Recht und Steuern

Abrechnung von Dienstleistungen ins Ausland

Werden Dienstleistungen ins Ausland erbracht, stellt sich unter anderem die Frage, in welchem Land diese umsatzsteuerlich erfasst werden und wie die Rechnungsstellung auszusehen hat. Die folgenden Ausführungen geben einen Überblick über die umsatzsteuerliche Behandlung von Dienstleistungen, die an unternehmerische Leistungsempfänger im Ausland erbracht werden (B2B).

1. Grundregel

Wird eine sonstige Leistung (Dienstleistung) an einen Unternehmer für sein Unternehmen erbracht, ist der Ort der Leistung dort, wo der Leistungsempfänger sein Unternehmen betreibt (§ 3a Abs. 2 Satz 1 Umsatzsteuergesetz, UStG). Dies gilt entsprechend, wenn die sonstige Leistung an eine Betriebsstätte des Leistungsempfängers ausgeführt wird.

1.1. Umsatzsteuerliche Behandlung im Ausland

Europäische Union (EU):
Auf Basis der europäischen Mehrwertsteuersystem-Richtlinie wird in allen Mitgliedstaaten der EU beim Bezug von Leistungen, die der Grundregel unterfallen, das Reverse-charge-Verfahren angewendet. Danach berechnet der Leistungsempfänger unter Anwendung des Steuersatzes seines Landes die Steuer selbst, deklariert den Betrag gegenüber seinem Finanzamt und zieht ihn unter den allgemeinen Voraussetzungen als Vorsteuer ab. Der Ausweis ausländischer Umsatzsteuer beziehungsweise die umsatzsteuerliche Registrierung des leistenden Unternehmers im Ausland ist daher nicht erforderlich.

Drittland:

Sitzt der Leistungsempfänger im Drittland, ist die Beurteilung der Situation schwieriger, weil es anders als in der EU keine einheitliche Rechtsgrundlage gibt. Die Umsatzsteuersysteme der Drittlandstaaten unterscheiden sich insoweit zum Teil wesentlich. In manchen Drittländern wird ein vom Verfahren her des Reverse-charge ähnliche Praxis angewandt. So ist zum Beispiel in der Schweiz der Dienstleistungsempfänger Steuerschuldner für die meisten von ausländischen Unternehmern an ihn erbrachten sonstigen Leistungen (Bezugsteuer). Zu beachten ist, dass der Umsatz des deutschen Unternehmers nicht erfasst wird, wenn er nach dem Umsatzsteuerrecht des Drittstaates kein Steuergegenstand ist oder kein vergleichbares Besteuerungssystem besteht. Im Übrigen kann nur ein Blick ins jeweilige nationale Recht Sicherheit über die Behandlung der jeweiligen Leistung im Drittland geben. Erste Ansprechpartner hierfür können die deutschen Auslandshandelskammern vor Ort sein (https://www.ahk.de/).

1.2. Rechnungsstellung

Bei der Rechnungsstellung sind zusätzliche Angaben erforderlich.

Europäische Union (EU):

Wer über eine Leistung abrechnet, die aufgrund der Grundregel im EU-Ausland steuerbar ist, muss folgende Angaben zusätzlich in die Rechnung aufnehmen:
  • Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) des Leistungserbringers,
  • USt-IdNr. des Leistungsempfängers,
  • Hinweis auf Umkehr der Steuerschuld gemäß § 14a Abs. 1 UStG: „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ (Übersetzungen dieses Hinweises in die EU-Landessprachen siehe Umkehr der Steuerschuld: Hinweis in Landessprache)

Drittland:

Werden entsprechende Leistungen an einen im Drittland ansässigen Kunden erbracht, richtet sich die Rechnungsstellung aufgrund der Steuerbarkeit im Drittland formal nach den Regeln im Drittland. Auch wenn aus deutscher Sicht keine verpflichtenden Sonderangaben bestehen, empfiehlt es sich in diesen Fällen einen klarstellenden Hinweis aufzunehmen, dass es sich um einen nicht im Inland steuerbaren Umsatz handelt, zum Beispiel „nicht im Inland steuerbare Leistung“.

