Handelsvertreterrecht

In den §§ 84 bis 92 c des Handelsgesetzbuches (HGB) werden die Rechte und Pflichten des Handelsvertreters und des von ihm vertretenen Unternehmens geregelt. Handelsvertreter ist gemäß § 84 HGB, wer als selbstständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen.

Grundlagen

Selbstständig ist, wer im Wesentlichen seine Tätigkeit und seine Arbeitszeit frei bestimmen kann und eigenes unternehmerisches Risiko trägt, also nicht ein “angestellter Reisender”. Handelsvertreter gibt es in allen denkbaren Branchen und Unternehmensbereichen unabhängig von der Art der Rechtsform, z. B. auch als OHG, KG oder GmbH. Für das Vorliegen einer Handelsvertretereigenschaft ist die tatsächliche Ausgestaltung der Tätigkeit und des Handelsvertretervertrages maßgeblich und nicht die Bezeichnung durch die Parteien. Auch Personen, die nicht die Bezeichnung "Handelsvertreter" verwenden, sind als Handelsvertreter anzusehen, wenn die Merkmale eines Handelsvertreters erfüllt sind:
  • Ständige Vertragsbeziehung zum vertretenen Unternehmen
  • Vermittlung / Abschluss von Geschäften und Kundenbetreuung im Namen und für Rechnung des vertretenen Unternehmens
  • Selbstständigkeit (eigenes Gewerbe, Unternehmer- bzw. Kostenrisiko, Gewerbesteuer)
  • Freie Gestaltung der Tätigkeit und freie Bestimmung der Arbeitszeit (Weisungsfreiheit)
  • Auszahlung des Entgelts ohne Abzug von Steuern und Sozialabgaben
Wenn der Handelsvertreter nicht selbstständig ist, ist er häufig als Arbeitnehmer des vertretenen Unternehmens einzuordnen.
  • Beschäftigt der Handelsvertreter keinen eigenen sozialversicherungspflichtigen Angestellten und ist er im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig, kann er der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht unterliegen, § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI.
Die Abgrenzung bestimmt sich ausgehend von der Definition des Handelsvertreters in § 84 HGB. Für das Bestehen einer Scheinselbstständigkeit sprechen z. B. Indizien wie das Vorliegen eines Arbeitsplans, an den sich der Handelsvertreter zu halten hat und die Vorgabe bestimmter Arbeitszeiten und des Arbeitsorts. Diese und weitere Kriterien finden sich auch in den Vorschriften der Sozialversicherungsträger wieder. Weitere Informationen zu den sozialversicherungsrechtlichen Besonderheiten erhalten Sie bei der Deutschen Rentenversicherung.

Abgrenzung zu ähnlichen Vertragsverhältnissen

Der Handelsvertreter unterscheidet sich von anderen im Vertriebsbereich eingesetzten Personen dadurch, dass er in fremdem Namen und für fremde Rechnung handelt.

Angestellter Handelsreisender

Der Handelsreisende kann im Gegensatz zum Handelsvertreter seine Arbeitszeiten sowie seine Tätigkeit nicht selbst frei bestimmen. Er ist ein Angestellter, der Weisungen hinsichtlich Arbeitszeit, Reiseroute und Kundenbesuchen erhält. Er vermittelt oder schließt als Angestellter Geschäfte im Namen seines Arbeitgebers ab. Als Vergütung erhält er in der Regel ein festes Grundgehalt (Fixum), das häufig durch eine Erfolgsprovision ergänzt wird. Auf den Provisionsanteil der Vergütung ist dann das Handelsvertreterrecht entsprechend anwendbar.

Kommissionär

Der Kommissionär unterscheidet sich vom Handelsvertreter dadurch, dass er Waren im eigenen Namen aber für fremde Rechnung verkauft (Beispiel: Zeitschriftenhändler). Für den Kommissionär gelten die speziellen Regelungen der §§ 383 ff. HGB.

Vertrags- oder Eigenhändler

Der Vertrags- oder Eigenhändler kauft typischerweise auf Grund eines dauernden Vertrages mit einem Hersteller / Lieferanten Waren ein, die er in eigenem Namen und auf eigene Rechnung weiterverkauft. Einzelne Klauseln in Händlerverträgen gleichen denen eines Handelsvertretervertrages.
Wenn der Händler ähnliche Rechte und Pflichten wie ein Handelsvertreter besitzt und in die Absatzorganisation des Herstellers oder Lieferanten eingegliedert ist, so kann das Handelsvertreterrecht zum Teil entsprechend gelten, z. B. für die Begründung eines Ausgleichsanspruchs des Vertragshändlers.

