Jahresschlussveranstaltung
Versammlung Eines Ehrbaren Kaufmanns
Am 29. Dezember 2023 fand in der Handelskammer die “Versammlung Eines Ehrbaren Kaufmanns” (VEEK) mit etwa 1.200 Gästen statt. Die Jahresschlussveranstaltung wird traditionell vom Vorsitzenden der VEEK eröffnet. Es folgt der Bericht des Präses der Handelskammer über die wirtschaftliche Gesamtsituation.
Handelskammer fordert Zukunftsvision für Hamburg: „Nur ordentliches Regieren reicht nicht“
In seiner Silvesteransprache
© HK Hamburg/Oliver Vonberg
fordert Handelskammer-Präses Norbert Aust den Hamburger Senat auf, die Wirtschaftspolitik entschlossener voranzutreiben und eine klare Zukunftsvision zu entwickeln. „Ordentliches Regieren ist eine notwendige aber keine hinreichende Bedingung für eine erfolgreiche Zukunft“, so Aust vor 1.200 geladenen Gästen, darunter der Erste Bürgermeister Peter Tschentscher und weitere Senatsmitglieder. Den politisch Verantwortlichen scheine der Mut zu fehlen, groß und langfristig zu denken und echte Zukunftsprojekte anzustreben. An Bürgermeister Tschentscher gerichtet, appelliert Präses Aust: „Rufen Sie eine Hamburger Zukunftsklausur ins Leben, bei der die Top-Entscheider aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft regelmäßig zusammenkommen, um gemeinsam Hamburgs Zukunft zu gestalten.“
Reden
- Rede vom Präses der Handelskammer Hamburg Prof. Norbert Aust
“You better start swimming or you`ll sink like a stone, for the times, they are a changing” textete vor 60 Jahren der Folk-Sänger und Nobelpreisträger für Literatur, Bob Dylan.Aus heutiger Sicht scheinen die Herausforderungen, von denen Bob Dylan damals sang, geradezu überschaubar.Die Herausforderungen der Gegenwart reichen von Krieg und Klimawandel über künstliche Intelligenz bis zur drohenden Deindustrialisierung. Und diese Aufzählung könnte ich noch lange fortsetzen.Nach der Coronakrise und dem Überfall Russlands auf die Ukraine traf uns mit dem unfassbaren Terroranschlag auf Israel ein weiterer Schock. Genauso wie wir uns weiterhin und unbedingt solidarisch mit der Ukraine zeigen, gilt unsere uneingeschränkte Solidarität den Menschen in Israel, der notleidenden Zivilbevölkerung im Gazastreifen und unseren jüdischen Mitbürgern. Es erschüttert mich zutiefst, dass Jüdinnen und Juden in unserem Land wieder Angst haben müssen. Es ist mir daher ein besonderes Anliegen heute den Landesrabbiner der Jüdischen Gemeinde Hamburgs in unseren Reihen zu begrüßen.Lieber Herr Bistritzky, ich versichere Ihnen: Für Antisemitismus ist in der Hamburger Wirtschaft kein Platz, wir stehen fest an Ihrer Seite: Nie wieder ist jetzt!Meine Damen und Herren,
ich will nicht um den heißen Brei herumreden. Die Lage ist ernst, sehr ernst. Ich will hier heute aber keine Schwarzmalerei betreiben, sondern konstruktiv nach vorne schauen. Denn ich bin fest davon überzeugt: Wir können und wir werden uns gemeinsam eine positive Zukunft erarbeiten.Um aber das Bild von Bob Dylan aufzugreifen: Wir müssen anfangen zu schwimmen oder vielleicht müssen wir das Schwimmen auch erst wieder lernen, um diese positive Zukunft zu erreichen.Die Jahre 2024 und 2025 werden hierfür entscheidend sein. Es stehen eine Reihe von wichtigen Wahlen an. Im Juni sind Europawahlen, im November dann Präsidentschaftswahlen in den USA. In Sachsen, Thüringen und Brandenburg finden Landtagswahlen statt, die bereits einen Ausblick auf die Bundestagswahlen im Jahr 2025 bieten. Und schließlich wird in gut einem Jahr auch eine neue Bürgerschaft in Hamburg gewählt.Meine Damen und Herren,
in diesem Jahr ist immer deutlicher geworden, dass die Konflikte in der Ukraine und in Nahost nur zwei Aspekte einer globalen Rivalität um ideologische Deutungshoheit, wirtschaftlichen Einfluss und militärische Überlegenheit sind. Freiheitliche Gesellschaften geraten zunehmend unter Druck durch autokratische Systeme, in denen Demokratie, Menschenrechte und Marktwirtschaft keinen Stellenwert haben. Und die Rivalität zwischen den USA und China prägt unsere Zeit.Viele dieser Entwicklungen wirken sich direkt auf Hamburg als Deutschlands Außenwirtschaftszentrum aus. Sie lassen sich hier wie durch ein Brennglas beobachten. So möchte man den politischen Verantwortlichen in Berlin und Brüssel manchmal zu rufen “Politiker dieser Stadt, schaut auf diese Stadt!”, damit sie die Konsequenzen ihres Handelns besser einzuschätzen wissen. Deutsche und Europäische Außenwirtschaftspolitik dürfen nicht an Hamburg vorbei gemacht werden. Sehr geehrte Frau Senatorin Leonhard, wir kennen Sie als kompetent und durchsetzungsstark. Bitte fordern Sie genau dies in Berlin und Brüssel in aller Deutlichkeit ein.Unsere Handelskammer hat im November eine grundlegende Außenwirtschaftsstrategie verabschiedet. Sie beruht auf drei Eckpunkten: Wettbewerbsfähigkeit, Weltoffenheit und Wehrhaftigkeit.
Wettbewerbsfähigkeit ist die Grundvoraussetzung, um außenwirtschaftlich erfolgreich zu sein. Die Friedensdividende, von der insbesondere Deutschland nach dem Fall des Eisernen Vorhangs profitiert hat, ist aufgebraucht.
Ich komme später noch ausführlich auf die Standortfaktoren, die unsere Wettbewerbsfähigkeit belasten, zu sprechen. Im internationalen Handel haben wir besonders die zunehmende Belastung unserer Unternehmen mit Bürokratie zu beklagen. Die aktuelle Liste des Schreckens aus Brüssel an neuen Verordnungen ist lang. Ich erspare mir jetzt die vierzehn (!) Einzel-Verordnungen dieser Liste vorzutragen. Aber raten Sie mal, welches Wort keine der neuen Verordnungen im Titel trägt? Wettbewerbsfähigkeit. Ein entscheidendes Stichwort hierzu lautet Lieferketten-sorgfaltspflichten-Gesetz. Schon der Name dieses Gesetzes ist Programm: Schlichtweg eine Zumutung für den Außenwirtschaftsstandort Deutschland, vor allem für den Mittelstand!Weltoffenheit ist die zweite Säule unserer Außenwirtschaftsstrategie. Von je her sind Hamburger Kaufleute Freihändler, aber nicht naiv. Sie wissen, dass ein funktionierender Welthandel Regeln benötigt. Eine besondere Rolle spielen dabei die internationalen Organisationen wie die Welthandelsorganisation WTO, und die EU. Diese sind besser als ihr Ruf und wichtig, um Herausforderungen gemeinsam anzugehen und erfolgreich bewältigen zu können.Vor diesem Hintergrund bekenne ich mich eindeutig zu einer multilateralen Ordnung mit starken Institutionen, Dialogbereitschaft und der Einbindung möglichst vieler Partner.Die dritte Säule unserer Außenwirtschaftsstrategie, die Wehrhaftigkeit, möchte ich Ihnen etwas näher erläutern. Die jüngsten Terrorattacken auf die Schifffahrt im Roten Meer führen uns deutlich vor Augen: Sicherheitsaspekte sind für die Lieferketten der deutschen Wirtschaft von großer Bedeutung. Im Ernstfall muss Deutschland daher auch bereit sein, in enger Abstimmung mit weiteren Partnern die Handelsrouten aktiv zu schützen. Der Begriff der Wehrhaftigkeit muss aber weiter gefasst werden.Die Betrachtung der Außenwirtschaftsstruktur Hamburgs zeigt, dass insbesondere auf der Importseite erhebliche Abhängigkeiten von autokratischen Staaten bestehen.Diese Abhängigkeiten können politisch leicht instrumentalisiert werden. Wehrhaftigkeit in unserem Sinne heißt deshalb auch, diesem möglichen politischen Druck standhalten zu können. Wir müssen die Risiken jeweils bewerten und klug managen.Die politisch getriebene Debatte um das sogenannte „Friend-“ oder „Nearshoring“ als Antwort auf erhöhte geopolitische Risiken verfolge ich mit großem Unbehagen. Es ist das Geschäftsmodell von Außenhändlern,