1.3. Umsatzsteuervoranmeldung

Die sonstigen Leistungen an Unternehmen im Ausland müssen in der Umsatzsteuervoranmeldung gesondert gemeldet werden. Für die Umsatzsteuervoranmeldung 2024 gilt folgende Differenzierung:
  • Leistungen, die nach der Grundregel in der EU steuerbar sind, müssen in Zeile 34, Kennziffer 21 (nicht steuerbare sonstige Leistungen gem. § 18b Satz 1 Nr. 2 UStG) erfasst werden.
  • Leistungen, die nach der Grundregel im Drittland steuerbar sind, müssen in Zeile 35, Kennziffer 45 (übrige nicht steuerbare Umsätze (Leistungsort nicht im Inland)) erfasst werden.

1.4. Zusammenfassende Meldung

Zur Überprüfung, ob der steuerfreien Abrechnung von in die EU erbrachten Leistungen auf der Seite des Leistungsempfängers eine Versteuerung des Leistungsbezugs gegenüber steht, sind Leistungen, die nach der Grundregel in der EU steuerbar sind, in der Zusammenfassenden Meldung (ZM) anzugeben.
Die ZM ist quartalsweise an das Bundeszentralamt für Steuern abzugeben und zwar jeweils bis zum 25. des Folgemonats der Ausführung der Leistung. Wer die ZM zeitgleich mit den innergemeinschaftlichen Lieferungen monatlich abgeben möchte, kann dies (freiwillig) tun. Weitergehende Informationen sind auf der Homepage des Bundeszentralamts für Steuern abrufbar.
Beachte: Im Drittland steuerbare Leistungen sowie in der EU steuerbare Leistungen, die nicht nach der Grundregel, sondern nach einer Ausnahmeregelung in der EU steuerbar sind, werden nicht in der ZM gemeldet.

1.5. Nachweis der Unternehmereigenschaft

Die Unternehmereigenschaft des Leistungsempfängers ist nachzuweisen. Die Frage, wie sich die Finanzverwaltung den Nachweis dieser Voraussetzungen vorstellt, ist im Abschnitt 3a.2 Abs. 9 bis 12 Umsatzsteueranwendungserlass (UStAE) niedergelegt.

Unternehmen mit Sitz in der EU:

Verwendet der Leistungsempfänger gegenüber seinem Auftragnehmer eine ihm von einem Mitgliedstaat erteilte USt-IdNr., kann dieser regelmäßig davon ausgehen, dass der Leistungsempfänger Unternehmer ist und die Leistung für dessen unternehmerischen Bereich bezogen wird. Voraussetzung ist, dass der leistende Unternehmer die Gültigkeit der USt-IdNr. sowie den Namen und die Anschrift der Person, der die USt-IdNr. von einem anderen Mitgliedstaat erteilt wurde, prüft. Die qualifizierte Bestätigungsabfrage kann auf der Homepage des Bundeszentralamts für Steuern eingeleitet eingeleitet werden.

Unternehmen mit Sitz im Drittland:

Der Nachweis kann durch eine Unternehmerbescheinigung einer Behörde des Sitzstaates geführt werden. Die Bescheinigung sollte inhaltlich der Unternehmerbescheinigung nach § 61a Abs. 4 Umsatzsteuerdurchführungsverordnung entsprechen (siehe Muster USt 1 TN).
Erbringt der leistende Unternehmer gegenüber einem im Drittlandsgebiet ansässigen Auftraggeber eine sonstige Leistung i.S.d. § 3a Abs. 4 Satz 2 UStG (Katalogleistung), ist kein besonderer Nachweis der Unternehmereigenschaft erforderlich, da auch Katalogleistungen, die an Nichtunternehmer mit Sitz im Drittland erbracht werden, im Drittland steuerbar sind.
Soweit es sich bei der erbrachten Leistung um eine Leistung handelt, die mit hoher Wahrscheinlichkeit für den privaten Gebrauch des Unternehmers oder seines Personals erbracht wird, genügt es nicht, wenn allein die USt-IdNr. oder der Status als Unternehmen nachgewiesen wird. Vielmehr muss der leistende Unternehmer über ausreichende Informationen verfügen, die eine Verwendung spezifisch für unternehmerische Zwecke bestätigen. Hierfür nennt die Finanzverwaltung eine Erklärung des Leistungsempfängers, mit der dieser die unternehmerische Verwendung bestätigt. Die Leistungen, für die die Finanzverwaltung insbesondere davon ausgeht, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht unternehmerisch bezogen werden, zählt das Bundesfinanzministerium in Abschnitt 3a.2 Abs. 11a UStAE auf.
Beispiel:
Der in Deutschland ansässige EDV-Berater berät ein Unternehmen mit Sitz in Österreich. Die qualifizierte Bestätigungsabfrage der USt-IdNr. des österreichischen Unternehmens beim Bundeszentralamt für Steuern war erfolgreich.
Die sonstige Leistung ist am Ort des Auftraggebers (Österreich) steuerbar. Dies gilt auch dann, wenn die Tätigkeit überwiegend in Deutschland im Büro des EDV-Beraters ausgeführt wird.
Die Rechnung an den österreichischen Unternehmenskunden ist ohne Umsatzsteuer auszustellen. In die Rechnung nimmt der EDV-Berater neben den allgemeinen Angaben seine USt-IdNr., die USt-IdNr. des österreichischen Kunden sowie den Hinweis „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ auf.
Zudem meldet er die an den Kunden erbrachte Beratungsleistung in der Zeile 34 (Kennziffer 21) der Umsatzsteuervoranmeldung und in der ZM.

