Bücher für Lüneburg

Eines war klar: Die Eule muss mit. Als Jan Orthey vor rund drei Jahren mit seinem Team die ersten Pläne für einen Umzug seiner Buchhandlung innerhalb Lüneburgs schmiedete, galt es, viele Ideen unter einen Hut zu bringen. Die goldene Eule über dem Eingang, Werk eines stadtbekannten Restaurators, war da noch der leichteste Part. Barrierefrei sollten die neuen Räumlichkeiten sein, dazu hell, übersichtlich, aber auch gemütlich. Während die Pläne reiften, blies dem Inhaber ordentlich der Wind ins Gesicht: „Viele Kunden haben sich bei mir beschwert. Die waren regelrecht entsetzt, als unsere Umzugspläne bekannt wurden. Das hat mir richtig zugesetzt“, sagt Orthey freimütig. Aber dann habe er sich gesagt: „Wenn die Kunden sich so emotional äußern, dann ist das doch eigentlich ein großes Kompliment.“ Und heute, eineinhalb Jahre nach dem Umzug an die Grapengießerstraße? „Die Lüneburger sind mitgegangen“, sagt der Inhaber mit breitem Lächeln. „Viele Stammkunden haben sich bedankt, weil jetzt alles leichter zu finden ist.“ Komplimente sind das eine, Zahlen das andere: „Unsere Erwartungen haben sich erfüllt: Der Standort ist besser, der Umsatz positiv“, sagt Orthey. Und: „Lünebuch als Marke ist so stark, dass die Kunden jetzt einen anderen Lauf durch die Stadt nehmen.“
Die starke Marke begründet hat Hans-Henning Orthey, der in Bremen zunächst die Versandbuchhandlung seines Vaters führte, sich Mitte der Neunziger Jahre in Lüneburg mit der Übernahme der „Neuen Buchhandlung“ den Wunsch nach Veränderung erfüllte und 1999 auf drei Etagen direkt am historischen Marktplatz das größte Bücherhaus der Stadt eröffnete. Als dritte Generation trat Sohn Jan also in große Fußstapfen, als er 2006 ins Unternehmen einstieg und es 2010 als alleiniger Inhaber übernahm. Zuvor hatte der Verlagskaufmann in einem Zeitungsverlag gearbeitet. „Es hat mich einfach gereizt“, sagt er. Die Übergabe erfolgte strikt nach Plan: „Bevor ich einen Fuß ins Geschäft gesetzt habe, war schon definiert, wann welche Kompetenzen übergeben werden.“
Wandel gehört also dazu. Das gilt für das Buch als Produkt ebenso wie für den Handel damit. Der Onlineshop ist nicht einfach ein digitales Anhängsel, sondern bereits seit vielen Jahren ein nutzerfreundlich konzipiertes Angebot mit hoher Akzeptanz. Das neue Ladengeschäft fällt mit 700 Quadratmetern zwar kleiner aus, setzt dabei aber durchweg auf eine Kernidee: „Wir wollen ein Wohlfühlort sein.“ Im Kaminzimmer bei den Sachbüchern darf man gern die Zeit vergessen. Und statt Büchern ist ein Kaffeetresen direkt an das große Schaufenster gerückt – ein Volltreffer laut Orthey: „Das Schöne ist, dass das Geschäft immer belebt ist.“ Die Hauptrolle spielt selbstverständlich aber das Buch, besser: 70.000 Titel im Laden. „Wir haben ein kuratiertes Sortiment, jeder Titel ist also handverlesen.“ Das funktioniere, weil die Buchhändlerinnen und Buchhändler ihren eigenen Warenbereich autonom verwalten. „Es gibt jährlich rund 100.000 Neuerscheinungen. Unsere Aufgabe ist es, die Menschen durch die Riesenauswahl zu führen.“
Kaum vollständig aufzulisten, wofür Lünebuch noch steht, etwa: Autoren-Lesungen, das überregional bekannte Krimifestival, Deutscher Buchhandlungspreis, Leseclub für den Nachwuchs. Das Thema Leseförderung liegt dem Vater von zwei Kindern besonders am Herzen: „Wir wollen unseren Beitrag dazu leisten, dass Kinder lesen lernen. Nicht als verkaufsfördernde Maßnahme, sondern weil Lesen die Grundvoraussetzung für Teilhabe, Erfolg und Demokratie ist.“
Etwas weniger wäre daher für Orthey keine Option: „Ich bin vollständig rastlos und perfektionistisch“, sagt er und lacht. „Dazu bin ich in der glücklichen Lage, dass ich liebe, was ich tue.“ Die 31 Mitarbeitenden in Lüneburg und in der Filiale Salzhausen ticken da ganz ähnlich: „Ich habe das tollste Team der Welt. Wir sind alle etwas verrückte Bücher-Junkies“, verrät ihr Chef. Kein Wunder, dass der Blick nach vorne trotz aller Unwägbarkeiten positiv ausfällt: „Dieses Produkt erfindet sich jeden Tag so oft neu, dass mir nicht bange wird um die Zukunft. Das Buch ist heute Digital Detox, damit vergoldet man sich seine Freizeit.“ Passt also perfekt zur alten goldenen Eule. Die hängt auch am neuen Standort über dem Entrée, frisch restauriert und mit einem neuen Detail: „Da ist jetzt unser Familienwappen aufgemalt“, sagt Orthey. Ein bisschen Tradition muss sein.
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