Neue Herausforderungen brauchen neue Antworten

Laut Statistischem Bundesamt sind die deutschen Ausfuhren in den ersten sechs Monaten 2024 gegenüber dem Vorjahr um 1,6 Prozent auf 801,7 Milliarden Euro gesunken – ein Warnsignal: Die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen und der Wirtschaftsstandort Deutschland sind in Gefahr. Unsere IHKLW setzt sich zusammen mit der Arbeitsgemeinschaft IHK Nord e.V. und der DIHK dafür ein, dass die Politik die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaftsstandorte stärkt. Klar ist: Es braucht neue Antworten auf die aktuellen geopolitischen und geoökonomischen Herausforderungen.
Insbesondere der US-Inflation Reduction Act ist ein Weckruf für eine überfällige Wettbewerbsagenda der EU. Anstelle von Abschottungsmaßnahmen sollte Europa seine wirtschaftliche Attraktivität durch die Verbesserung der allgemeinen Standortbedingungen stärken – durch Bürokratieabbau und Investitionen in Innovation, Forschung und Bildung. Statt über neue Schulden in den globalen Überbietungswettbewerb für Subventionen einzusteigen, sind Investitionsanreize insbesondere durch eine wettbewerbsfähige Besteuerung mit modernen Abschreibungsregeln nötig.
Praktikable Regeln für Handel und Investitionen
Auf Initiative unserer IHKLW hat die IHK Nord die Forderung nach einem Bürokratiekosten-Check in die europapolitischen Positionen aufgenommen. Bevor neue EU-Richtlinien und EU-Verordnungen verabschiedet werden, sollte geprüft werden, ob die Regulierungen notwendig sind. Durch kleinteilige bürokratische Vorhaben wie beispielsweise die EU-Lieferkettenrichtlinie mit unverhältnismäßigen Melde- und Berichtspflichten sieht unsere IHKLW die Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaftsstandorte in der EU zunehmend gefährdet. Die hoch internationalisierte deutsche Wirtschaft ist angewiesen auf ein wirtschaftlich souveränes Europa, das international für offene Märkte sowie praktikable Regeln für Handel und Investitionen eintritt und den eigenen Markt offenhält. Die nächste Handelsstrategie der neuen EU-Kommission sollte bei der Weiterentwicklung des Leitmotivs „Open Strategic Autonomy“ den Offenheitsaspekt deutlich gegenüber protektionistischen Forderungen verteidigen.
Berichtspflichten verschlanken
Der „Carbon Border Adjustment Mechanism“ (CBAM) verpflichtet die Importeure bestimmter emissionsintensiver Produkte zur Berichterstattung darüber, wie viele Güter mit welchem Kohlendioxid-Gehalt sie nach Deutschland einführen. Die übereilte und bürokratische Umsetzung der CO₂-Berichtspflichten überlastet jedoch viele Unternehmen, insbesondere kleine und mittelständische Betriebe. So gilt CBAM auch für Importe von „Allerweltswaren“ wie Schrauben ab 150 Euro. Gut gemeint heißt nicht unbedingt gut gemacht. CBAM geht zwar das Problem der CO₂-Verlagerung für bestimmte Wirtschaftsbereiche an, führt aber zu unangemessenen Meldepflichten. Das belastet die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Exportwirtschaft. Nachbesserungen sind dringend nötig – etwa eine höhere Bagatellgrenze, fordert die DIHK in ihrem Positionspapier zur internationalen Handelspolitik.
KMU mitnehmen statt überfordern
Auch die inhaltliche Ausgestaltung der Entwaldungs-Verordnung (EUDR) sowie der derzeitige Zeitplan stellen die Europäische Wirtschaft vor unlösbare Aufgaben. Es gilt, die Entwaldungs-Verordnung zu verschlanken, nachdem ein umfassender Bürokratiekosten- und Praxis-Check durchgeführt wurde, und das Inkrafttreten um zwei Jahre zu verschieben.
Gerd Ludwig