Medienrecht

Medienrecht und -regulierung

Positionierung zum Entwurf über einen Medienstaatsvertrag

Am 4. Oktober 2018 hat das Plenum der Handelskammer eine Positionierung zum Entwurf über einen Medienstaatsvertrag verabschiedet. Der Medienstaatsvertrag zielt auf eine einheitliche Regulierung in Bezug auf Jugendschutz und journalistische Sorgfalt bei allen audiovisuellen Inhalten, unabhängig davon, ob diese über den klassischen Rundfunk oder über bisher unregulierte Internetplattformen, wie z.B. Youtube, Netflix, etc. vertrieben werden. Die Handelskammer hat den Regulierungsvorschlag unter Berücksichtigung der Belange aller betroffenen Branchen kommentiert und setzt sich für eine generelle Deregulierung von Anbietern audiovisueller Inhalte ein.
Deregulierung
Der Entwurf für einen Medienstaatsvertrag legt konkrete Regelungsvorschläge vor, die die Bereiche Rundfunkbegriff, Zulassung, Plattformregulierung und Intermediäre betreffen. Formuliertes Ziel des Entwurfs ist es, die bisher nicht regulierten rundfunkähnlichen internetbasierten Angebote zu regulieren und ein „level-playing-field“ mit Blick auf den regulierten klassischen Rundfunk zu schaffen. Hierbei stellt sich jedoch die Frage, ob ein Regulierungsregime, das ursprünglich auf einer endlichen Anzahl an Sendefrequenzen basierte, auf ein potenziell unendliches Ressourcenangebot im Internet adaptiert werden sollte. Die Herstellung eines „level-playing-field“ und die Sicherung der Medienvielfalt könnten – anders als jetzt vorgesehen - auch auf einem Deregulierungsansatz basieren, der Wirtschaft und Regulierungsbehörden entlasten würde.
Unter der Prämisse, dass ein solcher Deregulierungsansatz nicht verfolgt wird, möchten wir mit dieser Positionierung folgende Punkte im vorliegenden Entwurf kommentieren und auf die Auswirkungen des Medienstaatsvertrags für unterschiedliche Teilbranchen der Medien- und Digitalwirtschaft hinweisen:
Definition von Rundfunk
Trotz einer Annäherung an die Inhalte der AVMD-Richtlinie ist der derzeitige Entwurf des Medienstaatsvertrags als parallele und nur teilweise kongruente Entwicklung zur europäischen AVMD-Richtlinie zu bewerten. Das hat zur Folge, dass beim Inkrafttreten der derzeit in der Schlussabstimmung befindlichen Novelle der AVMD-Richtlinie voraussichtlich erneute Änderungen am Medienstaatsvertrag nötig würden. Dies stellt eine vermeidbare Doppelbelastung der von den Regelungen betroffenen Unternehmen dar. Die Handelskammer Hamburg empfiehlt daher, ein von vornherein mit der AVMD-Richtlinie kongruentes Rechtsregime zu erlassen.
Die in § 2 Abs. 2 Nr. 17, 18 festgelegte Unterscheidung von Programminhalten in Kultur und Unterhaltung stellt u.a. in Bezug auf Fernsehfilme, Filme und Serien eine unzureichende Unterscheidung dar, die in der Neufassung des Staatsvertrags behoben werden sollte. Kinofilme, Fernsehfilme, Dokumentarfilme und Serien sollten als Kultur gelten. Zusätzlich sollten die Rubriken Filme und Serien ebenfalls als Unterhaltung klassifiziert sein.
Zulassung von Rundfunk
Unter der Prämisse einer niedrigschwelligen Regulierung erscheint die Beibehaltung der derzeit im Gesetz verankerten Anmeldepflicht gegenüber der Zulassungspflicht ausreichend, um missbräuchliches Verhalten (z.B. Verletzung von Jugendschutzrichtlinien) durchzusetzen. Die Einführung einer Bagatellklausel ist insgesamt als Entlastung der Unternehmen positiv zu sehen. Sie könnte ebenfalls auf Live-Gaming-Angebote angewendet werden, ohne sie explizit gegenüber anderen Angeboten hervorzuheben und damit von der Rechtssystematik abstrakt-genereller Normierung abzuweichen. Eine generelle Zulassungsfreiheit von Live-Gaming-Angeboten ist aus Sicht der Handelskammer darüber hinaus nicht nachvollziehbar, da auch Live-Gaming-Angebote je nach Ausgestaltung und Inhalt potenziell eine Bedeutung für die Meinungsbildung haben können.
Medienplattformen
Anzeigepflicht:
Durch den ausgedehnten Plattformbegriff kommt es zu einer vermehrten Anzeigepflicht von Akteuren am Markt. Die Anzeigepflicht führt aus Sicht der Hamburger Wirtschaft zwar zu einer symmetrischeren Regulierungspraxis, ist jedoch auf folgenden Feldern problematisch zu sehen:
Der Terminus „rundfunkähnlich“ wird im Entwurf nicht abschließend und eindeutig definiert, so dass es hier noch viel Interpretationsspielraum und damit Unsicherheiten für die Akteure gibt, z.B. ist nicht klar, ob Musikstreamingdienste oder Podcast-Aggregatoren umfasst sind.
Mangels Legaldefinition des Terminus „infrastrukturgebunden“ besteht auch auf diesem Feld eine mangelnde Rechtsklarheit.
Da Medienplattformen bereits heute durch das Telemediengesetz reguliert werden, stellt der erweiterte Rundfunkbegriff zum Teil eine Parallelregulierung dar, die vermieden werden sollte.
