TVET

Kooperationsprojekte

Seit 2004 engagiert sich die Handelskammer Hamburg aktiv in der Entwicklungszusammenarbeit, vor allem in der Privatsektorentwicklung und in der beruflichen Bildung (TVET). Die Einführung einer angepassten dualen Berufsausbildung in Madagaskar war Vorreiter für die Internationalisierung der deutschen Berufsausbildung. Das Projekt wurde für seinen innovativen und nachhaltigen Ansatz von der World Chambers Federation mit dem Weltkammerpreis ausgezeichnet.
Bis heute wird in Madagaskar nach den damals erarbeiteten Standards ausgebildet. In den vergangenen Jahren beteiligte sich die Handelskammer Hamburg am Beschäftigungspakt Tunesien im Rahmen der Transformationspartnerschaften nach dem arabischen Frühling sowie an der Modernisierung der traditionellen Lehrlingsausbildung in Ghana. Die laufende Partnerschaft mit der Sekondi-Takoradi Chamber of Commerce and Industry (STCCI) in Ghana ist ein Projekt des Kammer- und Verbandspartnerschaftsprogramms (KVP). Wesentliche Ziele der Zusammenarbeit sind die Verbesserung der Organisationsstruktur der STCCI und bessere Geschäftsmöglichkeiten für kleinere und mittlere Betriebe aus der Region als Zulieferer für internationale Unternehmen. Unsere Kooperationsprojekte leben von unserer Expertise in der Gestaltung von Kammerarbeit und in der Organisation der dualen Berufsausbildung. Sie werden aus Drittmitteln finanziert.

TVET Hamburg: Ihr Partner für berufliche Bildung weltweit

Die Nachfrage nach Beratungsleistungen im Feld der „dualen Berufsbildung“ nach deutschem Vorbild hat spätestens nach 2013, seit Erscheinen des Strategiepapiers der Bundesregierung „Internationalen Berufsbildungszusammenarbeit aus einer Hand“, noch mehr Fahrt aufgenommen. Bundesweite Institutionen wie GoVET und iMOVE wurden neu aufgesetzt, um den zunehmenden Anfragen aus dem Ausland gerecht zu werden. Um dieser wachsenden internationalen Nachfrage gerecht zu werden, haben sich 2018 drei Hamburger Institutionen mit besonderen Profil in der Berufsausbildung zu der Arbeitsgemeinschaft „TVET Hamburg“ zusammengeschlossen: die Handelskammer Hamburg, das Hamburger Institut für Berufliche Bildung (HIBB) und die GFA Consulting Group GmbH (GFA). Die Kooperation der drei Partner bringt in einzigartiger Weise die unterschiedlichen Kompetenzen bei einem Angebot für die Kunden „Berufsbildung aus einer Hand“ zusammen: HIBB und Handelskammer Hamburg sind zwei der wesentlichen Akteure in der beruflichen Bildung in Hamburg. Die GFA ergänzt dieses Spektrum durch ihre internationale Erfahrung in der Berufsbildungsberatung und einem großen Pool an Experten.
Das Angebot von „TVET Hamburg“ reicht von Studienreisen nach Deutschland über die Qualifizierung von Berufsbildungspersonal hin zur Entwicklung von Berufsbildungssystemen. Darüber hinaus bietet „TVET Hamburg“ individuelle Beratungsleistungen an.
Ab dem 1. Februar 2021 findet die “Green TVET Online School” statt. Über einen Zeitraum von acht Wochen lernen die Teilnehmer interaktiv in Webinaren und Blended Learning Tools ausführlich die Rolle und Aufgaben der Akteure in der deutschen dualen Berufsausbildung mit dem Schwerpunkt auf den Bereich der Erneuerbare Energien kennen. Aktuelle Informationen zu dem Programm finden Sie auf www.tvet-hamburg.de.