Franchisenehmer

Zwischen Franchisegeber und Franchisenehmer besteht ein Dauervertragsverhältnis mit umfangreichen gegenseitigen Rechten und Pflichten. Der Franchisegeber stellt dem Franchisenehmer dabei in der Regel ein Geschäftskonzept zum Vertrieb von Waren oder Dienstleistungen mit einheitlicher Geschäftsbezeichnung und häufig weiteren Vorgaben zur Corporate Identity zur Verfügung, für welches der Franchisenehmer eine Franchisegebühr zahlen muss. Der Franchisenehmer wird aber im Gegensatz zum Handelsvertreter im eigenen Namen und auf eigene Rechnung tätig.

Handelsmakler

Der Handelsmakler schließt in fremdem Namen gewerbsmäßig Geschäfte ab, ohne jedoch im Gegensatz zum Handelsvertreter ständig vertraglich damit betraut zu sein. Er steht in keinem dauerhaften Vertragsverhältnis zu einem Auftraggeber und ist daher auch nicht zu einer ständigen Kundenbetreuung und Geschäftsvermittlung verpflichtet. Auf den Handelsmakler finden die Regelungen der §§ 93 ff. HGB Anwendung.

Der Handelsvertreter als Gewerbetreibender

Der Handelsvertreter muss sein Gewerbe in der Gemeinde, in welcher er seinen Sitz hat, anmelden.
Wenn sein Unternehmen keinen nach Art und Umfang in kaufmännischer Weise eingerichteten Gewerbebetrieb erfordert, ist der Handelsvertreter Gewerbetreibender ohne Kaufmann zu sein.

Sonderformen des Handelsvertreters

Ein Handelsvertretervertrag kann in verschiedenen Gestaltungsformen vorkommen:

Handelsvertreter im Nebenberuf

Gemäß § 92b HGB ist dieser nicht hauptsächlich als Handelsvertreter tätig, sondern seine Tätigkeit erstreckt sich auch auf andere Bereiche. Studenten, Hausfrauen oder Rentner sind häufig als Handelsvertreter im Nebenberuf tätig.
Entscheidendes Kriterium für die Feststellung einer Nebenberuflichkeit ist vor allem die überwiegende Tätigkeit des Handelsvertreters (Zeit/Umfang), das heißt welche Tätigkeit den Handelsvertreter stärker beansprucht. Die Höhe des erzielten Entgeltes ist jedoch nicht notwendigerweise ein geeignetes Abgrenzungsmerkmal.
Für den Handelsvertreter im Nebenberuf bestehen einige gesetzliche Besonderheiten. Die wichtigsten Unterschiede sind die kürzere Kündigungsfrist von einem Monat für den Schluss eines Kalendermonats (§ 92b Abs. 1 S. 1 HGB), die Möglichkeit eine davon abweichende für beide Parteien gleiche Kündigungsfrist zu vereinbaren und die Möglichkeit den Anspruch auf Vorschuss vertraglich auszuschließen, § 92b Abs. 1 S. 3 HGB i.V.m. § 87a Abs. 1 S. 2 HGB.
Außerdem steht dem Handelsvertreter im Nebenberuf kein Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB zu. Zu beachten ist aber, dass der Unternehmer sich auf diese Besonderheiten nur berufen kann, wenn er den Handelsvertreter ausdrücklich lediglich als solchen im Nebenberuf beauftragt hat.

