Debatte um Pläne zur Outlet-Erweiterung

Outlet-Investorin Sylvie Mutschler ruft zu Zusammenhalt der Einzelhändler auf. Kritik an den Erweiterungsplänen für das Designer Outlet Soltau hält an.
Die Ambitionen bestehen seit acht Jahren, jetzt geht der Prozess in die nächste Phase: Das Designer Outlet Center in Soltau soll um die Hälfte der bisherigen Größe wachsen. Die Investoren haben die Erweiterung um 5.000 Quadratmeter beantragt. Das Raumordnungsverfahren hat begonnen – und der Streit in der Region über das Shopping-Center ist so groß wie eh und je.
Etwa 60 Geschäfte verkaufen im Designer Outlet Soltau (DOS) ihre Ware, nach der geplanten Vergrößerung könnten es um die 90 sein. Für die Investorin Sylvie Mutschler ist es an der Zeit, eine neue gemeinsame Haltung einzunehmen. „Im Verlauf der Diskussion müssen wir immer wieder – ohne belastbare Hinweise – als Haupttreiber negativer Entwicklungen herhalten. Die Rahmenbedingungen wie das Wachstum von E-Commerce, Covid oder die Energiekrise gelten für uns genauso wie für jeden anderen großen und kleinen Einzelhandel“, sagt Mutschler. „Wir sind davon überzeugt, dass gerade jetzt der stationäre Einzelhandel zusammenhalten und sich gegenseitig befruchten und ergänzen sollte und hier auch eine Chance liegt. Wir müssen dem Kunden beste Shopping-Erlebnisse bieten, um das stationäre Shopping gegenüber dem Online-Handel zu positionieren. Je mehr positive Erlebnisse Kunden in stationären Geschäften sammeln, desto größer wird die Bereitschaft sein, dieses Erlebnis auch an anderen Orten öfter zu suchen – egal wo.“
Die Vergrößerung solle das Überleben des Outlets im starken Wettbewerb der Branche sichern, so Mutschler: „Hier entsprechen wir den Wünschen der Marken, der Bevölkerung und vor allem der touristischen Kunden, die weite Wege auf sich nehmen und seit langem die mangelnde Größe monieren. Dabei ist uns wichtig, dass wir nach wie vor keinen nennenswerten Schaden für die Region oder andere Städte entstehen lassen, sondern, im Gegenteil, zusätzlichen Tourismus und Kaufkraft in die Region holen und binden.“
Damit trifft die Investorin im direkten Umfeld des Outlet Centers durchaus auf positive Reaktionen, die kritischen Stimmen kommen von weiter weg. Weder Bispingens Gemeindebürgermeister Jens Bülthuis (parteilos) noch Walsrodes Bürgermeisterin Helma Spöring (parteilos) haben etwas gegen das Zentrum, die Stadt Soltau selbst ist sogar Antragstellerin des Raumordnungsverfahrens. Die Erweiterung werde „uneingeschränkt unterstützt, da sich dies aus den Leitzielen der Stadtentwicklung ableitet“, sagt Bürgermeister Olaf Klang (parteilos). „Neben der Sicherung und dem Ausbau der Arbeitsplätze soll auch die touristische Wirkung des Outlet Centers für die Stadt, aber insbesondere auch für die Destination Lüneburger Heide erhalten und gestärkt werden.“ Es müsse wettbewerbsfähig und attraktiv bleiben. „Dies kann langfristig nur durch eine Erweiterung gesichert werden.“
Politische Vertreter der Städte Lüneburg und Celle sind da anderer Meinung – und zwar seit Jahren und über Parteigrenzen hinweg. Gerade erst hat der Rat der Stadt Lüneburg eine ablehnende Resolution verfasst und die neue Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch (Grüne) schließt sich der Haltung an. Das Outlet stehe in Konkurrenz zur Lüneburger Innenstadt, eine Vergrößerung widerspreche allen Grundsätzen einer nachhaltigen Entwicklung. Kalisch: „Eine Erweiterung des Outlet Centers induziert weitere Autoverkehre und steht damit der dringend notwendigen Mobilitätswende entgegen.“
Oberbürgermeister Dr. Jörg Nigge
„Ich halte das für geradezu fahrlässig. Der Mensch kann jeden Euro nur einmal ausgeben. Macht er das im DOS, investiert er eben nicht mehr in der Innenstadt, so einfach ist das.“ © Cora Noir
