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Eventkirche bis Gartenhäuschen
Von einer "Eventkirche" bis zum "Schnittkram" aus dem Gartenhäuschen: Die Gründungen in unserem IHKLW-Bezirk zeigen, wie bunt die Wirtschaftswelt sein kann.
© Linna Hensel
Sie macht aus St. Heinrich die „Eventkirche“
Als Saskia Elverfeld das erste Mal in ihrem neuen beruflichen Zuhause stand, strahlte die Sonne durch die bunten Mosaike in den Fenstern. „Es war wunderschön, einfach ein Traum“, erinnert sich die Gastronomin. Seit fast genau elf Jahren betreibt die 41-Jährige das Restaurant „Schlossremise“ in Wolfsburg – jetzt hat sie ein zweites Projekt aus der Taufe gehoben: die „Eventkirche“ mit Schwerpunkt Kulturveranstaltungen.
Der Wolfsburger Architekt Herbert Schmerschneider hatte die entweihte Kirche St. Heinrich im Stadtteil Rabenberg im Jahr 2020 samt Gemeindezentrum, Klosterräumen und Pfarrwohnung gekauft. Die übrigen Räume sind seither als Büros und Wohnungen vermietet, und jetzt wird auch die Kirche wieder mit Leben erfüllt. „Wir haben die Atmosphäre, das Ambiente, das Wohlgefühl und das Beeindruckende eines Kirchenbaus gepaart mit der Möglichkeit für verschiedenste kulturelle Veranstaltungen, Seminare, Netzwerktreffen und natürlich auch freie Trauungen“, schwärmt Saskia Elverfeld, die im Wolfsburger „Ritz Carlton“ das Hotelfach lernte, dort als Veranstaltungsmanagerin arbeitete und zuletzt Personalleiterin war. 2013 kündigte sie, um die „Schlossremise“ zu übernehmen. „Die Remise läuft großartig, für die tägliche Wertschätzung durch unsere Gäste bin ich sehr dankbar“, sagt die Geschäftsführerin sichtlich zufrieden. Nun zusätzlich Veranstaltungen in der „Eventkirche“ anzubieten, sei ihr eine „echte Herzensangelegenheit“.
Das gilt auch dafür, der Nachbarschaft die Sorgen vor allzu lauten Feierlichkeiten in der neuen Location, mitten in einem Wohngebiet gelegen, zu nehmen. „Wir möchten in erster Linie die Kultur wertschätzen“, sagt Saskia Elverfeld. „Und wir hoffen, durch die Neubespielung dieses Denkmals auch die Anwohnenden stolz machen zu können.“ Dass sie mit dem Wolfsburger Sterne-Koch Sven Elverfeld verheiratet ist, mache ihr das Leben als doppelte Gründerin in der Gastronomie leichter: „Wir haben ein sehr tiefes Verständnis füreinander – und für unsere Arbeitszeiten.“
„Schnittkram“ aus dem Gartenhäuschen
Schon während ihres Studiums der Bekleidungstechnik verkaufte Alexandra Pettersen-Jankowski selbst genähte Stücke und nannte sie „Schnittkram“. Heute ist die 36-Jährige Mutter zweier Jungs, arbeitet angestellt als Sachbearbeiterin in Teilzeit und ist mit ihrem „Schnittkram“ selbstständig im Nebenerwerb.
In ihrem Gartenhäuschen im Celler Ortsteil Klein Hehlen verkauft sie Selbstgemachtes – allerdings ist dieses Selbstgemachte nicht mehr wie früher aus Stoff, sondern aus Keramik. „Ich gieße alles selbst und dekoriere es anschließend teilweise mit Kerzen oder Trockenblumen“, erzählt die Wahl-Cellerin. „Kreativ war ich schon immer, das habe ich von Oma und Mutter in die Wiege gelegt bekommen.“ Dass sie mit ihren Kreationen aber auch bei anderen so gut ankommt, überrascht sie. „Damit habe ich nicht gerechnet“, sagt die Gründerin. „Es ist total schön. Viele Leute kommen immer wieder.“
Genau vor einem Jahr hatte sie sich einen Ruck gegeben und die eigenen Bedenken überwunden. Dabei halfen ihr die motivierenden Worte ihres Mannes („Probiere es doch einfach aus!“), der Austausch in sozialen Netzwerken und ihre Nachbarin, die ihr als ersten Verkaufsstand einen alten Schrank ihres Großvaters zur Verfügung stellte.