2. Ausnahmen

Für bestimmte sonstige Leistungen ergeben sich besondere Orte der Steuerbarkeit. Hier die wichtigsten Ausnahmen:

2.1. Grundstücksleistungen

Sonstige Leistungen, die sich auf ein Grundstück beziehen, werden dort umsatzsteuerlich erfasst, wo das Grundstück liegt. Die sonstigen Leistungen, die hierunter fallen, sind vielfältig. Hierzu zählen zum Beispiel Vermietungsleistungen, die Begutachtung von Grundstücken, das Erstellen von Bauplänen sowie Maklertätigkeiten. Ebenso fallen hierunter auch grundstücksrelevante Bau- und Montageleistungen oder Übernachtungen im Hotel. Die genaue Abgrenzung muss im Einzelfall sorgfältig vorgenommen werden.

2.1.1. Rechnungsstellung

Grundstücksleistungen, die sich auf ausländische Grundstücke beziehen, sind aufgrund der Steuerbarkeit im Ausland ausnahmslos ohne deutsche Umsatzsteuer abzurechnen. Dies gilt auch dann, wenn derartige Umsätze an im Inland ansässige Unternehmer abgerechnet werden, so zum Beispiel, wenn ein in Deutschland ansässiger Subunternehmer für einen ebenfalls in Deutschland ansässigen Generalunternehmer im EU-Ausland einen Erdaushub vornimmt. Wird dies nicht beachtet und mit deutscher Steuer abgerechnet, besteht für den Rechnungsempfänger kein Vorsteuerabzug, da es sich in diesem Fall um unberechtigt ausgewiesene Umsatzsteuer handelt.
Für diese Umsätze muss vielmehr die ausländische Umsatzsteuer des Landes in Rechnung gestellt werden, in dem das Grundstück liegt. Die Umsatzsteuer wird vom leistenden (und Rechnung stellenden) Unternehmer auch geschuldet. Hierfür ist die vorherige steuerliche Registrierung des leistenden Unternehmers im entsprechenden Land erforderlich. Teilweise sehen Staaten zwar auch hier eine Vereinfachung entsprechend der Steuerschuldverlagerung im Rahmen des Reverse-charge-Verfahrens oder in ähnlicher Weise vor. Dies bedarf jedoch einer genauen Prüfung im nationalen Steuerrecht des Belegenheitsorts, da EU-rechtlich eine solche Vereinfachung nicht zwingend vorgeschrieben ist. Für die weiteren Einzelheiten sollte fachkundiger Rat vor Ort, zum Beispiel die Auskunft der zuständigen ausländischen Steuerbehörde, eingeholt werden.

2.1.2. Umsatzsteuervoranmeldung

In der Umsatzsteuervoranmeldung 2024 ist der entsprechende Umsatz in der Zeile 35 (Kennziffer 45), "Übrige nicht steuerbare Umsätze (Leistungsort nicht im Inland)" zu melden. Eine Meldung in der ZM erfolgt auch bei EU-Kunden nicht.

2.2. Einräumung von Eintrittsberechtigungen

Eine Sonderregelung gilt für Eintrittsberechtigungen für kulturelle, künstlerische, wissenschaftliche oder ähnliche Leistungen, auch für Eintrittsberechtigungen bei Messen und Ausstellungen (§ 3a Abs. 3 Nr. 5 UStG). Entsprechende Leistungen sind dort steuerbar, wo die „Eintrittsberechtigung“ vermittelt wird, also dort, wo die Veranstaltung stattfindet (Veranstaltungsortprinzip).

