Leise Hoffnung auf Ende der Flaute
Halle (Saale), 30. Oktober 2024. Verbesserte Stimmung bei Dienstleistern, deutliche Aufhellung im Handel, Baugewerbe stabil. Doch der klassische Konjunkturmotor Industrie vermeldet nach wie vor eine schwierige Lage und das Verkehrsgewerbe scheint sich an eben diese zu gewöhnen.
© IHK Halle-Dessau
Nach einer langen Seitwärtsbewegung – insgesamt fünf Quartale Stagnation – zeigt sich im dritten Quartal 2024 nun etwas Belebung bei der konjunkturellen Stimmung im IHK-Bezirk Halle-Dessau. Der Geschäftsklimaindex der Gesamtwirtschaft hellt mit 4,7 Punkten leicht
auf, bewegt sich aber immer noch nahe der Nulllinie. Dies nährt zwar die Hoffnung auf ein baldiges Ende der Stagnation, von einem Ausblick auf konjunkturellen Aufschwung kann jedoch keine Rede sein. Diese Erkenntnis liefert der aktuelle Konjunkturbericht der Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau (IHK) über die Situation regionaler Betriebe im dritten Quartal 2024.
© IHK Halle-Dessau
„In allen Branchen sehen wir saisonbereinigt eine gewisse Stabilisierung, wenn auch meist auf niedrigem Niveau. Bei den Dienstleistungen und im Handel hellt die Stimmung etwas stärker auf – damit setzt sich dort die Entwicklung aus dem Vorquartal fort. In den produzierenden Bereichen Industrie und Baugewerbe gehen die Bewertungen zumindest nicht weiter zurück“, fasst IHK-Konjunkturexperte Danny Bieräugel das Bild zusammen.
Ob dies eine Trendumkehr bedeute, lasse sich jedoch noch nicht abschätzen. Insbesondere die schwierige Situation der Industrie als üblicherweise klassischer Konjunkturmotor gebe weiterhin Anlass zur Sorge. Der Abwärtstrend der Industrie sei schon länger keineswegs lediglich ein konjunktureller, sondern zunehmend auch strukturell bedingt und unzweifelhaft Ausdruck abnehmender überregionaler Wettbewerbsfähigkeit.
„Das Schlagwort ‚Deindustrialisierung‘ verstellt schon länger einen hoffnungsvollen Blick auf die Erholung der Wirtschaft im Süden Sachsen-Anhalts, die so dringend nötig wäre“, ergänzt ihn IHK-Hauptgeschäftsführer Prof. Dr. Thomas Brockmeier, „hier können auch die aktuellen Zahlen leider noch nicht für eine positivere Sicht sorgen. Es ist kein bloßes Schlagwort mehr.“
Nötig seien insbesondere Entlastungen bei den Energiekosten, die im Rahmen der deutschen Klimapolitik die regionale energieintensive Vorleistungsgüterindustrie überforderten. Auch eine Zurückhaltung bei geplanten Regulierungen und Bürokratie für die Industrie sei dringend geboten. Zudem konkurrierten inzwischen die meisten entwickelten Länder der Welt um Industrieinvestitionen – klassische Standortnachteile wie hohe Steuern und Arbeitskosten wögen dabei umso schwerer.
„Das Herz der deutschen Wirtschaft schlägt bei den Herstellern und Güterproduzenten. Diese stehen jedoch im internationalen Wettbewerb und gleichzeitig sind große Teile der übrigen Wirtschaft davon abhängig. Machen wir uns nichts vor: Solange die Probleme hier nicht gelöst sind, wird die so dringend benötigte Erholung ausbleiben – schlicht und ergreifend deshalb, weil Investitionen und damit Wachstum ausbleiben“, zeigt sich Brockmeier mit Blick auf die bundesweite wirtschaftspolitische Lage besorgt.