Gleichzeitig ist unklar, welche Auswirkungen die Regulierung von AV-Inhalten im Internet auf andere Presseinhalte haben kann, die nicht zulassungspflichtig sind.
Sprachassistenten:
Bei der Beurteilung von Medienplattformen sollte berücksichtigt werden - sofern nicht in § 2, Nr. 13 a unter „akustisch“ geregelt -, dass Sprachassistenten als Medienplattformen in Zukunft eine große Bedeutung in der Mediengesellschaft zukommen wird. Im Hinblick auf diese Technologie sollten besonders vorausschauende Entscheidungen zur Auffindbarkeit von Medieninhalten getroffen werden.
Must-Carry-Vorgabe:
Die Must-Carry-Vorgabe gilt zwar nur für infrastrukturgebundene Plattformen, umfasst jedoch öffentlich-rechtliche sowie private Regionalprogramme und ihre programmbegleitenden Dienste. Die Verbreitung der Dritten Programme über ihre örtlich begrenzte Relevanz hinaus könnte im Sinne einer Einsparung von Kapazitäten hinterfragt und zusätzlich das Wesen der programmbegleitenden Dienste konkretisiert werden, um einen zu starken Eingriff in die Geschäftsautonomie der Medienplattformen und eine Benachteiligung privater Akteure zu vermeiden.
Benutzeroberflächen
Der Entwurf sieht vor, dass Benutzeroberflächen die zugänglich gemachten Angebote grundsätzlich in nicht-diskriminierender Art und Weise anzubieten haben. Dies steht dem Nutzerverhalten jedoch in den Fällen entgegen, wo personalisierte Empfehlungen oder Sortierungen gewünscht sind.
Die Forderung der Vorgabe, den Landesmedienanstalten alle „relevanten Unterlagen“ zur Untersuchung von Beanstandungen vorzulegen, könnte eine problematische Klausel für Unternehmen sein, da hier ggf. Geschäftsgeheimisse oder Daten Dritter berührt würden.
Intermediäre
Transparenzklausel:
Die Kriterien für die Ausspielung und Reihung von Informationen ändert sich bei Intermediären mitunter täglich. Aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit sollte insofern klar definiert werden, was die „zentralen Kriterien einer Aggregation, Selektion und Präsentation“ umfasst und in welcher Form sie dem Nutzer zur Verfügung gestellt werden müssen. Des Weiteren fallen insbesondere die Maßgaben der Gewichtung unter das Geschäftsgeheimnis. Eine detaillierte Offenlegung würde die Intermediäre angreifbar für Begehrlichkeiten einzelner Akteure machen.
Die Diskriminierungsklausel angewendet auf Intermediäre, deren zentrale Geschäftsidee das Zuschneiden von Informationen nach einer persönlichen Relevanz ist, läuft dem Grundsatz der Personalisierung entgegen und erscheint mit ihr in weiten Teilen nicht vereinbar. Suchmaschinenrelevanz zeichnet sich generell durch einen nicht-neutralen Charakter aus. Die Diskriminierungs-Klausel öffnet demnach weitreichenden Begehrlichkeiten nach der Reihung von Suchergebnissen und der Diskussion nach den Kriterien für Relevanz das Feld. Eine Übertragung der Gleichberechtigungslogik aus dem Bereich der Infrastruktur, die auf Inhalte angewendet wird, halten wir für nicht plausibel. Diese Klausel ist daher kritisch zu sehen.
Zu beachten ist auch, dass es sich bei der Kommunikation auf Social Media-Angeboten wie Facebook um eine Sphäre der (halb-)privaten Kommunikation handelt, in die auf diese Weise übermäßig durch inhaltsbezogene Regulierung eingegriffen würde.
Computergenerierte Inhalte, § 55, Abs. 3:
Der Passus zur Kenntlichmachung von Inhalten oder Mitteilungen, die mittels eines Computerprogramms automatisiert erstellt wurden und über soziale Netzwerke Verbreitung finden, die auf Profilen natürlicher Personen basieren, ist aus Sicht der Handelskammer nicht ausreichend konkret formuliert, um Aufschluss über die Intention des Gesetzgebers zu geben. Es steht zu vermuten, dass sich die Regulierung auf die Verbreitung politischer Inhalte bezieht, die die Meinungsvielfalt bedrohen könnte. Bisher ist eine solche automatisierte Kommunikation für die Netzwerke schwer identifizierbar und damit durch sie nicht ohne weiteres kennzeichenbar.
Medienkonzentration
Es stellt eine Inkonsequenz dar, den Punkt der Medienkonzentration vor der aktuellen Diskussion über Meinungsvielfalt in der digitalen Gesellschaft im vorliegenden Entwurf nicht anzupassen. Eine Anpassung müsste ein sinnvolles Zusammenwirken mit dem Kartellrecht und den Landesmediengesetzen gewährleisten.
Die Positionierung zum Entwurf über einen Medienstaatsvertrag vom 4. Oktober 2018 können Sie in unserem Download nachlesen.
Weitere Informationen
Die zuständige Stelle für die öffentliche Kommentierung des Vertragsentwurfs ist die Staatskanzlei Rheinland-Pfalz. Dort finden Sie auch die Stellungnahmen weiterer Verbände und Privatpersonen und den Gesetzestext.
Im Dezember 2019 verabschiedeten die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder den Medienstaatsvertrag. Dieser trat am 7. November 2020 in Kraft.

