Kreditvergabe
Rating
Jedes Kreditinstitut muss bei der Vergabe eines Kredites einen Prozentsatz der Kreditsumme – gewichtet mit einem bestimmten Risikofaktor – mit Eigenkapital (EK) unterlegen. Zur Ermittlung der erforderlichen Eigenkapitalunterlegung und eines individuellen Zinssatzes nimmt die Bank ein "Rating" der Kreditnehmer vor. Rating versteht sich hauptsächlich als Beurteilung der Fähigkeiten des Kreditnehmers, zukünftig seinen Zahlungsverpflichtungen (Kapitaldienst) pünktlich nachzukommen. Gewerbliche Kreditnehmer sollten sich im eigenen Interesse mit dem Thema Rating beschäftigen und sich auf ein hohes Maß an Transparenz einstellen.
Hintergrund: Basel I-III
Nach Basel I (Baseler Eigenkapitalübereinkunft von 1988) mussten Kredite an Unternehmen pauschal mit 8 Prozent Eigenkapital durch das Kreditinstitut unterlegt werden. Bei einer Kreditsumme von 1 Millionen Euro hatte der Kreditgeber damit 80.000 Euro Eigenkapital zu unterlegen. Dieses Verfahren differenzierte nicht zwischen verschiedenen Schuldner. Kreditnehmer mit guter Bonität in einem wachstumsstarken Marktumfeld zahlten also eher einen zu hohen, Kreditnehmer mit schwacher Bonität einen zu geringen Risikoaufschlag.
Die seit 1. Januar 2007 in den EU-Staaten verbindlichen Regeln von Basel II sehen vor, dass die Bonitätseinstufung eines Kreditnehmers durch Ratings das zentrale Kriterium für die Eigenkapitalunterlegung bei der kreditvergebenden Bank ist. Je besser das Rating des Unternehmens, desto günstigere Konditionen sind bei der Kreditvergabe möglich. Grundsätzlich sieht auch das Basel II-Konzept eine 8%ige Eigenkapitalunterlegung vor. Die gewichtenden Risikofaktoren werden aber durch eine individuelle Risikoeinstufung (Rating) des Kreditnehmers deutlich stärker differenziert. Bei der oben genannter Kreditsumme von 1 Millionen Euro könnte sich zum Beispiel für ein Unternehmen mit sehr guter Bonität eine Gewichtung von 20 Prozent (damit 16.000 EUR EK-Unterlegung), für ein Unternehmen mit mangelhafter Bonität von 150 Prozent (damit 120.000 Euro EK-Unterlegung) ergeben.
Basel III bezeichnet ein ergänzendes Regelwerk des Basler Ausschusses in der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel zu den bestehenden Eigenkapitalregeln für Finanzinstitute. Es trat zum 1. Januar 2014 in Kraft und basiert einerseits auf den Erfahrungen mit dem Abkommen Basel II und andererseits auf den Erkenntnissen und Erfahrungen aus der weltweiten Finanz- bzw. Wirtschaftskrise ab 2007. Basel III stellt gegenüber Basel II wesentlich höhere Anforderungen an Qualität und Quantität der Risikodeckungsmassen. Zudem müssen Banken Liquiditätsanforderungen erfüllen.
Das prüft die Bank beim Rating
Beim Rating werden qualitative und quantitative Merkmale des Unternehmens untersucht und bewertet. Zu den qualitativen gehören Unternehmensziele, Managementfähigkeiten, Produktstruktur, Kundenstruktur, Risikomanagement und Controlling. Bei den quantitativen Merkmalen handelt es sich um die Zahlen von Umsatz, Gewinn, Kosten, Cashflow, Liquidität und Eigenkapital aus der Gegenwart und nahen Vergangenheit sowie für den Planungszeitraum. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen, für die die Rating-Problematik neu ist, sollten folgende Fragen klären und nach Möglichkeit mit "Ja" beantworten:
Checkliste |
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Gibt es eine aussagefähige aktuelle schriftliche Unternehmensdarstellung?
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Bildet die Dokumentation die aktuellen Unternehmensstrukturen ab?