neue Märkte zu suchen und dabei Risiken zu bewerten und manchmal auch einzugehen. Dafür braucht es selten politische Ratschläge. Die Aufgabe der Politik ist es vielmehr, den Rahmen zu setzen und der Wirtschaft so die Wehrhaftigkeit zu ermöglichen. Ein besonders wichtiges Mittel hierfür sind Freihandelsabkommen. Und hier müssen wir in Europa und Deutschland aufpassen, dass wir unsere Partner nicht mit zu hohen moralischen Maßstäben überfordern. Es ist mir zum Beispiel völlig unverständlich, dass das Freihandelsabkommen mit den südamerikanischen MERCOSUR-Staaten immer noch nicht abgeschlossen worden ist.Hier wünsche ich mir mehr politisches Engagement. Denn Bob Dylan hat ganz sicher mit „Schwimmen“ nicht gemeint, dass wir unsere Felle davon schwimmen lassen sollen. Von den globalen Entwicklungen und der Außenwirtschaft wende ich nun meinen Blick nach Deutschland. Die Rückkehr des Krieges nach Europa hat – wie bereits die Coronakrise – tiefgreifende Schwächen unseres Standorts schonungslos aufgedeckt.Die Stichworte zu diesem Befund sind:- Abhängigkeit von Rohstoffimporten,
- Innovationsschwäche,
- zu wenig Fortschritt bei der Digitalisierung,
- Fachkräftemangel
- und die seit Jahren vernachlässigte Infrastruktur.Von Fortschritt, den die Ampelregierung laut Koalitionsvertrag wagen will, ist bisher nicht viel zu sehen. Der Standort Deutschland fällt im internationalen Wettbewerb massiv zurück. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, OECD, prognostiziert für die großen Volkswirtschaften der Welt für 2024 ein durchschnittliches Wachstum von 2,7 Prozent.Die deutsche Wirtschaft hingegen stagniert. In der OECD-Wachstumsrangliste sind wir durchgereicht worden. Lediglich Russland und Argentinien liegen hier noch hinter Deutschland. Meine Damen und Herren, das kann nicht unser Anspruch sein. Wir müssen uns eingestehen, dass wir etwas Grundlegendes ändern müssen.In den letzten Jahren hatte ich den Eindruck, als reagiere der Staat lediglich einzelfallbezogen und auf jedes Problem reflexhaft mit staatlichen Förderprogrammen oder Subventionen. Und auch in der Wirtschaft ist aus meiner Sicht zu häufig der Ruf nach Geld vom Staat zu hören.Das ist der falsche Weg. Gegen Trägheit und Bequemlichkeit helfen nur Fitness und Schwimmtraining und eben nicht das süße Gift der Subvention. Natürlich müssen Zusagen eingehalten werden und ich sehe auch, dass einige Unternehmen unter den jüngsten Kürzungen im Haushalt besonders zu leiden haben. Und Investitionen sichern die Steuereinnahmen von morgen. Aus einer grundsätzlichen Perspektive heraus begrüße ich aber, dass das Bundesverfassungsgericht mit seinem jüngsten Urteil die Ausgabenpolitik der Bundesregierung in ihre Schranken gewiesen hat.Wir haben den Zenit der Staatsquote damit hoffentlich erreicht. Das wirft uns zwar ins kalte Wasser, doch zwingt es uns auch zum Schwimmen.Wir erwarten darum von der Bundesregierung nichts Geringeres, als eine echte Reformagenda.Nach der Agenda 2010 brauchen wir nun eine neue Zukunftsagenda! Im Verbund mit unseren norddeutschen Partnerkammern haben wir hierzu eine bundesweite Initiative der deutschen Wirtschaft auf den Weg gebracht. Ziel ist die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland.Unser Wettbewerbsvorteil lag Jahrzehnte vor allem in unternehmerischer Handlungsfreiheit, einer gut ausgebauten Infrastruktur und in den besten Köpfen. Das ist die Basis für unsere Innovationskraft. Diese Standortfaktoren schwinden allerdings.Die Bürokratie ufert aus, die Infrastruktur wird den Ansprüchen der Wirtschaft immer weniger gerecht und die Ergebnisse der aktuellen PISA-Studie sind ein neues Alarmsignal.Die Leistungen der 15-jährigen Schülerinnen und Schüler in Deutschland haben sich im Durchschnitt sehr stark verschlechtert und liegen auf dem niedrigsten Niveau seit Beginn der Studien. Das bestätigt die Erfahrungen, die viele Ausbildungsbetriebe täglich machen müssen. Eine gute Schulbildung ist jedoch die Voraussetzung für eine erfolgreiche Berufsausbildung.Sehr geehrter Herr Senator Rabe,
das relativ gute Abschneiden der Hamburger Schülerinnen und Schüler in der PISA-Studie zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Wir dürfen uns aber nicht nur mit anderen Bundesländern vergleichen, sondern befinden uns im internationalen Wettbewerb.Bitte lassen Sie daher nicht nach, denn: „Die Bildungspolitik von heute ist die Wirtschaftspolitik von morgen.“ Ich sage immer: So wie die Bildung der Schlüssel ist, ist die Wirtschaft die Grundlage für eine nachhaltige Entwicklung und die Kultur der Kitt, der die Gesellschaft zusammenhält.Meine Damen und Herren,
im Zusammenhang mit dem Thema Bildung erlauben Sie mir bitte eine Bemerkung zur Künstlichen Intelligenz. In die Debatte um dieses Thema ist durch Anwendungen wie Chat GPT viel Schwung gekommen. Dabei greifen auch Befürchtungen um sich, dass KI-Anwendungen den Menschen in der Arbeitswelt überflüssig machen könnten. Ich sehe diese Gefahr nicht. Im Gegenteil. Der Mangel an Arbeitskräften ist so gravierend, dass er unsere Wachstumsmöglichkeiten in den nächsten 30 Jahren am stärksten begrenzt und unseren Wohlstand gefährdet.In der Künstlichen Intelligenz steckt großes Potenzial, diesen Mangel auszugleichen. Ich habe daher einfach mal Chat GPT gefragt, welche Chancen in der KI für das Thema Fachkräftesicherung stecken. Die Antwort lautete, ich zitiere: „KI ist kein Ersatz für menschliche Fachkräfte, sondern eher ein Werkzeug, um die Effizienz zu steigern und die vorhandenen Ressourcen besser zu nutzen. KI kann helfen, Engpässe zu überwinden und die Leistungsfähigkeit von Fachkräften zu verbessern.“ Ende der Antwort. Ich hätte es kaum besser formulieren können.Umso wichtiger ist es, den jungen Menschen schon in der Schule den richtigen Umgang mit KI zu vermitteln.Meine Damen und Herren,
bei der Infrastruktur sieht es nicht besser aus als bei der der Bildung. Die Diskussionen über marode Brücken, Autobahnen und Straßen, die dringend renoviert werden müssten, sind an der Tagesordnung.
Ganz zu schweigen von den Problemen der Deutschen Bahn. Der Investitionsbedarf ist beträchtlich.Etwas Hoffnung auf Besserung macht der jüngst von Bund und Ländern verabschiedete Pakt für Planungsbeschleunigung. Sehr geehrter Herr Bürgermeister Dr. Tschentscher, wir haben sehr genau beobachtet, dass Sie sich hier im Sinne der Hamburger Wirtschaft stark gemacht haben. Hierfür danke ich Ihnen sehr. Jetzt wird es aber darauf angekommen, ob es gelingt, diesen Pakt auch in die Realität umzusetzen.Denn gerade der Investitions- und Umsetzungsstau bei der Infrastruktur ist ein deutliches Symptom dafür, dass die staatlichen Strukturen mit dem Tempo, in dem sich unsere Wirklichkeit verändert, immer weniger mithalten können.Hinzu kommen manchmal realitätsferne Vorschriften und Gesetze, mit denen eine bessere Welt herbeireguliert werden soll – bisweilen wie mir scheint ohne Rücksicht auf den Preis, den Unternehmen und Verbraucher dafür zahlen.
Das erwähnte Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, die EU-Taxonomieverordnung oder das Energieeffizienzgesetz sind nur drei Beispiele für neue Regulierungsungetüme, die in jüngster Zeit auf die Wirtschaft losgelassen wurden.