ePrivacy-Verordnung und TTDSG

Die Mehrheit der Unternehmen unterhält heute eine Website und verschiedene Social Media-Kanäle. Wer diese Kanäle effizient nutzen möchte, muss über Tracking-Tools und Cookies aufzeichnen, wer potenzielle Kundinnen und Kunden sein könnten, wie sie sich auf der Website bewegen und welche Wege sie bis zum Kauf eines Produktes nehmen.
Den Umgang mit den personenbezogenen Daten sollte eine ePrivacy-Verordnung regeln. Bisher konnten sich die Mitgliedsstaaten jedoch nicht auf eine einheitliche Regelung einigen. Anfang 2021 trat nun das Telekommunikation-Telemedien-Datenschutzgesetz in Kraft, das Teilbereichen der ePrivacy-Verordnung vorgreift.
Das Gesetz zur Regelung des Datenschutzes und des Schutzes der Privatsphäre in der Telekommunikation und bei Telemedien der Bundesregierung finden Sie auf der Website des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie.
Ziel des TTDSG ist die Umsetzung von EU-Vorgaben. Unter anderem wird hier der Umgang mit Cookies geregelt. Das Speichern und Auslesen von Cookies auf Endgeräten der Kund:innen und damit das Erfassen derer Daten ist nur dann erlaubt, wenn Nutzer:innen klar und umfassend über den Zweck der Verarbeitung informiert wurden und ihre Einwilligung erteilt haben. Eine Ausnahme bilden die sogenannten funktionalen Cookies, die z.B. für die Funktion des entsprechenden Dienstes notwendig sind. Hier ist keine Einwilligung erforderlich.
Das TTDSG ist eines von mehreren Gesetzen, das die Bundesregierung 2020 und 2021 verabschiedet hat bzw. plant. Zusätzlich wurde im Dezember 2020 eine Novelle des Telekommunikationsrechts verabschiedet, bereits im November 2020 wurde das Telemediengesetz an die europäische Richtlinie für audiovisuelle Mediendienste angepasst.
Forderungspapiere
In der Handelskammer haben sich Unternehmernnen aus verschiedenen Branchen zusammen getan, um die Auswirkungen der künftigen ePrivacy-Verordnung für die gesamte Wirtschaft zu diskutieren. In diesem Zuge sind ein Forderungspapier, Fallbeispiele sowie ein Einführungstext zu dem Thema entstanden.

