20.10.2023

Arbeitskräftemangel trotz Rezession: Fast alle Branchen und Qualifikationen betroffen

Der Arbeitskräftemangel hat die Unternehmen in so drastischer Weise erfasst, dass er trotz konjunktureller Schwäche spürbar ist. Das zeigen die Ergebnisse der aktuellen IHK-Konjunkturumfrage. Die wirtschaftliche Lage hat sich auch im Bereich der IHK Hannover deutlich eingetrübt. Trotzdem werden fast überall neue Mitarbeitende gesucht.
Zwischen Juli und September ist der IHK-Konjunkturklimaindikator in der Wirtschaftsregion Hannover um weitere 10 auf jetzt 76 Punkte gesunken. „Die Geschäfte stocken in vielen Wirtschaftsbereichen. Aber gleichzeitig haben 60 Prozent der Unternehmen offene Stellen, die sie schon länger als zwei Monate nicht besetzen können. Neu ist, dass in fast allen Branchen und für alle Qualifikationsniveaus Mitarbeitende fehlen“, sagt Maike Bielfeldt, Hauptgeschäftsführerin der IHK Hannover.
„Vor einigen Jahren wurden hauptsächlich qualifizierte Beschäftigte gesucht. Das hat sich grundlegend geändert. Alle Qualifikationsniveaus sind jetzt dringend gefragt,“ so Bielfeldt. Ungelernte ohne Berufsabschluss werden mittlerweile von mehr als jedem vierten Unternehmen (27 %) gesucht.
Vorn liegt allerdings weiterhin die duale Berufsausbildung: 52 Prozent der Unternehmen bemühen sich, Fachkräfte mit entsprechenden Kompetenzen einzustellen. Auf der Wunschliste stehen aber auch akademische Qualifikationen (Hochschul-/Fachhochschulabschluss) mit 46 Prozent. Fachwirte oder Fachwirtinnen bzw. Meisterinnen oder Meister wer-den von 43 Prozent der Unternehmen gesucht.
Da im Inland derzeit kaum Arbeitskräfte zu finden sind, haben sich viele Unternehmen bereits nach Arbeitskräften im Nicht-EU-Ausland umgesehen. In der Praxis stößt das auf verschiedene Probleme, die mit dem neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz, dessen Regelungen ab November nach und nach in Kraft treten, angegangen werden sollen. Die IHK-Umfrage zeigt, wo es aus Sicht der Unternehmen fehlt. 40 Prozent der Unternehmen benötigen bei den Kandidaten und Kandidatinnen bessere Sprachkenntnisse. In zweiter Linie braucht gut jedes dritte Unternehmen (35 %) eine Vereinfachung und Beschleunigung der bürokratischen Verfahrensregeln. Immerhin jedes fünfte Unternehmen (20 %) benötigt eine bessere Unterstützungsstruktur, sprich Beratung von der Arbeitsagentur und anderen Institutionen.
Die Unternehmen haben aber auch klare Vorstellungen, welche Folgen der Arbeitskräftemangel für ihr Unternehmen hat. Deutlich an der Spitze liegen gleichauf steigende Arbeitskosten und eine Mehrbelastung der vorhandenen Arbeitskräfte (je 69 %). Immerhin auf Rang 3 folgen für 35 Prozent der Unternehmen eine verstärkte Automatisierung und Digitalisierung. Eine bedeutende Folge des Arbeitskräftemangels ist zudem, dass knapp jedes vierte Industrieunternehmen in diesem Zusammenhang über Verlagerungen ins Ausland nachdenkt. Für einen kleinen Teil der Unternehmen (4 %) kann ein Arbeitskräftemangel schließlich sogar zur Betriebsaufgabe oder zum Verkauf des Unternehmens führen.

An der IHK-Konjunkturumfrage zum Herbst 2023 haben sich 454 Unternehmen aus der Wirtschaftsregion Hannover beteiligt.