Seit diesem Frühjahr steht anstelle des Schrankes ein Häuschen in ihrem Garten. „Das ist weniger anfällig gegenüber der Witterung, die Leute können auch bei schlechtem Wetter in Ruhe alles ansehen. Und ich habe mehr Platz.“ So möchte sie zukünftig noch mehr themenspezifische Geschenke anbieten wie etwa zu Taufen, Einschulungen und Geburtstagen.
Für IHKLW-Gründungsexpertin Sabine Schlüter ist Alexandra Pettersen-Jakowski ein ideales Beispiel für Gründungen im Nebenerwerb: „Zusätzlich zur Grundversorgung zu gründen ist weniger riskant und zudem eine gute Möglichkeit, sich ein zweites Standbein aufzubauen.“ Unsere IHKLW möchte insbesondere Frauen dazu ermutigen, Sabine Schlüter gibt Interessierten gern Tipps rund um Businessplan, Unternehmensform und Fördermittel.
© www.photodesign-wolfsburg.de
14 Jahre alt und schon Kleinunternehmer
Mit der Corona-Pandemie fing alles an. Pablo Marrazza war zwölf Jahre alt und suchte Beschäftigung. Inspiriert davon, was er bei anderen auf der Videoplattform TikTok beobachtete, legte er selbst los: In seinem Zimmer stellte er kindgerechte Schlüsselanhänger und Ohrringe her, später goss er in der Garage die ersten eigenen Kerzen – „die Spuren sind noch zu sehen“, sagt seine Mutter Violette Marrazza und lacht.
Aber lassen wir doch Pablo selbst erzählen: „Kennen Sie Bubble-Kerzen? Die bestehen aus einzelnen Kugeln. Ich zählte zu den ersten in Deutschland, die diese Art von Kerzen hergestellt haben. Und dann ging es immer weiter, von einer Idee zur nächsten.“
Pablo verkaufte seine selbst gemachten Sachen im Freundeskreis, in der Familie, an Bekannte – bis die Mengen irgendwann eine Dimension annahmen, dass der Junge und seine Eltern gemeinsam beschlossen: Pablo meldet ein Gewerbe an. Er war mittlerweile 14 Jahre und damit gerade alt genug dafür. Das Prozedere war aufwendig und langwierig, rund ein Jahr hat es gedauert, bis der Jugendliche mit „pablocreation.de“ ganz offiziell ein Kleingewerbe eröffnet hatte. „Ich brauchte eine Bestätigung meines Lehrers über meine Noten und musste vor dem Familiengericht erklären, warum ich das unbedingt möchte“, berichtet Pablo. Jetzt schreibt er Rechnungen, bei der Steuererklärung hilft ihm seine Mutter, gelernte Industriekauffrau. Gemeinsam belegten die beiden Seminare unserer IHKLW in Sachen Steuern und Marketing, „das war super“, sagen beide unisono.
„Toll war das Youcamp der Stadt Wolfsburg für Jugendliche und Start-ups“, erzählt er, „und dass ich beim Wolfsburger Weihnachtsmarkt dabei sein durfte. Danach war ich sold-out.“
Mittlerweile hat er sich auf das Bedrucken von T-Shirts, Tassen und Bechern spezialisiert. Dafür schafft er auch entsprechende Geräte an – natürlich von seinen Gewinnen durch die Verkäufe. Was nach dem Realschulabschluss in einem Jahr kommt, weiß Pablo auch schon: Er möchte eine Ausbildung zum Kaufmann für E-Commerce machen.
Carolin George
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