Haftung des Geschäftsführers trotz erteilter Entlastung?

Eine GmbH kann ihren Geschäftsführer trotz erteilter Entlastung auf Schadensersatz in Anspruch nehmen, jedoch nur wenn die die Haftung begründenden Tatsachen und Umstände für die Gesellschafter bei der Rechnungslegung des Geschäftsführers vor Erteilung der Entlastung nicht erkennbar waren. Das zeigt ein Urteil des Oberlandesgericht Brandenburg vom 24. Januar 2024. AZ: 7 U 2/23.
Der Fall: Der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH veranlasste eigenmächtig über Jahre hinweg zusätzlich zu seinem Gehalt diverse Zahlungen an sich selbst, um sein Geschäftsführergehalt zu erhöhen. Die Gesellschafterversammlung stellte in all den Jahren die Jahresabschlüsse fest und erteilte dem Gesellschafter-Geschäftsführer – mit Ausnahme der letzten zwei Jahre seiner Organstellung – Entlastung. Ob die Zahlungen in den Bilanzen der Jahresabschlüsse erkennbar waren, blieb zwischen den Parteien streitig.
Nach Abberufung und außerordentlicher Kündigung beschloss die Gesellschafterversammlung, den ehemaligen Gesellschafter-Geschäftsführer persönlich auf Rückzahlung in Anspruch zu nehmen. Dieser berief sich darauf, dass sein im Anstellungsvertrag vereinbartes Gehalt unangemessen niedrig und deshalb nichtig gewesen sei. Durch die zusätzlichen Zahlungen habe er insgesamt ein Gehalt bezogen, das dem Wert seiner Leistungen entsprochen habe. Deshalb sei der Gesellschaft kein Schaden entstanden. Des Weiteren sei seine Haftung aufgrund der ihm erteilten Entlastungen ausgeschlossen. Entsprechendes gelte für die letzten zwei Jahre seiner Organstellung als Geschäftsführer aufgrund der Billigung bzw. Feststellung der Jahresabschlüsse, in denen die Zahlungen jeweils erkennbar waren.
Das OLG Brandenburg gab dem Gesellschafter-Geschäftsführer teilweise Recht. Die eigenmächtigen Veranlassungen der Zahlungen seien zwar jeweils als Pflichtverletzung des Gesellschafter-Geschäftsführers einzustufen, da über die Höhe des Gehalts eines Geschäftsführers allein die Gesellschafterversammlung entscheide. Er war damit nicht berechtigt, seine Bezüge einseitig anzupassen, selbst wenn sein Gehalt objektiv betrachtet als unangemessen niedrig einzustufen ist.
Ein Rückzahlungsanspruch der Gesellschaft bestehe jedoch nicht mehr für die Jahre, für die dem Gesellschafter-Geschäftsführer Entlastung erteilt wurde. Inhaltlich seien von der Entlastung alle Geschäftsvorgänge erfasst, die für die Gesellschafter bei sorgfältiger Prüfung aufgrund der ihnen vorgelegten Unterlagen erkennbar waren. Das sei vorliegend der Fall gewesen. Die eigenmächtigen Zahlungen waren in den Bilanzen erkennbar. Dennoch wurde dem Gesellschafter-Geschäftsführer Entlastung erteilt.
Dies gelte jedoch nicht für die letzten beiden Jahre seiner Organstellung als Geschäftsführer, da hier keine Entlastung erteilt wurde. Zwar waren auch hier die Zahlungen in den Bilanzen der festgestellten Jahresabschlüsse Jahre erkennbar. Die Feststellung des Jahresabschlusses allein entfalte vorliegend aber keine entlastende Wirkung dergestalt, dass die eigenmächtigen Zahlungen von allen Gesellschaftern anerkannt und nicht zurückgefordert werden könnten. Die Gesellschafter geben mit der Feststellung des Jahresabschlusses im Hinblick auf Drittverbindlichkeiten lediglich eine Erklärung ab, welche Ausgaben tatsächlich getätigt worden sind. Dazu, ob die Höhe der Drittverbindlichkeiten angemessen war und ob wegen einer Überzahlung Rückforderungsansprüche der Gesellschaft bestehen können, enthalte der Jahresabschluss regelmäßig keine Angaben.
Stand: 10.06.2024