EU-Lieferkettenrichtlinie: Ablehnung zwingend geboten!

Halle (Saale), 5. Februar 2024. Die Industrie- und Handelskammer
Halle-Dessau (IHK) begrüßt die Entscheidung der Bundesregierung, dem aktuellen Vorschlag zur EU-Lieferkettenrichtlinie im EU-Rat voraussichtlich nicht zuzustimmen. „Ein solches bürokratisches Ungetüm nicht auf Unternehmen loszulassen, wäre nicht nur grundsätzlich sinnvoll, sondern angesichts der aktuellen Herausforderungen sogar dringend geboten“, betont IHK-Hauptgeschäftsführer Prof. Dr. Thomas Brockmeier.
Wie auch die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) plädiert die IHK Halle-Dessau für Gründlichkeit anstelle von Schnelligkeit. Denn das im Dezember ausgehandelte Ergebnis sei noch unausgereift und würde Unternehmen mit erheblicher Rechtsunsicherheit, Bürokratie und schwer kalkulierbaren Risiken belasten. Diese Belastungen durch immer neue Vorgaben aus Deutschland und Brüssel hätten ohnehin einen Stand erreicht, der kaum mehr zu stemmen sei. Am Beispiel des deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) ließe sich belegen, was auf die Unternehmen durch das EU-Gesetz zukäme. Denn auch wenn die Befürworter des deutschen Lieferkettengesetzes immer betont hätten, dass nur große Unternehmen (ab 1.000 Mitarbeiter beim deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz) betroffen seien, habe sich gezeigt, dass auch viele kleine und mittlere Betriebe (KMU) deutliche Mehraufwendungen hätten.
„Wir haben als eine der ersten IHKn davor gewarnt, dass auch KMU vom LkSG betroffen sein werden. Denn es war abzusehen, dass viele Großunternehmen ihre Pflichten an Zulieferer übertragen werden“, so Brockmeier.
Zwar teile bzw. unterstütze nahezu jeder Unternehmer die mit dem deutschen Gesetz verfolgten Ziele: „Gegen Sozial- und Umweltstandards ist nichts einzuwenden.
“ Und dass man gegen Kinderarbeit entschlossen zu Felde ziehen müsse, sei selbstverständlich vollkommen unstreitig. „Aber `gut gemeint´ reicht eben nicht“, so Brockmeier. Kein noch so gut gemeintes Gesetz könne begrüßt werden, wenn dessen Umsetzung „unzumutbare Belastungen“ bedeute und „schlicht weltfremd“ sei. Die Antworten der Mitgliedsunternehmen auf eine aktuelle IHK-Umfrage zeichneten ein klares Bild: Obwohl nur knapp 10 Prozent der befragten Unternehmen formal in den Geltungsbereich des Gesetzes fielen, gäben 60 Prozent der Industriebetriebe an, indirekt durch Forderungen von Auftraggebern und Zulieferern betroffen zu sein. „Zwar `nur´ mittelbar, aber eben deutlich spürbar“ – so bringt Brockmeier die Betroffenheit vieler Unternehmen auf den Punkt. Neben dem erhöhten bürokratischen Aufwand fürchten 21 Prozent zusätzliche Haftungsrisiken. Die von der Politik zuvor propagierten Vorteile für Unternehmen bei Imagegewinn und Kommunikation erkennen dagegen nur knapp 1 Prozent.
Vom EU-Gesetz wären nun auch noch kleinere Betriebe direkt betroffen: ab 500 bzw. 250 Mitarbeitern in bestimmten Branchen und das – anders als beim deutschen Gesetz – sogar entlang der gesamten Lieferkette; von der Rohstoffgewinnung bis zum Endprodukt. „Man mag sich gar nicht vorstellen, welche Belastungen auf unsere Firmen zukommen. Und ich betone noch einmal: Die Unternehmerschaft ist keine Weltpolizei! Es ist Aufgabe der Außen- und Entwicklungspolitik, gegen Missstände in der Welt anzugehen. Natürlich müssen Unternehmen Menschenrechte einhalten, aber sie konsequent und zur Not auch schmerzhaft durchzusetzen, ist Aufgabe der Politik!“, unterstreicht der IHK-Hauptgeschäftsführer.
Selbst das BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) als Kontrollbehörde sah sich aufgrund vieler Beschwerden gezwungen, eine Klarstellung dergestalt zu veröffentlichen, dass KMU die Pflichten nach dem LkSG nicht selbst erfüllen müssten. „Ein Gesetz ist nur dann gut, wenn es von den Betroffenen akzeptiert wird und Wirksamkeit entfaltet. Das ist hier nicht zu erkennen. Deshalb ist es in der Regel besser, kein Gesetz zu erlassen, als ein schlecht gemachtes“, so Brockmeier abschließend.