Neuer Pessimismus – Erholung wird ausgebremst
Dessau-Roßlau, 1. Juni 2022. Die Stimmung bei den Unternehmen in der Region Anhalt-Bitterfeld-Wittenberg hat sich verglichen mit dem Frühjahr 2021 wieder verschlechtert. Die aktuelle Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau (IHK) spiegelt neuen Pessimismus wider: Nachdem die Pandemie abgeflaut ist, trüben Anlaufschwierigkeiten das Bild ebenso wie neue Belastungen durch den Ukraine-Krieg. Über alle Branchen hinweg liegt das Geschäftsklima mit -5,3 Punkten unterhalb der Nulllinie. In diesem Wert sind die Einschätzungen der befragten Betriebe zu Lage und Entwicklung eingerechnet. Zwar haben diese die Geschäftslage aktuell besser eingeschätzt als im Vorjahr, die vielfältigen Probleme sorgen aber für schlechte Aussichten.
„Die regionale Konjunktur nach Corona hat sich aktuell nicht wie gehofft erholt“, stellt IHK-Konjunkturexperte Danny Bieräugel fest. Stark steigende Preise für Energie, Rohstoffe und Handelswaren belasteten die Gewinnlage in den Unternehmen, benennt er den wichtigsten Einflussfaktor. Diese Entwicklung werde durch Krieg und Sanktionen noch weiter verschärft und ein schnelles Ende sei nicht in Sicht. „Damit sind die Geschäftserwartungen der Unternehmen wieder deutlich eingebrochen: Der Blick nach vorn ist mehrheitlich pessimistisch“, berichtet Bieräugel.
Der IHK-Geschäftsstellenleiter für die Region, Sven Horn, ergänzt: „Viele Branchen hatten das Ende der Corona-Maßnahmen herbeigesehnt und auf eine kräftige Erholung gesetzt.“ Zwar gäbe es beim Einzelhandel, einigen Dienstleistungen und dem Gastgewerbe entsprechende Zeichen – diese scheinen aber leider nur von kurzer Dauer zu sein. „Neben der Preisentwicklung berichten viele Unternehmen auch von Engpässen bei vielen Waren, dies träfe insbesondere die Industrie und das Baugewerbe“, stellt Horn fest.
Die Ergebnisse des IHK-Konjunkturberichtes im Einzelnen:
Aktuell ist die heimische Industrie stark verunsichert. Zwar hat sich – verglichen mit Frühjahr 2021 – die Geschäftslage verbessert, da eine weitgehend ungestörte Erholung möglich war. Bereits zum Jahrsende aber wirkten sich dann knappe Rohstoffe und Vorprodukte aus. Die Lieferketten sind zunehmend gestört und die Preise deutlich gestiegen. Mehr als 80 Prozent der befragten Industriebetriebe planen deshalb, ihrerseits die Preise anzuheben. Der Ausblick ist getrübt: Wegen eines Einbruchs bei den Geschäftserwartungen sinkt das Geschäftsklima auf 10,3 Punkte ab.
Im Baugewerbe scheint die Zukunft kaum vorhersehbar. Auch diese Branche leidet unter Materialengpässen und Preissteigerungen. Aufgrund der oft langfristigen Vergabe und hoher Auftragsreichweite geht dies auf Kosten der Planungssicherheit. Das Geschäftsklima wird davon stark belastet und fällt auf 9,3 Punkte. Dabei entwickeln sich Auftragseingänge und Gesamtumsatz aktuell sogar besser als vor Jahresfrist.
Im Dienstleistungsgewerbe bleibt die Erholung stecken. Ohnehin verlief diese wegen abermaliger Corona-Einschränkungen sehr holprig. Ende 2021 war eine beachtliche Spaltung zu beobachten: Wer mit personenbezogenen Dienstleistungen sein Geld verdient, hatte es schwer – unternehmensnahe Anbieter hingegen nicht. Dieser Effekt löst sich aktuell etwas auf. Allerdings sorgen nun die allgemeinen Engpässe und Preissteigerungen generell für Bremseffekte. Das Geschäftsklima verändert sich unter diesen Bedingungen verglichen mit dem Frühjahr 2021 kaum, mit aktuell -11,2 Punkten bleibt es weiter unterhalb der Nulllinie.
Auch im Handel ist die Corona-Erholung nur von kurzer Dauer. Das Geschäftsklima hat sich deutlich eingetrübt. Mit -20,3 Punkten wechselt die Branche wieder in den Krisenmodus. Dabei standen die Zeichen gut für eine kräftige Erholung. Es sind aktuell deutliche Umsatzzuwächse zu beobachten. Aber eine klare Mehrheit der Händler rechnet damit, dass es nicht so weiter geht, der Pessimismus überwiegt: -69,8 Prozentpunkte.
Das regionale Verkehrsgewerbe meldet leichte Verbesserungen – allerdings auf einem sehr niedrigen Niveau. Nach dem Ende der Corona-Maßnahmen lief es im Personenverkehr besser. Allerdings sorgten steigende Kraftstoffpreise für deutliche Belastungen. Das Geschäftsklima im Verkehrsgewerbe hellt von sehr niedrigem Niveau aus etwas auf, bleibt mit -25,2 Punkten aber deutlich unter der Nulllinie – das ist der schlechteste Wert aller Branchen in der Region Anhalt-Bitterfeld-Wittenberg.