Ghana: Kammerpartnerschaft mit Takoradi

Die Kammerpartnerschaft mit der Sekondi-Takoradi Chamber of Commerce and Industry (STCCI) ist ein Projekt des Kammer- und Verbandspartnerschaftsprogramms (KVP) vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) finanziert und von der sequa gGmbH administrativ betreut wird. Sie läuft vom 1.09.2015 bis zum 31.08.2021. Ziel des Programms ist es, den Wissenstransfer auf der operativen Ebene durch die bilaterale Kooperation von Kammern oder Verbänden aus Deutschland mit Partnern in Entwicklungsländern zu fördern. In unserer Kammerpartnerschaft möchten wir die STCCI dabei unterstützen, nachhaltige Mitglieds- und Organisationsstrukturen zu entwickeln. Dazu gehört ein Portfolio an Dienstleistungen, die von den Unternehmen der Western Region Ghanas nachgefragt werden. Ein besonderes Anliegen der STCCI ist es, den kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) der Region einen besseren Zugang zu Aufträgen internationaler Konzerne zu verschaffen, die im Bergbau tätig sind oder vor der Küste Ghanas Erdöl und Gas fördern. Die ghanaische Regierung hat im Jahr 2014 ein Gesetz zur Förderung des Anteils lokaler Unternehmen (local content) verabschiedet. Die Umsetzung ist jedoch schwierig, da die regionalen KMU oft nicht in der Lage sind, die hohen Umwelt- und Arbeitssicherheitsstandards zu erfüllen, die von den internationalen Unternehmen gefordert werden. Hier setzt das Projekt mit einer Lieferkettenanalyse an, um Zulieferleistungen zu ermitteln, die bereits jetzt oder mit geringen Schulungsaufwand von lokalen KMU erbracht werden können. Kontakte zwischen der STCCI und der Handelskammer Hamburg gibt es seit 2010. Im Oktober 2013 informierte sich eine achtköpfige Delegation der STCCI über die Organisation der Kammerarbeit in unserer Handelskammer. Im November 2014 schulten Wirtschaftsmediatoren aus dem Netzwerk unserer Handelskammer zehn angehende Mediatoren der STCCI. Die außergerichtliche Streitbeilegung steckt in Ghana noch in den Anfängen, ist aber eine vielversprechende Alternative zu den oft jahrelang sich hinziehenden Gerichtsverfahren.

Ghana: Skills Development Initiative

Die Tradition der betrieblichen Ausbildung ist in Ghana noch immer weit verbreitet. Dabei lernen die Jugendlichen drei Jahre lang im Betrieb des Meisters, oft allerdings ohne strukturierte Anleitung oder Ausbildungsplanung. Die Abschlussprüfung wird von den Berufsverbänden organisiert. Seit 2012 arbeitet die Ghana Skills Development Initiative an der behutsamen Modernisierung der traditionellen Lehrlingsausbildung. Im Verlauf des Projekts wurden gemeinsam mit den Berufsverbänden Berufsbilder definiert und für diese Berufsbilder Anleitungen für die betriebliche Ausbildung entwickelt. Vor allem wurde die bisher rein betriebliche Ausbildung ergänzt durch Kurzkurse, in denen die Grundlagen des Ausbildungsberufs vermittelt werden. Diese Kurse werden an ausgewählten Schulen durchgeführt, die mit intensiven Seminaren auf diese neue Aufgabe vorbereitet wurden. Auch die Meiser und Meisterinnen wurden mit Schulungen auf die Zusammenarbeit mit den Schulen vorbereitet und erhalten darüber hinaus Kurse zum Fachwissen. Aus der traditionellen Lehrlingsausbildung sind so die Berufe des Kleingeräteelektronikers, des Automechanikers, des Schweißers, der Friseuse und der Schneiderin entstanden. Beide Berufe stehen jungen Männern und Frauen gleichermaßen offen und werden gut angenommen.
Mit dem Video "Ghana Skills Ambassadors: Adwuma-Pa" werben Auszubildende für die Vorteile ihrer Ausbildung. Die Berufsbildungsinitiative Ghana ist Teil des Programms für Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung der bilateralen Regierungszusammenarbeit mit Ghana. Das Programm wird vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) finanziert und von der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) umgesetzt. Gemeinsam mit der gfa-group und planco consulting war die HKS Handelskammer Hamburg Service GmbH Konsortialpartner der ersten Projektphase.