Untervertreter

Der Handelsvertreter kann zur Erfüllung seiner Aufgaben gegenüber dem zu vertretenden Unternehmen eines mehrstufiges Vertreterverhältnis eingehen und einen Untervertreter mit der Vertretung betrauen.
Hierbei ist zwischen einer echten und unechten Untervertretung zu unterscheiden:
Bei einer echten Untervertretung ist der Untervertreter als Erfüllungsgehilfe des Hauptvertreters anzusehen. Es besteht lediglich eine vertragliche Beziehung zwischen Untervertreter und Hauptvertreter und keine zwischen Untervertreter und zu vertretendem Unternehmen. Der Hauptvertreter ist damit dem Untervertreter zur Zahlung einer Provision verpflichtet und nicht das vertretene Unternehmen, da der Hauptvertreter weiterhin Provisionen und Ausgleichsansprüche vom zu vertretenden Unternehmen bezieht, auch wenn der Untervertreter für dieses den Geschäftsabschluss vermittelt oder getätigt hat. Die Beendigung des Vertragsverhältnisses zwischen vertretenem Unternehmen und Hauptvertreter beendet nicht automatisch auch das Vertragsverhältnis zwischen Untervertreter und Hauptvertreter. Zur Beendigung dieses Verhältnisses hat der Hauptvertreter den Vertrag mit dem Untervertreter zu kündigen und bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen einen Ausgleichsanspruch zu leisten.
Bei der unechten Untervertretung besteht ein Handelsvertretervertragsverhältnis direkt zwischen zu vertretendem Unternehmen und Untervertreter.

Versicherungs- und Bausparkassenvertreter

Versicherungsvertreter ist, wer als Handelsvertreter damit betraut ist, Versicherungsverträge zu vermitteln oder abzuschließen. Er muss sämtliche Voraussetzungen erfüllen, die auch ein Handelsvertreter zu erfüllen hat.
Ein Bausparkassenvertreter ist ein Handelsvertreter, der Bausparverträge vermittelt oder abschließt. Für ihn gelten sinngemäß dieselben gesetzlichen Regelungen und Besonderheiten wie für den Versicherungsvermittler.
In § 92 HGB sind einige spezielle Vorschriften abweichend vom Handelsvertreterrecht geregelt:
Der Versicherungs- oder Bausparkassenvertreter hat nur Anspruch auf Provision für Geschäfte, die auf seine Tätigkeit zurückzuführen sind, vgl. § 92 Abs. 3 S. 1 HGB. Damit gibt es keine Bezirks- oder Kundenschutzprovision sowie auch keine Provisionen für Folgeaufträge und Nachbestellungen. Außerdem entsteht der Provisionsanspruch gem. § 92 Abs. 4 HGB erst, wenn der Kunde die Prämie gezahlt hat, wobei von dieser Regelung vertraglich abgewichen werden kann.

Der Handelsvertretervertrag

Handelsvertreterverträge können mündlich geschlossen werden. Zur Vermeidung von Unklarheiten sowie aus Beweisgründen sollte der Vertrag jedoch schriftlich abgeschlossen werden. Die Vertragsgestaltung ist häufig schwierig. Musterverträge können bei der konkreten Gestaltung ein Anhaltspunkt für die Vertragsparteien sein.
Tipp:
Bei der Vertragsgestaltung ist es sinnvoll, die im Gesetz vorgesehenen Begrifflichkeiten zu verwenden und den Vertrag in verschiedene Abschnitte aufzuteilen, z. B. in Vertragsgebiet, Rechte, Pflichten, Beendigung etc.
Zu berücksichtigen ist dabei, dass Musterverträge grundsätzlich nur als Anhaltspunkt dienen können. Es empfiehlt sich regelmäßig, für die individuelle Vertragsanpassung bzw. -erstellung einen Rechtsanwalt einzuschalten, da selbst formulierte Klauseln häufig gegen gesetzliche Regelungen verstoßen und im Streitfall nicht ihren Zweck erfüllen.

Verschiedene Arten der Handelsvertretertätigkeit

Im Rahmen der Handelsvertretertätigkeit gibt es verschiedene rechtliche Arten eines Handelsvertreters, die sich auch auf seine Rechte und Pflichten wie z. B. Provisionsansprüche etc. auswirken.

Bezirksvertreter

Bezirksvertreter ist ein Handelsvertreter, wenn ihm ein bestimmter Bezirk oder Kundenkreis zugewiesen wurde. Der Bezirksvertreter hat auch dann einen Provisionsanspruch, wenn während des Bestehens des Handelsvertreterverhältnisses Geschäfte mit Personen / Unternehmen seines Kreises oder seines Kundenkreises abgeschlossen werden, an denen er selbst nicht unmittelbar mitgewirkt hat.

