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"Digitalisierung ist ein ständiger Prozess"
Zeitersparnis, bessere Qualität, mehr Termintreue und mehr Umsatz: Digitalisierung bringt Unternehmen viele Vorteile. Wie sie Potenziale ausschöpfen und wie das Mittelstand-Digital Zentrum Hannover dabei unterstützt, verrät Experte Frank Offergeld.
Das Mittelstand-Digital Zentrum Hannover ist 2021 angetreten, um die Digitalisierung in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) voranzutreiben. Inwiefern sind Sie diesem Ziel schon näher gekommen?
Digitalisierung ist ja ein ständiger Prozess, insofern gibt es kein wirkliches Ziel, an dem wir irgendwann ankommen werden. Aber die digitale Transformation ist in den Unternehmen in vollem Gange. Das ist auch gut so, denn wenn Unternehmen sich nicht jetzt mit dem Thema auseinandersetzen, laufen sie Gefahr, den Anschluss zu verpassen.
Vom Webshop bis zu künstlicher Intelligenz: Digitalisierung ist ein weites Feld. In welchen Bereichen unterstützt das Mittelstand-Digital Zentrum Hannover die regionale Wirtschaft?
Wir sind sehr breit aufgestellt: Digitale Technologien und Prozesse, Logistik, Ökologische Nachhaltigkeit, Künstliche Intelligenz, IT-Sicherheit, Marketing und E-Business sowie Digitales Lernen gehören zu unseren Themenschwerpunkten. Um diese Themen in die Unternehmen zu bringen, bieten wir neben Informationsveranstaltungen, Firmengesprächen, Workshops und Webinaren auch Digitalisierungsprojekte direkt bei den Unternehmen an. Mit unseren kostenfreien Angeboten wollen wir die Unternehmen in die Lage versetzen, digitale Anwendungen und Technologien so bei sich einzusetzen, dass diese einen konkreten wirtschaftlichen Nutzen bringen und damit unmittelbar zu ihrer Zukunftsfähigkeit beitragen.
Corona, steigende Preise für Energie, Rohstoffe und Lieferkettenprobleme: Sind diese Krisen eine Hürde für Unternehmen, neue Innovationen im Bereich Digitalisierung anzustoßen?
Dass die Wirtschaftslage angespannt ist, merken wir auf jeden Fall. Die Betriebe sind damit beschäftigt, das operative Tagesgeschäft am Laufen zu halten. Das ist nachvollziehbar. Die gute Nachricht: Wir sind an der Seite der Unternehmen. Gerade innovative Lösungen, die es noch gar nicht am Markt gibt, begleiten wir sehr stark und entwickeln gemeinsam mit Unternehmen neue Strategien oder Lösungskonzepte und bauen Prototypen auf.
Das Mittelstand-Digital Zentrum Hannover gehört zu Mittelstand-Digital. Mit dem Mittelstand-Digital Netzwerk unterstützt das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz die Digitalisierung in kleinen und mittleren Unternehmen und dem Handwerk. Weitere Informationen gibt es unter www.mittelstand-digital.de. Die IHK Niedersachsen ist sogenannter Konsortialpartner des Mittelstand-Digital Zentrums Hannover, das viele kostenfreie Seminare und Workshops für Unternehmen bietet.
Können Sie dafür ein Beispiel nennen?
Ein Beispiel ist ein Unternehmen aus dem Bereich der Lebensmittelproduktion, das seine Produkte an Supermärkte verkauft. Die Nachfrage schwankt stark, sodass der Betrieb nicht immer nachfragegerecht produziert. Mit dem Resultat, dass Lebensmittel verderben und entsorgt werden müssen. Gemeinsam mit dem Unternehmen arbeiten wir daran, die Nachfrage genauer prognostizieren zu können, indem wir unterschiedliche Informationen einbeziehen – Tageszeiten, Ferienzeiten, Wetter. Ziel ist es, diese Daten von einer KI auswerten lassen, um wesentlich präzisere Nachfragewerte prognostizieren zu können und die Produktion entsprechend anzupassen. Solche prototypischen Projekte setzen wir gemeinsam mit den Betrieben um. Die Ergebnisse veröffentlichen wir auf unserer Website. Denn alle unsere Projekte haben Leuchtturmcharakter und dienen damit gleichzeitig als Impulsgeber für andere Unternehmen.
