Steuerrecht in den USA
Auf ein Gespräch zum Thema Steuern im US-Geschäft
Geschäfte bringen in der Regel nicht nur Geld, sondern müssen auch versteuert werden. Dies gilt auch für die Geschäfte deutscher Unternehmen im oder für den US-Markt. Wann welche Steuern zu zahlen sind, ist für deutsche Unternehmen nicht immer klar, da die steuerliche Beurteilung von US-Geschäften selten dem deutschen oder europäischen Ergebnis entsprechen.
Um Unternehmen für steuerliche Fragestellungen, die im Zusammenhang von Geschäften deutscher Unternehmen mit und in den USA auftauchen können, zu sensibilisieren hat die USA-Länderreferentin der IHK Hannover, Pia Homann, mit dem Steuer-Experten Maik Friebe ausgetauscht. Friebe ist Partner, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Certified Public Accountant bei Rödl & Partner in Atlanta.
Warum der Vergleich zwischen dem deutschen und amerikanischen Steuersystem hinkt
In den USA werden Steuern auf Landesebene (Federal Tax), Bundesstaatenebene (State Tax) und kommunaler Ebene (Local Tax) gezahlt. In Deutschland auch. Hierzulande liegt die Gesetzgebungshoheit vieler Unternehmenssteuern allerdings beim Bund. So gibt es beispielsweise für die Umsatzsteuer und Körperschaftssteuer landesweit eine einheitliche Regelung und auch die Gewerbsteuer, bei deren Höhe zwar zugegebenermaßen teilweise erhebliche regionale Unterschiede bestehen, ist klar im Bundesgesetz verankert. In den USA ist dies anders: Die 50 Bundesstaaten von Amerika können jeweils eigene Steuerbemessungsgrundlagen und Steuersätze erlassen beziehungsweise auch darauf verzichten. So gibt es teilweise nicht nur in der Höhe der Steuersätze, sondern auch in den Arten der Steuern erhebliche Unterschiede, die deutsche Unternehmen durchaus zu beachten haben.
Maik Friebe, Rödl & Partner
Maik Friebe ergänzt: „Das vermutlich prominenteste Beispiel für die Autonomie der Bundesstaaten ist die Umsatzsteuer. In Deutschland ist die Umsatzsteuer landesweit einheitlich geregelt – 19 oder 7 Prozent. Das gibt es in den USA nicht. Aber so etwas Ähnliches: Die Sales und Use Tax wird ebenso wie die Umsatzsteuer, als Verbrauchs- und Nutzungssteuer auf in der Regel alle Verkäufe von materiellen Gütern, also auch Warenlieferungen allerdings nur selten auch auf Dienstleistungen erhoben. Deutsche Unternehmen, die Produkte oder Dienstleistungen on- oder offline in den USA verkaufen, sind damit grundsätzlich erst einmal verpflichtet, die Sales Tax einzubehalten, an die US-Steuerbehörde zu melden und abzuführen, sofern die zu Grunde liegende Transaktion in dem Bundesstaat für Umsatzsteuerzwecke steuerbar ist. Und genau hier liegt der Hase im Pfeffer. Denn in den USA sind für die Erhebung der Sales Tax die einzelnen Bundesstaaten – jeder für sich selbst – verantwortlich. Und da gibt es in der Tat große Unterschiede. In Alaska, Oregon, Montana und einigen anderen Staaten gibt es beispielsweise überhaupt keine Sales Tax. In Colorado fällt sie mit 2,9 Prozent erheblich geringer aus als in Kalifornien mit derzeit 7,5 Prozent. Aber solche Unterschiede gibt es nicht nur bei der Sales Tax, sondern auch bei den Ertragssteuersätzen. Manche US-Bundesstaaten verdienen mit ihr ganz gut – anderen scheint sie überflüssig: In Washington gibt es keine Income Tax, in Hawaii zahlt man zwischen 1,4 und 11 Prozent, in Missouri nur zwischen 1,5 und 5,75 Prozent. Dann gibt es in manchen Bundesstaaten zum Beispiel eine sogenannte „Franchise Tax“. Eine Steuer, die Unternehmen zahlen, damit sie in bestimmten Bundesstaaten überhaupt geschäftlich tätig werden dürfen. Manchen ist sie als „Mindeststeuer“, anderen als „Privilegien-Steuer“ bekannt. So oder so – ein Äquivalent in Deutschland gibt es dazu nicht.“
Eine ganz normale Warenlieferung im B-2-B oder B-2-C-Geschäft:
„Unternehmen, die Ware von Deutschland in die USA exportieren, können diese als so genannte Ausfuhrlieferung aufgrund der Steuerbefreiungsregelung des § 4 Nr. 1a i.V.m. § 6 UstG grundsätzlich steuerfrei abrechnen, sofern die dafür entsprechenden Voraussetzungen gegeben sind. Nettorechnungen deutscher Unternehmen sind hier also keine Seltenheit. Aber ab einer bestimmten Höhe des Umsatzes oder der Anzahl von Transaktionen in einem bestimmten Zeitraum, der in der Regel ein Kalenderjahr umfasst, kann die Registrierung zur Sales Tax notwendig werden. In diesem Fall muss sie dann natürlich auf der Rechnung ausgewiesen und auch vom deutschen Unternehmen abgeführt werden. Im B-2-B Geschäft kann diese Regelung allerdings gegebenfalls durch ein sogenanntes Sales Tax Exemption Certificate des US-amerikanischen Kunden ausgesetzt werden. Dieses Zertifikat befreit deutsche Unternehmen de facto von einer Berechnung der Sales Tax.“ , erklärt Friebe.