Ich sage es ganz deutlich: Schluss damit! So kann es nicht weitergehen. Eines der wichtigsten Grundrechte in unserer Verfassung ist Art. 2, das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit. Das gilt auch für Unternehmerinnen und Unternehmer.Wir brauchen dringend weniger Bürokratie, einfachere Verwaltungsverfahren und viel schnellere Genehmigungen.Dabei ist es nicht ein einzelnes Gesetz oder eine bestimmte Berichtspflicht, sondern eine unfassbare Summe von Einzelregelungen, die die Wirtschaft lähmen. Es ist wie in Gullivers Reisen, wo der Riese Gulliver von den Liliputanern nicht mit einem einzelnen dicken Strick, sondern mit einer Vielzahl von Bindfäden gefesselt wurde und sich nicht mehr bewegen konnte. Geben Sie deshalb den Unternehmen Ihre Handlungsfreiheit zurück. Am Tag der Deutschen Einheit wurde ich in dieser Sichtweise durch Stephan Harbarth, den Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, bestärkt. Ich zitiere aus seiner Festrede: „Die lange Dauer von Planungs- und Genehmigungsverfahren ist nur ein Symptom eines grundsätzlicheren Befunds. Unser Staat muss lernen, seine Komplexität zu begrenzen und zu reduzieren. Er muss – auf allen Ebenen – besser, schneller, vor allem lösungsorientierter werden.“
Zitatende.Die staatliche Verwaltung hemmt aber nicht nur die Wirtschaft. Sie ist auch ein immenser Kostenfaktor und bindet dringend benötigte Arbeitskräfte. Die rund 5,2 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst kosten den Steuerzahler jährlich ca. 300 Milliarden Euro. Eine Reduktion von nur 10 % durch konsequente Digitalisierung und Bürokratieabbau würde jährlich 30 Milliarden Euro frei machen und dem Arbeitsmarkt dringend benötigte Fachkräfte zur Verfügung stellen.An konkreten Ideen und Vorschlägen zum Bürokratieabbau mangelt es nicht. Am wichtigsten scheint mir daher die vom Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts angemahnte Änderung im Mindset von Politik und Verwaltung. Wir brauchen statt der vorherrschenden Verbotskultur eine Ermöglichungskultur.Meine Damen und Herren,
auch in Hamburg täten der Senat und die Bürgerschaft bisweilen gut daran, die beschriebene Komplexität zu überprüfen und zu reduzieren.In der sogenannten Stadtwirtschaftsstrategie des Senats heißt es: „Dabei sind wir in verschiedensten Bereichen tätig: Bildung und Wissenschaft, Gesundheit und Soziales, Immobilien, Stadtentwicklung und Wohnen, Kreditinstitute und Finanzwirtschaft, Kultur und Kreativwirtschaft, öffentlicher Personennahverkehr, Energieversorgung, Wasserwirtschaft und Entsorgung, Verkehr und Logistik, Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing sowie Beratung und sonstige Dienstleistungen.“ Es scheint also kaum einen Bereich zu geben, in dem die Stadt nicht mit einem ihrer 80 Unternehmen aktiv ist.Es kann ausnahmsweise notwendig sein, dass die Stadt Aufgaben der Daseinsvorsorge auf öffentliche Unternehmen überträgt. Kritisch ist es aber, wenn die öffentliche Hand über diese Unternehmen immer stärker in private Bereiche eingreift und sich von ihren Kernaufgaben entfernt. Ich erinnere an die notwendige Aufgabentrennung von Staat und Wirtschaft, die wir in unserer Verfassung festgeschrieben haben.
Denn der Staat ist eben nicht der bessere Unternehmer.Sehr geehrter Herr Senator Dr. Dressel, wir wissen Ihren hohen Sachverstand und Ihre wirtschaftsfreundliche Art in der Zusammenarbeit sehr zu schätzen, besonders in Krisenzeiten. Ich appelliere daher an Sie, aber auch den gesamten Senat und die Bürgerschaft: Bitte achten Sie darauf, dass aus unserer Stadtwirtschaft keine Staatswirtschaft wird!Eine weitere Vermischung der Aufgaben von Staat und Wirtschaft beobachte ich in der Clusterpolitik des Senats.Gemeinsam mit dem UVNord und dem Industrieverband werden wir hierzu eine Studie vorlegen.Ich will den Ergebnissen nicht vorgreifen. Von einem bin ich allerdings überzeugt: Eine gute Wirtschaftspolitik braucht eine starke Interessenvertretung der Wirtschaft; diese ist nur durch Kammern und Verbände garantiert.Und diese starke Interessenvertretung ist auch die Basis für eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Senat. Diese konnten wir in diesem Jahr zum Beispiel gemeinsam mit Herrn Senator Tjarks unter Beweis stellen.
Überzeugend konnten wir die negativen Folgen ausufernder Anwohnerparkzonen für die Wirtschaft darlegen. Daraufhin wurde die weitere Ausweisung von Anwohnerparkzonen ausgesetzt. Anschließend ist von Hamburg aus eine Bundesratsinitiative auf den Weg gebracht worden mit dem Ziel, die Straßenverkehrsordnung zu ändern. Unternehmen dürfen nicht länger benachteiligt werden, Anwohnerparken muss zum Anliegerparken werden.Lieber Herr Senator Dr. Tjarks, auch wenn wir im Bund noch ein paar dicke Bretter zu bohren haben, danke ich Ihnen für Ihre Unterstützung bei diesem wichtigen Thema! Auch bei anderen Themen sehen wir den Senat auf einem guten Weg.Meine Damen und Herren,
ich empfinde es als durchaus wohltuend, dass wir in Hamburg offenbar mehr Vertrauen in das Regierungshandeln haben können als auf Bundesebene. Nach wie vor scheint sich unser Senat der Maxime vom „Ordentlichen Regieren“ verpflichtet zu fühlen, die Olaf Scholz als Erster Bürgermeister geprägt hat. Das haben wir auch in unserer Halbzeitbilanz des Senats konstatiert, die wir im Juli gemeinsam mit dem Unternehmensverband Nord veröffentlicht haben.
Es gibt allerdings wie immer auch dort noch Luft nach oben.Helmut Schmidt hat Hamburg einmal als die „Schlafende Schöne“ bezeichnet.Diese Zeiten sind zum Glück lange vorbei, Hamburg hat sich hervorragend entwickelt und ist eine hochattraktive, lebenswerte Stadt mit einer starken Wirtschaft. Es ist aber nicht selbstverständlich, dass dies so bleibt!
Eine Leitidee und visionäre Projekte sind notwendig, um Hamburgs Dynamik langfristig zu erhalten.Spätestens seit dem gescheiterten Volksentscheid zur Olympia-Bewerbung scheint es mir zu häufig so, als hätte die politisch Verantwortlichen der Mut verlassen, groß und langfristig zu denken und echte Zukunftsprojekte anzustreben.Die Probleme nur in der Reihenfolge ihres Auftretens lösen zu wollen, reicht auf Dauer nicht für eine erfolgreiche Entwicklung unseres Standortes. „Ordentliches Regieren“ ist eine notwendige aber keine hinreichende Bedingung für eine erfolgreiche Zukunft.Gerade in den krisenhaften Zeiten müssen wir einen Plan entwickeln, wohin wir schwimmen wollen! Sonst droht die Schöne wieder in einen Tiefschlaf zu fallen.Welches Ufer wollen wir erreichen? Wie soll die Stadt und unser Wirtschaftsstandort in 20 Jahren aussehen, wie wollen wir künftig leben und wovon? Zur Beantwortung solcher Fragestellungen benötigen wir einen gesellschaftspolitischen Grundkonsens. Ein solcher „Hamburg-Konsens“ müsste außerhalb aktueller politischer Prozesse, partei- und wahlperiodenübergreifend entwickelt werden und die ganze Stadt umfassen.Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
wie wäre es, dazu eine „Hamburger Zukunftsklausur“ ins Leben zu rufen, bei der die Top-Entscheider aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft regelmäßig zusammenkommen, um gemeinsam Hamburgs Zukunft zu gestalten?Den großen Bedarf an einer solchen Zukunftsklausur kann ich auch an einem wichtigen Thema aufzeigen. Viele von Ihnen werden sich an den Bericht der OECD über die Wachstumschancen der Metropolregion Hamburg erinnern.
Bereits vor fünf Jahren wurde uns attestiert, dass wir trotz großer Wachstumschancen Gefahr laufen, im Standortwettbewerb ins Hintertreffen zu geraten.„Urgent shift“ und „Think big“ lautete der eindringliche Apell der OECD. Die wichtigste Empfehlung der OECD war dabei die Gründung einer gemeinsamen Innovationsagentur für die gesamte Region.