Können Sie mit Blick auf den Digitalisierungsgrad branchenspezifische Unterschiede feststellen?
Nein. Unsere Erfahrung mit den kleinen und mittleren Unternehmen zeigt, dass es allenfalls Unterschiede mit Blick auf die Aufgabenbereiche gibt. Häufig ist die Digitalisierung im Büro weiter vorangeschritten als in der Produktion, die oft eine Blackbox ist. Die Möglichkeiten der Datengewinnung und -nutzung werden nicht ausgeschöpft. Oft hängt der Digitalisierungsgrad mit der Größe der Unternehmen zusammen beziehungsweise mit den personellen Kapazitäten. In größeren Unternehmen gibt es häufiger Mitarbeitende, die sich ausschließlich darum kümmern, die Digitalisierung strukturiert voranzutreiben.
In der Produktion gibt es also jede Menge Potenzial, um mit der Digitalisierung zu starten. Warum lohnt sich das für Unternehmen?
Vor allem in der Produktion bietet die Digitalisierung tolle Möglichkeiten, um effizienter zu arbeiten und die Qualität von Produkten zu erhöhen. Fertigungsprozesse lassen sich heutzutage durchgehend digital abwickeln: vom Auftragseingang über die Planung und Steuerung, die Anwendung digitaler Assistenzsysteme bis zur Qualitätssicherung und zum Versand der Produkte. Das beginnt damit, dass Unternehmen an der Schnittstelle zum Kunden einen Konfigurator einsetzen, einen digitalen Webshop implementieren oder digitale Tools zur Angebotskalkulation nutzen. Ein klassisches Beispiel ist die digitale Zeiterfassung, anhand der Unternehmen genau ablesen können, wie lange es gedauert hat einen Auftrag zu fertigen. Speziell im Bereich der Lohnfertigung ermöglicht das genauere Kalkulationen. Darüber hinaus kann auch eine automatisierte Qualitätssicherung realisiert werden. Es gibt beispielsweise KI-basierte Systeme, die das Bildmaterial fertiger Teile auswerten können. Damit lässt sich sicherstellen, dass wirklich alle Teile der gewünschten Qualität entsprechen.
Was bedeutet zunehmende Digitalisierung für die Mitarbeitenden?
Wichtig ist: Digitalisierung macht den Menschen als Mitarbeitenden nicht überflüssig. Aber mit der Digitalisierung verändern sich Tätigkeiten. Routineaufgaben lassen sich sehr gut automatisieren. Das bietet Unternehmen die Möglichkeit, ihr Personal anders einzusetzen, mit der bestehenden Mannschaft mehr Aufträge zu bewältigen und dadurch mehr Umsatz zu generieren. Gerade in Zeiten des zunehmenden Fachkräftemangels ist die Digitalisierung ein wichtiger Faktor.
Einer Umfrage der IHK Niedersachsen (IHKN) zufolge scheitert eine umfassendere Digitalisierung in den Betrieben vor allem am Zeitmangel. Deckt sich das mit Ihren Erfahrungen – und wie lässt sich dagegen steuern?
Wie Unternehmen Digitalisierung neben dem Tagesgeschäft umsetzen, ist eine Frage, mit der wir in den Firmengesprächen immer wieder konfrontiert werden. Zeitmangel ist ein Thema. Doch dieses Denken lässt das enorme Potenzial der Digitalisierung außer Acht: Zeitersparnis, bessere Qualität, Termintreue zu verbessern, mehr Umsatz sind Argumente für die Digitalisierung. Diesen Nutzen der Digitalisierung versuchen wir von Beginn an deutlich zu machen. Wichtig dabei ist nicht nur, dass die Geschäftsführung die Digitalisierung überzeugt vorantreibt, auch die Mitarbeitenden müssen mitgenommen werden, damit Digitalisierung im Unternehmen zum Erfolg wird. Unterstützung gibt es dann nicht nur durch uns, sondern auch durch finanzielle Förderungen und Investitionszuschüsse.
72 Prozent der Unternehmen wollen laut IHKN-Umfrage die „Digitale Denkweise“ bei ihren Führungskräften und Mitarbeitenden weiterentwickeln. Offenbar gibt es in diesem Bereich also noch Nachholbedarf.
