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Terrorismusbekämpfung betrifft Unternehmen

Die EG-Antiterrorismusverordnung untersagt Geschäftskontakte zu einzelnen Personen und Organisationen. Unternehmen werden damit zu umfangreichen Kontrollen verpflichtet.
Die Verordnung umfasst eine Liste von Terroristen und terroristischen Organisationen, zu denen keine Geschäftskontakte unterhalten werden dürfen. Damit ist ein Embargo nicht nur auf einzelne Länder fixiert, sondern kann überall in der Welt relevant werden. Die Verordnung verpflichtet alle Unternehmen höchst komplizierten Maßnahmen, um verbotene Geschäftskontakte zu erkennen und zu verhindern. Die Handels-, Finanz- und Zahlungsrestriktionen greifen tief in die Geschäftsabläufe ein.

Durch die Vorschriften ist der Handel schwieriger und unberechenbarer geworden. Alle Waren und Dienstleistungen können Genehmigungsvorbehalten oder Verboten unterliegen.

Nicht in allen Unternehmen sind offenbar die komplizierten Kontrollmechanismen eingerichtet worden. Die Probleme sind nachvollziehbar: Kontrollen gegenüber einzelnen Embargoländern oder bestimmten Embargowaren sind organisatorisch darstellbar und in der Vergangenheit auch erfolgreich praktiziert worden. Gegenüber länderunabhängig agierenden Personen und Organisationen sind die gleichen Kontrollen aber nur sehr schwer umsetzbar.

Der Erfassungsumfang der Antiterrorregelungen ist extrem weit:

Zwei EU-Verordnungen stehen beim Kampf gegen die Finanzen des internationalen Terrorismus im Blickpunkt: Die VO (EG) Nr. 2580/2001 und die VO (EG) Nr. 881/2002. Grundsätzlich haben beide Regelungen das gleiche Ziel (nämlich das Austrocknen der Finanzquellen von Terroristen), jedoch richten sie sich jeweils gegen unterschiedliche Gruppierungen. Die beiden Regelungen stehen nebeneinander, deswegen müssen beide parallel beachtet werden.

Auf die Anschläge des 11. September 2001 reagierte die EU zunächst mit der gegen Terror-Organisationen gerichteten Verordnung Nr. 2580/2001 vom 27. Dezember 2001. Diese Verordnung verbietet das „Zurverfügungstellen“ von Geldern, Finanzmitteln und Finanzderivaten an Terroristen und deren Organisationen, die jeweils in separaten Listen aufgeführt sind.

Im Gegensatz hierzu betrifft die VO (EG) Nr. 881/2002 ganz bestimmte im direkten Zusammenhang mit dem Anschlag des 11. September erkannte Personen und terroristische Organisationen. Die Verordnung hat Vorläufer, denn schon zuvor waren die terroristischen Aktivitäten Osama bin Ladens und seiner Organisation bekannt. Die Verordnung (EG) Nr. 881/2002 geht zurück auf die 2002 verabschiedete UN-Resolution 1390/2002. Diese benennt in umfangreichen Namenslisten Terroristen und terroristische Organisationen; diese Liste wird fortlaufend aktualisiert, was gleichzeitig die Grundlage für die Ergänzung der EG-Verordnung ist.
Das Bundeswirtschaftsministerium und das Auswärtige Amt sehen jede Warenlieferung als potenziell von der EG-Verordnung erfasst an. In diesem Sinne stellt das Merkblatt über Embargomaßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) fest: Weder direkt noch indirekt dürfen Terroristen und Terrorgruppen Gelder und wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Wirtschaftliche Ressourcen sind Vermögenswerte jeder Art, so dass die Verordnung auch die direkte oder indirekte Lieferung von Gütern verbietet.

Im Kern bedeutet das: Jede Lieferung in ein Drittland – egal ob in die Schweiz, nach Ägypten oder in die USA – muss daraufhin untersucht werden, ob der Empfänger eine Namensidentität zu einer in den Listen genannten Personen aufweist bzw. einem genannten Unternehmen nahe steht. Und diese Vorgabe gilt für alle Geschäfte, zum Beispiel auch bei der Lieferung von Kraftwerken, Maschinen, Flugüberwachungs- oder Kommunikationssystemen, Hausgeräten, Leuchten, Bauteilen, Schrauben und Kondensatoren. Aber auch alle Binnenmarkt- und Inlandsgeschäfte müssen geprüft werden, da sich die Verbote der Verordnungen eben nicht auf bestimmte Länder, Regionen oder Waren beziehen, sondern auf Personen und Organisationen. Ein verbotener Geschäftskontakt kann überall auf der Welt stattfinden, auch in Deutschland.

Die Umsetzung ist schwierig, weil die Namensliste, auf die sich die Verbotstatbestände beziehen, häufig recht allgemein gehalten ist und sich zusätzlich noch ständig ändert. Die Einträge in den Namenslisten wechseln zudem zwischen präzisen und völlig unpräzisen Angaben, die eine Vielzahl unbescholtener Kunden aus dem arabischen Raum zufällig treffen, aber auch Kunden aus Deutschland und der EU: Jeder unpräzise Listeneintrag führt dazu, dass weltweit mehrere Personen und Unternehmen mit zufällig gleichen Namen erfasst und unter Embargo gestellt werden.