Nach fünfjähriger Planung befindet sich das Projekt jetzt endlich in der sogenannten „Phase Null“. Und selbst diese droht nun zu scheitern.Meine Damen und Herren,
das ist das Gegenteil von „urgent“ und „big“. Das können wir uns hier im Norden nicht leisten. Die Zukunft unseres gesamten Wirtschaftsraums hat größeres Engagement verdient.Für die Wirtschaft hat unsere Handelskammer zum Thema Zukunft die Strategie Hamburg 2040 entwickelt.Ich komme nun auf drei Themenkomplexe zu sprechen, die für die Zukunft entscheidend sind und bei denen wir kraftvoller und entschlossener schwimmen müssen als bisher:1. Klimapolitik und Energiewende
2. Hafen und Innovation sowie
3. Stadtentwicklung und MobilitätUnsere Handelskammer bekennt sich klar zum Klimaschutz. Wir verfolgen das ehrgeizige Ziel, den Wirtschaftsstandort Hamburg bis 2040 klimaneutral zu machen. Und das unter besonderer Berücksichtigung unserer internationalen Wettbewerbsfähigkeit.Natürlich können wir hier in Hamburg allein das Klima nicht retten. Aber wir wollen eine Modellregion werden, die mit gutem Beispiel vorangeht.Um diesen Prozess anzuschieben, haben wir in Kooperation mit der OECD ein umfangreiches Forschungsprojekt aufgelegt.Wir wollen aufzeigen, wie Unternehmen klimaneutral werden können, ohne dabei an Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren. Gerade Hamburg bietet aus Sicht der OECD hervorragende Voraussetzungen, sich zu einer solchen Modellregion zu entwickeln. Wegen unseres Hafens, der starken Industrie am Standort und unserer mittelständischen, breit gefächerten Wirtschaftsstruktur.Gemeinsam mit der OECD haben wir unsere Zusammenarbeit bereits auf der Klimakonferenz COP28 in Dubai vorgestellt und sind auf großes internationales Interesse gestoßen. In Hamburg werden wir die Ergebnisse der Studie am 26. Januar präsentieren, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wird unser Ehrengast sein.Das ist dann der Startschuss zur Umsetzung. Wir werden den Weg der Hamburger Wirtschaft zur Klimaneutralität aktiv begleiten und wir wollen Hamburg international als nachhaltigen und wettbewerbsfähigen Standort vermarkten.
Denn wir wären keine guten Kaufleute, wenn wir nicht die Chance sehen würden, unsere Lösungen auch zu verkaufen.Meine Damen und Herren,
nur eine starke Wirtschaft ist die Grundlage für den Klimaschutz. Unerlässlicher Faktor für eine starke Wirtschaft ist eine sichere Energieversorgung zu wettbewerbsfähigen Preisen.Es ist Kernaufgabe des Staates, dies zu gewährleisten, aber das Gegenteil geschieht. Auch ohne weitreichende volkswirtschaftliche Kenntnisse ist eines doch klar: Wenn das Energieangebot verknappt wird, weil verfügbare und preiswerte Energieträger abgelehnt oder nicht mehr importiert werden können, wird Energie teuer und wir alle zahlen dafür. Insbesondere energieintensive Unternehmen können in Deutschland oft nicht mehr wettbewerbsfähig produzieren.
Namhafte Unternehmen haben in Hamburg bereits Kapazitäten stillgelegt. Wertschöpfung und Arbeitsplätze gehen bereits verloren. Deindustrialisierung ist keine Befürchtung mehr, sie findet statt.
Das ist auch für das Klima eine sehr schlechte Nachricht. Denn der globale CO2-Ausstoß steigt, wenn Produktionen in Länder mit weniger hohen Standards verlagert werden. Es war deshalb ein überfälliger Schritt, die Stromsteuer für das produzierende Gewerbe zu senken. Besser wäre es allerdings gewesen, dies für alle Wirtschaftszweige zu tun.Das Energieangebot, insbesondere natürlich die Kapazitäten an Erneuerbarer Energien müssen konsequent ausgeweitet werden, damit wieder wettbewerbsfähige Strompreise über den Markt entstehen.Norddeutschland kann davon besonders profitieren.Mit dem Zugang zum Weltmarkt über die norddeutschen Seehäfen und dem großen Potenzial für Windenergie haben wir die Chance, viele zukunftsträchtige Industriebetriebe hier anzusiedeln.
„Come to where the power is!“ lautet der gemeinsame Ruf der norddeutschen Kammern.Jetzt komme ich zum Hafen: Er spielt eine herausragende Rolle für die Zukunft des Industriestandorts Hamburg spielt. Er ist eng mit der Hamburger Industrie verflochten, ist das größte zusammenhängende Industriegebiet Deutschlands.
Durch den Hafen werden jedes Jahr 1,5 Milliarden Steuereinnahmen für Hamburg und 30 Milliarden Zolleinnahmen für den Bund generiert. Maßgeblich dafür ist und bleibt der Containerumschlag mit seiner wichtigen Versorgungsfunktion für die gesamte deutsche Volkswirtschaft. Kurzum: Der Hafen ist das wirtschaftliche Herz unserer Stadt. Doch dieses Herz schlägt nicht mehr im Takt der Weltwirtschaft.Im Gegenteil: Während der weltweite Containerumschlag in den letzten 15 Jahren um fast 75 % gestiegen ist, ist er in Hamburg um über 15 % zurückgegangen. Die Häfen von Rotterdam und Antwerpen konnten im gleichen Zeitraum den Umschlag um fast 40 % steigern.Wir haben deshalb eine umfassende Benchmark-Analyse beauftragt, um die Gründe hierfür herauszuarbeiten. Ganz offensichtlich ist die Bundesfinanzierung für die Seehäfen völlig unzureichend. Und auch die regulatorischen Bedingungen in den sogenannten Westhäfen sind besser. Das zentrale Ergebnis der Analyse aber lautet: Hamburg hat ein Effizienzproblem im Containerumschlag und ist für viele Verkehre zu teuer. Und in unseren Wettbewerbshäfen, allen voran Rotterdam und Antwerpen herrscht intensiver Wettbewerb zwischen mehreren internationalen Terminalbetreibern. Dies führt zu einer dauerhaft stärkeren Performance.In Hamburg gibt es hingegen nur zwei Anbieter im Containerumschlag. Die mehrheitlich städtische HHLA verfügt dabei über ein Marktanteil von 75%. Mit der geplanten Teilprivatisierung der HHLA zeigt der Senat, dass er das Effizienzproblem im Containerumschlag offenbar erkannt hat. Es ist grundsätzlich zu begrüßen, dass der Senat sich zumindest ein Stück weit aus der privatwirtschaftlichen Aktivität des Containerumschlags zurückziehen will, auch wenn eine weitergehende Privatisierung konsequenter gewesen wäre. Aber der Einstieg der weltweit größten Linienreederei MSC bei der HHLA führt allein noch nicht zu mehr Wettbewerb im Containerumschlag.Dieser ist aber dringend notwendig, um nachhaltig mehr Effizienz und Produktivität zu erzielen.Wir werden deshalb zu Beginn des kommenden Jahres einen Vorschlag für den Hamburger Hafen zur Diskussion stellen. Unser Zukunftsplan Hafen 2040 ist dafür die Grundlage.Ich bin überzeugt: So kommen wir wieder zu mehr Ladung und Steuereinnahmen in Hamburg.Meine Damen und Herren,
eng verbunden mit dem Hafen ist die Innovationsfähigkeit unseres Standortes. Ich beobachte in unserer Stadt jedoch eine zunehmend Hafen-kritische Grundstimmung. Er sei die Hamburger Vergangenheit, die Wirtschaftspolitik solle sich nun aber auf andere Bereiche fokussieren, heißt es häufig.Das klingt modern und schön, geht aber an der Realität vorbei. Im letzten Jahr habe ich Ihnen unser Konzept für den „Innovationsdreisprung“ vorgestellt, den wir im engen Dialog mit der Wissenschaft erarbeitet haben. Der erste Sprung besteht aus der Fokussierung auf Technologiefelder, die das stärkste Zukunftspotenzial für Hamburg versprechen. Für drei dieser vier Technologiefelder bildet gerade unser Hafen die Basis. Diese sind:
- Die Anwendung Künstlicher Intelligenz in der Logistik, - Die Nutzung autonomer Systeme- und die Verarbeitung von grünem Wasserstoff.Der zweite Sprung besteht in der Verbesserung der Rahmenbedingungen für Innovationen. Dazu hatte ich das Modell von Freiräumen für Innovationen, sogenannten Sonderinnovationszonen skizziert.Viele Gespräche, die wir in diesem Jahr mit Vertreterinnen und Vertretern aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft zu diesem Vorhaben geführt haben, bestärken uns darin, dass dies ein erfolgversprechendes Konzept ist. An dieser Stelle einen besonderen Dank an die Wissenschaftssenatorin Frau Fegebank und die Hochschulpräsidentinnen und Hochschulpräsidenten.Der dritte Sprung, unseres Innovationskonzepts sieht die Bereitstellung von einer zusätzlichen Milliarde Euro zur gezielten Förderung von Zukunftstechnologien vor – und ich betone noch einmal: eine zusätzliche Milliarde. Eine bloße Zusammenstellung dessen, was es schon gibt, reicht nicht.Es freut mich sehr, dass der Vorschlag der Innovationsmilliarde inzwischen bereits bei zwei in der Bürgerschaft vertretenen Parteien Eingang in das Parteiprogramm gefunden hat. Damit dürfte das Thema Innovation den Stellenwert im Bürgerschaftswahlkampf erhalten, den es verdient.Wir verlieren aber wertvolle Zeit. Denn das Geld wäre da gewesen. Hamburg konnte sich in diesem Jahr über 1,5 Milliarden Euro Dividendenzahlung aus ihrer Beteiligung an Hapag Lloyd freuen. Ein echter Windfallprofit, mit dem die Stadt nicht rechnen konnte und auch nicht rechnen durfte!Ich erlaube daher die Frage an den Hamburger Senat: „Wo ist das Geld geblieben?“ Nur Investitionen in Innovationen sichern die Steuereinnahmen von morgen.Ich komme nun zum dritten Themenkomplex Stadtentwicklung und Mobilität. Meine Damen und Herren, es gibt keine gute Stadtentwicklung ohne gute Infrastruktur. Auch das ist Kernaufgabe des Staates.Die wichtigsten Verkehrsprojekte Hamburgs, die S4, die U5, die A26 Ost, die neue Köhlbrandquerung, der Entlastungstunnel zwischen Hauptbahnhof und Altona, die Revitalisierung des Hauptbahnhofs und die Sanierung der Elbbrücken sind teuer, aber unverzichtbar.Das sind nur Beispiele, nicht berücksichtigt sind dabei, dass diese Projekte für einen klimagerechten Umbau der Mobilität keinesfalls ausreichen: Wenn wir es damit wirklich ernst meinen, dann müssen wir sehr viel mehr tun.
