Firmen-, Handels- und Gesellschaftsrecht

Fehlende Eintragung einer eintragungspflichtigen Tatsache

Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied in seinem Urteil vom 9. Januar 2024, dass nicht auf die fehlende Eintragung einer eintragungspflichtigen Tatsache Bezug genommen werden kann, wenn man positive Kenntnis von der einzutragenden Tatsache hat. Ein Kennenmüssen oder eine grob fahrlässige Unkenntnis genügten dabei aber nicht.
Grundsätzlich werde der Rechtsverkehr durch das Handelsregister geschützt und dürfe sich auf dieses bis zur Eintragung des Widerrufs verlassen. Sei eine bestimmte Tatsache nicht eingetragen, dürfe ein Dritter davon ausgehen, dass diese nicht bestehe, wie beispielsweise vorliegend die Abberufung des Geschäftsführers.
Im speziellen Fall ging es um eine GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer, die ein Grundstück an einen Dritten veräußerte. Zuvor war der Geschäftsführer der Gesellschaft als solcher allerdings durch Beschluss der Gesellschafter abberufen worden. Das Grundstücksgeschäft erfolgte zwei Tage später.
Der Käufer behauptete, der Notar habe das Fehlen des Gesellschafterbeschlusses über den Verkauf für unschädlich gehalten und erklärte, dass er zwar gewusst habe, dass der Geschäftsführer abberufen worden sei, er jedoch nicht gewusst habe, ob die Abberufung auch richtig sei. Die GmbH wollte daraufhin erreichen, dass der Käufer die Zustimmung zur Löschung der Auflassungsvormerkung erteilte, da der Kaufvertrag aufgrund fehlender Vertretungsmacht des Geschäftsführers nicht wirksam zustande gekommen sei. Die Auflassungsvormerkung dient dem Käufer als Garantie im Grundbuch dafür, dass der Verkäufer die Immobilie nicht noch anderen Interessenten anbietet. Durch diese ist es dem Verkäufer also unmöglich, die Immobilie anderweitig als finanzielle Sicherheit zu nutzen oder sie zu verkaufen.
Nach Ansicht des BGH war der Geschäftsführer zwar tatsächlich nicht mehr befugt, das Grundstück für die Gesellschaft zu verkaufen, weil er zuvor abberufen worden sei. Solange er aber im Handelsregister noch als Geschäftsführer eingetragen sei, müsse sich ein Dritter auch auf dessen Vertretungsmacht für die Gesellschaft verlassen dürfen. Dies gelte aber nicht, wenn der Dritte positive Kenntnis über die Entlassung habe oder sich ein Missbrauch der Vollmacht aufdränge. Der Käufer habehier über die Umstände nicht weiter nachforschen müssen. Auch wenn er Kenntnis über einen Beschluss der Gesellschaft gehabt habe, sei die wirksame Abberufung hiervon zu trennen, weil ein solcher Beschluss auch bemängelt werden könne. Ein sicheres Wissen über die Abberufung habe nicht vorgelegen.
Die Gesellschaft habe deshalb vom Käufer nicht verlangen können, dass er die Zustimmung zur Löschung der Auflassungsvormerkung erteilte. Allerdings hätte sich ein Missbrauch der Vertretungsmacht im konkreten Fall aufdrängen können. Denn dem Käufer müsse sich in solchen Fällen – ohne gegenteiligen rechtlichen Rat – geradezu aufdrängen, dass der Geschäftsführer hier ohne Vertretungsmacht handelt, wenn er keinen Gesellschafterbeschluss hierzu vorlegt.
Der BGH sah es allerdings als rechtsfehlerhaft an, dass die Vorinstanz zu dem Ergebnis gelangt war, die Beklagte habe im Vertrauen auf die rechtliche Einschätzung des Notars hinsichtlich der Entbehrlichkeit eines Gesellschafterbeschlusses gehandelt und sei daher einem ihre Schutzbedürftigkeit nicht ausschließenden Rechtsirrtum unterlegen. Deshalb wurde die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen.
BGH, Urteil vom 9. Januar 2024; Az.: II ZR 220/22