2.2.1. Rechnungsstellung

Entsprechende im Ausland erbrachte Leistungen sind aufgrund der Steuerbarkeit im Ausland ohne deutsche Umsatzsteuer abzurechnen. Das gilt wie bei den Grundstücksleistungen auch dann, wenn die Leistungen für inländische Kunden erbracht werden, so zum Beispiel, wenn ein Konzertanbieter mit Sitz in Deutschland ein Konzert im EU-Ausland veranstaltet und hierfür auch an Kunden mit Sitz in Deutschland Eintrittskarten verkauft. Wird dies nicht beachtet und mit deutscher Steuer abgerechnet, besteht für den Rechnungsempfänger kein Vorsteuerabzug, da es sich in diesem Fall um unberechtigt ausgewiesene Umsatzsteuer handelt. Auch für diese Umsätze muss grundsätzlich die ausländische Umsatzsteuer des Landes in Rechnung gestellt werden, in dem die Veranstaltung stattfindet, und diese auch abgeführt werden. Voraussetzung hierfür ist wiederum die vorherige steuerliche Registrierung im entsprechenden Land. Für Details sollte die Rechtlage vor Ort abgeklärt werden.
Beachte: Bei Online-Teilnahme des Leistungsempfängers bestimmt sich der Leistungsort nach der unter Ziffer 1 beschriebenen Grundregel, das heißt danach, wo der Leistungsempfänger seinen Sitz hat. Grund dafür ist, dass eine Veranstaltung im Sinne des § 3a Abs. 3 Nr. 5 UStG die physische Anwesenheit des Leistungsempfängers erfordert (vgl. Abschnitt 3a7a. Abs. 1 Satz 4 UStAE).

2.2.2. Umsatzsteuervoranmeldung

In der Umsatzsteuervoranmeldung 2024 ist der entsprechende Umsatz in der Zeile 35 (Kennziffer 45), „Übrige nicht steuerbare Umsätze (Leistungsort nicht im Inland)“ zu melden. Eine Meldung in der ZM erfolgt auch bei EU-Kunden nicht.

2.3. Weitere Ausnahmen

Folgende weitere wesentliche Ausnahmen sind zu nennen:
  • Restaurant- und Verpflegungsleistungen sind dort steuerbar, wo sie erbracht werden. Das heißt, beim Essen im Restaurant in Deutschland fällt deutsche Umsatzsteuer an. Wer hingegen in Frankreich essen geht, wird mit französischer Steuer belastet.
  • Kurzfristige Vermietungen von Beförderungsmitteln sind dort steuerbar, wo das Beförderungsmittel tatsächlich zur Verfügung gestellt wird. Der kurzfristige Zeitraum wird dabei mit einem Zeitraum von 30 Tagen ununterbrochenen Besitzes (bei Wasserfahrzeugen 90 Tagen) definiert. Wer also in Paris am Flughafen einen Mietwagen für eine kurze Geschäftsreise übernimmt, wird hierfür mit französischer Steuer belastet. Werden Fahrzeuge hingegen über die genannten 30 Tage hinaus gemietet oder geleast, gilt die Grundregel. Nach dieser kommt es für die Steuerbarkeit auf den Sitz des Leistungsempfängers an.
  • Personenbeförderungen werden nach der zurückgelegten Beförderungsstrecke beurteilt. Dies bedeutet, dass ggf. eine Aufteilung nach Streckenanteilen vorzunehmen ist.
  • Güterbeförderungen bzw. Arbeiten und Begutachtungen beweglicher Gegenstände, die im Drittland genutzt oder ausgewertet werden, sind abweichend von der ansonsten geltenden Grundregel im Drittland steuerbar.
Beispiele:
Unternehmer DE beauftragt den Transporteur T eine Maschine direkt von seinem chinesischen Vorlieferanten CN1 an seinen chinesischen Kunden CN2 innerhalb Chinas zu befördern. Die Beförderungsleistung des Transporteurs T ist, da sie nur im Drittland genutzt bzw. ausgewertet wird, abweichend von der Grundregel in China steuerbar.

Unternehmer DE beauftragt seinen japanischen Subunternehmer Sub-JP vor Ort eine Reparatur an der von DE gelieferten (beweglichen) Maschine bei seinem japanischen Kunden K-JP vorzunehmen. Die Reparaturleistung ist, da sie nur im Drittland genutzt bzw. ausgewertet wird, abweichend von der Grundregel in Japan steuerbar. Dies würde auch dann gelten, wenn zur Ausführung ein deutscher Subunternehmer mit der Reparaturleistung in Japan beauftragt würde.
Stand: 23.07.2024