Lateinamerika
Mexiko: Botschafter berichtet in Hannover - Wirtschaftsforum Südamerika
Die Geschichte deutscher Unternehmen in Mexiko ist lang und alt. So ist Bosch zum Beispiel seit 1955 in Mexiko vertreten und beschäftigt heute an über 14 Standorten mehr als 17.200 Mitarbeitende. 1964 kam Volkswagen nach Mexiko, die ZF-Gruppe hat ihre Präsenz seit 1965 kontinuierlich ausgeweitet und ist heute mit 16 Werken und mehr als 25.000 Mitarbeitenden in verschiedenen Bundesstaaten des Landes aktiv. Allianz, Henkel oder Siemens können ebenfalls auf viele Jahre Mexiko zurückschauen. Und damit ist die Liste natürlich längst nicht erschöpft. Im Gegenteil – sie entwickelt sich ständig weiter, wird ergänzt um andere Namen aus den Bereichen Industrie 4.0., E-Health, KI und Co. Branchengrößen wie Festo oder Kuka zum Beispiel. Mittelständischen Betrieben, wie Schunk, Weltmarktführer für Greifsysteme und Spanntechnik, Schmalz und Zimmer Group als Anbietende von Automatisierungstechnik. Oder diversen deutschen Start-Ups mit oft digitalen Technologien, die mit etablierten deutschen Unternehmen wie Fresenius Medical Care, B Braun, Dräger, Siemens oder Zeiss im Medizintechnikbereich kooperieren und konkurrieren.
Rund 2300 Unternehmen aus der Bundesrepublik Deutschland sollen aktuell in Mexiko registriert sein. Noch mehr „Wumms“ in den deutsch-mexikanischen Beziehungen haben die Exportzahlen. Die deutschen Exporte nach Mexiko haben sich in den vergangenen Jahren merklich erhöht. Lässt man Europa einmal außen vor präsentiert sich Mexiko gleich nach den USA, China, der Republik Korea und Japan als wichtigster Absatzmarkt für deutsche Unternehmen im Ausland.
Kfz- und Kfz Zulieferindustrie, Maschinenbauer, Produzenten von Elektronik, Pharmazeutik, Flugzeugteilen, Lebensmitteln Konsumgütern – diese lieben Mexiko ganz besonders. Mexiko macht aber auch wirklich Sinn.
Mit einer Außenhandelsquote von rund 75 Prozent zählt Mexiko zu den offensten Volkswirtschaften weltweit. Ein nicht zu unterschätzender Bonus ist die Nähe zu den USA und das gemeinsame Freihandelsabkommen T-MEC mit den Amerikanern und Kanadiern. Neben vielen weiteren Freihandelsabkommen im Übrigen. Mit über 53 Nationen nach heutigem Stand.
Die, die sich hier niederlassen wollen, finden einen wettbewerbsfähigen Industriestandort mit guter Infrastruktur und einem großen Angebot von motivierten, gut ausgebildeten und technisch versierten Arbeitskräften. Die, die hierhin exportieren wollen, können hier die zweitgrößte Volkswirtschaft Lateinamerikas mit einem Binnenmarkt mit 130 Millionen Menschen bedienen. Einen der im Vergleich zu vielen anderen lateinamerikanischen Nachbarn auch kaufkräftig ist.
Zukunftsmusik
Das wirtschaftliche Wachstum Mexiko war in den vergangenen mit durchschnittlich zwei Prozent Wachstums zwar eher mäßig – doch Mexiko hat einige Trümpfe im Ärmel, die es bereits in diesem Jahr spielen kann.
Ein wichtiger ist seine Attraktivität für internationale Automobilbetriebe und deren Zulieferer. Mit rund 3,1 Millionen produzierten Autos im Jahr 2021 lag Mexiko nur knapp hinter Deutschland und damit auf Rang sieben der größten Fahrzeugbauer weltweit. Das könnte sich mit Blick auf jüngere Nachrichten aus der Branche bald ändern. Positiv ändern:
2024 sollen in Mexiko zum Beispiel die ersten Teslas vom Band rollen. Auch wenn man auf die endgültigen Genehmigungen zwar noch wartet, zweifelt inzwischen kaum noch jemand daran, dass Tesla in Santa Catarina, nahe der Hauptstadt des Bundesstaates Monterrey künftig sein „Fahrzeug der nächsten Generation“ produzieren wird. Vielleicht entsteht damit auch wirklich die weltweit größte Fabrik für die Produktion von Elektrofahrzeugen. Mit fünf Milliarden Dollar ist vieles möglich – auch die Fertigung von Komponenten wie Chips und Batterien in weiteren Ausbau-Phasen, von denen derzeit die Rede ist. BMW hingegen plant mit 800 Millionen Euro für die Produktion von vollelektrischen Autos in seinem mexikanischen Werk San Luis Potosi. Ein Großteil davon für ein Montagezentrum für Hochvoltbatterien. Rund 1000 neue Arbeitsplätze will der Autobauer damit in Mexiko schaffen. Die Erweiterung des Bosch-Werks in Querétaro, wo vor allem Mobilitätslösungen wie die elektronische Servolenkung (EPS), die über Fahrerassistenzfunktionen verfügen, hergestellt werden, ist ein weiteres Beispiel für die lebhafte Musik, die in Mexikos Automobilindustrie also sicher spielen wird.
Ein weiter Trumpf, den Mexiko spielen wird, ist seine Freundschaft, also die Themen „friendshoring“ und „nearshoring“. Auf der großen Suche nach neuen Handelspartnern ist Mexiko für viele Länder der Welt prädestiniert. Viele, die früher in China produzierten, ziehen angesichts der geopolitischen Spannungen zwischen den USA und China und der durch die COVID-19-Pandemie verursachten Unterbrechungen der globalen Lieferketten ihre Produktion von dort ab. Mexiko gilt vielen als möglicher Standort. Die Nähe zu den USA, die vielen Handelsabkommen, T-MEC – all dies hilft. Und für Deutschland ist Mexiko auch noch ein Partner, der – auch wenn es natürlich große Unterschiede in den Standards gibt – ähnliche Vorstellungen von Demokratie, Recht und Umweltschutz hat.
Neben den Konzernen oder teilweise auch wegen ihnen, werden in den nächsten Jahren aber vermutlich auch mehr und mehr junge und dynamische Technologieunternehmen ihren Weg in Mexiko machen. Mexiko hat mit Hilfe des Staates und privaten Investoren inzwischen ein hervorragendes Ökosystem für Start-Ups aufgebaut. In Mexiko-Stadt, León, Mérida, Nuevo Laredo, Querétaro. oder Guadalajara gibt hervorragende Universitäten, Campusse und Initiativen, die in diesem Bereich unterwegs sind.
Vielleicht nicht als Trumpf aber dennoch als Karte, wird Mexiko die Bereichen Wasser, saubere und erneuerbare Energien und nachhaltige Mobilität spielen. Weil die Zeit, hier etwas zu tun, drängt. Und obwohl Mexiko bisher ziemlich statt an seiner traditionellen Energiepolitik festzuhalten schien, kommt jetzt insbesondere mit dem Thema grüner Wasserstoff, einigen Projekte zur Anpassung an den Klimawandel, insbesondere in der Landwirtschaft, Leben in das Blatt.
Stand: 26.10.2023