3 min
Lesezeit
Vom Kaufhaus bis zum Reisebüro
Das grüne Schild mit der Aufschrift „Kaufhaus Körber“ ist zwar in die Jahre gekommen, hängt aber immer noch über dem Eingang. „Das bleibt auch so“, sagt Arnold Körber. Schließlich dürfe ein bisschen Tradition ja sein. Und außerdem: „In diesem Haus wurde immer etwas verkauft.“ Das stimmt absolut und es gilt bis heute: Vom Kolonialwarenhandel ging es bei Familie Körber im Walsroder Ortsteil Düshorn über 125 Jahre und drei Generationen bis zum Reisebüro.
Sie pflegen die Kaufmannstradition bis heute: Gisela und Arnold Körber.
© tonwert21
Familientradition einerseits und stetiger Wandel andererseits ziehen sich wie ein roter Faden durch die Jahre. Unternehmerisches Denken scheint dazu bei den Körbers in den Genen zu liegen. „Wir haben immer darüber nachgedacht, wie wir den Umsatz steigern könnten“, sagt Körber. „Die Ideen haben wir dann auch umgesetzt. Denn wer denkt, dass es einfach immer so weiter geht, liegt meistens falsch.“
Die Grundlage für die lange Kaufmannstradition legten Hermann und Alwine Körber, als sie 1899 in ihrem neu erbauten Haus in Düshorn mit einem Kolonialwarenhandel starteten. Der bot alles feil, was die Landbevölkerung seinerzeit so brauchte – von der Mistgabel über Haushaltswaren bis zur Arbeitskluft. Sohn Hermann erweiterte in den Fünfziger Jahren die Geschäftsräume und richtete ein Lebensmittelgeschäft ein. Der lange Tresen, die Schubladen mit Mehl und Zucker, der Schnack auf Platt zwischen Angestellten und Kundschaft – mit all dem ist der heutige Inhaber aufgewachsen: „Es war immer was los im Laden. Ich habe schon früh mitgeholfen und das hat einfach Spaß gemacht.“ Der Jüngste von drei Brüdern wird Einzelhandelskaufmann und führt nach dem Tod des Vaters offiziell seit 1980 das Geschäft mit seiner Mutter und seiner Ehefrau Gisela Körber weiter. Zwischenzeitlich gibt es einen „Hutsalon“, in dem Eigenkreationen der Mutter verkauft werden. Ebenso erfolgreich läuft das „Spielzeugzimmer“, das nur in der Vorweihnachtszeit öffnet: „Dann wurde im Schaufenster eine Eisenbahn aufgebaut“, sagt Arnold Körber, „und die Kinder haben sich die Nase an der Scheibe plattgedrückt.“
Mit der Ausbreitung der Supermärkte wird die Lage für kleine Dorfläden immer schwieriger. Im 2.000-Einwohner-Ort Düshorn sichert Körber den Fortbestand durch Wandel: Die Ladenfläche wird nochmals erweitert, bietet Platz für Postfiliale, Lottoagentur und später auch frische Backwaren vom Bäcker aus dem Nachbarort. „Das hat uns wirklich einen Schub gegeben“, erinnert sich der Händler. Dazu kommt ein zweites Standbein: Nachdem er in den Achtziger Jahren über die Lottogesellschaft die ersten Reisen verkauft hatte, macht Körber in Abendkursen eine zweite Ausbildung als Reiseverkehrskaufmann und führt seither seine eigene Reiseagentur im Kaufhaus Körber. Rückblickend ist er überzeugt: „Das war die beste Idee überhaupt.“
Vor sechs Jahren machten Körbers ihr Lebensmittelgeschäft dicht. Nur der Bereich Lotto und Zeitschriften, in dem Gisela Körber (72) die Kundschaft bedient, ist geblieben. Im Reisebüro gleich daneben denkt ihr Ehemann auch mit 75 Jahren nicht ans Aufhören: „Ich kann nicht in der Stube sitzen und Däumchen drehen“, sagt er. „Ich brauche den Kontakt zu Menschen, das kenne ich ja gar nicht anders.“ Die kommen aus der gesamten Heideregion, weil sie die gute Beratung des Fachmanns schätzen und ihn weiterempfehlen. Nach den schweren Corona-Jahren boomt es: Um 20 Prozent hat der Umsatz mit Pauschalreisen und Kreuzfahrten allein im letzten Jahr zugelegt. Dass die Kaufmannstradition der Familie nicht weitergeht, sei zwar schade, sagt Körber, bereut aber den Wechsel in die Reisebranche keine Sekunde: „Jetzt verkaufe ich Freude. Etwas Schöneres kann es doch nicht geben.“
Kontakt