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Mut-Macher
Wir alle brauchen Mut. Und was hilft da mehr, als mutige Vorbilder? Vier Mut-Geschichten von Unternehmerinnen und Unternehmern, die Mut machen sollen.
Der Mutanfall
Mitten in der Krise kündigt Stefan Jakubik seinen Job und kauft eine Buchhandlung in Celle.
© privat
Es war kurz vor Weihnachten, da hatte Stefan Jakubik einen „Mutanfall“. So nennt der 53-Jährige selbst, was er nach 20 Jahren als Angestellter tat. Der Marketingleiter eines Industriebetriebes kündigte seinen Vertrag und kaufte stattdessen die Celler Buchhandlung „Sternkopf & Hübel“ – seine eigene Lieblingsbuchhandlung.
Er wollte selbst gerade Bücher bestellen, da erfuhr Stefan Jakubik, dass die Inhaberinnen ihr Geschäft aufgeben wollten. Und da passierte er, sein Mutanfall. Er bat die beiden um ein Gespräch. „Der Mietvertrag war bereits gekündigt“, erzählt Jakubik. „Es musste also alles sehr schnell gehen.“ Gemeinsam mit einem Steuerberater blickte Jakubik auf die Jahresabschlüsse – und unterschrieb zwei Wochen nach der ersten Idee den Kaufvertrag. „Mein Glück ist, dass eine der Inhaberinnen weiter im Geschäft arbeitet. Ansonsten hätte ich es nicht gemacht.“ Ein reiner Quereinsteiger ist der Marketingfachmann aber auch nicht: Der Diplom-Volkswirt ist auch gelernter Verlagsbuchhändler. Sein Verständnis für Marketing kommt ihm jetzt natürlich auch zugute: Als Erstes führte er Präsenzen der Traditionsbuchhandlung in den sogenannten sozialen Medien ein.
Die Trost-Helden
Mit ihrer Geschäftsidee machen sie anderen Mut: Jennifer und Hendrik Lind.
© tonwert21.de/Wege
Im Digitalen kannten sich Hendrik (48) und Jennifer (45) Lind zwar überhaupt nicht aus. Aber sie wussten: Für das, was sie planen, gibt es einen Bedarf. Und es gibt nirgendwo sonst ein solches Angebot. Also suchten sie sich Spezialisten für das, was ihnen fehlte. Und fanden sogar noch mehr: einen Investor, der mit ihnen eine GmbH gründete und „mindestens genauso stark an unsere Idee glaubt wie wir“, wie Hendrik Lind sagt. Und mindestens genauso mutig ist.
Nach einem Dreivierteljahr Entwicklungsphase gingen die Trost-Helden online: ein Portal für Menschen, die trauern. Über einen selbst entwickelten Algorithmus können sich Trostpartner finden, deren Geschichte und Lebensumstände sich ähneln. So können Trost und Heilung entstehen.
Eine erste Stufe ist für die Nutzer kostenlos, danach greift ein Abo. Für Unternehmen bieten die „Trost-Helden“ ein Drei-Monats-Paket an. Denn: „Die Trauer eines Angestellten ist abteilungsübergreifend spürbar“, sagt Hendrik Lind. „Über die Trost-Helden können Firmen ihren Mitarbeitern eine effektive Hilfe für ihre belastende Situation anbieten.“
Stammkunden machen Mut
Der Support von Kunden hat Frieder Dähnhardt Mut gemacht. So viel, dass er gemeinsam mit dem Führungsteam des Lüneburger Cafés Avenir ein zweites Ladengeschäft samt gläserner Rösterei eröffnet.
© tonwert21.de/Wege
Als Frieder Dähnhardt im März 2020 merkte, wie viele Bestellungen im schnell und noch ganz und gar nicht professionell geschusterten Online-Shop eingingen, die er dann mit einem Lastenfahrrad ausfuhr, da wurde ihm eines klar: „Wir sind nie allein.“ Frieder Dähnhardt (39), Kristin Jordan (34), Max Timm (34), Ruth Jeckel (27) und Joshua Hoof (31) führen das Lüneburger Ladencafé Avenir. Die Corona-Pandemie hat ihnen gezeigt, wie wichtig sie für ihre Stammkundschaft sind, und wie sehr diese Leute wollen, dass das „Avenir“ die Pandemie übersteht. „Anders ist der riesige Support nicht zu erklären, den wir in all der Zeit bekommen haben.“
Diese Erfahrung hat dem Quintett Mut gemacht: Und zwar so viel, dass sie mitten in der Pandemie ein zweites Geschäft planten. Ein zweites Lokal mit einem eigenen Röster und weit mehr Sitzgelegenheiten als im ersten. Den Röster finanzierten die Fünf über eine Crowdfunding-Kampagne, mehr als 23.000 Euro kamen auf diesem Weg zusammen. Und jetzt gibt es nicht nur zwei „Avenirs“ in Lüneburg, sondern auch ein gutes Dutzend neue Arbeitsplätze.
Dankbar nach bitterer Entscheidung
Mutige Entscheidunggen hat Saskia Oehmke schon viele getroffen.
© Andreas Bräunlich
Zehn Jahre lang hat Saskia Oehmke für das „The Ritz-Carlton“ in der Autostadt Wolfsburg gearbeitet, war zuletzt für mehr als 200 Mitarbeitende im Personalbereich verantwortlich. Dann kündigte sie. Ziel: Selbstständigkeit. „Das haben viele damals nicht verstanden“, erzählt die 38-Jährige. Sie selbst gibt zu: Die Idee war verrückt. Aber sie wollte es nun einmal. Und der Erfolg gibt ihrem Mut Recht: Ihre 2012 gegründeten Eventagenturen liefen super und das 2013 übernommene Restaurant „Schlossremise“ am Schloss Wolfsburg ebenso.
2018 allerdings musste Saskia Oehmke eine bittere Entscheidung treffen: Agentur oder Restaurant. „Beides gleichzeitig ging nicht mehr.“ Die Hotelfachfrau entschied sich für das Restaurant. „Es fiel mir schwer, aber es war richtig so.“ 2019 erreichte die Schlossremise mit der Eine-Million-Euro-Marke Umsatzzahlen, die sie am Anfang nie für möglich gehalten hätte. Dann kam Corona. Und jetzt? Ist die Remise ausgebucht. Wer hier essen möchte, muss zwei Wochen im Voraus reservieren. „Dafür bin ich wirklich dankbar.“
Carolin George
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