Die aktuelle Aufhellung des Geschäftsklimas ließe sich daher eher als nachlassender Pessimismus, denn als echte Zuversicht oder spürbare Lageverbesserung interpretieren, bestätigt Bieräugel. Die Salden der Geschäftserwartungen lägen weiterhin in allen Branchen unterhalb der Nulllinie. Diese Skepsis zeige sich auch in den Betriebsplanungen: „Die Beschäftigungserwartungen sind rückläufig und die Investitionspläne weiterhin sehr vorsichtig“, konstatiert der IHK-Konjunkturexperte abschließend.
Die Ergebnisse des IHK-Konjunkturberichtes im Einzelnen
In der Industrie weist der Geschäftsklimaindikator mit -5,7 Punkten einen leicht negativen Wert auf, zeigt sich aber kaum verändert gegenüber dem Vorquartal. Die Geschäftslage liegt mit 10,2 Prozentpunkten auf dem Niveau des Vorquartals und unter dem des Vorjahresquartals. Auch wenn die jeweiligen Veränderungen nur gering sind, sinkt der Indikator seit nunmehr sechs Quartalen – der leichte Abwärtstrend bei der Lage bleibt bestehen. Noch immer sind Auftragssorgen für die verhaltene Lage der Industrie verantwortlich. Die Auftragseingänge sind unvermindert rückläufig. Auch aus dem Ausland kommt noch keine Belebung. Der Auslastungsgrad liegt aktuell bei 74,7 Prozent. Gleichzeitig bleibt der Kostendruck hoch, die Gewinnlage ist per Saldo negativ und rund ein Viertel der Unternehmen plant Preiserhöhungen. Die Entwicklung der Investitionsabsichten ist ein deutlicher Beleg für die starke Verunsicherung der Industrie. Deren Saldo fiel wieder unter die Nulllinie.
Im Baugewerbe bleibt das Geschäftsklima im aktuellen Quartal konstant. Der Index liegt mit 1,8 Punkten auf dem Wert des Vorquartals und über dem Vorjahr. Die Geschäftslage geht im Vergleich zum Vorquartal leicht zurück. Mit 34,5 Prozentpunkten ist sie aber weiter gut. Die Bauunternehmen melden aktuell eine leichte Entspannung bei den Umsätzen und Auftragseingängen – insbesondere beim Wirtschaftsbau. Nur noch 15,2 Prozent der Befragten empfindet ihren Auftragsbestand als zu klein – zuvor war der Anteil doppelt so groß. Die Gewinnlage hingegen trübt sich aktuell wieder ein – die Kostensituation bleibt angespannt. Für rund 43 Prozent der Unternehmen sind die aktuellen Preise nach eigenen Angaben nicht kostendeckend. Die Bewertung der Geschäftserwartungen ist mit -30,9 Prozentpunkten fast unverändert im Vergleich zum Vorquartal und besser als im Vorjahresquartal.
Nachdem das Dienstleistungsgewerbe im Vorquartal zu seiner Rolle als stabilisierend positive Komponente im Konjunkturgeschehen der Region zurückgefunden hat, hellt sich die Stimmung hier weiter auf. Trotz der spürbaren Kostensteigerungen halten sich die dämpfenden Auswirkungen auf das Geschäft in Grenzen. Insbesondere die personenbezogenen Dienstleistungen zeigen sich davon unbeeindruckt. Das Geschäftsklima verbessert sich im aktuellen Quartal leicht auf 18,4 Punkte und liegt damit wieder auf dem Wert des Vorjahresquartals. Die Geschäftslage ist dabei mit 44,9 Prozentpunkten auf einem unverändert guten Niveau. Der Gesamtumsatz stieg im abgelaufenen Quartal erneut an und es wird auch weiter mit steigenden Umsätzen gerechnet. Fast die Hälfte der Dienstleister plant dabei auch mit steigenden Preisen. Die Beschäftigungsabsichten sinken aktuell jedoch ab.