Die umsatzsteuerliche Behandlung des Verkaufs von Waren über eine Internetplattform:
„Durch die Umsetzung der Marketplace Facilitator Laws ist das Umsatzsteuerverfahren in den USA für Online-Verkäufer und Verkäuferinnen in den letzten Jahren erleichtert worden. Im Fall von Amazon erfolgt die Sales Tax Erhebung durch Amazon direkt. Deutsche Anbietende müssen sich hier grundsätzlich also nicht um die Steuer kümmern, sich auch nicht registrieren oder ähnliches. Sorgfaltspflichten haben sie natürlich dennoch. Bei anderen virtuellen Handelsplattformen sowie dem eigenen Webshop ist es nicht ganz so einfach. Hier muss sich das Unternehmen selbst drum kümmern – also sich für die Sales Tax registrieren, sie erheben und auch abführen.“
Ein paar Anmerkungen zur Besteuerung von Dienstleistungen:
„Für Dienstleistungen, die ein deutsches Unternehmen in den USA erbringt, wird in der Regel erst einmal keine Sales Tax enthoben. Hier macht es auch keinen Unterschied, ob die Dienstleistung vor Ort – also in den USA – oder von Deutschland aus erbracht wird. Abweichungen von dieser Faustregel gibt es allerdings. So sind Computer Services in einigen Bundesstaaten „Sales Tax -pflichtig“ und in anderen Bundesstaaten wiederum nicht. Ebenso verhält es sich bei der Erbringung von Reparaturdienstleistungen.“
Was ist zu dem Stichwort „Sales Tax Thresholds“ zu sagen?
„Hier ist der Begriff des „economic nexus“ das Schlüsselwort. Das heißt, wenn der der jährliche Umsatz und bzw. oder das Transaktionsvolumen einen vom Bundesstaat festgelegten Schwellenwert, also den „economic nexus“ erreicht, dann wird sich das deutsche Unternehmen, das in diesem Bundesstaat Waren oder Dienstleistungen verkauft hat, registrieren müssen – ganz unabhängig von einer physischen Präsenz vor Ort, also beispielsweise einem Büro oder einer Tochtergesellschaft. Diese Gesetzgebung wird von den meisten US-Bundesstaaten inzwischen praktiziert – jedoch mit erheblichen Unterschieden in Bezug auf die Schwellenwerte. So sehen Texas und Kalifornien einen wirtschaftlichen Nexus erst ab einem Umsatz von US$ 500,000 vor. In Arizona oder Tennessee wird schon bei einem Umsatz von US$ 100,000 ein wirtschaftlicher Nexus erreicht – gleichgültig wie viele Transaktionen zu Grunde liegen. Ein Tipp aus der Praxis: Sobald ein Unternehmen absehen kann, dass die Schwelle in einem Bundesstaat erreicht werden könnte, sollte sich ein Sachverständiger den Sachverhalt genauer ansehen, um einen korrekten Umgang mit dieser Problematik festzulegen.“, erklärt Maik Friebe.
W-8BEN, WE-8BEN/E, W-IMY – Wer nicht schreibt, bleibt.
