Online-Shops: Unterschiedliche Widerrufsbelehrungen zulässig

Vor Abgabe seiner Vertragserklärung muss der Verbraucher in einem Onlineshop über das gesetzliche Widerrufrecht informiert werden. Führt ein entsprechender Hyperlink zu zwei unterschiedlichen Widerrufsbelehrungen, eine für Speditionsware, eine für Standardware, so ist nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Köln dennoch von einer ordnungsgemäßen Belehrung auszugehen (Urteil vom 23. April 2021 – AZ: 6 U 149/20). Die Widerrufsbelehrungen waren eingangs identisch gestaltet, wiesen aber unterschiedliche Regelungen in dem Teil „Folgen des Widerrufs“ darüber auf, wer die Kosten für die Rücksendung im Widerrufsfall zu tragen hatte:
  • Handelte es sich um Speditionsware, so wurde die Ware beim Kunden abgeholt und der Onlineshop trug die Kosten der Rücksendung.
  • Handelte es sich hingegen um Standardware, die als Paket versandt wurde, so hatte der Kunde für die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren aufzukommen.
Diese Vorgehensweise führte zu einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung. Ein Wettbewerbsverein vertrat die Auffassung, dass eine nach § 5a UWG unzulässige Irreführung durch Vorenthalten wesentlicher Informationen bezüglich des Widerrufsrechts vorlag. Der Wettbewerbsverein meinte, der Onlineshop müsse vor Abschluss des Kaufvertrages über die Zuordnung der Ware zur Speditionsware oder zur Standardware informieren und damit auch darüber, welche Widerrufsbelehrung einschlägig sei. Beanstandet wurden also nicht die Widerrufsbelehrungen als solche, sondern deren fehlende Zuordnung zu den Waren der Beklagten.
Das Gericht sah das anders. Eine Belehrung über die Ausübung des Widerrufsrecht ist ausreichend, wenn sie folgende Angaben enthält: Recht zum beliebigen Widerruf, Widerruf gegenüber dem Unternehmer ohne Angabe von Gründen, Name und Anschrift des Widerrufsempfängers, Widerrufsfrist, Beginn der Frist, Wahrung der Frist bereits durch Absendung der Widerrufserklärung, wesentliche Rechtsfolgen des Widerrufs. Über diese notwendigen Einzelheiten informierte der Onlineshop ordnungsgemäß.
Nach Art. 246a § 1 Absatz 2 Nr. 2 EGBGB muss gegebenenfalls zudem darüber informiert werden, dass der Verbraucher im Widerrufsfall die Kosten für die Rücksendung der Waren zu tragen hat, und bei Fernabsatzverträgen zusätzlich über die Kosten für die Rücksendung der Waren, wenn die Waren auf Grund ihrer Beschaffenheit nicht auf dem normalen Postweg zurückgesendet werden können. Auch diesen gesetzlichen Vorgaben genügte der Onlineshop: Der Verbraucher wurde informiert, dass er die Kosten für eine Rücksendung der Ware per Post zu tragen hat, bei Speditionsware dagegen der Onlineshop die Kosten für die Rücksendung selbst übernimmt. Das mit „nicht paketfähiger Waren (Speditionswaren)“ Ware gemeint ist, die aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht auf dem normalen Postweg zurückgesendet werden kann, ist für den angesprochenen informierten Durchschnittsverbraucher ohne weiteres ersichtlich. Über die Höhe der anfallenden Kosten bei Rücksendung der Waren auf dem normalen Postweg muss der Unternehmer nicht informieren. Angaben zur Höhe der Kosten, wenn die Ware aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht auf dem normalen Postweg zurückgesandt werden kann, bedarf es dann nicht, wenn – wie hier – der Unternehmer diese Kosten selbst übernimmt.
Eine Informationspflicht, dass der Onlineshop vor Abschluss des Kaufvertrages mitteilen muss, ob die Ware im Falle des Widerrufs auf normalem Postweg zurückgesendet werden kann, ergibt sich aus den vertragsrechtlichen Informationspflichten zum Widerrufsrecht nicht.
Die Widerrufsbelehrungen waren über einen einfachen Klick / Link zugänglich und zudem gut lesbar und inhaltlich verständlich und entsprachen mithin dem Transparenzgebot.
Nach § 5a Abs. 3 Nr. 5 UWG ist eine wesentliche Information (nur) das Bestehen eines Rechts zum Widerruf. Insoweit genügt der Hinweis auf das Bestehen des Rechts, Angaben über seine Ausübung sind nach § 5a UWG nicht erforderlich. Ob die Ware im konkreten Einzelfall noch per Post zurückgesandt werden kann, richtet sich schließlich nicht nur nach der Beschaffenheit/Größe der einzelnen Produkte, sondern auch nach der Gesamtbestellmenge. Der Verbraucher kann anhand der ihm zur Verfügung stehenden Produktinformationen auch zumindest in etwa abschätzen, ob ein Produkt noch per Post versandt wird. Dem Verbraucher ist zudem bewusst, welche Kosten auf ihn bei einem Widerruf und Rücksendung der Ware – maximal – zukommen können, nämlich allenfalls die eines großen Pakets und jedenfalls keine Speditionskosten.
Ob die einzelne Ware so beschaffen ist, dass sie noch als Paket per Post zurückgesandt werden kann, ist keine wesentliche Information i. S. d. § 5a UWG, die der Verbraucher benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
Stand: 20.10.2023