Gewerbemietrecht: Insolvenzgefahr schützt nicht vor Kündigung
Gibt eine GmbH an, dass ihr aufgrund einer vorzeitigen Kündigung des Vermieters eine Existenzgefährdung drohe, reicht das nicht, um dem Vermieter die Kündigung unter Berufung auf einen Schriftformmangel zu versagen. Das entschied das Kammergericht Berlin mit Urteil vom 7. November 2022, AZ: 8 U 157/21.
Der Fall: Zwischen den Parteien wurde schriftlich ein Mietvertrag über Gewerberäume geschlossen. Mieterin war eine GmbH. Die Vermieterin kündigte unter Berufung auf einen Schriftformmangel. Dagegen klagte die Mieterin. Es läge kein Schriftformmangel vor. Jedenfalls aber sei die Berufung auf eine Kündbarkeit wegen Formmangels treuwidrig. Aufgrund der kündigungsbedingten kurzfristigen Räumung würde die GmbH in derartige wirtschaftliche Bedrängnis geraten, dass eine Insolvenzeröffnung drohte. Die GmbH würde insoweit in ihrer Existenz gefährdet.
Das Kammergericht bejahte den Schriftformmangel. Der Einrede der Mieterin aus § 242 BGB wurde nicht gefolgt. Zwar stelle eine Existenzgefährdung einen möglichen Fall der Treuwidrigkeit dar. Allerdings lägen die hieran zu knüpfenden Voraussetzungen nicht vor. Es bedürfe eines schlechthin untragbaren Ergebnisses, welches über die regelmäßigen Folgen einer Kündigung hinausgehe. Dabei könne Bezugspunkt der Existenzgefährdung stets nur eine natürliche Person sein. Die GmbH als solche könne sich auf eine Gefährdung ihrer Existenz nicht berufen. Dieses Recht stehe allenfalls den hinter der GmbH stehenden Gesellschaftern als natürlichen Personen zu. Insoweit genüge eine drohende Insolvenzeröffnung einer Kapitalgesellschaft nicht, um eine für die Einrede aus § 242 BGB erforderliche gewichtige Existenzgefährdung zu begründen. Andernfalls bestünde die Möglichkeit der wirtschaftlich Berechtigten durch geschickte Wahl der Unternehmensform und der Kapitalausstattung in einer Art und Weise die Bejahung des § 242 BGB zulasten der Vermieter zu steuern, die unbillig erscheine.
IHK-Hinweis: Liegt im Rahmen eines Mietvertrages ein Schriftformmangel vor, so gilt der Mietvertrag nach § 550 BGB als für unbestimmte Zeit geschlossen und kann mit gesetzlicher Frist ordentlich gekündigt werden.
Stand: 03.05.2023