Außerdem kommt hinzu, dass jegliche „finanzielle Zusammenarbeit“ mit den in den Terroristenlisten benannten Personen und Organisationen verboten ist. Das Embargo trifft Banken weltweit – zum Beispiel in Dubai, den Arabischen Emiraten, und auf den Bahamas – aber auch Organisationen und Unternehmen, etwa in den USA, in Schweden und in der Schweiz. Durch für die heute im Geschäft üblichen weit verzweigten Finanzierungssysteme besteht die Gefahr, an irgendeiner Stelle dieser Finanzkette eine namentlich genannte Person oder Organisation einzubinden und damit einen Embargoverstoß zu begehen.

Für den deutschen Außenhandel wird die Situation durch die Haltung der Bundesregierung noch kritischer, wonach auch Handelsgeschäfte in den Verbotskreis einbezogen sein sollen. Dies bedeutet nämlich, dass grundsätzlich bei jedem Geschäft - egal ob Handelskauf, Auslandslieferung oder Internetverkauf - die Gefahr besteht, dass zufällig eine Person oder Organisation der Antiterrorismuslisten oder nur eine namensidentische Person oder Organisation beliefert wird. Betroffen sind die unterschiedlichsten Bereiche des Unternehmens:

Finanzen/Buchhaltung

Das Einfrieren von Guthaben betrifft zunächst Banken und Finanzinstitute, bei denen entsprechende Konten eingerichtet sind, weiter aber auch jedes Unternehmen, das Kundengelder verwaltet, so es eine geleistete Vorkasse, eine Anzahlung oder auch eine Gutschrift. annimmt. Zahlungen oder sonstige Verfügungen zu Gunsten von den in Listen erfassten Personen oder Organisationen sind verboten.

Vertrieb

Vor dem Hintergrund der Auslegung, dass auch Handelsgeschäfte erfasst werden, kommt auf die Vertriebs- bzw. Auslandsabteilung erheblicher Aufwand zu, da jegliches Geschäft daraufhin überprüft werden muss, ob auf der Antiterrorismusliste verzeichnete Personen oder Organisationen in dieses Geschäft involviert sind.

Einkauf

Die Einkaufsabteilung muss verhindern, dass Warenankäufe bei Personen oder Organisationen der Antiterrorismusliste getätigt werden.

Service

Eine Kollisionsgefahr kann beim Service dann auftauchen, wenn gegenüber Kunden, die in der Antiterrorismusliste verzeichnet sind, etwa Gewährleistungs- oder Wartungsarbeiten erbracht werden.

Personal

Personalabteilungen müssen prüfen, ob (namensidentische) Personen im Unternehmen arbeiten. Dies gilt auch für Leihpersonal, Praktikanten, Austauschstudenten und Forschungspersonal.

Um noch einmal die Rechtslage deutlich zu machen: Es müssen zumutbare Maßnahmen ergriffen werden, die mit ausreichender Wahrscheinlichkeit sicherstellen, dass keine Verstöße fahrlässig oder vorsätzlich begangen werden. Diese Aufsichtspflichten treffen die für die Führung des Unternehmens verantwortlichen Personen. Das Ausmaß der Aufsichtspflicht hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere von der Größe und Organisationsstruktur des Unternehmens. Jedes Unternehmen muss also erforderliche und geeignete Maßnahmen ergreifen, um die Verbote der EG-Antiterrorismusverordnung zu beachteten. Im Einzelnen bedeutet dies, dass Unternehmen jeden Geschäftskontakt daraufhin überprüfen müssen, ob eine Identität bzw. Namensidentität mit Terroristen oder terroristischen Organisationen vorliegt. Die herausgefilterten „Treffer“ sind dann daraufhin zu untersuchen, ob es sich tatsächlich um einen Terroristen handelt (Verbot) oder lediglich um eine Namens-Dublette. Erst dann darf mit einer Lieferung/Leistung begonnen werden.

Ein Verstoß gegen die EG-Antiterrorismusverordnungen kann eine Straftat gemäß §§ 17 und 18 Außenwirtschaftsgesetz darstellen.

Da die Unternehmen über keinen eigenen Unternehmensgeheimdienst verfügen und die EG-Antiterrorismusverordnung wegen ihrer Komplexität als nicht vollständig umsetzbar gilt, besteht die große Gefahr, irrtümlich und unerkannt mit Personen in Geschäftskontakt zu treten, die in den UN- bzw. EU-Listen auftauchen. Allerdings ist auch die Wahrscheinlichkeit groß, an zufällig namensidentische Personen zu geraten.

Fehler bei der Umsetzung der EG-Antiterrorismusverordnung gefährden das Unternehmen durch:
  • die hohe Strafandrohung
  • die Umsatzabschöpfung
  • die Gefahr, dass das Unternehmen als unzuverlässig eingestuft wird
  • die Gefahr einer Eintragung in das Gewerberegister
Bei Betriebsprüfungen wird genau hingeschaut, welche vorbeugenden Maßnahmen im Unternehmen getroffen worden sind. Manche Unternehmen arbeiten inzwischen mit Softwarehäusern zusammen, die Programme zum Kundenstammabgleich anbieten. Dann könnte es allerdings bereits eine Zusammenarbeit mit kritischen Personen oder Organisationen gegeben haben. Andere Unternehmen sehen es als Lösung an, alle in den Listen genannten Personen und Organisationen mit den laufenden Änderungen/Ergänzungen im Kundenstamm zu erfassen und anschließend mit einem Sperrvermerk zu kennzeichnen.

Die manuelle Prüfung kann erfolgen über die Juris-Finanz-Sanktionsliste. Parallel dazu werden die EG-Verordnungen mit den jeweiligen Ergänzungen zuerst im Amtsblatt der EU veröffentlicht, und dann in die EU-Datenbank eingepflegt.
Stand: 14.08.2023