Alleinvertreter

Dem Alleinvertreter wird besonderer Kundenschutz gewährt. Er hat Anspruch darauf, dass der zu vertretende Unternehmer nicht selbst (Direktgeschäfte) oder durch andere beauftragte Vertreter in dem ihm zugewiesenen Gebiet tätig wird. Entsprechend der alleinigen Befugnis zum Tätigwerden in seinem Bezirk steht ihm ein Anspruch sowohl auf Unterlassung als auch auf die Provision des eventuell tätig gewordenen Dritten oder Unternehmers zu.
Um jedoch eine Stellung als Alleinvertreter innezuhaben, bedarf es einer besonderen Regelung im Vertrag zwischen dem Handelsvertreter und dem vertretenen Unternehmen. Die Zuweisung eines bestimmten Bezirks reicht in der Regel allein nicht aus. Zur Ermittlung des tatsächlichen Vertragsverhältnisses kommt es auf die konkreten tatsächlichen Umstände zwischen den Parteien an.

Mehrfirmen- oder Einfirmenvertreter

Der Mehrfirmenvertreter ist Handelsvertreter für mehrere Unternehmen mit verschiedenen Produkten. In der Regel darf es sich hierbei nicht um Produkte konkurrierender Unternehmen handeln, da der Mehrfirmenvertreter sonst gegen seine Pflicht zur Interessenwahrung verstoßen würde (Ausnahme: Ausdrückliche Genehmigung des vertretenen Unternehmens). Ein Alleinvertreter kann ebenfalls Mehrfirmenvertreter sein.
Der Einfirmenvertreter vertritt nur ein Unternehmen, sei es aufgrund vertraglicher Vereinbarung oder weil es ihm wegen Art und Umfang der von ihm verlangten Tätigkeit nicht möglich ist, weitere Unternehmen zu vertreten. Hierbei verfügt das vertretene Unternehmen meist über eine solche Vielzahl an Produkten, dass der Handelsvertreter nicht noch für weitere Unternehmen tätig werden kann, da er mit der Vertretung dieses Unternehmens völlig ausgelastet ist.

Provisionsanspruch

Der Handelsvertreter hat Anspruch auf Zahlung einer Provision für die vermittelten bzw. abgeschlossenen Geschäfte, § 87a Abs. 1 S. 1 HGB. Die Höhe der Provision (Prozentsatz, Berechnungsgrundlagen) hängt von den Regelungen der Vertragsparteien im Einzelfall ab und variiert in den einzelnen Branchen stark.
Grundsätzlich setzt die Entstehung des Provisionsanspruchs neben dem Abschluss des vermittelten Geschäfts auch die Ausführung des Geschäfts voraus. Ergänzend kann der Anspruch wieder entfallen, wenn feststeht, dass der Kunde nicht bezahlen wird, § 87a Abs. 2 HGB. Dies erfordert aber grundsätzlich, dass der Unternehmer seinen Zahlungsanspruch gegen den Kunden einklagt (Ausnahme: Insolvenz des Kunden).
Achtung:
In der Praxis wird die Entstehung des Provisionsanspruchs häufig abweichend von den gesetzlichen Regelungen von der Bezahlung der Rechnung durch den Kunden abhängig gemacht. Bei Bestehen einer solchen Vereinbarung steht dem Handelsvertreter dann mit Warenlieferung bzw. Dienstleistungserbringung durch den Unternehmer ein Anspruch auf angemessenen Vorschuss zu, der auch nicht vertraglich ausgeschlossen werden kann.
Die Höhe der Provision richtet sich als Erfolgsvergütung regelmäßig nach dem provisionspflichtigen Umsatz. Überwiegend wird dabei auf den dem Kunden in Rechnung gestellten Rechnungsbetrag abgestellt. Grundsätzlich sind bei Bestimmung der Provision folgende Berechnungsgrundsätze zu berücksichtigen:
Skontoabzüge bei der Rechnungszahlung mindern nicht die Provision des Handelsvertreters (§ 87b Abs. 2 HGB).
Nebenkosten wie Fracht, Verpackung, Zoll, Steuern, Versicherungskosten etc. sind vor der Provisionsberechnung grundsätzlich nicht vom Rechnungsbetrag abzuziehen (§ 87b Abs. 2 HGB). Nebenkosten dürfen nur dann bei der Berechnung der Provision abgezogen werden, wenn dies mit dem Handelsvertreter vertraglich vereinbart ist oder diese entsprechend den Regelungen mit dem Kunden gesondert in Rechnung gestellt werden.
Rabatte mindern die Provision dann, wenn sie dem Kunden von vornherein zugesagt wurden. Nachträgliche Nachlässe gegenüber dem Kunden reduzieren dagegen die Provision regelmäßig nicht.
Mehrwertsteuer ist trotz gesonderter Ausweisung auf der Rechnung nicht mindernd bei der Provisionsberechnung zu berücksichtigen, § 87b Abs. 2 S. 3 HGB. Sofern nichts Anderweitiges vereinbart ist, ist die Provision daher auch aus dem Mehrwertsteuerbetrag zu bezahlen.
Die Abrechnung über die Provision hat monatlich zu erfolgen, § 87 c Abs. 1 S. 1 HS 1 HGB. Dabei kann der Abrechnungszeitraum maximal auf drei Monate ausgedehnt werden, § 78 c Abs. 1 S. 1 HS. 2 HGB.
Zur Nachprüfung der Provisionsabrechnung kann der Handelsvertreter Auskunft über die für den Provisionsanspruch wichtigen Umstände sowie einen Buchauszug fordern, § 87 c Abs. 2 HGB. Unter besonderen Umständen hat er auch einen Anspruch auf Bucheinsicht.

Pflichten des Handelsvertreters

Vermittlungs- und Abschlusspflicht

Der Handelsvertreter muss sich um die Vermittlung oder den Abschluss von Geschäften bemühen und dabei das Interesse des Unternehmers wahrnehmen. Dazu gehören die Werbung neuer Kunden sowie die Umsatzerhaltung bzw. -steigerung mit vorhandenen Kunden. Er hat seinen Vertragspartner über alle wichtigen Angelegenheiten, insbesondere erfolgte Vermittlungen und Abschlüsse, zu informieren.
Tipp:
Die vertragliche Vorgabe von z. B. einer gewissen Mindestanzahl monatlicher Kundenbesuche durch den Handelsvertreter sollte vermieden werden, da mit solchen Klauseln die Selbstständigkeit des Handelsvertreters beschränkt werden würde.

Interessenwahrnehmungspflicht

Der Handelsvertreter hat bei seinen Tätigkeiten die Interessen des Unternehmens wahrzunehmen. Dazu gehört insbesondere die Betreuung von Kunden nach Vertragsabschluss. Es kann aber auch die Prüfung der Bonität von Kunden dazu gehören.

Berichtspflicht

Der Handelsvertreter hat das Unternehmen unverzüglich über jede Geschäftsvermittlung und jeden Geschäftsabschluss, über Vertragsverletzungen und über sonstige wichtige Gegebenheiten zu informieren. Umfang und Häufigkeit der Berichtspflicht hängen von den individuellen Bedürfnissen des Unternehmens ab und können vertraglich konkretisiert werden.

Verschwiegenheitspflicht

Der Handelsvertreter darf während und nach Beendigung des Handelsvertretervertrages keine Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse des Unternehmens verwerten oder an Dritte weitergeben.
Dies bedeutet auch, dass er die Kundenliste außerhalb der Interessen des Unternehmens weder selbst verwenden noch an andere weitergeben darf.

Wettbewerbsverbot

Der Handelsvertreter unterliegt auch ohne besondere Vereinbarung während des Vertragsverhältnisses einem Verbot von Konkurrenztätigkeiten. Dieses Wettbewerbsverbot ergibt sich aus seiner gesetzlichen Pflicht zur Interessenwahrnehmung. In schriftlichen Verträgen wird das Wettbewerbsverbot häufig ausdrücklich geregelt.

Pflichten des Unternehmens

Informationspflicht

Der Handelsvertreter muss vom Unternehmer über alle Entwicklungen informiert werden, die er benötigt, um seiner Interessenwahrnehmungspflicht nachkommen zu können. Dazu gehören z. B. Lieferbedingungen, Preise, Änderungen der Produktpalette oder einzelne Produktänderungen, Betriebsstilllegungen und Betriebsveräußerungen.
Ferner hat der Unternehmer dem Handelsvertreter die Annahme bzw. Ablehnung eines Geschäfts, sowie Nichtausführung bereits abgeschlossener Geschäfte mitzuteilen. Zu beachten ist, dass der Unternehmer im Rahmen seiner Entschließungsfreiheit entscheiden kann, ob er ein vermitteltes Geschäft abschließt oder nicht.

Überlassung von Unterlagen

Ferner sind dem Handelsvertreter Unterlagen, die für die Ausübung seiner Tätigkeit erforderlich sind, zur Verfügung zu stellen. Diese Verpflichtung erfasst nur solche Unterlagen, die für die Anpreisung der Ware beim Kunden erforderlich sind, wie z. B. Preislisten, Muster, Zeichnungen, Werbematerial, Geschäftsbedingungen, spezielle Software etc. Nicht erfasst davon sind Gegenstände wie z. B. Koffer, Taschen, Computer oder Büromaterial, die regelmäßig nur allgemeine Hilfsmittel für den Gewerbebetrieb des Handelsvertreters darstellen.
Der Unternehmer hat dann bei Beendigung einer Warenserie sowie bei Beendigung des Vertrages einen Anspruch auf Herausgabe der überlassenen Unterlagen.

Provisionszahlung

Der Unternehmer schuldet dem Handelsvertreter die Bezahlung der vereinbarten Vergütung. Typischerweise erhält der Handelsvertreter eine Provision. Regelmäßig soll der Unternehmer die Provisionsansprüche monatlich, spätestens bis zum Ende des nächsten Monats abrechnen. Der Abrechnungszeitraum kann durch Vereinbarung auf maximal drei Monate ausgedehnt werden, § 87 c Abs. 1 S. 1 HGB.

Wettbewerbsverbot

Wettbewerbsbeschränkung während der Vertragslaufzeit

Für den Handelsvertreter ergibt sich aus seiner Pflicht zur Interessenwahrnehmung ein Verbot von Konkurrenztätigkeiten. Auch ohne ausdrückliche Regelung darf der Handelsvertreter im Geschäftsbereich des vertretenen Unternehmens nicht ohne dessen ausdrückliche Erlaubnis Konkurrenzprodukte vermitteln oder vertreiben. Vertraglich kann das Wettbewerbsverbot stärker beschränkt werden. Solche Klauseln sollten jedoch auf ihre Zulässigkeit hin überprüft werden.

Wettbewerbsverbot nach Vertragsende

Grundsätzlich besteht nach Beendigung des Handelsvertretervertrages freier Wettbewerb. Soll für den Handelsvertreter ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot gelten, so muss dieses vertraglich vereinbart werden. Es ergibt sich nicht bereits aus den gesetzlichen Pflichten des Handelsvertreters. In § 90a HGB sind die Voraussetzungen des Wettbewerbsverbots nach Vertragsende geregelt:
  • Vereinbarung vor Ende des Vertrages
  • Schriftform der Wettbewerbsabrede sowie Aushändigung einer Urkunde mit dem kompletten Inhalt der Vereinbarung
  • Vereinbarung längstens für 2 Jahre ab Beendigung des Handelsvertretervertrages
  • Bezug des Verbots nur auf den dem Handelsvertreter zugewiesenen Bezirk oder Kundenkreis
  • Erstreckung nur auf Gegenstände (Erzeugnisse, Dienstleistungen, Versicherungsverträge etc.), auf die sich die Pflicht des Handelsvertreters zur Vermittlung bzw. Geschäftsanbahnung bezieht.
  • Angemessene Entschädigung in Geld (sog. Karenzentschädigung), wobei sich die Angemessenheit einerseits an den durch den Wettbewerbsverzicht erwachsenden Nachteilen des Handelsvertreters orientiert. Andererseits ist die bisherige Vergütung mit zu berücksichtigen.
Die Vereinbarung einer nachvertraglichen Wettbewerbsabrede sollte im konkreten Einzelfall aus Unternehmersicht gut abgewogen und kalkuliert werden.

