Eine Sprache für alle Maschinen

Dass Maschinen miteinander kommunizieren, ist nicht neu. Doch lange gab es herstellerabhängig hunderte Sprach-Protokolle. Eine Initiative entwickelt einen einheitlichen Standard, den Unternehmen lizenzfrei nutzen können.
Es war einmal eine Welt, in der es eine klare Arbeitsteilung gab: Maschinen produzierten, Menschen kommunizierten. Die Maschine stellte ein Teil nach dem anderen her und der Meister berichtete dem Chef, wie viele Teile am Ende der Woche fertig waren. Mittlerweile kommunizieren die Maschinen selbst, ob nach außen oder untereinander. Gerade steht ihre Welt erneut vor einem Umbruch: So soll es endlich einheitliche Protokolle geben, mit denen sich die Maschinen verständigen. Anders gesagt: Sie sollen endlich dieselbe Sprache sprechen. Und Dirk Euhus will mitreden.
Dirk Euhus ist Diplom-Ingenieur für Feinwerktechnik mit einem Hang zu Software und Informationstechnologie. Er programmierte und steuerte Werkzeugüberwachungssysteme, sorgte in den Fabriken seiner Arbeitgeber einfach gesagt dafür, dass es rund lief in der Produktion. Bis er auf ein weltweites Projekt stieß, das ihn gleichzeitig so stark faszinierte wie überzeugte, dass er im Alter von 54 Jahren eine berufliche Zäsur wagte: Euhus machte sich selbstständig. Denn er ist überzeugt: Was im Bereich der Industrie 4.0 derzeit passiert, „wird in fünf Jahren Standard für alle neuen Maschinen sein“.
Umati – kurz für universal machine technology interface – heißt das Projekt, das nicht nur seinem eigenen Leben eine neue Richtung gibt, sondern auch der Welt der Werkzeugmaschinen. „Man mag es kaum glauben“, sagt Dirk Euhus. „Aber seit Beginn der Automatisierung sind hunderte verschiedene ,Sprachen‘ entstanden, wie Maschinen miteinander kommunizieren.“
Die Unterschiede in den Protokollen seien von den Herstellern teilweise ganz bewusst gemacht worden – und Kunden mussten häufig entsprechend hohe Preise für Updates oder Erweiterungen bezahlen. Doch 2017 begann ein Prozess des Umdenkens: Der Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken e.V. startete eine Initiative für die Standardisierung der unzähligen verschiedenen Protokolle, anders gesagt: für eine einheitliche Sprache der Maschinen. Ihr Name: Umati OPC UA. Umati ist die Schnittstelle, OPC UA ist das plattformunabhängige Protokoll, ähnlich dem bekannten http-Protokoll bei Internetbrowsern – offen und ohne Lizenzen für die Unternehmen zu nutzen.
Später erkannte der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) e.V. das Potenzial und integrierte weitere Maschinentypen wie Roboter und 3D-Drucker. Umati werde stetig weiterentwickelt, berichtet Dirk Euhus. „Ziel ist, die Sprache global zu standardisieren.“
Wie wichtig das ist, machte der VDMA bereits in einer im Jahr 2021 veröffentlichten Studie deutlich: „Erst die Interoperabilität von Maschinen und Anlagen ermöglicht Unternehmen die Teilhabe an neuen digitalen Strukturen und ist Grundvoraussetzung für neue digitale Geschäftsmodelle“, heißt es darin. Der VDMA befragte mehr als 600 Firmen. Mehr als 90 Prozent von ihnen bestätigten einen Bedarf an interoperablen Schnittstellen, vor allem bei Überwachung und Steuerung. „Das ist die Vo­raussetzung für einen plattformunabhängigen Datenaustausch“, sagte Hartmut Rauen, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des VDMA. „Damit wird die Umsetzung von Plug and Produce erst ermöglicht.“
Allerdings ist Umati nicht allein, es gibt andere Initiativen wie etwa MTConnect aus den USA, die ebenfalls an einer einheitlichen Sprache arbeiten. Euhus aber ist von umati überzeugt. Und das so sehr, dass er im Sommer in Soltau eine Firma gründete: Die profeeba GmbH berät Maschinenbauer beim Einsatz von Feedbacksystemen: einem Feedback, das nicht der Meister dem Chef gibt, sondern die Maschine dem Meister – oder Servicetechniker oder Geschäftsführer.
„Aus meiner beruflichen Erfahrung weiß ich, wie schwierig es ist für die Unternehmen, mit ihren Maschinen zu kommunizieren“, sagt Euhus. „Dabei ist ein gutes Feedback so wichtig in der Produktion.“ Heute sei das Ganze viel einfacher. „Die neuen Geräte funktionieren per Plug and Play. Wenn es nicht funktionieren sollte, lässt es sich ganz einfach wieder ablösen, wie ein USB-Stick.“
Die eigene Anlage auf Umati umzustellen sei entweder durch unabhängige Gateways möglich oder mit einem zusätzlichen Computer. Der wird an die Ethernet-Schnittstelle der Steuerung an-geschlossen und transformiert die Maschinensprache in den neuen Standard Umati. Daran angedockt werden wiederum Dashboards, MES (Manufacturing Execution System) oder ERP (Enterprise Ressource Planning) – oder eine App, die Euhus entwickelt hat. Er ist sicher, dass Umati die Lösung für die Industrie 4.0 ist: „Davor braucht niemand mehr Angst zu haben.“
Carolin George
IHK Lüneburg-Wolfsburg
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