich auf die Verhandlungssituation vor, indem Sie einen für Sie verträglichen Preiskorridor festsetzen, Argumente dafür zusammenstellen und sich über Ihre Bedingungen zur Einigung klar werden.