Celles Oberbürgermeister Dr. Jörg Nigge (CDU) wird noch deutlicher in seiner Kritik. „Es ist ein Widerspruch in sich, wenn das Land einerseits Förderprogramme auflegt, um den krisengeschüttelten Handel und die Innenstädte in der Corona-Pandemie zu stützen und andererseits Erweiterungen wie der des DOS Aussicht auf Erfolg einräumt“, so Nigge. „Ich halte das für geradezu fahrlässig. Der Mensch kann jeden Euro nur einmal ausgeben. Macht er das im DOS, investiert er eben nicht mehr in der Innenstadt, so einfach ist das.“
Celle selbst habe in den vergangenen fünf Jahren den Leerstand in der Innenstadt massiv reduziert und nach Nigges Worten alles getan, um die Attraktivität zu erhöhen – vom Blumenschmuck bis zur Ansiedlung neuer Geschäfte. „Als ,Dank‘ für diese Bemühungen müssen wir zusehen, wie das Designer Outlet Center in unserem Einzugsgebiet wächst und wächst.“
Weilmann-Dennis-Wolfsburg
„Ein Ausbau dezentraler, großflächiger Einzelhandelsstandorte konterkariert die aktuellen Kraftanstrengungen der Kommunen für eine Stärkung und Entwicklung der Innenstadt.“ © Nina Stiller
Auch Wolfsburgs Oberbürgermeister Dennis Weilmann (CDU) sieht den innerstädtischen Einzelhandel als schützenswert an. Ziel sei, die Innenstadt als Ort des wirtschaftlichen Handels, der Nutzungsvielfalt, Kommunikation, Begegnung und Lebensqualität zu erhalten und mit Unterstützung der EU-Förderkulisse konsequent zu stärken. „Hierzu trägt vor allem auch ein frequenzbringender und zukunftsfähiger stationärer Einzelhandel in der Innenstadt bei.“
Ein möglicher Ausbau dezentraler, großflächiger Einzelhandelsstandorte steht dem laut Wolfsburgs Oberbürgermeister „generell entgegen“. Weilmann: „Es wäre ein stadtentwicklungspolitisches Signal, welches die aktuellen Kraftanstrengungen der Kommunen für eine Stärkung und Entwicklung der Innenstadt konterkariere.“
Unsere IHK Lüneburg-Wolfsburg (IHKLW) wird das Gesamtinteresse der regionalen Wirtschaft abwägen und dabei raumordnerische Vorgaben sowie Vor- und Nachteile für die Gesamtregion berücksichtigen, sagt Hauptgeschäftsführer Michael Zeinert. „Die Vollversammlung hat sich klar dafür ausgesprochen, Innenstädte und Zentren zu stärken. Vor diesem Hintergrund werden wir die Vergrößerung der Verkaufsfläche des Designer Outlet Soltau noch einmal kritisch diskutieren.“
Wie andere Träger öffentlicher Belange auch ist die IHKLW im Raumordnungsverfahren gefragt, bis Mitte August eine Stellungnahme abzugeben. „Im konkreten Fall steht durch eine Erweiterung des DOS eine Umverteilung von Kaufkraft zu Lasten gewachsener Zentren zu befürchten. Diese wiegt umso schwerer, da unsere Innenstädte nach den pandemiebedingten Einschränkungen der letzten Jahre jetzt jede Unterstützung bei der Bewältigung der Folgen brauchen.“
Der IHKLW-Chef verweist darauf, dass bereits die Genehmigung für das DOS im Jahr 2008 auf einer Ausnahmeregelung beruhte. Es wurde als Modellvorhaben mit maximal 10.000 Quadratmetern Verkaufsfläche zugelassen. Bedingung war, dass das DOS viele Voraussetzungen hinsichtlich Größe, Sortiment und Zusammenarbeit mit der Tourismuswirtschaft erfüllt und ein regelmäßiges Monitoring und Con­trolling nachweist.
Investorin Sylvie Mutschler begrüßt, dass es nun ein sachliches Verfahren gebe sowie entsprechende Gutachten. Die Unternehmerin sagt zu, offen für Fragen, Diskussionen und Kooperationen zu sein. „Wenn alle diese Anstrengungen konstruktiv betreiben, wird die Branche langfristig profitieren. Ein gegenseitiges bloßes Verhindern wird dies ins Gegenteil verkehren und dem stationären Handel zahlreiche Perspektiven verbauen.“
Carolin George
IHK Lüneburg-Wolfsburg
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