Ja, den gibt es tatsächlich. Und genau vor diesem Hintergrund haben wir unsere kostenfreie Angebote entwickelt. Mit unseren Workshops, Webinaren, Firmengesprächen und den Projekten bei den Unternehmen wollen wir die digitale Denkweise fördern. Wir wollen die Mitarbeitenden dazu befähigen, eigenständig Digitalisierungsmaßnahmen im Betrieb zu initiieren und umzusetzen. Digitalisierung bedeutet kontinuierliche Weiterentwicklung. Dazu braucht es qualifizierte Mitarbeitende, die den Prozess begleiten. Sandra Bengsch
Diese Förderprogramme unterstützen Unternehmen
Das niedersächsische Förderprogramm Digitalbonus Niedersachsen unterstützt kleine und mittlere Unternehmen bei ihren Investitionen zur Digitalisierung von Produkten, Dienstleistungen, Prozessen und zur Verbesserung der IT-Sicherheit. Die Investitions- und Förderbank Niedersachsen vergibt je nach Unternehmensgröße Zuschüsse bis zu 40 Prozent für die Anschaffung von Hardware, Software oder Softwarelizenzen mit einem Kaufpreis ab 5.000 Euro brutto. Anträge können noch bis zum 31.12.2023 eingereicht werden.
Mit dem bundesweiten Förderprogramm Digital Jetzt des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) soll mittelständischen Betrieben die Umsetzung der Digitalisierung erleichtert werden. Gefördert werden Investitionen in digitale Technologien (Hard- und Software) und in Qualifizierung von Beschäftigten zu Digitalthemen. Die Förderhöhe ist gestaffelt nach Unternehmensgröße, maximal sind 40 Prozent und eine Fördersumme von 50.000 Euro möglich. Unternehmen können monatlich im Rahmen eines Zuweisungsverfahrens einen Antrag stellen. Das Programm endet zum 31. Dezember 2023.
Um Unternehmen individuell und praxisnah zu Unterstützen bezuschusst das bundesweite Förderprogramm go digital des BMWK Beratungs- und Umsetzungsleistungen in den Modulen Digitalisierungsstrategie, IT-Sicherheit, Digitalisierte Geschäftsprozesse, Datenkompetenz und Digitale Markterschließung. Kleine und mittlere Unternehmen erhalten eine Förderung von 50 Prozent auf einen maximalen Beratertagessatz von 1.100 Euro für maximal 30 Tage. Autorisierte Beraterunternehmen und Informationen sind online zu finden. al
Das niedersächsische Förderprogramm Digitalbonus Niedersachsen unterstützt kleine und mittlere Unternehmen bei ihren Investitionen zur Digitalisierung von Produkten, Dienstleistungen, Prozessen und zur Verbesserung der IT-Sicherheit. Die Investitions- und Förderbank Niedersachsen vergibt je nach Unternehmensgröße Zuschüsse bis zu 40 Prozent für die Anschaffung von Hardware, Software oder Softwarelizenzen mit einem Kaufpreis ab 5.000 Euro brutto. Anträge können noch bis zum 31.12.2023 eingereicht werden.
Mit dem bundesweiten Förderprogramm Digital Jetzt des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) soll mittelständischen Betrieben die Umsetzung der Digitalisierung erleichtert werden. Gefördert werden Investitionen in digitale Technologien (Hard- und Software) und in Qualifizierung von Beschäftigten zu Digitalthemen. Die Förderhöhe ist gestaffelt nach Unternehmensgröße, maximal sind 40 Prozent und eine Fördersumme von 50.000 Euro möglich. Unternehmen können monatlich im Rahmen eines Zuweisungsverfahrens einen Antrag stellen. Das Programm endet zum 31. Dezember 2023.
Um Unternehmen individuell und praxisnah zu Unterstützen bezuschusst das bundesweite Förderprogramm go digital des BMWK Beratungs- und Umsetzungsleistungen in den Modulen Digitalisierungsstrategie, IT-Sicherheit, Digitalisierte Geschäftsprozesse, Datenkompetenz und Digitale Markterschließung. Kleine und mittlere Unternehmen erhalten eine Förderung von 50 Prozent auf einen maximalen Beratertagessatz von 1.100 Euro für maximal 30 Tage. Autorisierte Beraterunternehmen und Informationen sind online zu finden. al
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Natalie Schwarz