IHKn fordern PFAS-Regulierung mit Augenmaß

Halle (Saale) / Magdeburg, 13. September 2023. In der laufenden Diskussion um ein EU-weites Verbot von per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) fordern die Industrie- und Handelskammern Halle-Dessau und Magdeburg eine differenzierte Betrachtung nach Gefährlichkeit und Verwendung anstatt eines Pauschalverbotes.
„Ohne PFAS lassen sich die Schlüsseltechnologien der Energie- und Mobilitätswende wie Halbleiter, Windräder, E-Autos, Batteriespeicher etc. schlichtweg nicht produzieren. Die Politik darf hier nicht das Kind mit dem Bade ausschütten“, mahnt Prof. Dr. Thomas Brockmeier, Hauptgeschäftsführer der IHK Halle-Dessau. André Rummel, Hauptgeschäftsführer der IHK Magdeburg, ergänzt: „Das Thema PFAS verdeutlicht sinnbildlich die Politik dieser Bundesregierung: Der Wirtschaftsminister warnt vor dem Scheitern der Energiewende bei einem pauschalen PFAS-Verbot, welches die Umweltministerin bei der EU mit beantragt hat.“ In einer Wirtschaftslage, die von Verunsicherung und Stagnation geprägt sei und in der bereits weite Teile des Verarbeitenden Gewerbes kaum noch investierten, kämen solche zusätzlichen Belastungen und Umsetzungsrisiken zur Unzeit, so Brockmeier weiter.
Beide bekräftigen in diesem Zusammenhang die Forderung nach einem Belastungsmoratorium für die Wirtschaft in diesen Krisenzeiten.
In einem vom Landeswirtschaftsministerium und den beiden IHKn organisierten Webinar Ende August 2023 wurden die Auswirkungen eines drohenden PFAS-Verbotes diskutiert. Unternehmen schilderten ihre Betroffenheit durch die breite Verwendung von PFAS in Produkten, Produktionsmaschinen oder im Herstellungsprozess. Die gewohnte Qualität der Produkte könnte nicht mehr gewährleistet werden, insbesondere im medizinischen Bereich. Die Verfügbarkeit von Ersatzteilen für Maschinen wäre nicht mehr gegeben und einige Produkte könnten gar nicht mehr hergestellt werden.
Die Industrie- und Handelskammern fordern im laufenden Verbotsverfahren:
  • eine stoff- und risikobasierte Regulierung von PFAS anstelle eines pauschalen Verbots der gesamten Stoffgruppe
  • eine Differenzierung nach Verwendungszwecken und dem damit verbundenen Freisetzungsrisiko von PFAS in die Umwelt
  • Ausnahme bestimmter Verwendungen vom Verbot
  • längere Übergangsfristen und Ausnahmeregelungen, da Ersatzstoffe in der Regel erst erforscht und zugelassen werden müssen
  • Ausnahmen für Reparaturarbeiten sowie Ersatz- und Verschleißteile
Zum Hintergrund:
PFAS sind eine große Stoffgruppe von ca. 10.000 verschiedenen, industriell hergestellten chemischen Verbindungen. Sie zeichnen sich durch eine hohe thermische sowie chemische Stabilität und Langlebigkeit aus. Die wasser-, fett- und schmutzabweisenden Eigenschaften sowie die Temperatur-, Feuer- und Witterungsbeständigkeit ist für zahlreiche Produkte und Prozesse unverzichtbar. Dies reicht von Halbleitern, Elektrolyseuren, PV-Anlagen und Wärmepumpen über Dichtungen, Isolierungen und Schläuche bis hin zu Feuerlöschern, Outdoorbekleidung und Lebensmittelkontaktmaterialen sowie medizinischen Produkten. Aufgrund ihrer Eigenschaften verbleiben freigesetzte PFAS sehr lange in der Umwelt und reichern sich dort an, weshalb sie auch Ewigkeitschemikalien genannt werden. Noch bis zum 25. September 2023 läuft eine EU- Konsultation, an der betroffene Unternehmen unbedingt teilnehmen sollten.