Denn Hamburg muss liefern. Im Jahr 2025 findet hier der internationale Verkehrskongress für den ÖPNV statt. Wir haben es in der Hand: Sind wir ein gutes Beispiel für den ÖPNV oder ein schlechtes? Auch hier sind mutige Zukunftsprojekte notwendig. Ich bin zum Beispiel überzeugter Anhänger der Idee, unsere Sportarenen im Volkspark mit der neuartigen und kostengünstigen Magnetschwebe-Bahn anzubinden.Zentrale Aufgabe einer erfolgreichen Stadtentwicklung ist auch ausreichend attraktiver und bezahlbarer Wohnraum. Seit 2022 ist der Bau neuer Wohnungen für die Bauträger massiv eingebrochen. Grund sind die hohen Baukosten und die stark gestiegenen Zinsen. Die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank können wir von Hamburg aus zwar nicht beeinflussen.Politik und Verwaltung können aber bessere Rahmenbedingungen für die Wohnungswirtschaft schaffen.Vorschriften im Wohnungsbau müssen auf sinnvolle Mindeststandards begrenzt und es ist nicht nachvollziehbar, dass bestehende Regeln innerhalb unserer Stadt von den Bezirken unterschiedlich ausgelegt werden.Meine Damen und Herren, viel ist in diesen Tagen die Rede von der Insolvenz der Firma Signa. Natürlich haben viele der zur Disposition stehenden Projekte hohe Symbolkraft. Wir dürfen uns aber nicht davon ablenken lassen, dass die Probleme grundsätzlicher Natur sind. Und damit komme ich zum Thema Innenstadt.Die City ist die Visitenkarte unserer Stadt, steht aber seit langem vor absehbaren Herausforderungen.Besonders notwendig ist es, die Innenstadt mit der HafenCity zu verbinden. Seit über 25 Jahren wird über die Überwindung der diese Quartiere trennenden Willy-Brandt-Straße diskutiert. Ich glaube, es gibt für keinen Stadtraum der Welt mehr Vorschläge. Unsere Handelskammer hat sich intensiv an der Diskussion beteiligt und 2017 eine Untertunnelung der Willy-Brandt-Straße vorgeschlagen.Das Projekt wurde damals aber als zu langwierig abgelehnt.Sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter des Senats, ich hänge wahrlich nicht vergangenen Chancen nach, aber zur Wahrheit gehört: Inzwischen hätte die Untertunnelung längst fertig sein können und die Probleme wären weitgehend gelöst.Was wir jetzt wirklich nicht brauchen, sind neue Diskussionen und Ideenwettbewerbe, es liegen genügend Vorschläge auf dem Tisch. Bitte entscheiden und handeln Sie schnell! Meine Damen und Herren,
das Jahr 2023 war herausfordernd und ich konnte nur einige der vielen komplexen Themen beleuchten. Gerne möchte ich Ihnen als Ausblick noch eine Zukunftsidee mit ins Neue Jahr geben. Derzeit wird viel über eine deutsche Olympia-Bewerbung diskutiert.Hamburg wird hier in der öffentlichen Diskussion immer wieder als potenzieller Austragungsort genannt, gemeinsam mit Berlin, München und der Rhein-Ruhr-Region. Ein charmanter Gedanke, wie ich finde. Und das nicht nur, weil das wahrscheinliche Austragungsjahr so gut zu unserer Standortstrategie „Hamburg 2040“ passt.Ich sage allerdings: Wenn schon über Olympia nachgedacht wird, dann doch bitte gleich richtig und vor allem zukunftsgewandt! In fünf Jahren wird der Fehmarnbelt-Tunnel zwischen Deutschland und Dänemark fertig sein.
Durch dieses zukunftsweisende Infrastrukturprojekt entsteht ein neuer großer Wirtschaftsraum aus Südschweden, Dänemark und ganz Norddeutschland. Hamburg wird damit endgültig zur südlichsten Stadt Skandinaviens.
Da liegt es doch nahe, dass wir uns gemeinsam mit Kopenhagen um die Austragung der Olympischen Spiele bewerben. Damit erhält auch der olympische Gedanke eine ganz neue völkerverbindende Qualität. In jedem Fall würde das Zusammenwachsen der Region dadurch enorm beschleunigt.Meine sehr geehrten Damen und Herren,eingangs habe ich darüber gesprochen, dass die Jahre 2024 und 2025 wichtige Wahljahre sind.Eine wichtige Wahl, die ebenfalls im nächsten Jahr ansteht, habe ich dabei noch nicht erwähnt. Vom 15. Januar bis zum 19. Februar findet die Wahl zum Plenum der Handelskammer statt.Das neue Plenum kann sich dabei auf eine leistungsfähige und zukunftsorientierte Kammer freuen. Der Leitsatz unserer Handelskammer „Wie wollen wir künftig leben – und wovon?“ ist in Hamburg inzwischen jedenfalls ein geflügeltes Wort geworden und wird gerne als Zitat aufgegriffen. Als Handelskammer waren wir in den vielen Krisen der letzten Jahre besonders gefragt und mussten schnell auf die dramatische Lage für viele Betriebe reagieren. Die Handelskammer hat aber nicht nur bei der Bewältigung der Krisen geliefert. Neben den vielen standortpolitischen Initiativen, neuen Dienstleistungen für unsere Mitgliedsunternehmen und Verbesserungen im Bereich der Aus- und Weiterbildung haben wir auch intern wichtige Projekte umsetzen können.Es ist uns gelungen, die Finanzen der Handelskammer so weit zu konsolidieren, dass wir unseren Mitgliedern im kommenden Jahr sechs Millionen Euro Beitrag zurückerstatten können. Und wir haben uns als Kammer selbst auf den Weg zur Klimaneutralität begeben. In den letzten beiden Jahren wurden bereits 30 Prozent der CO2 Emissionen eingespart und wir arbeiten ständig an einer weiteren Verbesserung.Wir haben uns auch organisatorisch neu aufgestellt und modernisiert. Die passende Definition für „Modern“ hat aus meiner Sicht der legendäre Fußballtrainer Otto Rehhagel geliefert.Er sagte: „Modern ist, was erfolgreich ist“.Meine sehr geehrten Damen und Herren,
mit Blick auf die anstehende Handelskammer-Wahl danke ich den 117 Kandidatinnen und Kandidaten für Ihre Bereitschaft, sich für dieses Ehrenamt zur Verfügung zu stellen. Das breite Kandidatenfeld garantiert auch in Zukunft ein starkes, spiegelbildliches Plenum.Jetzt sind alle über 170.000 Mitglieder der Handelskammer gefordert. Ich appelliere an Sie alle: Geben Sie dem neuen Plenum das starke Mandat, gemeinsam Hamburgs Zukunft zu gestalten: Gehen Sie wählen!Meine Damen und Herren,
damit unser Standort erfolgreich bleibt, müssen Politik und Wirtschaft eng, vertrauensvoll und mit der gebotenen Arbeitsteilung zusammenarbeiten. In Hamburg haben wir in dieser Zusammenarbeit eine lange erfolgreiche Tradition.
