"Politik der pragmatischen Vernunft und Verantwortung statt Gesinnung tut Not!"

Halle (Saale), 7. Dezember 2022. In der diesjährigen Winter-Sitzung der IHK-Vollversammlung mahnt IHK-Präsident Keitel in Richtung Berliner Politik eindringlich, die Aufbauleistungen der letzten 30 Jahre insbesondere im ostdeutschen Mittelstand nicht aufs Spiel zu setzen. Nach Corona-Problemen und einer dramatisch zugespitzten Energiekrise seien die Wettbewerbsfähigkeit und vielfach gar die Existenz strukturbestimmender Bereiche der Wirtschaft im Süden Sachsen-Anhalts bedroht.
Statt jedoch nachhaltig Abhilfe zu leisten, indem man entschlossen und konsequent der Kernursache des Preisproblems – nämlich der Energieknappheit – zu Leibe rücke, werde an Symptomen herumgedoktert, kritisiert der IHK-Präsident. Zum Teil würden die Probleme durch die Bundespolitik sogar noch verschärft: „Wir erleben derzeit eine Politik der Gesinnung, die für Argumente oftmals nicht zugänglich ist. Gesinnung und Ideologie triumphieren über die Kraft der Argumente pragmatischer Vernunft“, so Keitel. Wer als Minister einem Kabinett angehöre, habe schließlich einen Amtseid geleistet –„und zwar nicht aufs Parteibuch!“
Vor allem auf drei Politikfeldern, so konkretisiert der IHK-Präsident, reagiere die Politik bisher unzureichend oder sogar kontraproduktiv auf die derzeitigen gravierenden Angebotsprobleme:
  • In der Energieversorgung würden die bestehenden Angebotsengpässe nicht aufgelöst. Die Nachfrageseite mit Milliardenpaketen zu entlasten, könne zwar kurzfristig helfen. Aber: „Das zaubert kein Gas in die Speicher und keinen Strom ins Netz. Immer größere Schuldenberge verlagern die Probleme lediglich in die Zukunft. “ Vor diesem Hintergrund seien auch ein vorgezogener Kohleausstieg oder auch der Einkauf teuren Flüssiggases ökonomisch fragwürdige Entscheidungen.
    Der IHK-Präsident forderte vor diesem Hintergrund erneut den beschleunigten Ausbau regenerativer Energiequellen und einen längeren Betrieb der Atommeiler sowie „endlich die umweltverträgliche Nutzung heimischer Schiefergasvorkommen.“
  • Angesichts des gravierenden Angebotsmangels bei Arbeits- und Fachkräften sei das sog. „Bürgergeld“ kontraproduktiv: Auch in abgemilderter Form sorge es nicht für Anreize zur Arbeitsaufnahme, kritisiert Prof. Keitel, im Gegenteil: „Der immer geringere Lohnabstand sorgt für ernste Gefahr: Nun dürfte es sich auch mancher Erwerbstätige überlegen, ob es sich wirklich noch lohne, weiter arbeiten zu gehen. Der immer weiter ausufernde Staatsapparat wirkt in diesem Kontext wie ein Brandbeschleuniger, entzieht er doch dem wertschöpfenden Gewerbe weiteres Potenzial.
  • Obwohl Rohstoffe und Vorprodukte knapp und teuer seien, würden die Beschaffungswege der Unternehmen durch das sogenannte Lieferketten-Sorgfaltspflichtengesetz zusätzlich belastet. Prof. Keitel: „Statt den auslandsaktiven Unternehmen einmal eine Verschnaufpause zu gönnen – insbesondere um einseitige Abhängigkeiten verringern zu können –, bürdet man ihnen neue Bürokratielasten auf.“ Weil „die Politik des Exports westlicher Standards“ scheitere, sollten nun deutsche Firmen „Weltpolizisten“ spielen; dies sei „absurd“.
Der IHK-Präsident machte deutlich, dass sich die Unternehmerschaft von der „in Berlin und Brüssel verbreitet anzutreffenden Beratungsresistenz politischer Akteure nicht entmutigen lassen“ werde. So werde die IHK „mit der Kraft des Arguments“ immer wieder wirtschaftspolitische Handlungsnotwendigkeiten benennen, um „die Rahmenbedingungen für wirtschaftliches Handeln zu verbessern.“ Nur so ließen sich Wertschöpfung, Wohlstand und sozialer Zusammenhalt in der Gesellschaft sichern.