Öffentliches Auftragswesen

Nachträglich eingereichte Referenzen sind für die Eignungsprüfung irrelevant

In einem Beschluss der Vergabekammer Sachsen wird geurteilt, dass, wenn ein Bieter nach Angebotsabgabe unaufgefordert weitere Referenzen vorlegt, diese nicht mehr für die Eignungsprüfung berücksichtigt, werden dürfen. Wenn ein Bieter seine Präqualifizierung erst nachträglich geltend macht, gilt dies auch für präqualifizierte Nachweise.
Deshalb sollten präqualifizierte Unternehmen dem Auftraggeber mit Angebotsabgabe eine Präqualifizierung (Urkunde/Datenbankzugangsdaten) auch dann angeben, wenn dies nicht explizit in der Bekanntmachung steht. Grundsätzlich müssen öffentliche Auftraggeber eine Präqualifizierung als Nachweis der Eignung akzeptieren. Versäumt es der Bieter jedoch, den Auftraggeber mit Angebotsabgabe über seine Präqualifizierung zu informieren, so sind die präqualifizierten Nachweise für die Prüfung irrelevant.
Auftraggeber sind an die Anforderungen in der Bekanntmachung gebunden und dürfen nach Angebotsöffnung keine unaufgefordert eingereichten Nachweise mehr berücksichtigen. Bieter sollten konkrete Eignungsanforderungen in der Bekanntmachung immer sorgfältig prüfen. Wenn konkrete inhaltliche Anforderungen an die Eignungsnachweise gestellt werden, sollten auch präqualifizierte Bieter die in der PQ-Datenbank hinterlegten Nachweise mit den Anforderungen des Auftraggebers abgleichen und ggf. dem Angebot ergänzende Nachweise hinzufügen.
Der Fall:
Ein öffentlicher Auftraggeber schreibt europaweit die Lieferung von CO2-Ampeln für Schulen in Sachsen aus. Gefordert ist der Nachweis von drei vergleichbaren Referenzprojekte aus den letzten drei Kalenderjahren. Im Rahmen einer Bieterfrage konkretisiert die Vergabestelle, dass für jedes einzelne Referenzprojekt die Liefermenge von mindestens 2000 zum Dauerbetrieb bestimmter Messgeräte nicht unterschritten werden dürfe.
Bieterin B gibt ein Angebot ab und benennt drei Referenzprojekte, ohne jedoch die konkrete Liefermenge mitzuteilen. Daraufhin fordert der Auftraggeber die Bieterin auf, ihre Angaben in Bezug auf die Liefermengen zu vervollständigen. B führt für die angegebenen Referenzen die jeweiligen Liefermengen an. Zudem fügt sie drei weitere Referenzprojekte mit einer jeweiligen Liefermenge von über 2000 CO2-Ampeln bei. Der Auftraggeber schließt das Angebot aus, da keine der im Angebot benannten Referenzen die geforderte Stückzahl erreiche. Die neu aufgeführten Referenzen wurden nicht berücksichtigt.
B rügt den Ausschluss des Angebots. Bereits die im Angebot genannten Referenzen seien technisch vergleichbar, auch wenn die Mindestliefermenge nicht erreicht worden sei. Mit weiteren Referenzen habe B zudem die Anforderung von 2000 Geräten pro Referenzauftrag nachgewiesen. B rügt außerdem, dass ihr Unternehmen präqualifiziert sei, der Auftraggeber jedoch von der gesetzmäßig gegebenen Möglichkeit, die Eignung mit einer Präqualifizierung nachzuweisen, keinen Gebrauch gemacht habe. Bei Einreichung der PQ-Urkunde hätte ein Ausschluss des Angebotes keine Grundlage gehabt. B stellt einen Nachprüfungsantrag vor der Vergabekammer.
Die Vergabekammer Sachsen lehnt ab, denn es liegt im Ermessen des Auftraggebers, hinsichtlich der zu vergebenden Leistung Leistungsinhalt und -umfang zu definieren und zu konkretisieren, also auch Mindestanforderungen festzulegen, wie es sich aus Art. 58 Abs. 5 RL 2014/24/EU ergibt. Bieter, die diese Mindestanforderungen nicht erfüllen, sind zwingend wegen fehlender Eignung auszuschließen.
B hat in ihrem Angebot an keiner Stelle auf die Präqualifizierung hingewiesen oder die PQ-Urkunde dem Angebot beigefügt. Hinsichtlich der Liefermenge erfüllt keine der dem Angebot beigefügten Referenzen die vom Auftraggeber festgelegten Mindestanforderungen von 2000 Geräten.
Die Möglichkeit zur Nachforderung (vgl. § 56 Abs. 2 VgV) gilt nur für fehlende Erklärungen und Nachweise. Nicht jedoch, wenn diese, wie in diesem Fall, in inhaltlicher Hinsicht nicht zu den Mindestvorgaben passen. Jede Vorlage weiterer passender Referenzen wäre eine Nachbesserung des Angebots. Eine Nachbesserung widerspricht den Grundsätzen der Transparenz und Gleichbehandlung aller Bieter, daher ist das Angebot auszuschließen.
Im Wesentlichen gilt dies auch für den nachträglich vorgebrachten Hinweis auf die Präqualifizierung. Im Rahmen der Prüfung des Angebots besteht für die Vergabestelle keine Verpflichtung und mangels Kenntnis auch keine Veranlassung, sich mit der Präqualifizierung von B auseinanderzusetzen.
Die Vergabekammer kommt zu dem Urteil, dass weder die nachträglich vorgelegten Referenzen noch die nachträglich geltend gemachte Präqualifizierung im Rahmen der Eignungsprüfung zu berücksichtigen waren. In beiden Fällen wäre dies eine unzulässige nachträgliche inhaltliche Änderung des Angebots. Die Prüfung der beruflichen und technischen Leistungsfähigkeit muss zwingend auf Grundlage der im Angebot abgegebenen Referenzen erfolgen. Da diese die geforderte Mindestliefermenge nicht erreichten, waren sie nicht vergleichbar und das Angebot somit auszuschließen.
  • VK Sachsen, Beschluss vom 25.04.2023 (Az.: 1/SVK/010-23)
Quelle: Auftragswesen AKTUELL 07-05/24 der Auftragsberatungsstellen und IHKs in Deutschland
Stand: 23.10.2024