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Sind alle Verantwortlichkeiten im Unternehmen klar definiert?
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Gibt es eine aussagefähige Analyse des Marktumfeldes und der Wettbewerbssituation? Gehen die Ergebnisse in die Planung ein?
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Hat das Unternehmen eine Zukunftsstrategie formuliert (Produktentwicklung, Investitionen, Wachstum, Marktziele)?
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Existiert im Unternehmen ein Marketing- und Vertriebskonzept für die nächsten zwei Jahre?
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Sind alle IST-Zahlen der letzten drei Jahre aufbereitet?
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Kann das Unternehmen die Berichterstattung nach Kern- und Randsegmenten aufteilen?
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Existiert ein Finanz- und Liquiditätsplan?
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Existiert ein wirksames Controlling im Unternehmen?
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Werden regelmäßig Soll-Ist-Vergleiche vorgenommen?
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Existiert im Unternehmen ein Risikomanagement mit Schwachstellenanalysen und Notfallplänen?
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Hat das Unternehmen eine Bonitätsprüfung seiner wichtigsten Abnehmer vornehmen lassen oder bestehen gesicherte Prognosen über die künftige Zahlungsfähigkeit der Hauptkunden? |
Hat das Unternehmen bei seinen Zulieferern und Abnehmern ausreichende diversifiziert, um einseitige Abhängigkeiten zu vermeiden?
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Besitzt das Management ausreichende personelle Kapazitäten und Fähigkeiten?
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Existiert ein Personalkonzept für die Gewinnung der Qualifizierung von Mitarbeitern sowie Fach- und Führungskräften?
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Sind die Eigentumsverhältnisse stabil?
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Ist die Unternehmensnachfolge geregelt?
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Wer erstellt Ratings?
Internes Rating
Rating durch die Hausbank. Voraussetzung ist, dass die Kreditinstitute ihre Bewertungsverfahren von den zuständigen Aufsichtsbehörden genehmigen lassen, die Verfahren zudem offen legen und die Ergebnisse vergleichbar machen.
Externes Rating
Rating durch eine (banken-) unabhängige Agentur. In Deutschland entstanden in den letzten Jahren einige unabhängige Agenturen, die sich auf das Rating von kleinen und mittleren Unternehmen spezialisiert haben. Die führenden internationalen Agenturen, die bisher meist Großunternehmern im Zusammenhang mit Anlageempfehlungen bewerteten, haben erklärt, ihre Bewertungssysteme auf die Besonderheiten des Mittelstandes anpassen zu wollen.
Ratings für kleine und mittlere Unternehmen bieten zum Beispiel:
Externes und internes Rating?
Eine faktische Notwendigkeit für ein externes Rating Ihres Unternehmens besteht, wenn Sie direkt den Kapitalmarkt in Anspruch nehmen wollen. Zudem können Sie mit einem externen Rating Ihre Bonität gegenüber Gesellschaftern, Lieferanten und Kunden dokumentieren (zum Beispiel bei Durchführung eines Benchmarkings, bei der Anbahnung und Abwicklung von Geschäften oder dem direkten Wettbewerbsvergleich).
Kreditinstitute werden jedoch bei Vorlage eines externen Ratings nicht auf die hausinternen Ratings verzichten.
Bonitätsanalyse der Deutschen Bundesbank
Die Bundesbank bietet interessierten Wirtschaftsunternehmen eine Bonitätsanalyse unentgeltlich an. Auf Basis der Jahresabschlüsse der letzten beiden Jahre, erhalten Unternehmen die Ergebnisse einer Bonitätsanalyse in einer übersichtlichen Darstellung in Form eines komprimierten Faktenblatts. Die darin dargestellten Kennzahlen können eine hilfreiche Informationsquelle über betriebsindividuelle Stärken und Schwächen sein. Nicht zuletzt kann die "Notenbankfähigkeit" als ein Prädikatsurteil in die nächsten Finanzierungsgespräche mit der Hausbank einfließen.
Sollten Sie diesen Service der Bundesbank nutzen möchten, wenden Sie sich bitte an das Referat Bonitätsanalyse und Wertpapiere der regional für Sie zuständigen Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbank.