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Die Zukunft beginnt mit E
Geht es um die neue Art der Mobilität, steht stets der Buchstabe E am Anfang. Prominent ist aufgrund der groß angelegten Förderungen der Bundesregierung vor allem die Elektromobilität. Doch abseits der batteriebetriebenen Elektromobilität gibt es auch eine andere Strategie in Sachen Klimaschutz und Verkehr – und das sind sogenannte E-Fuels, also synthetisch hergestellte Kraftstoffe. Auch in unserer Region arbeiten Unternehmen am Verkehr der Zukunft.
Uelzen hat eines der dichtesten E-Schnelladenetze
Die Stadtwerke Uelzen zum Beispiel haben zehn Schnellladestationen für Elektroautos installiert, die ansonsten eher an Autobahnen zu finden sind: sogenannte High Power Charger. Die Kommune verfügt damit über eines der dichtesten 150-KW-Ladenetze in Deutschland. „Künftig möchten wir verstärkt Lademöglichkeiten in der Nähe von Gebäuden mit mehreren Mieteinheiten schaffen“, sagt Geschäftsführer und IHKLW-Vollversammlungsmitglied Markus Schümann. Die Nachfrage steige. Aktuell registrieren die Stadtwerke rund 3.000 Ladevorgänge monatlich, 2019 waren es noch knapp über 1.000.
Und die Planungen gehen noch weiter: So sollen ab 2022 in Uelzen ausschließlich E-Busse verkehren. „Die Umstellung sichert langfristig sowohl die Infrastruktur als auch die Erreichbarkeit von Arbeitsplätzen in und außerhalb der Hansestadt“, sagt Schümann. „Das stärkt die Wettbewerbsfähigkeit.“ Zusätzlich sei ein Großladepark für E-Fahrzeuge geplant – inklusive regenerativer Stromproduktion. Voraussichtliche Inbetriebnahme: 2022. „Bis 2030 wollen wir die gesamte Hansestadt Uelzen CO2-neutral aufstellen. Das ist unsere Vision.“
Elektromobilität: Wolfsburg will Vorreiter werden
Die Stadt Wolfsburg hat gemeinsam mit der Volkswagen AG ein ehrgeiziges Ziel formuliert: Bis 2025 sollen 50 Prozent der zugelassenen Kfz in Wolfsburg Elektromobile sein. „Unser Ziel ist es, Vorreiterstadt auf diesem Gebiet zu sein“, sagt Dennis Weilmann, Erster Stadtrat und Dezernent für Wirtschaft, Digitales und Kultur. „Davon wird natürlich auch die regionale Wirtschaft profitieren können. Durch die Elektromobilität lassen sich neue Geschäftsfelder und Angebotsformen erschließen.“
Durch die Elektrifizierung im Mobilitätsektor würden neben den Zulieferern im Bereich Automotive, auch Wirtschaftstreibende aus anderen Branchen profitieren. Verbunden mit der Entwicklung zur Smart City werde Wolfsburg auch für Touristen noch interessanter, so Weilmann. „Von einer gut besuchten Stadt und lebendigen Innenstadt profitiert in der Folge auch die Wirtschaft, insbesondere Einzelhandel, Hotellerie und Gastronomie.“
Zu Wolfsburgs Elektromobilitätsstrategie zählen zum Beispiel auch die Nutzung von E-Tretrollern, ein Ladestationen-Informationssystem, der Aufbau eines (halb-)öffentlichen Ladenetzes sowie der mögliche Bau eines Radschnellweges Braunschweig-Wolfsburg speziell für E-Fahrräder.
Weniger Emissionen könnten auch E-Fuels bringen
In Celle hat sich Mark Jorczyk für einen anderen Weg in die mobile Zukunft entschieden. Und zwar für synthetisch hergestellte Kraftstoffe. „Gerade außerhalb der Großstädte, in der Fläche, sind E-Fuels interessant“, sagt der Geschäftsführer der Jorczyk Energie KG, eines Lieferanten für Heizöl, Strom und Erdgas sowie Betreibers von neun Tankstellen in der Region. „Synthetische Kraftstoffe sind eine echte Alternative und sinnvolle Ergänzung zur E-Mobilität, um unsere gesetzten Klimaziele überhaupt erreichen zu können.“
Die Produktion dieser Kraftstoffe funktioniert folgendermaßen: Das Kohlendioxid aus der Luft oder aus Industriebetrieben wird in Wasserstoff verwandelt. Per Synthese wird daraus ein Kohlenwasserstoff hergestellt, der wiederum zu einem Kraftstoff verarbeitet werden kann. Der dazu notwendige Strom stammt idealerweise aus Wind- und/ oder Sonnenergie. Der synthetische Kohlenwasserstoff ist vergleichbar zu Rohöl, das in unterschiedliche Kraftstoffe wie Diesel, Kerosin, Heizöl oder Otto-Kraftstoff sowie Schweröl und Teer gespalten wird.
Bei der Nationalen Luftfahrtkonferenz im Juni hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel gefordert, in der Luftfahrt mehr synthetisches Kerosin zu nutzen. Der UNITI Bundesverband mittelständischer Mineralölunternehmen e.V. dagegen sagt: E-Fuels in der Luftfahrt ohne E-Fuels auch im Straßenverkehr machen „aus technischen und wirtschaftlichen Gründen keinen Sinn“. Hintergrund ist der Produktionsprozess, bei dem stets verschiedene Kraftstoffe anfallen – egal, ob fossiles Rohöl verwendet wird oder ein synthetischer Ersatz. E-Kerosin werde immer nur eines unter vielen Endprodukten sein, so UNITI. Die Kraftstoffe gehören daher auch in Autos, nicht nur in Flugzeuge.
Noch werden nicht ausreichend E-Fuels produziert
Zurzeit sind die Mengen an weltweit produzierten E-Fuels noch viel zu gering, um sie am Markt zu verkaufen, erklärt Mark Jorczyk. Das könnte sich mittelfristig aber ändern. „Wenn in Ländern mit viel Wind und Sonne synthetischer Kohlenwasserstoff hergestellt wird, könnte für die anschließende Verarbeitung zu Kraftstoffen die bestehenden Raffinerien genutzt werden. Auch der Vertrieb könnte über die vorhandenen Tankwagen und Zapfsäulen laufen.“ Porsche und die Siemens Energy arbeiten derzeit gemeinsam an einem Modellprojekt, um im sonnenreichen Chile E-Fuels zu produzieren.
Würden die synthetischen Kraftstoffe erst in Masse produziert, könnte der Preis eines Tages bei einem Euro pro Liter ohne Steuern liegen, schätzt er. Vorher könne der synthetische Kraftstoff den ölbasierten Kraftstoffen beigemischt werden. Durch die Beimischung von E-Fuels zu Benzin oder Diesel könnten Fahrzeuge mit herkömmlichen Antrieben auf einen Schlag deutlich emissionsärmer werden.
Um klimaneutral werden zu können, reicht die Fokussierung auf E-Mobilität nicht aus, davon ist Jorczyk überzeugt. „Ohne E-Fuels werden wir bis 2045 nicht klimaneutral sein können. Selbst die Zwischenziele werden wir ohne E-Fuels nicht schaffen.“
Carolin George
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