Rathaus und Handelskammer, Rücken an Rücken im Zentrum der Stadt, sind ein eindrückliches Symbol dafür. Denn eines der Erfolgsgeheimnisse Hamburgs ist der Wettbewerb um die besten Ideen für unseren Standort zwischen Senat und Handelskammer.Sehr geehrter Herr Bürgermeister, liebe Mitglieder des Senats,
im Rückblick auf das Jahr 2023 danke ich Ihnen allen und insbesondere auch den Senatorinnen und Senatoren, die ich heute nicht namentlich genannt habe, für die vertrauensvolle Zusammenarbeit und Ihren hohen Einsatz für unsere Stadt. Ganz besonders möchte ich Ihnen aber für Ihre Offenheit danken, immer wieder mit uns in den Wettbewerb der besten Ideen für unsere Stadt einzusteigen.Ich danke auch den Abgeordneten des Europäischen Parlaments, des Deutschen Bundestages, der Hamburgischen Bürgerschaft und der sieben Bezirksversammlungen, den Behörden des Bundes und der Freien und Hansestadt Hamburg sowie den Organen der Justiz für die vertrauensvolle und konstruktive Zusammenarbeit.Ich schließe in meinen Dank die Kirchen, das konsularische Korps, die Bundeswehr, die Polizei, die Feuerwehr, die Verbände, die Kammern, die Medien und die Gewerkschaften ein.Ich danke all denen, die in guter Hamburger Tradition mit Stiftungen, Spenden, Steuermitteln und Tatkraft unser Gemeinwesen gefördert und auch geholfen haben, soziale Nöte zu lindern. Ich danke der Handelskammer Hamburg.
Das sind alle 170.000 Mitglieder, die vielen Ehrenamtlichen im Plenum und in den Ausschüssen und bei den Wirtschaftsjunioren.Ich danke allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dieses Hauses für ihre hervorragende Arbeit. Ohne Sie könnten wir unsere Aufgabe nicht erfüllen.Und ich danke für die Möglichkeit, heute zu Ihnen zu sprechen.Meine Damen und Herren,
ich habe heute viel über das Schwimmen gesprochen und schließe daher meine Rede mit einem Zitat von Michael Phelps, dem erfolgreichsten Schwimmer aller Zeiten:„Wenn du der Beste werden willst, musst du Dinge tun, zu denen andere nicht bereit sind”. Die Handelskammer Hamburg und die Hamburger Wirtschaft sind bereit!In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen guten Rutsch und ein gesundes und erfolgreiches Jahr 2024.Es gilt das gesprochene Wort. - Eröffnungsrede vom VEEK-Vorsitzenden Jochen Spethmann
Sehr verehrte Damen und Herren,Die Versammlung Eines Ehrbaren Kaufmanns zu Hamburg ist hiermit eröffnet.Es ist für uns als Vorstand der VEEK Ehre und Freude, Sie sehr herzlich zu unserer Jahresschlussversammlung in der Handelskammer Hamburg und über den Livestream willkommen zu heißen.Ich darf nun einige von Ihnen namentlich beziehungsweise als Vertreter und Vertreterinnen ihrer Institutionen begrüßen. Das verbinde ich mit dem traditionellen Wunsch, Ihre Freude durch Applaus erst auf meine kleinen Signale zum Ausdruck zu bringen.Es freut uns ganz besonders, mit Ihnen, sehr geehrter Herr Dr. Tschentscher, den Ersten Bürgermeister, begrüßen zu können. Wie schön, dass Sie, sehr geehrte Frau Tschentscher, sich die Zeit nehmen, uns ebenfalls zu beehren.Willkommen heißen wir ebenso Senatorinnen und Senatoren unserer Stadt, deren Kolleg:innen in Bund und Ländern sowie die Abgeordneten des Deutschen Bundestages und des Europäischen Parlaments, sowohl die Amtierenden wie auch die Ehemaligen.Das gilt ebenfalls den Vertretern und Vertreterinnen der Bundeswehr, der Polizei, der Gerichte, der Universitäten, der Gewerkschaften, dem konsularischen Corps sowie der christlichen Kirchen und der in Hamburg aktiven religiösen und weltanschaulichen Gemeinschaften.Unsere besonderen Grüße gelten der Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags, Frau Aydan Özoguz und der Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft, Frau Carola Veit.Ein herzliches Willkommen richten wir auch an die zahlreichen führenden Persönlichkeiten unserer Nachbarkammern. Das gilt selbstverständlich auch für die Damen und Herren der Medien.Dann begrüße ich die Mitglieder des Präsidiums und des Plenums der Handelskammer, an der Spitze den Präses, Herrn Prof. Norbert Aust, sowie den Hauptgeschäftsführer, Herrn Dr. Malte Heyne.Wir danken Ihnen allen, dass Sie unserer Einladung gefolgt sind – un nu geit dat los mit de klatschen!Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Handelskammer und gleichzeitig auch liebe Ehrenämtler und Ehrenämterlinnen, im Plenum, in Ausschüssen und in Arbeitskreisen: Im Namen der gesamten VEEK sage ich Ihnen von Herzen Danke. In diesen Dank sind diejenigen eingeschlossen, die sich direkt und indirekt für die Tätigkeit der Handelskammer und somit für uns engagieren. In diesen wahrhaftig herausfordernden Zeiten leisten Sie alle - mit enormem Engagement - einen unverzichtbaren Beitrag für das Gemeinwesen, für das Funktionieren der Wirtschaft hier in Hamburg. Das ist etwas, auf das Sie zu Recht stolz sein dürfen.Un nu noch eenmaal bannig klatschen!Hohe Anerkennung empfinden wir auch für die Arbeit des Präsidiums der Kammer, welches sich insbesondere durch den Präses, Sie lieber Herr Prof. Aust, immer wieder zu wichtigen Themen äußert. Wir danken für unsere ausgesprochen gute Zusammenarbeit.Beed ook för disse leve Lüüd klatschen.Liebe Gäste,die Versammlung Eines Ehrbaren Kaufmanns zu Hamburg findet heute zum letzten Mal statt.Warum?Wir sind stolz, mit über 1000 Mitgliedern die älteste und größte wertorientierte Vereinigung von Führungskräften in der Wirtschaft zu sein. Seit unserem Jubiläum 2017 ist unsere Versammlung heute eine andere: Vielseitiger, moderner, aktiver und unabhängig. Dennoch gibt es noch viel zu tun und daher stellen wir uns für die Zukunft auf.Unsere Mitgliederversammlung hat am 15. November der Vision des Vorstands für die VEEK 2030 zugestimmt. Wir wollen1. Ehrbarkeit als Fundament für wirtschaftliches Handeln etablieren. Handschlag zählt weiterhin, ob real oder virtuell!
2. Die VEEK sichtbarer und bekannter zu machen. Wir wollen die Stimme der Ehrbarkeit werden.
3. Wir wollen wachsen, uns weiter öffnen und aktivieren: Mehr Mitglieder, mehr Diversität und Vielfalt.
4. Mehrwerte für die Gesellschaft, Hamburg und unsere Mitglieder schaffen.Uns ist durch viele Gespräche und Diskussionen inner- und außerhalb der VEEK deutlich geworden, dass wir uns weiterentwickeln müssen und dass wir diese Veränderungen klar signalisieren sollten. Nach reiflicher Abwägung haben wir uns deshalb zu einer Namensänderung entschlossen und laden insofern 2024 zu der „Versammlung Ehrbarer Kaufleute zu Hamburg“ ein. Unser Logo und die Abkürzung VEEK bleiben unverändert.Sie können also entspannen - es geht weiter! Lassen Sie uns über Ehrbarkeit in der Praxis sprechen:Raten Sie mal, wie oft Gärtner bzw. Manager oder Unternehmerinnen in den Tatortfolgen zwischen 1970 und 2018 der Mörder oder die Mörderin war? Sie vermuten richtig, die Führungskräfte aus der Wirtschaft liegen weit vorne, das Verhältnis erstaunt aber doch: 1 Gärtner zu 109! Ist das so gezeichnete Bild richtig? Nach den Betrugsfällen bei Diesel, Wirecard und Cum-Ex mag man geneigt sein, dem zu folgen. Aber ist das die Wirtschaft? Oder sprechen und schreiben wir, nur zu gerne und oft über die „Bösen“? Wir meinen ja!Es ist aber schwer, an die positiven Beispiele heranzukommen. Einerseits vielleicht, weil ein solches Verhalten als selbstverständlich angenommen wird, andererseits sicherlich, weil die Beteiligten von sich aus ungern darüber sprechen. Ich habe daher unsere Mitglieder um Beispiele gebeten. Ich danke Herrn Hauke Rüsbüldt, dem Geschäftsführer des beteiligten Unternehmens, heute über seins sprechen zu dürfen, ich zitiere in Auszügen:„Als unsere Backstube aufgrund eines technischen Defekts mit erheblichem Brandschaden als Produktionsstätte ausfiel, rief nach nicht einmal 24 Stunden der Inhaber der Bio-Bäckerei Wittmaack an und bot an, dass wir seine Back-stube nutzen können. Zwar tagsüber, denn nachts buk er selbst mit seiner Mannschaft, aber tagsüber stand die Backstube leer.Nach weniger als 72 Stunden konnten wir, mit toller Bereitschaft unserer Mannschaft, dort nach unseren Rezepten die Arbeit wieder aufnehmen.
