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Kräne für alle Fälle
Im April feiert wird die Wilhelm Bruns GmbH & Co. KG aus Lüneburg 100 Jahre. Drei Generationen haben aus einem Baugeschäft eine Firmengruppe mit mehreren Standbeinen geformt
Auf Tradition wurde in der Familie von jeher Wert gelegt, macht Wilhelm Bruns (63) direkt zur Begrüßung deutlich: „Ich bin der fünfte Wilhelm“, sagt der Geschäftsführer des Lüneburger Familienunternehmens. Sein Name zieht sich durch die Bruns-Generationen – und durch die Unternehmensgeschichte. Die wiederum ist ein Musterbeispiel dafür, wie sich auf Tradition innovative Geschäftsmodelle aufbauen lassen: Großvater Wilhelm Bruns gründete 1924 in Lüneburg ein Bauunternehmen. Sein Enkel gleichen Namens führt mittlerweile eine Unternehmensgruppe mit den Schwerpunkten Schwerlastlogistik und Immobilien.
Die Kranflotte in leuchtendem Orangegelb sticht sofort ins Auge: wegen der Farbe und wegen Höhe und Leistung. Bei Tragfähigkeiten von bis zu 400 Tonnen und einer Hakenhöhe von bis zu 130 Metern sind die Einsatzgebiete der gut ein Dutzend Modelle so vielfältig wie die Lasten. „Wir heben und bewegen alles vom Hausbau bis zur Schwerindustrie“, sagt Bauingenieur Bruns.
Im norddeutschen Raum setzen Bruns-Kräne Eisbrecher in die Elbe oder Lokomotiven auf die Schienen, hieven Fassadenteile in die Höhe oder heben auch mal eine Kirchturmspitze ab, richten Windräder und Mobilfunkmasten auf. „Richtig knifflig und spannend wird es dort, wo wir sehr beengte Platzverhältnisse haben“, sagt Maschinenbauingenieur Adrian Keck (29), der zwar nicht Bruns heißt, aber als angehender Schwiegersohn zur Familie und als Disponent zum Unternehmen gehört. Spektakulär etwa der Einsatz in luftiger Höhe über dem gläsernen Bürokomplex „Berliner Bogen“ in Hamburg: „Dort haben wir Klimageräte im Dach ausgetauscht, jedes bis zu vier Meter lang und mehrere Tonnen schwer“, so Keck. Damit der enge Zeitplan hält und die Last am Ende zentimetergenau sitzt, greifen viele Rädchen ineinander. „Das beginnt mit den statischen Berechnungen im Vorfeld sowie dem Einholen von Genehmigungen für Straßensperrungen und Transport, oft aus mehreren Bundesländern.“ Zu schaffen macht der Zustand der Infrastruktur: Weil etliche Brücken und Straßen marode sind, müssen die Schwerlasttransporte häufig Umwege nehmen.
Am Ende hängt aber alles am Personal: „Die beste Technik nützt nichts ohne erfahrene Leute, die solche komplexen Einsätze sicher beherrschen“, sagt Bruns. 38 Angestellte beschäftigt er in der Kransparte, zwölf weitere im Bereich Immobilien. Klagen über den Fachkräftemangel hört man vom Geschäftsführer nicht: „Es klappt sehr gut, weil wir ein tolles Team haben aus erfahrenen Leuten, die wiederum neue Kranführer schrittweise an die Aufgaben heranführen.“
Auf den Mobilkran gekommen ist der vierte Wilhelm Bruns in den 60er-Jahren. Herkömmliche Baukräne konnten die Fertigbetonteile, aus denen Gewerbe- und Industriehallen immer häufiger errichtet wurden, nicht bewegen. Mit der Anschaffung der ersten Mobilkräne legte Bruns die Basis für die spätere Kranvermietung, die mit der Übernahme der Hamburger Kranvermietung Alex Grund erweitert wurde. Das klassische Baugeschäft hatten der Gründer und sein Sohn zuvor kontinuierlich zu einem bundesweit tätigen Unternehmen mit bis zu 250 Beschäftigten an mehreren Standorten ausgebaut. Vor rund 25 Jahren fiel dann die Entscheidung, den Bereich Hoch- und Tiefbau einzustellen – zugunsten des Stammsitzes Lüneburg, wo sich heute im Gewerbegebiet Goseburg die Kranvermietung und die Verwaltung einer Vielzahl von Gewerbehallen und Wohnimmobilien der Bruns-Gruppe konzentriert. Im Rückblick auf 100 Jahre steht für Bruns vor allem der Respekt vor der Lebensleistung seiner Eltern und Großeltern im Vordergrund: „Wenn sie nicht mit so viel Engagement und Herzblut für Unternehmen und Familie dagewesen wären, würden wir heute nicht so erfolgreich dastehen. Wir waren schon immer pfiffig und innovativ und haben uns dem Wandel gestellt.“ Dass der sechste Wilhelm beruflich andere Wege beschreiten möchte, gehört vielleicht dazu. Dafür ist demnächst dessen Bruder Hannes Bruns (20) mit von der Partie, um vor dem Studium praktische Erfahrungen zu sammeln. An der Tradition zu kleben um der Tradition willen, ist für den Vater keine Option: „Das sehe ich ganz locker: Bruns bleibt einfach Bruns.“ Ute Klingberg
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