Immer häufiger finden Unternehmen diese Formulare den Auftragspapieren ihrer amerikanischen Kundinnen und Kunden beigefügt. Bei banalen Warenlieferungen ebenso wie bei der Auftragsvergabe für Dienstleistungen. Was steckt dahinter?
„Mit dem „Certificate of Foreign Status of Beneficial Owner for United States Tax Withholding“ sind US-Unternehmen gehalten, für bestimmte Zahlungen an ausländische Unternehmen eine etwaige Steuerpflicht dieser Unternehmen in den USA zu klären. Das erfolgt über eine Selbsteinordnung in die Klassifizierung des Gesetzes (FATCA - Foreign Account Tax Compliance Act), also dem Ausfüllen der W-8-Formulare. Hier gibt es unterschiedliche Formulare: W-8IMY für Personengesellschaften, W-8BEN-E für Kapitalgesellschaften und W-8BEN für Privatpersonen.Einkünfte, die in einem direkten Zusammenhang mit einer US-Geschäftstätigkeit stehen, sollten normalerweise nicht in den USA besteuert werden, das heißt in diesem Fall wäre ein deutsches Unternehmen prinzipiell nicht von den Melde- und Offenlegungspflichten gegenüber der US-Steuerbehörde betroffen, da Einkünfte, die in einem direktem Zusammenhang mit einer US-Geschäftstätigkeit stehen, normalerweise nicht in den USA besteuert werden. Das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und den USA weist in diesen Fällen das Besteuerungsrecht dem Ansässigkeitsstaat, demnach Deutschland, zu. Dies trifft auf etwa 60 Prozent der Exportunternehmen, die mich zu diesem Thema befragen, zu. Eine Besteuerung in den USA kommt hingegen vor allem für Unternehmen in Betracht, die mehr als 50 Prozent ihrer US-Einkünfte aus passiven Einkünften, also Quellen wie Zinsen, Renten- und Pensionszahlungen, Dividenden, Lizenzen, Prämien, Mieten und Vergütungen für Dienstleistungen, Ersatzeinkünfte aus Wertpapierleihgeschäften und ähnlich festen, wiederkehrenden Einkünften und Gewinnen generieren. Wie auch immer – über die Selbstauskunft des deutschen Geschäftspartners - also das ausgefüllte Formular - können US-amerikanische Unternehmen dokumentieren, dass keine Steuerpflicht besteht und damit auch keine Quellensteuer einbehalten und damit abgeführt werden muss. Kann die Dokumentation hingegen nicht erbracht werden, würde amerikanischen Kunden im Fall einer Veranlagung eine Quellensteuer von 30 Prozent des Rechnungsbetrags drohen.“, antwortet Maik Friebe.
Die Formulare sind jedoch für deutsche Unternehmen allerdings nicht selbsterklärend. „Disregarded entity“ oder „corporation“, „active NFFE““ oder „passive NFFE“, “U.S. taxpayer identification number (TIN)“ oder „Foreign TIN“ et cetera pp. Es existieren Ausfüllanleitungen auf der Webseite des IRS. Doch auch diese helfen vielen deutschen Unternehmen nur in begrenztem Umfang. Wer kann hier helfen und welche Konsequenzen hätte ein fehlerhaftes Ausfüllen?
„Ein falsch ausgefülltes Formular kann dazu führen, dass ein amerikanischer Kunde Quellensteuer auf eine Warenlieferung oder Leistung einbehält, wo keine Quellensteuer ansonst anfallen würde. Das sind 30 Prozent der Gesamtrechnung. Meine Empfehlung: Anstatt den Kunden zu verlieren oder auf 30 Prozent des Umsatzes zu verzichten, Formular auszufüllen, von einem Steuerberater prüfen lassen und zurückschicken. Die Formulare haben eine Gültigkeit von drei Jahren, sofern sich am Sachverhalt nichts geändert hat.“
Einige Anmerkungen zum US-amerikanischem Gesellschaftsrecht
Auch hier obliegt die Gesetzgebungskompetenz den Bundesstaaten, das heißt. jeder Bundesstaat hat seine eigenen Regelungen für Personen- und Kapitalgesellschaften. General Partnership, Limited Partnership, Corporation oder Limited Liability Company. Gibt es hier Rechtsformen, die deutschen Unternehmen aus steuerlichen Gesichtspunkten zu empfehlen sind? Oder zumindest Tendenzen, welche Rechtsformen von kleinen und mittleren Unternehmen bei Markteintritt am häufigsten gewählt werden?