Mit meiner persönlichen Konzern-Vergangenheit kann ich kaum beschreiben, wie unsagbar positiv ich dieses Beispiel ehrenwerten Handelns empfunden habe.“Ein Anderes: Bereits 2019 zeichneten die Helga Stödter-Stiftung und die Handelskammer Hamburg die Beiersdorf AG für ihr wirkungsvolles Engagement mit dem Mixed Leadership-Preis aus.Seit diesem Jahr sind in diesem Unternehmen weltweit 50,3% der Führungs-positionen mit Frauen besetzt und es erhielt außerdem den grünen Umschlag der AllBright Stiftung. Dieser zeigt, dass Beiersdorf eines von insgesamt nur 16 Unternehmen aus den DAX-Indizes ist, die mindestens 40% Frauen im Vorstand haben, konkret: Drei weibliche und vier männliche Mitglieder.Es gibt sicher Viele mehr, die genauso erleuchtend wären. Wenn Sie also Ähnliches erleben – schreiben Sie uns bitte - wir wollen es weitererzählen!Lassen Sie uns über Ehrbarkeit in der Führung sprechen:Ein Erbe unserer Geschichte ist der Hamburger Handschlag, für den unsere Hansestadt und ihre Kaufleute bekannt sind. Dieser ist ein Symbol von Verlässlichkeit und Vertrauen - auch ohne Verträge. Er signalisiert eine bestimmte ethische Auffassung zum Verhalten im Wirtschaftsleben.Ethik und Moral sind unverzichtbare Dimensionen – für Wirtschaftsunternehmen wie für alle gesellschaftlichen Institutionen. Keine Frage, es braucht daher klare und verständliche Regeln für das Zusammenleben und das Zusammen-arbeiten.Wenn ich mir aber die folgende Praxis als Unternehmer ansehe, dann zweifele ich an der Sinnhaftigkeit. Wer kann das alles noch verstehen, überblicken und vermitteln?2022 und 2023 sind eine große Menge neuer Gesetze und Verordnungen für Unternehmen und Bürger:innen erlassen worden. Ein sicher nicht vollständiger Auszug: Nachweisgesetz, Vertiefung der betrieblichen Mitbestimmung, Arbeitszeiterfassung, Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, CSR-Berichterstattung, neues Verpackungsgesetz, neue Gefahrstoffverordnung, Kreislaufwirtschaftsgesetz, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz.Was ist aber die Botschaft, die wir mit dieser Regelungswut als Staat und in der Umsetzung als Unternehmen senden? Vertrauen in die Menschen? Sicher nicht. Und helfen immer mehr Regeln wirklich oder verstopfen sie im Gegenteil unsere Systeme?Compliance, d.h. die Befolgung rechtlicher Normen, kommt nach meiner Wahrnehmung oft als „sperrige Hardware“ daher. Es fehlt meiner Ansicht nach häufig die „Software“, die Menschen in schwierigen Situationen ganz praktisch hilft.Haben Sie z.B. in ihren Unternehmen und Organisationen mit den Mit-arbeitenden einmal über die Berufsehre als eine mögliche Hilfe diskutiert? Was ist die Berufsehre einer Versicherungskauffrau, eines Schiffmaklers, einer Programmiererin, eines Buchhalters oder einer Personalverantwortlichen? Wie, verehrtes Publikum, definieren sie diese für sich selbst?So macht es unser Vorstandskollege Merlin Müller mit den Auszubildenden nach bestandener Prüfung in seinem Unternehmen:„Der Spediteurseid – in der weiblichen Variante, in Auszügen:„Ich schwöre hier unter Zeugen, dass ich das Gut, das mir zu transportieren aufgetragen wurde, für faire Belohnung, dahin zu fahren, treulich zu verwahren und redlich überliefern will, kein Stück verfahren oder irgend anders hinbringen, als mir aufgegeben wurde. Und mich in allen so betragen will, wie es einer redlichen, aufrichtigen und ehrbaren Hamburger Spediteurin und Kauffrau gebührt.“In unserer Versammlung gibt nur persönliche Mitgliedschaften.Voraussetzung für diese ist die Anerkennung unserer vier Leitlinien für ehrbares Handeln, unserer „Software“ – unsere Markenwerte, die helfen, ehrbares Verhalten greifbar zu machen:Redlichkeit. Respekt. Anstand. Haltung.Ich greife von diesen unsere Definition von Haltung heraus:„Ehrbare Kaufleute weichen auch in schwierigen Situationen nicht von ihrer Überzeugung ab. Sie halten sich das Prinzip von Treu und Glauben.Nicht alles, was erlaubt ist, ist ehrbar. Sie berücksichtigen geltende Gesetze und übergreifende Normen und verzichten auf das opportunistische Ausnutzen von möglichen Lücken.“Sie als Führungskräfte stimmen mir sicherlich zu, dass uns in Sachen Haltung
eine besondere Verantwortung zukommt, denn wir haben eine Vorbildfunktion.Führungskräfte sollen ermöglichen, ermächtigen, unterstützen. Sie sollen Koordinatorinnen, Kommunikatoren, Kultivatorinnen und Katalysatoren sein, natürlich auch Motivatoren, Moderatorinnen und Mentoren. Besonders hoch in der Rangliste ist noch das Coaching.Das alles stimmt, nur eines wird kaum noch gesagt – dass Führungskräfte auch führen sollen. Und dass haben sie - vor allem - zu tun. Ihre Aufgabe ist es, Resultate, sowohl qualitativer als auch quantitativer Art, zu erbringen und damit den Zweck ihrer Organisation zu verwirklichen. Dafür werden sie gebraucht und dafür werden sie bezahlt. Dazu müssen sie die Stärken der Menschen nutzen, um gemeinsam die notwendigen Leistungen zu erbringen.Wir bieten mit unseren Werten - Redlichkeit. Respekt. Anstand. Haltung. -
eine belastbare und verlässliche Grundlage für diese so notwendige gute Führung.Lassen Sie uns am Schluss über Ehrbarkeit und persönliche Haltung sprechen:Dazu passend schrieb Elisabeth von Thadden in der „Zeit“, ich zitiere in Auszügen:„Angst, überall Angst, peur toujours, peur partout, mit dieser Kurzformel hat 1942 der Historiker Lucien Febvre das europäische 16. Jahrhundert charakterisiert, die dunkle Zeit, kurz bevor unsere moderne Epoche geboren wurde.Und heute muss man festhalten: Die merkwürdige Untergangsangst, die sich über unser Land gelegt hat, wird von interessierter Seite geschürt, sie verschiebt den Diskurs aktiv, vor allem nach rechts, ins Gegen- statt ins Miteinander.Aber aus Angst erwächst keine gute Politik. Für eine offene Gesellschaft sollte die Mehrheit jetzt kämpfen. Um den Angstmachern nicht die Macht darüber zu geben, was wir fühlen. Und was wir tun.“Und besonderes in einer Sache können wir etwas tun: Es ist erschütternd und bedrückend, dass in unserem Land, das sich zu „nie wieder“ bekennt, unsere jüdischen Mitbürger und Mitbürgerinnen diskriminiert, ja angegriffen werden, dass sie Angst haben müssen, sich erkennen zu geben.Ehrbare Kaufleute setzen sich für Toleranz, Respekt und Anstand ein. Wir zeigen Haltung und verteidigen diese Werte, wenn sie bedroht werden. Wir fordern Sie alle auf, dafür einzutreten und sich für ein friedliches und einvernehmliches Miteinander aller Religionen und Lebensformen in unserer Stadt zu engagieren.Sich konkret und persönlich einsetzen, aber wofür? Unsere Vorschläge:- Für die Stiftung Bornplatzsynagoge, die für den Wiederaufbau dieser Institution arbeitet.- Für den Parents Circle – Families Forum (PCFF), in dem sich israelische und palästinensische Familien zusammengeschlossen haben, die in diesem Konflikt Angehörige verloren. Gemeinsam setzen sie sich für ein Ende des Blut-vergießens ein und rufen zur Versöhnung auf.- Für das Projekt Akzeptanz im Kirchenkreis Hamburg-West/Südholstein, welches Toleranz unter Schülerschaften und ein gutes Miteinander in Schulen fördert und damit gegen Antisemitismus und Islamfeindlichkeit in unserer Gesellschaft wirkt.Die Links zu den Projekten finden Sie auf der Website der VEEK. Wir hoffen sehr, dass möglichst Viele von Ihnen mitmachen!Lieber Professor Aust, wir freuen uns sicherlich alle auf Ihre Tour d’Horizon.Ich wünsche Ihnen allen in den wunderbaren Worten Theodor Fontanes mit dreien seiner einzigartigen Substantive: „Hauptaufmerksamkeit, Weltverbesserungsleidenschaft und Generalbegeisterung“.Es gilt das gesprochene Wort. - Schlusswort vom VEEK-Vorstands-Mitglied Nataly Bombeck