Roadmap Urheberrecht

Immer wieder ist das Urheberrecht Gegenstand hitziger Auseinandersetzungen und immer wieder fordern Kritikerinnen und Kritiker eine Modernisierung des geltenden Rechts. Diese Roadmap will einen Überblick über die aktuellen Diskussionen bieten. Sie zeigt Gründe für die vielen parallel laufenden und sich überschneidenden Debatten auf, verdeutlicht deren praktische Relevanz für Unternehmen und erläutert verschiedene Lösungsvorschläge, die in der öffentlichen Diskussion gemacht wurden.
Die Roadmap richtet sich an solche interessierten Unternehmerinnen und Unternehmer, Institutionen sowie Politik und Verwaltung, die urheberrechtlich nur wenig Vorwissen haben. Sie sollen mit der Lektüre einen verständlichen, objektiven und praxisbezogenen Einblick in die komplexen rechtswissenschaftlichen und medienpolitischen Debatten erhalten.
Der Text startet mit einem Blick auf die technischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Veränderungen, die für die diskutierten Urheberrechtsprobleme verantwortlich sind. Nach Erläuterung der Systematik und der Grundansätze des aktuellen Urheberrechtsgesetzes (UrhG) stellt das Papier kapitelweise die Probleme dar (Stand: Mai 2014), die für den digitalen Unternehmensalltag besonders relevant sind: Unternehmen sind vor allem dort von einem nicht ganz passgenauen Urheberrecht betroffen, wo sie entweder direkt als Rechteinhaber oder Nutzer agieren, oder aber wo sie für urheberrechtsverletzende Handlungen ihrer Mitarbeiter gegebenenfalls zur Rechenschaft gezogen werden.

Telemediengesetz

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat mitgeteilt, dass die Bundesregierung den vorgelegten Gesetzesentwurf zur Änderung des Telemediengesetzes beschlossen hat. Die Änderungen betreffen vor allem Videosharingplattformen sowie weitere von der EU-Richtlinie (EU) 2018/1808 betroffene Punkte der AVMD-Richtlinie. Konkret heißt es:
Videosharing Plattformen müssen in Zukunft ein Melde- und Abhilfeverfahren für Nutzerbeschwerden wegen Verstößen gegen Werbe- und Jugendschutzvorschriften einrichten. Die Anforderungen an das Melde- und Abhilfeverfahren in Bezug auf strafrechtlich relevante Inhalte werden wie bisher im Netzwerkdurchsetzungsgesetz geregelt.
Mit dem Entwurf werden eben diese Änderungen der AVMD-Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt. Weitere Regelungen werden im Entwurf des Medienstaatsvertrags der Länder vom 5. Dezember 2019 umgesetzt.

Werbevorschriften für Influencer und YouTuber*innen

Die Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein (MA HSH) hat ein breites Aufgabenspektrum: von der Vergabe von Rundfunklizenzen bis zur Aufsicht, zum Beispiel hinsichtlich Jugendschutz und Werbung.
Die MA HSH überprüft routinemäßig die Einhaltung von Werbevorschriften, in Fernsehen und Radio genauso wie im Internet. Während die Regeln für Werbung im Fernsehen für alle Beteiligten eindeutig geklärt sind, ergeben sich im dynamischen Internet immer wieder neue Anwendungsfälle und damit auch neuer Regulierungsbedarf.
“Wir kommen langsam zu einer einheitlichen Kennzeichnungskultur bei werblichen Angeboten im Netz, da immer mehr Anbieter sensibilisiert sind und schneller auf unsere Hinweise reagieren”, so Thomas Fuchs, Direktor der Medienanstalt Hamburg/Schleswig Holstein.
Zunehmend erreichen die MA HSH Hinweise und Beschwerden von Nutzerinnen und Nutzern. Gerade für die junge Zielgruppe ist häufig nicht erkennbar, wann es sich um private Nachrichten eines Influencers oder einer Influencerin handelt und wann gezielt Werbung für Produkte gemacht wird. Daher informiert die MA HSH YouTuber:innen und Influencer:innen, die in Hamburg und Schleswig-Holstein ansässig sind, über die geltenden Werbevorschriften, prüft deren Angebote und weist gegebenenfalls auf Mängel hin. Dabei geht es meist um einen Dialog mit den Betreibern, denn auch die Influencer:innen selbst wenden sich mit Fragen zur korrekten Werbekennzeichnung an die Medienanstalt.
Wenn Sie ebenfalls Fragen zur Werbekennzeichnung in Sozialen Medien haben, gibt Ihnen der Leitfaden der Medienanstalten ”Darf ich das? Wie darf ich das?“ auf der Website der MA HSH ausführliche Antworten.