„Ja.“ meint Maik Friebe. „Die Klassiker sind hier ganz klar die Corporation (Inc) und die Limited Partnership (LP). Die Limited Partnership bietet unter bestimmten Bedingungen gewisse steuerliche Vorteile gegenüber der Corporation: So kann beispielsweise ein circa 20%-iger Steuervorteil gegenüber der Corporation erreicht werden, sofern eine Durchschüttung des Gewinns bis an die natürliche Person am Ende der Kette möglich ist und die Limited Partnership durch eine deutsche Personengesellschaft, in der Regel eine GmbH & Co KG, gehalten wird. Nachteilig ist, dass die Gesellschaftsstruktur einer Limited Partnership im Vergleich zu einer Corporation dann etwas komplizierter wird. Finger weg von der Limited Liability Company (LLC), da dies unangenehme steuerliche Folgen für den deutschen Investor nach sich ziehen kann.“
Und immer wieder dieses Check-the-Box-Verfahren…
„Damit kann die steuerliche Einordnung der Gesellschaft, beispielsweise als Kapitalgesellschaft oder Personengesellschaft gewählt werden. Für Corporations steht dieses Verfahren allerdings nicht zur Verfügung. Die Corporation wird immer als Kapitalgesellschaft in den USA besteuert.“
Attraktive Gründungsstaaten aus steuerlichen Gesichtspunkten – gibt es so etwas?
„Bei der Standortwahl auf die Steuerhöhen der einzelnen Bundesstaaten zu schauen, macht meines Erachtens nach wenig Sinn.“, stellt Maik Friebe fest „Sales und Income Tax fallen in der Regel am Erfüllungsort an. Das heißt: Gleichgültig ob die Niederlassung des deutschen Unternehmens in Delaware oder New York ist – wird der Umsatz hauptsächlich in Kalifornien gemacht, dann fällt hier 7,5 Prozent Sales Tax an, sofern das Unternehmen einen Sales Tax Nexus in Kalifornien begründet. Ebenso könnte der Bundesstaat Georgia 5,75 Prozent Corporate Income Tax fordern, wenn das Unternehmen hier beispielsweise einen Sales Representative beschäftigt oder vielleicht ein Warenlager unterhält. Georgia ist übrigens einer der Bundesstaaten, der anhand einer so genannten „Single Sales Factor“-Formel den Ertrag des Unternehmens besteuert. Also - angenommen, die Delaware Corporation erzielt einen Jahresüberschuss von US$ 1 Millionen, von dem 10 Prozent durch Geschäfte in Georgia generiert werden, würden US$ 100.000 in Georgia als Bemessungsgrundlage herangezogen werden und damit nur US$ 5.750 Corporate Income Tax fällig werden. Würden aber das gesamte Geschäft in Georgia erzielt werden, wären US$ 57.500 fällig. Unternehmen sollten also eher darauf schauen, in welchen Bundesstaaten der Großteil ihrer Kundinnen und Kunden sitzen. Das verspricht sowohl vertriebstechnisch als auch steuerlich die größten Vorteile.“
Last but not least: Der Inflation Reduction Act! Ein großes Steuerversprechen?
„Sofern in den entsprechenden Bereichen der Erneuerbare Energien investiert wird, gibt es sicherlich sehr attraktive Förderungen. Insbesondere sind hier die folgenden neuen Tax Credits (Steuergutschriften) zu nennen: Credits for Production of Clean Hydrogen, Renewable Electricity Production Credit, Business Energy Investment Tax Credit, Loan Guarantee Programm of US Department of Energy und die Energy Efficient Commercial Building Tax Deduction.”
Ein allerletzter Tipp des Experten
„Die USA als größter Binnenmarkt der Welt bietet deutschen Unternehmen mit ihren hervorragenden Produkten und Dienstleistungen enorme Chancen. Das andere Marktumfeld sowie andere Spielregeln, insbesondere auch im Steuerbereich sollten hierbei aber nicht aus den Augen verloren werden und steuerliche Themen frühzeitig im Unternehmen adressiert und abgearbeitet werden, damit durch das USA Geschäft keine unnötigen steuerlichen Risiken für das Unternehmen entstehen.“, rät Maik Friebe.
Stand: 14.05.2024