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Handlungsfelder aus Sicht der IHK Hannover
Wo besteht Handlungsbedarf?
- 1. Effiziente Klimaschutzmaßnahmen nutzen
Ziel muss es sein, die internationalen, deutschen und niedersächsischen Klimaschutzziele und Emissionsreduzierungen mit einem möglichst guten Kosten-Nutzen-Verhältnis zu erreichen. Maßnahmen und Instrumente sollten auf ihre ökologische und ökonomische Effektivität und Effizienz geprüft und danach ausgewählt werden.
Der europäische Emissionshandel hat sich als effizientes Klimaschutzinstrument zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes bewährt. Über 60 Prozent der befragten Unternehmen des IHK-Energiewende-Barometers 2021 bestätigen, dass der Emissionshandel das Leitinstrument zur Erreichung der Klimaschutzziele bleiben soll. Des Weiteren sprechen sich die Unternehmen dafür aus, dass die Bundesregierung mehr für die Erreichung der Klimaziele tun sollte. Leitprinzipen sollten dabei Wirtschaftlichkeit und Technologieoffenheit sein. - 2. Zielgerichtete Fördermaßnahmen
Es ist wichtig, die Unternehmen auf ihrem Weg zur Klimaneutralität umfassend zu begleiten. Hier ist neben der finanziellen Unterstützung auch das entsprechende Know-how bereitzustellen. Die Förderung einer Maßnahme sollte in Bezug mit dem damit verbundenen Beitrag für den Klimaschutz, beispielsweise den einhergehenden CO2-Einsparungen, gebracht werden. Die Überlegungen könnten in Richtung eines Bonussystems gehen, über das auf die eingesparte Energie ein bestimmter Betrag zurückvergütet wird.
- 3. Klimaschutz ist gesamtgesellschaftliche Aufgabe
Klimaschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Auch die niedersächsischen Unternehmen haben ihre Emissionen in den letzten Jahrzehnten signifikant reduziert. Der Weg zur Klimaneutralität 2045 erfordert aber weiterhin ein engagiertes und nachhaltiges Vorgehen. Dafür sind die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, ihre Innovationskraft, Beschäftigung und Wohlstand, gesundes Wachstum und die Generationengerechtigkeit zu erhalten sowie ein sozialer Ausgleich notwendig.
- 4. Strom und Energie müssen bezahlbar bleiben
Um die Klimaschutzziele ökonomisch verantwortungsvoll erreichen zu können, sind die staatlichen Belastungen konsequent und kontinuierlich zu überprüfen. Voraussetzung, dass die notwendigen Investitionen in die Zukunft erfolgen können, ist, dass die Unternehmen auch in die Lage versetzt werden, diese zu tragen. Die Entscheidung, dass die EEG-Umlage ab dem 1. Juli 2022 entfällt und die Finanzierung über den Bundeshaushalt erfolgt, ist vor dem Hintergrund der starken Energiepreissteigerungen der letzten Monate ein richtiger Schritt, aber es bedarf dringend weiterer Entlastungen, wie zum Beispiel die Stromsteuer von 2,05 Cent auf das europäische Mindestmaß von 0,05 ct/kWh möglichst stark zu senken oder einen Zuschuss zu den Netzentgelten aus dem Bundeshaushalt zu gewähren.
- 5. Betriebliche Klimaschutzmaßnahmen unterstützen
Klimaneutralität des eigenen Unternehmens – das haben schon jetzt mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen des IHK-Energiewende- Barometers 2021 als Ziel. Hemmnisse sind für die Unternehmen vorwiegend fehlende finanzielle oder personelle Ressourcen. Deshalb gilt es gerade jetzt und umso mehr vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine, die Unternehmen mit staatlichen Anschub- bzw. Unterstützungsmaßnahmen
bei ihren Anstrengungen zu unterstützen, ihren Energieverbrauch möglichst schnell und stark zu reduzieren, um so den nationalen Energiebedarf zu verringern und die Abhängigkeit von ausländischen Energieimporten zu vermindern. - 6. Klimaneutrale Produkte und Prozesse
Die Entwicklung klimaneutraler Produkte und Prozesse bietet der Wirtschaft Chancen, neue Märkte zu erschließen und die Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu stärken. Der Export von modernen Klimaschutztechnologien in Entwicklungs-, Schwellen- und andere Länder sollte unterstützt werden, damit die Technologien auch dort zum Klimaschutz beitragen können.Produkte und Materialien sollten außerdem so lange wie möglich genutzt, wiederverwendet, repariert und recycelt werden (Circular Economy), um das Klima zu schützen und die Energieversorgungssicherheit zu verbessern.