Die Beendigung des Vertrages

Beide Parteien können den Handelsvertretervertrag jeweils unter Einhaltung der gesetzlichen Fristen ordentlich kündigen. Die Frist beträgt im ersten Vertragsjahr 1 Monat, im zweiten Jahr 2 Monate, im dritten bis fünften Jahr 3 Monate und nach dem fünften Jahr 6 Monate, und zwar jeweils zum Monatsende, sofern keine abweichende Vereinbarung getroffen ist, § 89 Abs. 1 HGB. Längere Fristen können im Vertrag vereinbart werden, § 89 Abs. 2 S. 1 HGB. Bei gerechtfertigter Kündigung aus wichtigem Grund müssen die Fristen nicht eingehalten werden, § 89 a Abs. 1 S. 1 HGB. Liegt ein befristeter Vertrag vor, endet dieser automatisch mit Fristablauf, sofern die Vertragsparteien keine automatische Verlängerungsklausel vereinbart haben. Der Vertrag kann aber immer auch durch einvernehmliche Aufhebung beendet werden. Aus Beweisgründen sollte sowohl bei der Kündigung als auch beim Aufhebungsvertrag die Schriftform gewählt werden.

Der Ausgleichsanspruch

Durch die Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses verliert der Handelsvertreter seinen Provisionsanspruch für Geschäfte, die der Unternehmer mit den von ihm geworbenen Kunden abschließt. Trotzdem behält der Unternehmer die Möglichkeit, mit diesen Kunden weiterhin Verträge zu schließen. Insbesondere wenn der Handelsvertreter einen festen Kundenstamm aufgebaut hat, sind zumindest für einen gewissen Zeitraum Folgebestellungen zu erwarten. Der Unternehmer profitiert also noch nachträglich von den Leistungen des Handelsvertreters, ohne dass dieser noch entsprechende Provisionen erhält. Hierfür steht dem Handelsvertreter gemäß § 89b HGB ein angemessener Ausgleich zu. Der Handelsvertreter erhält praktisch eine Vergütung für den von ihm aufgebauten Kundenstamm.

Wer kann einen Ausgleichsanspruch geltend machen?

  • Handelsvertreter,
  • Versicherungsvertreter und
  • Bausparkassenvertreter,
soweit sie ihre Tätigkeit hauptberuflich ausüben. Handelsvertreter ist, wer im Sinne des § 84 Abs. 1 S. 1 HGB als selbstständiger Gewerbetreibender, also im Wesentlichen sachlich und zeitlich frei von Weisungen, ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen und auf fremde Rechnung abzuschließen. Ein Handelsvertreter ist hauptberuflich tätig, wenn die Tätigkeit nach Zeit und Umfang keine untergeordnete ist (gilt jedoch nicht für Studenten und Hausfrauen).

Welche Voraussetzungen müssen vorliegen?

Der Ausgleichsanspruch ist gemäß § 89b HGB an folgende Voraussetzungen geknüpft:

1. Vertragsbeendigung

Das Vertragsverhältnis muss beendet worden sein, vgl. § 89b Abs. 1 S. 1 HGB. Der Ausgleichsanspruch besteht nach § 89b Abs. 3 Nr. 1 bis 3 HGB jedoch nicht, wenn
  • der Handelsvertreter das Vertragsverhältnis gekündigt hat, es sei denn, dass ein Verhalten des Unternehmers hierzu begründeten Anlass gegeben hat oder dem Handelsvertreter eine Fortsetzung seiner Tätigkeit wegen seines Alters oder wegen Krankheit nicht zugemutet werden kann, oder
  • der Unternehmer das Vertragsverhältnis gekündigt hat und für die Kündigung ein wichtiger Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters vorlag oder
  • auf Grund einer Vereinbarung zwischen dem Unternehmer und dem Handelsvertreter ein Dritter anstelle des Handelsvertreters in das Vertragsverhältnis eintritt; die Vereinbarung kann nicht vor Beendigung des Vertragsverhältnisses getroffen werden.

2. Erhebliche Vorteile des vertretenen Unternehmers

Der Unternehmer muss aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, auch nach Vertragsbeendigung noch erhebliche Vorteile haben, vgl. § 89b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 HGB. Der Vorteil des Unternehmers besteht in seiner Möglichkeit, den vom Handelsvertreter aufgebauten Kundenstamm weiter zu nutzen. Ob er diese Chance auch wahrnimmt, ist für den Ausgleichsanspruch unerheblich. Die Vorteile sind in der Regel erheblich, wenn von den übernommenen Kunden tatsächlich Nachbestellungen zu erwarten sind. Es muss also eine Prognose über die voraussichtliche wirklichkeitsnahe Entwicklung des Kundenverhaltens angestellt werden. Der Fortbestand der durch den Handelsvertreter zustande gekommenen Geschäftsbeziehungen ist dabei grundsätzlich - bis zum Beweis einer gegenteiligen Entwicklung - zu vermuten. Berücksichtigt werden nur Vorteile aus der Geschäftsbeziehung mit vom Handelsvertreter geworbenen Neukunden. Neu sind Kunden, wenn sie bei Beginn der Tätigkeit des Handelsvertreters noch nicht in geschäftlichen Beziehungen zu dem Unternehmer gestanden haben. Als neu gelten aber auch Geschäftsverbindungen, die der Handelsvertreter so wesentlich erweitert hat, dass dies wirtschaftlich der Werbung eines neuen Kunden entspricht. Für Versicherungsvertreter gelten gem. § 89b Abs. 5 HGB besondere Regelungen.

