Das Gegenüber bestärken

Zur neuen Berufungsperiode sucht unsere IHKLW neue ehrenamtliche Prüfer*innen. Bereits seit Anfang 2023 dabei ist Handelsfachwirtin Sina Fehlig von der Fehlig GmbH in Soltau. Ein Porträt über ihr Engagement, das in vielerlei Weise Mehrwerte bringt.
Das Thema Ausbildung ist schon lange eine Herzensangelegenheit für Sina Fehlig. Deshalb arbeitet die Handelsfachwirtin im Familienunternehmen Fehlig Agrar-Ersatzteilmarkt in Soltau nicht nur als Assistenz der Geschäftsleitung, sondern fungiert seit 2022 auch als Ausbilderin für die Berufe Fachkraft für Lagerlogistik, Kaufleute im Einzelhandel und Groß- und Außenhandelsmanagement. Von der Möglichkeit, sich zusätzlich als ehrenamtliche Prüferin zu engagieren, hat Sina Fehlig vor zwei Jahren bei einem Vorbereitungskurs zur Ausbildereignungsprüfung unserer IHKLW in Celle erfahren. „Unser Dozent, selbst nebenbei in diesem Amt tätig, erzählte uns damals von der Option und ermutigte uns, über diese Aufgabe nachzudenken.“
Lange überlegen musste die heute 30-Jährige gar nicht – eine eintägige Hospitation reichte aus, um sie nachhaltig zu überzeugen. Seit Januar 2023 wird Sina Fehlig durchschnittlich etwa acht Mal pro Jahr von ihrem Betrieb freigestellt, um Teil eines dreiköpfigen Ausschusses für die Ausbildereignungsprüfung zu sein.
Die Dorfmarkerin ist damit eine von rund 2.500 Expert*innen, die sich ehrenamtlich in unserer IHKLW als Prüfer*innen engagieren und pro Jahr 5.500 Zwischen-, Abschluss- und Fortbildungsprüfungen für rund 150 Ausbildungsberufe sowie für berufsbegleitende Fortbildungen auf Bachelor- oder Masterniveau abnehmen.
Die Motivation, sich in dieser Weise einzubringen, ist für die Handelsfachwirtin eine sehr persönliche: „Egal, ob man als Azubi seine allererste Prüfung absolvieren muss oder erst nach vielen Jahren Pause vor einem Gremium steht – ich denke, wir alle können uns an unangenehme Momente erinnern, in denen der Prüfer oder die Prüferin nicht aufmerksam war und dadurch abweisend wirkte.“ Eben diese Situationen möchte Sina Fehlig verhindern. Sie will, anders als sie selbst es schon erlebt hat, den Prüflingen vermitteln, dass diese ernst genommen werden. „Selbst wenn ich gerade nicht im direkten fachlichen Gespräch bin, versuche ich, die Partnerin zu sein, die visuell Zuspruch gibt. Ein Ruhepol, der sein Gegenüber bestärkt.“ Wie wichtig dabei selbst vermeintliche Details wie Augenkontakt oder eine direkte Ansprache sein können, erlebt Sina Fehlig immer wieder. „Manchmal sind es unterbewusst vom Prüfling wahrgenommene Kleinigkeiten, die dafür sorgen, dass dieser den roten Faden verliert und aus dem Konzept gerät.“
Da die ehrenamtliche Prüferin nicht nur bei der mündlichen Ausbildereignungsprüfung dabei ist, sondern seit Mai noch Teil des Ausschusses für Kaufleute im Einzelhandel ist, profitiert indirekt auch der eigene Betrieb von ihrem Engagement: „Ich kann unsere Auszubildenden besser auf ihre Prüfungen vorbereiten, da ich die Anforderungen genau kenne.“ Aktuell seien es drei Auszubildende, die im familiengeführten Spezialfachmarkt, in dem „alles für Haus, Hof, Stall und Feld“ verkauft wird, tätig seien. „Unsere Azubis müssen regelmäßig Vorträge halten, in deren Rahmen sie einen Vorgang erklären oder ein Produkt vorstellen.“ Sie selbst lege als Ausbilderin besonderen Wert da­rauf, dass diese Präsentationen gegen Ende der Lehrjahre merklich komplexer würden. „Ich weiß, dass viele junge Menschen heutzutage am liebsten ganz genau gesagt bekämen, was sie zu lernen haben. Das funktioniert natürlich nicht.“ Die 30-Jährige würde sich über mehr Eigeninitiative freuen und die Bereitschaft, „über den Tellerrand zu blicken“. „Deshalb weise ich regelmäßig auf die Mög­lichkeit hin, als IHK-Ausbildungsbotschafter*in tätig zu werden.“ Sina Fehlig ist überzeugt, dass die Ausübung eines Ehrenamtes persönlichen Nutzen mit sich bringt. Sie selbst schätze sehr den Austausch mit den Prüfer*innen, die aus ganz unterschiedlichen Branchen stammten. „Außerdem lerne ich in jeder einzelnen Prüfung etwas über Berufe, in denen ich mich selbst nicht auskenne.“ Es sei spannend, neue Perspektiven einzu­nehmen. „Und meine Wertschätzung gegenüber anderen Branchen ist noch einmal gestiegen.“
Dass immer wieder Ausbildungen dabei sind, bei denen es Unternehmen schwerfällt, überhaupt geeigneten Nachwuchs zu finden, ist Sina Fehlig bewusst. Die Fehlig GmbH, die ihr Schwiegervater vor 41 Jahren mitge­gründet hat, hat selbst Probleme, potenzielle Einzelhandelskaufleute zu finden. Im Bereich Lagerlogistik hingegen habe man mit Praktikumsangeboten an Schulen und mit lokalen Ausbildungsmessen gute Erfahrungen gemacht. „Auch hier geht es darum, die jungen Menschen und ihre Eltern durch gezielte Kommunikation zu erreichen“, sagt Sina Fehlig. Im direkten Gespräch ließen sich häufig unnötige Bedenken ausräumen. „So war es auch bei mir und meinem Ehrenamt“, sagt sie. „Am Ende war alles viel einfacher, als ich es vermutet hätte.“
Alexandra Maschewski

Jetzt ehrenamtlich als Prüfer*in engagieren
Voraussetzungen:
  • Sachkundig sein, d.h. in der Regel bringen Prüfer*innen Erfahrungen aus einer mindestens fünfjährigen Berufstätigkeit mit und haben die Ausbildereignungsprüfung abgelegt.
  • Aktuell und mindestens halbtags aktiv in dem zu prüfenden Berufsfeld arbeiten.
  • • Aufgeschlossen sein – auch für die Anwendung digitaler Kommunikationstechniken.
Wissenswert:
  • Ab September 2024 startet die neue Berufungsperiode.
  • Prüfer*innen werden eingearbeitet und erhalten kostenlose Schulungen.
  • Eine Aufwandsentschädigung wird gewährleistet.
  • Informationen und Ansprechpartner unter www.ihk.de/ihklw/pruefer