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Wolfsburgs neue Mitte
Viele Städte kämpfen gegen Verödung und Leerstände an, Wolfsburg hingegen erfindet seine Innenstadt neu, im Fokus: das Nordkopf-Quartier. Im Rathaus formuliert man das Ziel so: „Die Innenstadtentwicklung ist das zentrale Thema Wolfsburgs in den kommenden Jahren. Durch die Größe des Nordkopfs wird es unterschiedliche Projekte mit verschiedenen Investor*innen geben – die gemeinsam auf das übergeordnete Ziel ‚Mehr Menschen verbringen mehr Zeit in der Wolfsburger Innenstadt‘ einzahlen werden.“ Kurzum: Wolfsburgs Innenstadt soll attraktiver und lebendiger gestaltet werden.
Dabei sind die Stadt und ihre Partner nun einen großen Schritt weitergekommen. Ein Expertengremium aus Politik, Verwaltung und Fachleuten hat empfohlen, einen städtebaulichen Entwurf weiterzuentwickeln. Dabei wollen die Beteiligten zwei Varianten miteinander verknüpfen, „im Besonderen sollen parallel zwei verschiedene Standorte des Zentralen Omnibusbahnhofs (ZOB) auf ihre Machbarkeit hin überprüft werden, was etwas Zeit braucht“, heißt es in einer Mitteilung des Rathauses. „Der eine mögliche Standort befindet sich vis-à-vis des Phaeno, der andere grenzt an den Hauptbahnhof.“
Der Bereich soll grüner werden, der Autoverkehr wird eingeschränkt und quasi verlegt, zudem will man Phaeno und Designer Outlets Wolfsburg (DOW) so besser mit der Innenstadt verknüpfen.
© KSP Engel GmbH
Wolfsburg hat in dem Verfahren auf eine breite Beteiligung gesetzt. Auf Nachfrage heißt es dazu aus dem Rathaus: „In den kommenden Wochen werden deshalb noch einmal planerische Anpassungen vorgenommen. Das Votum der Bürger*innen fließt dabei ebenso ein wie die Rückmeldung von Politik, Verwaltung, hiesigem Handel, Anlieger*innen und externen Fachleuten – darunter Verkehrs-, Landschafts-und Stadtplaner*innen sowie Wirtschafts- und Handels-Expert*innen.“
Das Konzept soll Wohnen und Einkauf verbinden. „Wolfsburgs Innenstadt soll so ausgestattet werden, dass zum einen für jeden etwas dabei ist und zum anderen aber auch Erlebnisse für die ganze Familie möglich sind. Dazu gehören neben Einkaufsmöglichkeiten auch Freizeitangebote, eine einladende Gastronomie und nachhaltige Aufenthaltsqualität. Außerdem ergab die Bürgerbeteiligung die konkreten Nachfragen nach Angeboten, die aktuell noch nicht in Wolfsburg vertreten sind.“
Bei den Um- und Ausbauten des Quartiers ist die Volksbank Braunschweig-Wolfsburg, kurz BRAWO, ein wichtiger Partner. Das Unternehmen, das 2.400 Mitarbeiter*innen in 380 Unternehmen beschäftigt, hat den Zuschlag für den Bereich Nordkopf-Ost erhalten.
Sie präsentieren den Gewinner-Entwurf des Architekturwettbewerbs (v.l.): Ivan Binder, Kai-Uwe Hirschheide, Dennis Weilmann, Claudia Kayser, Jürgen Brinkmann, Jens Hofschröer und Ulrich Gremmelspacher.
© Volksbank BRAWO
Die Bank stellt das Projekt unter den Namen BRAWO-City und geht zügig vor. Einen Architekturwettbewerb habe man abgeschlossen und Anfang März den Gewinner präsentiert, das Architekturbüro KSP Engel aus Braunschweig. Geplant sei ein „Mix aus Wohnen, Büro, Einzelhandel und Gastronomie. Als Erkennungsmerkmal fungiert ein 13-geschossiges Hochhaus, das mit den Hochhäusern in unmittelbarer Umgebung für die Gewerbe- und Büronutzung vorgesehen ist.“ Doch warum engagiert sich die Volksbankgruppe so in Wolfsburg?
Die Leiterin der Direktion Wolfsburg, Claudia Kayser, antwortet: „Wolfsburg gehört zu einem wesentlichen Bestandteil unseres Einzugsgebiets, ist als wirtschaftlich starker, prosperierender Standort attraktiv für die Menschen aus der Region und dem Umland. In Wolfsburg befindet sich der Hauptsitz des Volkswagen-Konzerns und damit der größte Arbeitgeber der Region. Um die Innenstadt noch attraktiver zu machen und nachhaltig zu beleben, realisieren wir unter anderem die BRAWO-City.“ Es sei nicht das einzige Engagement: So betreibe man auch die BRAWO-Arkaden, weitere Stichworte seien Vermietung, Vermarktung von Immobilien und die Projektentwicklung.
Nach der Sommerpause geht das städtebauliche Konzept in die politische Beratung. Sobald es einen Beschluss gibt, sucht die Stadt Wolfsburg Investoren für die Realisierung des neuen urbanen Nordkopfquartiers Mitte. Auf sechs Hektar Fläche sollen zwischen dem Hauptbahnhof über die Bahnhofspassage bis hin zur Porschestraße Handel, Gastronomie und Kultur, Büro- und Wohnflächen sowie Technologie- und Kreativwerkstätten entstehen.
Den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan hatte der Rat im Juni 2023 gefasst. Ein Satzungsbeschluss soll im dritten Quartal 2025 erfolgen.
Oberbürgermeister Dennis Weilmann ist überzeugt von dem Ansatz: „Der Nordkopf soll Wolfsburgs Visitenkarte im Wettbewerb mit anderen attraktiven Standorten werden und Strahlkraft auf die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt und solche, die es noch werden wollen, entfalten. Deshalb müssen wir uns jetzt die Zeit nehmen, die es für eine richtig gute Stadtentwicklung braucht.“
Carlo Eggeling
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