3. Billigkeit

Die Zahlung des Ausgleichs muss unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der dem Handelsvertreter aus Geschäften mit diesen Kunden entgehenden Provisionen, der Billigkeit entsprechen. Es müssen also alle Umstände berücksichtigt werden, die sich auf die Höhe des zu zahlenden Ausgleichs auswirken können. Dies sind solche, die zu dem zu beendenden Vertragsverhältnis in einem engen Zusammenhang stehen. Der Anspruch kann beispielsweise geringer ausfallen, wenn der Unternehmer aus eigenen Mitteln eine Altersversorgung des Handelsvertreters finanziert hat oder der Handelsvertreter während der Vertragslaufzeit besondere Vorteile genossen hat (z. B. erfolgsunabhängiges Fixum, besonders günstige Vertragsbedingungen). Hat der Handelsvertreter während der Vertragslaufzeit besondere Schwierigkeiten bei der Werbung für die Produkte auf sich genommen oder erhöhte Aufwendungen bei der Einführung eines neuen Produktes gehabt, so kann dies einen höheren Ausgleich rechtfertigen.
Der Anspruch kann nicht im Voraus vertraglich ausgeschlossen oder beschränkt werden.

4. Geltendmachung

Der Ausgleichsanspruch muss innerhalb eines Jahres nach Vertragsbeendigung geltend gemacht werden, § 89b Abs. 4 S. 2 HGB. Er kann auch schon vor Vertragsbeendigung geltend gemacht werden; die Höhe des Anspruchs muss dabei nicht beziffert werden. Aus Beweisgründen sollte die Geltendmachung schriftlich und mit Zugangsnachweis erfolgen.

Wie hoch ist der Ausgleich?

Gemäß § 89b Abs. 2 HGB beträgt der Ausgleich für einen Handelsvertreter höchstens eine nach dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre der Tätigkeit des Handelsvertreters berechnete Jahresprovision oder sonstige Jahresvergütung; bei kürzerer Dauer des Vertragsverhältnisses ist der Durchschnitt während der Dauer der Tätigkeit maßgebend.
Für Versicherungs- und Bausparkassenvertreter beträgt der Ausgleich abweichend hiervon maximal drei Jahresprovisionen oder -vergütungen, § 89b Abs. 5 S. 2 HGB.
Die Berechnung des Ausgleichs erfolgt im Wesentlichen in folgenden Schritten:
  1. Zunächst werden die Provisionen ermittelt, die der Handelsvertreter mit den von ihm geworbenen Kunden im letzten Jahr vor Vertragsbeendigung erzielt hat. Auf dieser Grundlage wird eine Prognose darüber erstellt, wie hoch seine Provisionseinbußen über einen Zeitraum von etwa drei bis fünf Jahren nach Vertragsbeendigung sein werden. Verwaltungsprovisionen werden dabei nicht berücksichtigt. Es wird in der Regel unterstellt, dass die Vorteile des Unternehmers mindestens diesen Provisionseinbußen entsprechen. Provisionseinbußen sind jedoch keine unbedingte Voraussetzung für den Ausgleichsanspruch.
  2. Von dem so ermittelten Betrag werden häufig prozentuale Abschläge abgezogen, z. B. für eine sog. Sogwirkung der vertriebenen Marke oder für schuldhaftes Verhalten des Handelsvertreters.
  3. Der so ermittelte Betrag wird abgezinst, danach ergibt sich der Rohausgleich.
  4. Der Rohausgleich wird ggf. auf den Maximalbetrag gem. § 89b Abs. 2 bzw. (bei Versicherungs- oder Bausparkassenvertretern) Abs. 5 HGB reduziert.