- 7. Erneuerbaren-Offensive
Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien muss erheblich ausgebaut werden, da für die Klimaneutralität ein Ausbau der Stromerzeugungskapazitäten von etwa 40 Prozent bis 2030 als notwendig erachtet wird. Der Staat ist daher gefordert, den Bau der notwendigen
Infrastruktur, unter anderem Strom-, Gas- und Wasserstoffleitungen und Speicherkapazitäten, stark zu unterstützen. Zur Beschleunigung des Ausbaus sollten auch alternative Ideen, wie zum Beispiel die Anmietung von Dachflächen zur Errichtung von Photovoltaikanlagen in die Überlegungen aufgenommen werden.Momentan befindet sich zum Beispiel die Offshore-Windenergie oftmals bei der Verteilung der Flächen in der Nord- und Ostsee in einem Konkurrenzverhältnis zu anderen Nutzungsformen (Schifffahrt, Tourismus, Fischerei, Militär, etc.). - 8. Schnellere Anlagengenehmigungen
Bessere, einfachere und schnellere Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen und andere erneuerbare Energien sind unverzüglich umzusetzen. Dazu können nach Prüfung diese Maßnahmen beitragen:
- Bereitstellung und Sicherung von Flächen bzw. Flächenquoten für die Windenergie (2 bis 2,5 Prozent — aktuell 0,9 Prozent),
- ein befristeter Vorrang für erneuerbare Energien – Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien ist im öffentlichen Interesse,
- pauschale Höhen- und Abstandsregelungen zur Wohnbebauung überprüfen, anpassen bzw. aufheben,
- die erhebliche Verbesserung der personellen und technischen Ausstattung der Behörden einschließlich Projektmanagerinnen und Projektmanagern,
- eigenes Verfahrensrecht für das Repowering von Anlagen sowie
- die Digitalisierung und Modernisierung der Planungs- und Genehmigungsverfahren.
Des Weiteren sollte bereits zu Beginn die betroffene Bevölkerung in Projekte eingebunden werden. Modellprojekte zeigen, dass es am unproblematischsten verläuft und die Verfahren beschleunigt werden, wenn die betroffenen Kommunen durch die Anlagen einen wirtschaftlichen
Nutzen erhalten, der im Optimalfall bei jedem einzelnen Bürger und jeder Bürgerin ankommt oder zumindest wahrgenommen wird. - 9. Planungssicherheit
Investitionsentscheidungen in Energieerzeugungsanlagen, Kraftwerke und Stromleitungen sowie energieintensive Anlagen wirken sich langfristig aus.
Die Energiewende und der Ausbau der erneuerbaren Energien erfolgen von vielen Akteuren, nicht zuletzt aber zu einem hohen Anteil von Unternehmen. Für sie besteht die Notwendigkeit der Planungssicherheit und Vorhersehbarkeit des politischen Handelns. - 10. Importabhängigkeit reduzieren
Eine Versorgungssicherheit kann durch Lieferungen von Energierohstoffen (Erdöl, Erdgas, Kohle etc.) aus Russland nicht mehr gewährleistet werden. Daher sind Vorkehrungen notwendig, damit notfalls heimische erneuerbare Energien und zusätzliche Lieferquellen für Erdgas, Flüssigerdgas (LNG) etc. als Ersatz dienen können.Der Neubau von LNG-Terminals spielt hierfür eine wichtige Rolle. Hier sollte im europäischen Maßstab gedacht werden. Des Weiteren sind ein schneller Ausbau der nationalen Gasnetze und von Grenzkuppelstellen anzustreben sowie Sicherheits- und Solidaritätsmechanismen zu nutzen. So sollte beispielsweise vor staatlichen Notfallmaßnahmen die freiwillige Abschaltleistung von Unternehmen gegen Vergütung geprüft werden.Grundsätzlich sollten nach Möglichkeit regionale Lieferketten gestärkt werden, um Klimabelastungen durch unnötige Transportwege zu minimieren.
Kontakt
Dr. Mirko-Daniel Hoppe
Dr. Alexander Witthohn