International

Vorschläge für eine Reform der EU-Zollunion

Einführung

Die Europäische Kommission hat am 17. Mai 2023 Vorschläge für eine umfassende Reform der EU-Zollunion vorgelegt (Pressemitteilung vom 17.05.2023). Mit der Reform will die EU-Kommission der Herausforderung gerecht werden, dass die EU-Zollbehörden mit einem gewaltigen Anstieg des Handelsvolumens – insbesondere aufgrund des elektronischen Handels – konfrontiert sind und gleichzeitig die Einhaltung einer wachsenden Zahl von EU-Normen an der Grenze geprüft werden müssen. Hinzu kommen Herausforderungen im Zusammenhang mit den sich verändernden geopolitischen Herausforderungen (z.B. Durchsetzung von Sanktionen). 
Die vorgeschlagenen Maßnahmen sollen eine wegweisende, datengesteuerte Vision für den EU-Zoll darstellen, die die Zollverfahren für Unternehmen, insbesondere für die vertrauenswürdigsten Händler, erheblich vereinfachen sollen. Im Sinne des digitalen Wandels soll die Reform schwerfällige Zollverfahren abbauen, indem traditionelle Anmeldungen durch einen intelligenteren, datengesteuerten Ansatz für die Einfuhrüberwachung ersetzt werden. Gleichzeitig erhalten die Zollbehörden alle notwendigen Instrumente und Ressourcen, um Einfuhren, die echte Gefahren für die EU, ihre Bürgerinnen und Bürger sowie ihre Wirtschaft bergen, angemessen bewerten und stoppen zu können.

Eckpunkte der Reform

Eine neue Partnerschaft mit Unternehmen

Künftig sollen importierende Unternehmen alle Informationen über ihre Produkte und Lieferketten in eine einzige Online-Umgebung einspeisen können: die neue EU-Zolldatenplattform. Darüber sollen die EU-Zollbehörden – durch maschinelles Lernen, künstliche Intelligenz und menschliches Eingreifen – einen vollständigen Überblick über die Lieferketten und den Warenverkehr erhalten. Unternehmen müssen bei der Übermittlung ihrer Zollinformationen nur mit einem einzigen Portal kommunizieren und die Daten für mehrere Sendungen lediglich einmal übermitteln. In bestimmten Fällen, in denen die Geschäftsabläufe und Lieferketten vollkommen transparent sind, können die vertrauenswürdigsten Händler („Trust & Check“-Händler) ihre Waren ohne aktives Tätigwerden der Zollbehörden in der EU in den Verkehr bringen. Die Kategorie „Trust & Check“ stärkt das bereits bestehende Programm für zugelassene Wirtschaftsbeteiligte (AEO) für vertrauenswürdige Händler.
Die Datenplattform soll ab 2028 für Sendungen des elektronischen Handels und ab 2032 (auf freiwilliger Basis) für alle anderen Einführer zur Verfügung stehen und unmittelbare Vorteile und Vereinfachungen mit sich bringen. „Trust & Check“-Händler können alle ihre Einfuhren bei den Zollbehörden des Mitgliedstaats, in dem sie ansässig sind, abfertigen, unabhängig davon, wo die Waren in der EU eintreffen. Im Jahr 2035 soll geprüft werden, ob diese Möglichkeit auf alle Wirtschaftsbeteiligen ausgeweitet werden kann, wenn die Plattform ab 2038 für alle verpflichtend wird.

Ein intelligenterer Ansatz für Zollkontrollen

Das vorgeschlagene neue System soll den Zollbehörden einen umfassenden Überblick über die Lieferketten und Produktionsprozesse der in die EU eingeführten Waren geben. Alle Mitgliedstaaten werden Zugang zu Echtzeitdaten haben und in der Lage sein, Informationen zu bündeln, um schneller, einheitlicher und effektiver auf Risiken reagieren zu können.
Künstliche Intelligenz soll genutzt werden, um Daten zu analysieren und zu überwachen und Probleme zu ermitteln, noch bevor die Versendung der Waren in Richtung EU überhaupt begonnen hat. Auf diese Weise sollen die EU-Zollbehörden ihre Anstrengungen und Ressourcen auf die Bereiche konzentrieren, in denen sie am dringendsten benötigt werden. Unkritische Sendungen sollen schneller abgefertigt werden.

Ein modernerer Ansatz für den elektronischen Handel

Die Online-Plattformen sollen zu Schlüsselakteuren werden, um sicherzustellen, dass Waren, die online in die EU verkauft werden, alle Zollverpflichtungen erfüllen.
Künftig sollen die Plattformen dafür sorgen, dass Zölle und Mehrwertsteuer beim Kauf entrichtet werden, sodass die Verbraucherinnen und Verbraucher bei der Ankunft des Pakets nicht länger mit versteckten Gebühren oder unerwarteten Formalitäten konfrontiert werden. Da Online-Plattformen die offiziellen Einführer sind, können die Verbraucherinnen und Verbraucher in der EU die Gewissheit haben, dass alle Zölle entrichtet wurden und dass ihre Einkäufe sicher sind und den Umwelt-, Sicherheits- sowie Ethikstandards der EU entsprechen. Gleichzeitig soll mit der Reform der derzeitige Schwellenwert aufgehoben, der eine Zollbefreiung von Waren mit einem Wert von weniger als 150 EUR ermöglicht. Die Berechnung der Zollgebühren für die gängigsten Waren mit geringem Wert soll vereinfacht werden, indem Tausende mögliche Zollkategorien auf nur vier reduziert werden. Dadurch soll der Import von Paketsendungen erheblich erleichtert werden.

Weitere Schritte

Die Legislativvorschläge werden nun zur Zustimmung an das Europäische Parlament und den Rat der Europäischen Union und zur Konsultation an den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss übermittelt.