Tunesien: Beschäftigungspakt

Logo-Tunesien
Unmittelbar nach dem Arabischen Frühling begann die Bundesregierung damit, die politische und wirtschaftliche Stabilisierung durch Transformationspartnerschaften zu unterstützen. Der von Januar 2012 bis Februar 2015 aus Mitteln des Auswärtigen Amtes finanzierte Beschäftigungspakt Tunesien Teil dieses Programms und hatte das Ziel, der hohen Arbeitslosigkeit durch eine bessere Berufsausbildung entgegenzuwirken. In unserem Teilprojekt konzentrierten wir uns auf die Qualität der Berufsausbildung im Fahrzeugservice und in Tourismusberufen. Für die Hotellerie und Gastronomie entwickelten wir praxisnahe, niederschwellige Ausbildungen für Köche und Konditoren und schulten Lehrkräfte verschiedener Ausbildungszentren in modernen Lehrmethoden. Im Fahrzeugservice arbeiteten wir mit einem anerkannten Berufsbildungszentrum im Großraum Tunis zusammen, das bereits Kontakt mit Unternehmen hatte. Die Betriebe waren jedoch unzufrieden damit, dass sie in den gesetzlich vorgeschriebenen Praktikumsphasen stets mit wechselnden Praktikanten konfrontiert waren. Sie wollten die Auszubildenden selbst auszuwählen, um sie in jeder Praxisphase im Betrieb auszubilden und nach Abschluss der Ausbildung zu übernehmen. Das Berufsbildungszentrum organisierte auf seinem Gelände eine Azubi-Börse, an der sich die Unternehmen beteiligten. In mehreren Workshops wurde zudem die Aufteilung der Ausbildungsinhalte auf die betriebliche und die schulische Ausbildung abgestimmt und ein elektronisches Berichtsheft entwickelt. Mittlerweile haben die auf diese Weise „dual“ ausgebildeten jungen Männer und Frauen ihre Ausbildung abgeschlossen und eine Anstellung in ihrem Beruf gefunden. Das Video "Tunesien - bessere Arbeitsplätze durch bessere Ausbildung" gibt Ihnen einen Eindruck vom Projekt und den Ergebnissen.
Das Video können Sie sich auch auf englisch, französisch und arabisch ansehen:

Madagaskar: Einführung der dualen Berufsausbildung

In einem Kooperationsprojekt mit den madagassischen Industrie- und Handelskammern unterstützte unsere Handelskammer zwischen 2003 und 2011 die Einführung der dualen Berufsausbildung und die Entwicklung der madagassischen Kammern (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 2327 KB). Unser Ansatz war, die Kompetenz der deutschen Kammern in der Organisation der dualen Berufsausbildung zu nutzen und diese, angepasst auf die lokalen Verhältnisse, auf Madagaskar zu übertragen. Über die Einführung der dualen Berufsausbildung und verbesserte Serviceleistungen öffneten sich die madagassischen Kammern nach jahrzehntelanger Lethargie wieder für ihre Mitglieder und begannen, die ihnen gesetzlich zugeschriebene Aufgabe der gesamtwirtschaftlichen Interessenvertretung wieder zu übernehmen.
Innerhalb von sechs Jahren wurden über 1500 Fachkräfte in 575 Unternehmen von betrieblichen Ausbildern in mittlerweile 12 verschiedenen Berufsbildern qualifiziert. Mit der Einführung der dualen Berufsausbildung konnten die madagassischen Kammern die Anerkennung ihrer Mitglieder wiedergewinnen und durch verbesserte Informationen über Märkte und Geschäftsmöglichkeiten sowie über Unterstützung bei der Formalisierung des informellen Sektors ihren Service bedarfsorientiert ausweiten.
Die Einführung der dualen Berufsausbildung in Madagaskar erfuhr zwei besondere Auszeichnungen: Im April 2006 überreichte der damalige Bundespräsident Horst Köhler den besten Absolventen des ersten Ausbildungsganges der dualen Berufsausbildung persönlich die Abschlusszeugnisse, und im Juni 2009 wurde die Einführung der dualen Berufsausbildung von der Jury des Weltkammerpreises als bestes Projekt für kleine und mittlere Unternehmen ausgezeichnet.
Das Projekt wurde zunächst von Hamburger Mäzenen und Institutionen angeschoben und anschließend vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung finanziert wurde. Die in den fast sieben Jahren der engen Zusammenarbeit gewachsenen Kontakte bestehen fort, und trotz widriger politischer und wirtschaftlicher Rahmenbedingungen wird die duale Berufsausbildung in Madagaskar von den lokalen Kammern bis heute weiter umgesetzt.