Der Handel kämpft sich seit einigen Quartalen aus den im letzten Jahr noch sehr schlechten Stimmungswerten. Bereits in den vergangenen beiden Quartalen gab es Hoffnung auf eine Trendwende. Diese positive Entwicklung setzt sich aktuell fort. Der Geschäftsklimaindex steigt im Vergleich zum Vorquartal auf -5,7 Punkte und liegt damit deutlich über dem Wert des Vorjahresquartals. Die Geschäftslage hat sich mit 16,8 Prozentpunkten ebenfalls verbessert. Nach wie vor berichten Unternehmen von Umsatzrückgängen, wenn auch seltener. Die Geschäftserwartungen sind gegenüber dem Vorquartal und dem Vorjahresquartal weniger pessimistisch.
Im Verkehrsgewerbe sinkt das Geschäftsklima leicht auf 6,2 Punkte ab, was unter Berücksichtigung der saisonalen Muster eine leichte Aufhellung darstellt. Außerdem liegt der Index noch deutlich über dem Wert des Vorjahresquartals. Angesichts der Tiefe der vorherigen Abwärtsbewegung bleibt die Stimmung aber dennoch verhalten. Die Geschäftslage ist mit 3,6 Prozentpunkten zwar besser als im Vorjahresquartal. Die Salden der Auftragseingänge und des Gesamtumsatzes sinken im Vergleich zum Vorquartal jedoch ab und fallen wieder unter die Nulllinie. Die Gewinnlage bleibt weiter angespannt und die Verkehrsunternehmen planen dementsprechend häufiger mit Preissteigerungen – insbesondere die Entwicklung der Arbeitskosten ist ein häufig genanntes Risiko.
Zur Methodik:
Für den Konjunkturbericht befragt die IHK viermal im Jahr eine repräsentative Stichprobe ihrer Mitgliedsunternehmen. Diese geben dabei unter anderem an, wie sie ihre aktuelle Geschäftslage bewerten und welche Entwicklung sie zukünftig erwarten.
Die Umfragedaten aus den verschiedenen Branchen werden um saisonale Effekte bereinigt, nach Branchen gewichtet und ausgewertet. Indexwerte zeigen jeweils den Saldo zwischen dem Anteil positiver und negativer Einschätzungen.
Lesebeispiel: Wenn 30 Prozent der befragten Unternehmer die Geschäftslage als schlecht einschätzen, 50 Prozent als neutral und 20 Prozent als gut, dann beträgt der resultierende Wert -10 Punkte. Der Gesamtindex fasst Lagebewertung und Erwartungen zusammen.
Sowohl die Befragung als auch die Auswertung und Hochrechnung der Ergebnisse erfolgen nach anerkannten wissenschaftlichen Methoden. Im südlichen Sachsen-Anhalt nehmen regelmäßig etwa 600 Unternehmen an der Befragung teil.
Für den Konjunkturbericht befragt die IHK viermal im Jahr eine repräsentative Stichprobe ihrer Mitgliedsunternehmen. Diese geben dabei unter anderem an, wie sie ihre aktuelle Geschäftslage bewerten und welche Entwicklung sie zukünftig erwarten.
Die Umfragedaten aus den verschiedenen Branchen werden um saisonale Effekte bereinigt, nach Branchen gewichtet und ausgewertet. Indexwerte zeigen jeweils den Saldo zwischen dem Anteil positiver und negativer Einschätzungen.
Lesebeispiel: Wenn 30 Prozent der befragten Unternehmer die Geschäftslage als schlecht einschätzen, 50 Prozent als neutral und 20 Prozent als gut, dann beträgt der resultierende Wert -10 Punkte. Der Gesamtindex fasst Lagebewertung und Erwartungen zusammen.
Sowohl die Befragung als auch die Auswertung und Hochrechnung der Ergebnisse erfolgen nach anerkannten wissenschaftlichen Methoden. Im südlichen Sachsen-Anhalt nehmen regelmäßig etwa 600 Unternehmen an der Befragung teil.