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Logistiklösungen nach Maß
Die orangefarbene Lkw-Flotte gehört in der Region Wolfsburg zum Straßenbild: 39 Laster in der Signalfarbe sind für das Logistikunternehmen Gübau nicht nur hier, sondern landesweit unterwegs. Sie technisch auf dem neuesten Stand zu halten, gehört für Martin Möhrmann zu den Selbstverständlichkeiten der Unternehmensphilosophie. Abbiege- und Notbremssysteme etwa seien ein wichtiger Fortschritt in Sachen Sicherheit. „Da warten wir nicht, bis der Gesetzgeber so etwas vorschreibt“, sagt der Gübau-Geschäftsführer. Und dann ist da noch das große Thema Antriebstechnik: Mit Spannung wird die Ankunft des ersten umgerüsteten Trucks mit Wasserstoffantrieb auf dem Firmengelände im Industriegebiet Heinenkamp erwartet.
In Kooperation mit dem Steinbeis-Innovationszentrum, das derzeit am Braunschweiger Forschungsflughafen einen Elektrolyseur zur Herstellung von grünem Wasserstoff errichtet, bringt Gübau in einem Pilotprojekt einen wasserstoffbetriebenen Lkw zum Einsatz. Aus Möhrmanns Sicht eine vielversprechende Technologie: „Für Langstrecke wird sich mittelfristig nur Wasserstoffantrieb lohnen.“ Doch das ist Zukunftsmusik. Noch gilt: Die Infrastruktur für alternative Antriebe fehlt. Zugleich aber verstärkt die Politik den Druck zum Wandel mit einer steigenden Lkw-Maut, während emissionsfreie Laster befristet mautfrei bleiben sollen. Nur eines von vielen Themen, die der Branche zu schaffen machen.
„Nachhaltigkeit ist uns ein wichtiges Anliegen, und beim Antriebsthema wollen wir wirklich was bewegen“, sagt Möhrmann. „Was fehlt, sind verlässliche Rahmenbedingungen und spürbare Erleichterungen bei der Bürokratie.“
Über Nachhaltigkeit musste sich Großvater Friedrich Möhrmann noch keine Gedanken machen, als er die ersten Diesel-Laster anschaffte, um ab 1948 Güter und Baustoffe zu transportieren, die in Kurzform der jungen Spedition auch gleich einen Namen verpassten. Mit dem Umzug von Gifhorn nach Wolfsburg 1953 und der Übernahme einer Spedition 1973 wuchs das Unternehmen, das nun vorwiegend im Automotive-Bereich tätig war, stetig. In zweiter Generation übernahm Michael Möhrmann 1986, führte die orangefarbene Lkw-Flotte mit dem Bau eines modernen Logistikzentrums ins neue Jahrtausend.
Martin Möhrmann hat das Unternehmen kürzlich verkauft, bleibt aber Geschäftsführer bei Gübau Logistics.
© Matthias Leitzke
Der Berufsweg von Martin Möhrmann ging ebenfalls geradeaus in Richtung Logistik: erst Ausbildung zum Speditionskaufmann, dann Studium Verkehrsbetriebswirtschaft. Nach vier Jahren in der Logistikplanung bei Daimler-Chrysler kehrte er ins Familienunternehmen zurück: „Ich habe das freiwillig gemacht“, sagt der 52-Jährige lachend. „Mir war aber wichtig, zuerst den Blick zu weiten und eine andere Perspektive einzunehmen. Und ich bin meinem Vater dankbar, dass er sich schrittweise zurückgenommen hat. So hat der Übergang reibungslos geklappt.“
Dass der Mittelständler sich dauerhaft in der hart umkämpften Transportbranche behaupten konnte, liegt nicht nur an den gewachsenen Kundenbeziehungen, sondern vor allem am Willen zur Transformation: weg von der klassischen Spedition hin zu einem modernen Logistik-Dienstleister, der sich um alle Prozesse rund um Beschaffung, Lagerung und termingerechte Anlieferung kümmert. „Wir sind vom Grundgedanken her dicht dran an unseren Kunden und stimmen unsere Leistungen genau auf deren Anforderungen ab“, sagt Möhrmann. „Wir ermöglichen also Dinge, die nicht von der Stange kommen.“
Autoreifen aus Korea etwa kommen im Container an, werden gelagert, neu verpackt und zum gewünschten Zeitpunkt an den Produktionsstandort ausgeliefert. Die 150 Mitarbeitenden am Lkw-Steuer, in Lager, Werkstatt und Verwaltung sind die Garanten für die Zufriedenheit der Kunden. Und das soll so bleiben, auch wenn Möhrmann mit ähnlichem Weitblick wie Vater und Großvater nun eine neue Ära eingeleitet hat.
Die Firmengruppe L.I.T. AG aus Brake ist seit kurzem neue Eigentümerin der Gübau-Gruppe. Möhrmann bleibt als Geschäftsführer an Bord. Zum einen habe man langfristig eine Nachfolgeregelung finden wollen, zum anderen hätten Pandemie und Ukraine-Krieg Spuren hinterlassen, sagt er. „Auch führen Kostendruck und Konzentration dazu, dass unsere Wettbewerber immer größer werden. Dem als Familienunternehmen Stand zu halten, ist schwieriger geworden. Mit der L.I.T.-Gruppe haben wir nun einen starken Partner für die Zukunft unseres Unternehmens und unserer Mitarbeitenden gefunden. Das ist die perfekte Kombination.“ Die Gübau-Gruppe startet nach 75 Jahren neu durch. Name und Standorte ändern sich nicht. Es bleibt also orange auf den Straßen.
Ute Klingberg
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