Sehr geehrte Damen und Herren,ich bin die Neue im Vorstand der VEEK – und als Neuling traue ich mich etwas: Einen Verstoß gegen den Dresscode! Dem dunkeln, hanseatischen Erscheinungsbild füge ich einen Farbklecks hinzu - Farbe signalisiert für mich gute Laune, Optimismus, Vielfalt, Offenheit. Und neben Blau ist Magenta auch die Farbe der VEEK.Sehr geehrter Herr Prof. Aust, im Namen der VEEK und der hier Anwesenden danke ich für den wiederum umfassenden Blick auf die Welt, Europa, Deutschland und Hamburg. Wir unterstützen Ihre Forderung nach einer mutigen Zukunftsstrategie und einem für unser Land entschlossenen Bürokratieabbau. Let’s do it!Als Mutter von vier Kindern, Ehefrau eines Hamburg-Bremer Familien-Schifffahrtsunternehmers und als Tochter eines selbständigen Hamburger Mittelständlers kenne ich mich im Kosmos Hamburg ganz gut aus. Seit rund 40 Jahren arbeite ich in der Hamburger Medien- und Kulturbranche, seit 2010 in der Elbphilharmonie – und aus meiner Perspektive ist diese Welt noch zu wenig in der VEEK vertreten. Das möchte ich ändern, weil es sich aus gutem Grund ändern muss!Eine Überschrift vom 20. Januar dieses Jahres im Hamburger Abendblatt lautete: „Hamburgs Wirtschaft – die Prognosen für 2023!“ Wissen Sie welche Branche dort nicht genannt wurde? Die Kultur!?Gerade jetzt, während wir hier sitzen, heute Abend und an den folgenden Tagen spielen auf hunderten Bühnen Musikerinnen, Sänger, Schauspielerinnen und Tänzer für viele Menschen und geben ihnen damit Freude, Zuversicht sowie Kraft für den Alltag. In der Elbphilharmonie gibt es Offenbachs „Orpheus in der Unterwelt“. Die Staatsoper spielt die „Fledermaus“ von Johann Strauß, in der Laeiszhalle steht „Nabucco“ von Verdi auf dem Programm, im Schmidts Tivoli erlebt man die „Heiße Ecke“ von Sankt Pauli und im Hansa Theater gibt’s „Varieté“ – und das sind nur die großen Bühnen. Ist diese Vielfalt nicht wunderbar?Das macht nicht nur Freude, es bringt Hamburg neben einem großartigen Image auch viel Geld ein. Kulturmenschen sind enorm fleißig aus Leidenschaft. Theaterleiter, Kinobetreiberinnen, Konzertveranstalter, Musicalmacherinnen, Ballettchefs, Museumsdirektorinnen – sie alle sorgen für ein sehr lebenswertes, kulturelles Klima in unserer Stadt. Jährlich werden über diese Kulturvielfalt Millionen Euro in den Hamburger Haushalt gespült. Eine Untersuchung des Tourismus-Monitors der GFK für 2022 hat zum Beispiel herausgefunden, dass 70 Prozent aller Reisen nach Hamburg kulturtouristisch motiviert sind.Für die Verbindung von Kultur und Wirtschaft setzt sich die Handelskammer dankenswerterweise schon seit Jahrzehnten ein, beispielsweise durch eigene Ausstellungen und Konzerte sowie diverse Ausschüsse. Genannt sei hier zum Beispiel der Ausschuss für Medien- und Kreativwirtschaft.Kultur ist ein ganz bedeutender Wirtschaftsfaktor, Kultur ist wichtig! Dort wird miteinander gesprochen, nicht gegeneinander! Man hört zu, lässt andere Meinungen gelten und setzt sich bei Dissens kreativ damit auseinander.Kultur ist beständig, macht Mut und stimmt meist positiv. Sie hält sogar Krisen wie Corona und Kriege aus – und hilft anderen Menschen durch diese Zeiten. Menschen, die sich für Kultur interessieren oder wie ich begeistern, setzen sich meist auch mit politischen und gesellschaftlichen Fragen intensiv auseinander – in Debatten zum Ukraine-Krieg, mit Vorschlägen zur Flüchtlings- und Zuwanderungs-Problematik, zum Israel- und Palästina-Konflikt. Das kann sehr anstrengend sein – und es regt dazu an, anders zu denken, Neues zu wagen, Ungewöhnliches auszuprobieren, mutig zu sein. Vor allem aber tut uns das Gemeinschaftserlebnis und der Austausch im Konzert- oder Kinosaal, beim Musikfestival oder im Theater einfach gut – Menschen feiern und erleben schöne Dinge am Liebsten zusammen.Kultur, ganz allgemein gesprochen, ist auch ein Stimmungs-Barometer und natürlich beeinflusst sie Wirtschafts- und Verkehrsthemen in dieser Stadt. Denken Sie an den Umbau des Hauptbahnhofes im Umfeld der Kunsthalle, des MfKGs, Ohnsorg-Theaters und Schauspielhauses - nicht alles passt hier immer zusammen. Auch der HVV und die Hochbahn können mit der aktuellen Taktung kaum noch alle Besucherströme unserer Dauer-Party- und Sportstadt aufnehmen.Aus dem Wirtschaftszweig Kultur kommen starke Impulse zu neuen Denkansätzen und natürlich auch Kritik! Die Diversität der Kulturschaffenden bringt Perspektiven in die Stadt, die natürlicherweise anders sind als die eines Kaffeeimporteurs, einer Reederin, einer Versicherungsmaklerin, eines Immobilienentwicklers oder Gewürzhändlerin.Das Wichtigste: Mit den großartigen Kulturangeboten in unserer Stadt könnte die aktuell recht negative, zweifelnde und ängstliche Stimmung viel positiver und optimistischer sein. Ich persönlich empfinde bei meinen vielen kulturellen Tätigkeiten und Besuchen anderer Institutionen stets eine Offenheit und Zuverlässigkeit, ein höfliches und sehr tolerantes Miteinander und Vertrauen zu wildfremden Menschen und deren Meinungen - ich nenne das auch ehrbar!Sehnsucht nach Verlässlichkeit, höflichem Miteinander und Vertrauensaufbau - warum kann nicht Ehrbarkeit die neue Währung sein? Wir von der VEEK stehen für einen Markenwert weit über Hamburgs Grenzen hinaus, wir haben einen hohen Vertrauensvorschuss in der internationalen Wirtschaftswelt und der hanseatische Handschlag gilt auch bei jüngeren Menschen.Umarmen und gewinnen Sie daher mit mir großartige Kulturinstitutionen dieser Stadt für das wirtschaftliche und gesellschaftliche Miteinander und Weiterkommen - Wir tun es für Hamburg, für unsere Unternehmen und Mitarbeiter. Und wir tun es für die nächsten Generationen!Ich wünsche Ihnen einen fröhlichen, musikalischen, theatralischen oder getanzten Ausklang des Jahres 2023.Die Versammlung eines Ehrbaren Kaufmannes ist hiermit beendet.Es gilt das gesprochene Wort.
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Die Fotos dürfen unter Angabe des Urhebers verwendet werden.
Die Redaktion der Hamburger Wirtschaft war live vor Ort und berichtet in einem Online-Artikel.
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Zur „Versammlung Eines Ehrbaren Kaufmanns“
Seit seiner offiziellen Gründung im Jahr 1517 setzte sich der Ehrbare Kaufmann für die kaufmännische Selbstverwaltung und das Wohl der Hamburger Kaufmannschaft ein. 1665 rief der Ehrbare Kaufmann die „Commerz-Deputation“ – aus der später die Handelskammer Hamburg werden sollte – als sein Vertretungsorgan ins Leben, um seine Ziele besser verfolgen zu können. Der Ehrbare Kaufmann wurde zur „Versammlung Eines Ehrbaren Kaufmanns zu Hamburg e.V.“ (VEEK) und zur größten werteorientierten Vereinigung der deutschen Wirtschaft.
Die Jahresschlussveranstaltung wird traditionell vom Vorsitzenden der VEEK eröffnet. Es folgt der Bericht des Präses der Handelskammer über die wirtschaftliche Gesamtsituation.
Kontakt
Für Rückfragen stehen wir Ihnen unter folgenden Kontaktdaten zur Verfügung.
Handelskammer Hamburg
Adolphsplatz 1
20457 Hamburg
Tel.: +49 40 36138-201
Fax: +49 40 36138-220
E-Mail: jsv@hk24.de
Internet: www.hk24.de
Versammlung Eines Ehrbaren Kaufmanns zu Hamburg e.V.
Adolphsplatz 1
20457 Hamburg
Tel.: +49 40 360 089 62
Fax: +49 40 360 089 60
E-Mail: veek@veek-hamburg.de
Internet: www.veek-hamburg.de
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