Gar nicht so leicht: Familie und Beruf vereinen
Eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie: Diese Anforderung stellen immer mehr Beschäftigte an die Arbeitgeber. Doch auch wenn inzwischen viele Unternehmen im Kampf um Arbeitskräfte versuchen, diesen Wünschen gerecht zu werden, ist die Realität in Deutschland noch eine andere. 28,5 Prozent der Frauen im Alter von 20 bis 49 mit Kindern unter sechs Jahren waren 2022 in Vollzeit angestellt, 71,5 Prozent in Teilzeit – bei den Männern in der gleichen Altersgruppe mit Kindern waren 92 Prozent in Vollzeit und nur acht Prozent in Teilzeit. Vereinbarkeit von Job und Familie ist in Deutschland also längst nicht geschlechtergerecht. Dass es hier und da funktionieren kann, weiß Daniela Kremhöller. Die Hotelbesitzerin aus Neuberg sagt aber auch: Ohne Hilfe wäre das nicht möglich.
Drei Generationen unter einem Dach: Daniela Kremhöller konnte ihre beiden Kinder und ihren Beruf als Hotelleiterin vor allem Dank der Unterstützung ihrer Mutter und dem Hotel-Team gut vereinbaren. Sie weiß: ein Luxus, den nicht viele haben.
© privat
Als Hotelbesitzerin hat sich Daniela Kremhöller als Jugendliche nie gesehen. Doch als sie 15 ist, erfüllen sich ihre Eltern einen Traum: Sie eröffnen das Hotel „Bei den Tongruben“ in Neuberg – und sie selbst beginnt nach dem Abitur eine Lehre als Hotelfachfrau im Holiday Inn Grand Plaza in Sachsenhausen. „Ich hatte eine tolle Zeit dort und wäre auch gerne geblieben“, sagt sie rückblickend. Doch es kommt anders. Ihre Eltern bitten sie um Hilfe und Daniela Kremhöller steht mit Mitte 20 vor der schweren Entscheidung: Karriere außerhalb und die Möglichkeiten nutzen, die Welt kennenzulernen, oder Verantwortung übernehmen und nach Hause gehen?
Die Entscheidung fällt schon damals auf die Familie – doch heimisch fühlt sich Kremhöller erstmal lange Zeit nicht. „Das Hotel war das Baby meiner Eltern und sich gegen sie durchzusetzen, war schwer, auch wenn wir uns grundsätzlich gut verstanden haben“, sagt sie. Erst als sich das Hotel 2004 nach einer Renovierung neu positioniert, fühlt sich die heute 50-Jährige erstmals richtig angekommen, auch in der Führungsposition.
Unterstützung vom ganzen Team
Mit ihrem damaligen Lebensgefährten bekommt sie zwei Kinder, inzwischen ist die Neubergerin allerdings alleinerziehend. „Aber die Kinder und ich haben weiterhin ein gutes Verhältnis zu ihm“, sagt sie. Und sie weiß, dass sie Glück hatte, von Anfang an mit zwei Kindern fast problemlos arbeiten gehen zu können: „Das funktioniert nur, wenn jemand mithilft.“ Unterstützung gibt’s in ihrem Fall von ihrer Mutter, die im gleichen Haus wohnt, und auch vom gesamten Hotel-Team. „Da hat jeder mal nach den Kindern geschaut oder sie vom Kindergarten abgeholt.“
Um Kinder großzuziehen, braucht es ein ganzes Dorf, heißt es oft – bei Daniela Kremhöller und ihrer (Hotel-)Familie war das die gelebte Realität. Natürlich habe es auch mal gekracht. Dazu kamen Momente, in denen die Zweifach-Mutter überfordert war. „Wenn einen zu viele Dinge im Kopf beschäftigen, dann leidet beides darunter – Kinder und Arbeit“, sagt sie. „Du denkst einerseits: Ich musst mit dem Kind noch Mathe lernen, in Gedanken bist du aber im Hotel, weil da auch noch was fertig gemacht werden muss. Da fühlt man sich absolut wie eine schlechte Mama.“ Doch ihre Kinder geben ihr Kraft: „Wenn die beiden dann kommen und dir sagen, dass du trotzdem die beste Mama der Welt bist. Dann weiß man, dass man alles richtig gemacht hat“, erzählt sie sichtlich stolz. Und eines ist für die 50-Jährige sowieso klar: „Im Zweifel kommt meine Familie immer an erster Stelle!“
Ausgleich zum Arbeitsalltag schaffen
Ausgleich zum Alltag als Hotelleiterin und Mama verschaffte ihr in der Vergangenheit die Arbeit beim Dehoga. Anfangs nur bei Sitzungen dabei, später Vorsitzende im Bereich Hanau, dann im Landesvorstand und schließlich im Präsidium: Bei diesem Ehrenamt kann Daniela Kremhöller über den Tellerrand der eigenen Hotelwelt schauen und neue Kontakte in der Branche knüpfen. Kontakte, die ihr nun neue Möglichkeiten eröffnet haben. „Wir haben uns aus gesundheitlichen und Nachfolge-Gründen schon vor längerem dazu entschieden, das Hotel zu verkaufen.“ Nach mehr als 35 Jahren als Hotelchefin ist für Daniela Kremhöller zum 1. März Schluss. Auch ihre Mutter habe sich mit 72 den Ruhestand verdient.
Mit 50 wagt sie nun einen Neuanfang: Als Arbeitnehmerin bei dem Dehoga in Wiesbaden. „Ich schenke mir selbst zum Geburtstag nochmal ein neues Leben“, sagt sie voller Vorfreude. Die Vorteile liegen für sie auf der Hand: Sie bleibt der Branche erhalten und gewinnt neue Freiheiten dazu. „Ich kann das erste Mal entscheiden, ob ich zum Beispiel samstags nicht spontan mit meinen Kindern einen Kurztrip mache oder abends was unternehmen möchte.“
Ein großer Luxus sei es gewesen, „dass ich da arbeiten konnte, wo ich wohne und wo meine Kinder sind. Jemand, der im Büro angestellt ist, hat diesen leider nicht.“ Von der Politik wünscht sie sich deshalb auch mehr Betreuungsmöglichkeiten abseits der Vormittage. Morgens sind Stellen meist gut besetzt, ab dem Nachmittag wird es schon schwer. Dieses Problem betreffe nicht nur die Hotel- und Gastro-Branche, sondern auch Mitarbeiter an Tankstellen, in der Pflege, im Krankenhaus und überall, wo es Schichtdienst gibt.
Rückblickend würde Daniela Kremhöller aber ihre Entscheidungen zu Beruf und Familie genauso wieder treffen. Ihr Tipp an junge Frauen am Beginn ihres beruflichen Werdegangs ist deshalb simpel: „Aufs Herz und den Bauch hören!“
Autorin: Julia Oppenländer
Veröffentlichung: März 2024
Veröffentlichung: März 2024
Kontakt
Selina Lukas